Kategorie: Römer Seite 18 von 22

Die sogenannten „Thronreliefs“ aus Ravenna (Teil 7)

Im Jahre 113 n.Chr. wurde das neue Traiansforum zusammen mit dem im Jahre 80 n Chr. abgebrannten und nun wiederaufgebauten Venus-Genetrix-Tempel eingeweiht. Der Beginn der Bauarbeiten am Tempel lag aber, nach Nash, noch in spätdomitianischer Zeit. Von diesen beiden Bauprojekten haben sich mehrere Fragmente mit Puttidarstellungen erhalten, von denen ich zwei vom Venus-Genetrix-Tempel und eines vom Traians-Forum zum Vergleich heranziehen möchte.

Das erste der Fragmente vom Venus-Genetrix-Tempel befindet sich heute in der Villa Albani. Zwei Putti, deren Unterkörper in Akanthuslaub und Ranken übergehen, machen sich an einem zwischen ihnen stehenden Kandelaber zu schaffen. Das üppige Blattwerk der Ranken weist eine gewisse Härte in der Modellierung auf.

Bei der Körpern der beiden Putti sind die einzelnen Muskelstränge stark herausgearbeitet und die Muskelpartien sind durch tiefe Mulden und weiche Falten deutlich voneinander getrennt. Trotzdem liegt hier noch keine Vereinzelung der Formen vor, wie wir sie bei den ravennatischen Putti festgestellt haben. Die bei den neronisch-flavischen Putti noch sehr schwache Durchgliederung der Einzelformen und die weniger bewegte Oberflächengestaltung kommt jetzt aber schon stärker zum Zug.

Auf einem zweiten Relieffragment des Venus-Genetrix-Tempels, heute im Konservatorenpalast, sind sieben Putti dargestellt. Rechts sind zwei Putti damit beschäftigt einen Schild mit einem Gorgoneion aufzurichten. Daneben tragen zwei weitere Putti einen Köcher bzw. eine Schwertscheide. Weiter links ist ein Puttenpaar mit einer Schüssel beschäftigt, zu der von links ein dritter Putto eine Amphore herbeibringt.

Diese sieben Putti zeigen eine ganz andere Art der Körpermodellierung auf als die Rankenputten. Die Hautfalten sind fast unabhängig von der jeweiligen Bewegung der Putti und reihen die plastischen Wölbungen recht unorganisch aneinander. Die Körperoberfläche ist also in Einzelformen aufgelöst.

Die Flügelbildung ist aufgelockerter und nicht mehr so schematisch wie bei den Rankenputti. Die Binnenzeichnung gibt sogar die Häärchen an und die vorher gerade Reihe der Schwungfedern ist nun abgerundet.

Auf einem Friesfragment vom etwas später datierten Traians-Forum wird eine Amphore mit einer bacchantischen Tanzszene von zwei „Ranken“-Putti flankiert, die ihr den Rücken zuwenden. Die Modellierung der Ranken ist detaillierter als beim Venus-Genetrix-Tempel und die Oberflächengliederung der Puttenkörper ist jetzt zurückgenommen. Die schmaleren Körper der zwei Putti bilden mit der Biegung ihrer Ranken eine gleichmäßige Kurve. Nur bei den Armen sind noch leichte Einbuchtungen und Wölbungen auf. Die Hälse sind wieder deutlicher zu sehen. Die Haare liegen eng am Kopf an und bilden ab und zu kleine Kringellöckchen. Die Flügel haben stark ausschwingende Schwungfedern auf und die Haare sind überall skizziert.

Die Putti unserer Serie ähneln am stärksten den Putti vom Venus-Genetrix-Tempel. Gegenüber den früheren Putti ist eine zunehmende Zergliederung bei der Körpermodellierung festzustellen, die im Puttenfries des Venus-Genetrix-Tempels gipfelt. Diese Oberflächengliederung wird bis zu den Rankenputti des Traians-Forums mit dem Datum der Einweihung 113 n. Chr. als terminus ante quem, wieder zurückgenommen.

 

(Fortsetzung folgt …)

Die sogenannten „Thronreliefs“ aus Ravenna (Teil 6)

An das Ende der neronischen Zeit wird eine oktogonale Urne aus den kapitolinischen Museen von Simon datiert. Das 66 cm hohe Gefäß mit Deckel zeigt unter anderem sieben tanzende Eroten.

Die Körperbehandlung dieser Putti ist recht bewegt. Die einzelnen Muskel- und Fettpartien sind hier viel differenzierter und organischer zusammenengesetzt als bei den Beispielen claudischer Putti. Die Wölbungen sind oft durch scharfe Falten getrennt. Wie bei den ravennatischen können wir starke Schwellungen in den Körperformen festgestellen, aber bei den Putten auf der Urne fehlen z. B. noch die Wölbungen an der Hinterseite des Oberschenkels, die wir bei den ravennatischen Putti gesehen haben. Außerdem ist die Oberflächenstruktur noch sehr glatt.

Die Flügel sind zwar schon viel plastischer und kleiner als bei den Putti des Würzburger Altares, aber die Binnenzeichnung ist immer noch zu schematisch.  Ähnliches läßt sich zu den Stoffen sagen. Alle Mäntelchen auf der Capitolinischen Urne flattern in sanft gerundeten Bögen mit wenig Überschneidungen und großen Licht-Schattenbildung. Bei der ravennatischen Gruppe findet sich dagegen eine sehr viel stärkere Formenvielfalt, Bewegtheit und Plastizität.

Diese Urne steht unserer Serie sicher zeitlich näher, aber die Einzelformen sind noch nicht so differenziert gestaltet sind wie bei den ravennatischen Putti.

(Fortsetzung folgt …)

Die sogenannten „Thronreliefs“ aus Ravenna (Teil 5)

Auf dem bereits erwähnten Vierjahreszeitenaltar, einem Rundaltar in Würzburg, der früher hadrianisch datiert und erst von E. Simon der claudischen Zeit zugeordnet wurde, sind vier Putti als Jahreszeitenallegorien dargestellt. Sie stehen mit ihren Attributen zwischen sparsam dekorierten Kandelabern, an denen baldachinartige Tücher befestigt sind.

Die Haut spannt sich straff über den recht schmalen Körper, wodurch eine glatte Oberfläche entsteht. Hautfalten ergeben sich nur an wenigen Stellen. Die organische Gliederung des Körpers ist sehr zurückhaltend. Bei den anderen Putti wird diese Körperbehandlung eher noch flacher und summarischer. Dies steht im krassen Gegensatz zu den ravennatischen Putti, die viel voluminöser gestaltet sind.

Im Gegensatz zu den plastisch gearbeiteten Flügel auf den ravennatischen Reliefs, sind die Flügel auf dem Würzburger Altar sehr flach gehalten und die Binnenzeichnung beschränkt sich hier auf die Angabe des Kiels.

Auch die Stoffpartien des Rundaltares sind einfacher und flacher gestaltet als auf den Platten in Ravenna. Die Falten der nur leicht vorspringenden Baldachine auf dem Vierjahreszeitenaltar fallen in einer ruhigen Bogenstruktur, während die Falten auf den Tüchern über den Thronen häufig enden ohne Bogen zu bilden.

Die straffe Körpermodellierung, die zurückhaltenden Stoffarrangements und die Verwendung des Flachreliefs für Stoffe und Flügel auf dem Vierjahreszeitenaltar folgen den in iulisch-claudischer Zeit beliebten Vorbildern der griechischen Kunst. Der Vergleich mit anderen Reliefs aus der iulisch-claudischen Zeit zeigt die gleichen stilistischen Merkmale. Die ravennatischen Reliefs sind dagegen plastischer gearbeitet und zeigen mehr Licht- und Schattenwirkung.

 

(Fortsetzung folgt …)

Die sogenannten „Thronreliefs“ aus Ravenna (Teil 4)

Die Datierung der Reliefs ist in der Forschung umstritten. Sie wurden bisher bereits in die iulisch-claudische Zeit datiert, in hadrianische oder traianische Zeit. Die Datierung in iulisch-claudische Zeit vertritt z. B. Beschi. Er sieht stilistische Übereinstimmungen in der Plastizität und der sorgfältigen Ausarbeitung zwischen den Putti der ravennatischen Reliefs und dem Würzburger Vierjahreszeitenaltar, der von E. Simon 1967 der claudischen Zeit zugeschrieben wurde. Vor allem aber stützt er seinen Vorschlag mit historischen Überlegungen: seiner Meinung nach ist eine Datierung in die iulisch-claudische Zeit durch die politische und strategische Rolle Ravennas in dieser Zeit wahrscheinlich, da Ravenna den beiden Divi der iulisch-claudischen Familie viel verdankt. Augustus verstärkte Ravenna als Sitz der westlichen Flotte und des praefectus classis, Claudius befestigte sie und verschönerte sie z. B. mit der Porta Aurea. Dies weist für diese Zeit auf eine enge Bindung an den Kaiser und siene Familie, was wiederum die Qualität der untersuchten Reliefs und die ideologischen Implikationen der Darstellungen erklären könnte.

Sehen wir uns die verschiedenen Datierungsvorschläge an. Dazu ist es zunächst notwendig, die stilistischen Merkmale der ravennatischen Reliefs zu beschreiben, wobei ich nur einige Merkmale herausgreifen möchte. Als Vergleichsbeispiele sollen hier v. a. die Reliefs von S.Vitale, Louvre und Venedig dienen.

Die Körper der Putti wirken recht kompakt, ein Eindruck, der besonders durch die dicken Beine, die sehr kurzen Hälse sowie durch die stark plastisch herausgearbeiteten Backen betont wird. Die Gesichter sind detailliert modelliert, z. B. sind bei den Augen sowohl das untere als auch das obere Lid abgesetzt.

Bei der Körperbehandlung sind die Muskel- und Fettpartien meist stark geschwollen herausgearbeitet und gegeneinander durch Falten abgesetzt, so dass sich eine bewegte Oberfläche ergibt. Es entsteht der Eindruck einer additiven Aneinanderreihung von Einzelformen.

Die kurzen Flügel der Putti sind oft vollplastisch gearbeitet. Sie bestehen aus einer doppelten Lage leicht unregelmäßig gereihter Deckfedern sowie vier bis fünf Schwungfedern auf, die zum Körper hin nur wenig kürzer werden und an den Enden nicht ausschwingen. Die Federn sind recht dick und unterschiedlich gestaltet. Die genaue Binnenzeichnung gibt nicht nur den Kiel an, sondern skizziert sogar die einzelnen Häärchen.

Die kurzen Mäntel der Putti weisen durch tiefe Falten starke Hell-Dunkel-Kontraste auf. Bei den Tüchern, die über die Throne gebreitet sind, zeigen alle Faltenöffnungen nach vorn und die Struktur wird durch kleine, schrägverlaufende Falten auflockert.

An den ravennatischen Reliefs zeigt sich also ein großes Interesse an Detailtreue, an Licht- und Schattenwirkung und an plastischer, voluminöser Gestaltung.

(Fortsetzung folgt …)

Die sogenannten „Thronreliefs“ aus Ravenna (Teil 3)

Wie können wir aber den leeren Thron der Reliefs deuten? Zunächst einige Vergleichsbeispiele:

Im Giebel des palatinischen Tempels der Magna Mater oder Kybele (Mitte des 1. Jh. n. Chr.), im Hintergrund einer Opferszene an der sogenannten Ara Pietatis von 43 n. Chr., nimmt der leere Thron der Kybele, auf dem als Symbol ihre Mauerkrone liegt, die Mitte ein. Aus der Favorita di Mantova stammt ein Relief mit dem leeren Thron Jupiters, charakterisiert durch den Blitz und den Adler und datiert in claudische Zeit. Auch hier eine symbolische Anspielung.

Zwei leere Marmorthrone befinden sich heute in der Münchner Glyptothek. Beide sind von einem Tuch bedeckt. Der eine mit Resten von Waffen ist als Thron des Mars charakterisiert, der andere mit Füßen eines Vogels, möglicherweise als Thron der Venus.

Und schließlich gibt es noch ein Fresko aus Herculaneum mit den beiden Thronen von Venus und Mars, die von Eroten flankiert werden, die Attribute der jeweiligen Gottheit tragen. Diese motivische Ähnlichkeit und die metopenartige Rahmung der einzelnen Bilder eignet sich besonders gut für einen Vergleich mit unseren Reliefs.

Außerdem gibt es noch eine Reihe von Münzen, in denen die sella curulis, der Amtsstuhl des Imperators, als Symbol seiner Macht abwechselt mit Darstellungen von Thronen von Gottheiten, die jeweils durch die Attribute charakterisiert sind.

Die leeren Throne in Verbindung mit den Attributen des jeweiligen Gottes weisen auf die Lectisternia bzw. Sellisternia. Bei diesem Göttermahl wurden Götterbilder oder ihre jeweiligen Attribute auf prächtige Polster gelegt und symbolisch bewirtet. Gleichzeitig verbindet die sella curulis auf den Münzen die leeren Götterthrone mit dem Kaiserkult, bei dem der Herrscher durch einen leeren Thron symbolisiert wird, auf dem die Insignien seiner Macht liegen.

Der erste sichere Fall einer Proskynesis (= Kniefall) vor einem leeren Thron ist der, der zu Ehren des toten Alexander 318 v. Chr. von Eumenes organisiert wurde. An einem goldenen Thron, aufgestellt unter einem Zelt, war das Diadem und das Szepter angelehnt (Diod. XVIII, 60, 5-61). In Alexandria wurde der goldene Thron von Ptolemaios I. Soter 270 v. Chr. in einer heiligen Prozession mit Thronen der Götter getragen.

In Rom wurde eine solche Ehrung, hier in Form einer vergoldeten sella curulis, auf der ein edelsteinverzierten, goldener Kranz lag, zuerst dem lebenden Caesar durch den Senat zuerkannt. Diese sella sollte bei allen Spielen aufgestellt werden. Nach Caesars Tod konnte Oktavianus diesem Senatsbeschluß wegen des Widerstandes Marc Antons zunächst keine Geltung verschaffen. Als Alleinherrscher ließ Augustus dann den vergoldeten Sessel des Divus Iulius immer bei den Spielen aufstellen (Cassius Dio 50,10,2 und 56,29,1) und sein Bild erschien auch auf Münzen. Auch unter Tiberius wurde diese Huldigung beibehalten (vgl. Dio 57,15,6). Ähnliche Ehrungen gab es für verstorbene Mitglieder des Kaiserhauses.

Die vergoldete sella curulis wurde später durch einen Götterthron ersetzt. Für den divus Severus ist dies durch Münzen belegt, doch erhielt schon der divus Pertinax drei vergoldete Throne, die man in der pompa aufführte (Dio 74,4,1). Möglicherweise vollzog sich dieser Wechsel auch schon früher. Gerade diese Entwicklung aber verdeutlicht die enge Verbindung zwischen leerem Götterthron und Kaiserkult, die sicher auch im 1. Jh. n. Chr. schon bestand. Dabei blieb diese Ehrung nicht nur auf die Toten beschränkt.

Die Putti auf unseren Platten bereiten die Throne für den rituellen Akt des Lectisterniums vor. Gleichzeitig besteht offenbar eine enge Verbindung zwischen dem Kaiserkult und der Darstellung des leeren Thrones einer Gottheit. Ich nehme daher an, dass auch diese Reliefs im Zusammenhang mit der Verehrung des Kaisers gesehen werden müssen und wahrscheinlich an einem Bau des Kaiserkults angebracht waren. Beschi geht auch davon aus, dass dieser Bau auf eine kaiserliche Initiative zurückzuführen ist.

Auch die kindlichen Putti entstammen der hellenistischen Tradition. Sie sind Begleiter der Venus und begleiten oft das Liebespaar Venus und Mars, wobei sie mit den Waffen des Mars spielen. Ihre Verbindung zu Venus, der Stammutter der Iulier, auf die sich wiederum alle nachfolgenden Kaiser in irgendeiner Weise bezogen, impliziert also wie die leeren Throne ebenfalls den Kaiserkult.

(Fortsetzung folgt …)

Die sogenannten „Thronreliefs“ aus Ravenna (Teil 2)

Bei den erhaltenen Fragmenten sind neun Gottheiten bezeugt: Saturn, Neptun, Jupiter, Mars, Ceres, Apollo, Diana, Bacchus und Hercules. Der römische Götterhimmel bestand jedoch aus weiteren Gottheiten.

Nach Livius gab es schon zwischen 399 u. 326 v. Chr. folgende 6 Götter: Apollo und Latona, Hercules und Diana, Neptun und Merkur. Im frühen 3. Jh. v. Chr. übernahmen die Römer dann die 12 olympischen Götter der Griechen, mit denen sie ihre eigenen Götter gleichsetzten: Juno, Mars, Vesta, Merkur, Minerva, Jupiter, Ceres, Neptun, Diana, Vulkan, Venus und Apollo.

217 v. Chr. wurde ein offizieller Kult in Rom für die 12 olympischen Götter eingeführt. Dabei wurde die Götter anscheinend paarweise auf einem Thron verehrt: Jupiter und Juno, Neptun und Minerva, Mars und Venus, Apollo und Diana, Vulkan und Vesta, Merkur und Ceres.

Vom griechisch-römischen Dodekatheon sind in den erhaltenen Fragmenten unserer Serien nur fünf belegt: Jupiter, Neptun, Mars, Apollo, Diana und Ceres. Beschi ergänzt Juno und Minerva, um die kapitolinische Trias zu vervollständigen, sowie Venus als Pendant zu Mars. Dies ergäbe insgesamt 12 Reliefs. Ergänzt man zusätzlich Vulkan, Vesta und Merkur, um den ganzen griechisch-römischen Dodekatheon (= 12 Götter) zu vervollständigen, würde eine Serie aus 15 Reliefs bestehen.

Zusätzlich zum Dodekatheon wären dann die Throne von Hercules, Bacchus und Saturn dargestellt. Eine Parallele hierzu wäre die pompa circensis, die Prozession vor den Zirkusspielen, bei der Bilder aller römischen Götter mitgeführt wurden. Nach Dionysios von Halikarnassos führt man im 1. Jh. v. Chr. neben Bildern der zwölf olympischen Götter wurden hier auch Bilder einiger anderer, teilweise älterer Götter oder Halbgötter zusätzlich mit, z. B. Bacchus.

(Fortsetzung folgt …)

Die sogenannten „Thronreliefs“ aus Ravenna (Teil 1)

Zu den umstrittensten römischen Reliefs gehören einige Fragmente von Mar­morplatten mit Darstellungen von leeren Thronen. Sie befinden sich heute an verschiedenen Orten in Italien und Frankreich, können aber mit Hilfe einiger sicherer Herkunftsangaben in schriftlichen Quellen des 14. und 15. Jh. n. Chr. zumindest teilweise sicher Ravenna zugeordnet werden. Auf­grund von diesen Herkunftsangaben sowie technischen, stilistischen und ikonographischen Übereinstimmungen, fasste Ricci sie zu Beginn dieses Jahr­hunderts zu einer einheitlichen Serie zusammen. Da jedoch von keinem der erhaltenen Fragmente der ursprüngliche Fundort, und damit der antike Kon­text, bekannt ist, ergeben sich viele Schwierigkeiten und Unsicherheiten sowohl bezüglich der Datierung, der Deutung und der ursprünglichen Verwen­dung der Reliefplatten, als auch bezüglich der Frage, ob die Fragmente wirklich alle zu einer einzigen Serie und damit zu einem einzigen Monument gehören.

Literatur:

L. Beschi, FelRav 4. Ser. 127–130, 1984–1985, 37 ff. Abb. 1–2; 48 ff. Abb. 8–7; 67 Abb. 22 B;
E. Simon, Die Götter derRömer (1990) 190 ff. Abb. 244;
T. Hölscher in: V. M. Strocka (Hrsg.), Die Regierungszeit des Kaisers Claudius (41–54
n. Chr.)
Umbruch oder Episode? Symposion Freiburgi. B., 16.–18. Februar 1991 (1994) 95 f. Abb. 4.

Im Folgenden soll nun das Motiv des leeren Throns besprochen und auf eine Datierung aufgrund einer stilistischen Einordnung der Putti vorgenommen werden.

Die frühesten Erwähnungen unserer Fragmente stammen aus dem 14. Jh. n. Chr. und sind auf die große Beliebtheit der Putti bei den Künstlern dieser Zeit zurückzuführen, denen sie z. B. als Modelle für ihre eigenen Putten­darstellungen dienten.

Die älteste Darstellung der zwei größeren Fragmente mit den Thron Neptuns, die seit 1585 in Monumente der Spätrenaissance an den Pilastern des Pres­byteriums von San Vitale eingefügt sind, stammt von Gentile da Fabriano aus dem Jahr 1419. Der erste Hinweis, kurz nach der Mitte des 14. Jh., ist jedoch von Desiderio Spreti: „adsunt etiam candidissimo marmore tres infantium imagines, opus nec immerito, ut fertur, Polycleti“ (es gibt auch aus glänzendem Marmor drei Kinderbilder, nicht unverdienter Weise ein Werk, wie man sagt, von Polyklet).

Ungefähr die Hälfte der vorhandenen Relieffragmenten stammen aus Ravenna. Die übrigen sind ohne genaue Herkunftsangabe, aber Beschi nimmt an, dass sie aus Rom stammen, da sie zur römischen Sammelleidenschaft gehören. In zwei Fällen, nämlich Neptun und Saturn, sind zwei fast identische Reliefs bezeugt, wobei beide Reliefs mit Thron des Neptun aus Ravenna stammen. Sehr wahrscheinlich ha­ben wir auch für den Thron des Bacchus zwei Reliefplatten bezeugt, mit einem sicher ravennati­schen Fragment und einem wahrscheinlich römischen. Beschi schließt daraus, dass es neben zwei Serien in Ravenna auch noch eine Serie in Rom gab, von der dann wohl die beiden ravennatischen abgeleitet waren.

(Fortsetzung folgt …)

Das Mailänder Diptychon

Bilder siehe:
https://fedora.phaidra.univie.ac.at/fedora/get/o:284921/bdef:Content/get
https://fedora.phaidra.univie.ac.at/fedora/get/o:284684/bdef:Content/get

Die beiden Elfenbein-Tafeln im Mailänder Domschatz dienten als Deckel für ein Evangeliar. Jede der Tafeln ist in neun Felder eingeteilt. Dabei geht das obere und das untere Feld jeweils über die ganze Breite der Tafel und das große Mittelfeld wird zu beiden Seiten von je drei kleinen Feldern eingerahmt.

Die erste Tafel zeigt oben die Geburt Christi mit Maria und Josef zu beiden Seiten der Krippe mit dem Jesuskind. Im Hintergrund sieht man den Esel und den Ochsen. Die Szene wird von zwei Kränzen mit Evangelisten-Symbolen eingerahmt: der Mensch links steht für Matthäus, der Stier rechts symbolisiert Lukas. Das untere Feld zeigt den Kindermord mit dem thronenden Herodes, klagenden Frauen und Soldaten. Auch diese Szene wird von zwei Kränzen gerahmt, in denen aber diesmal die Evangelisten selbst dargestellt werden.

Im großen Mittelfeld ist ein Lamm mit Nimbus in einem Früchtekranz dargestellt. Im Hintergrund sieht man zwei korinthische Säulen mit Architrav. Das Lamm symbolisiert den Opfertod Christi, der Früchtekranz steht für Fruchtbarkeit, Wohlstand und Frieden.

Die kleinen Felder links zeigen oben nach unten die Verkündigung Marias an der Quelle, die drei Magiere, die den Stern sehen, sowie die Taufe Christi. Rechts ist oben vermutlich Gebet und Verheißung Annas dargestellt, die auf die Verkündigung ihrer Tochter Marias vorausweist. Darunter sieht man Jesus unter den Schriftgelehrten im Tempel und ganz unten seinen Einzug in Jerusalem.

Auf der rechten Tafel ist im oberen Feld die Anbetung der drei Könige abgebildet, wiederum eingerahmt von zwei Kränzen mit Evangelisten-Symbolen. Diesmal sehen wir links den Löwen für Markus und rechts den Adler als Symbol für Johannes. Auf dem unteren Feld rahmen zwei Kränze mit Evangelisten die Hochzeit von Kanaan ein.

Im mittleren Feld steht ein Juwelenkreuz auf einem Berg, von dem vier Flüsse ausgehen. Auch hier sehen wir zwei korinthische Säulen mit Architrav im Hintergrund. Das juwelengeschmückte Kreuz ist ein Siegessymbol und meint vermutlich das Kreuz der Verklärung. Der Berg stellt den Paradiesberg mit den vier Paradiesflüssen dar. Diese Flüsse wiederum können die vier Himmelsrichtungen symbolisieren oder für die Evangelisten stehen. Als Symbol für die Himmelsrichtungen weisen die Flüsse oft auf die Verbreitung des Evangeliums und die Weltherrschaft Christi.

Die kleinen Felder links stellen von oben nach unten eine Blindenheilung, die Heilung des Lahmen, der nun sein Bett wegträgt, und die Auferweckung des Lazarus dar. Dieser ist wie immer in einer Ädikula dargestellt, was nicht dem biblischen Text entspricht. Im Feld rechts oben thront Jesus als Pantokrator (=Weltherrscher) auf einer Weltkugel. Er gibt zwei Märtyrern Kränze in die verhüllten Hände. Die Kränze symbolisieren den Sieg über das irdische Leben und weisen auf das Jenseits. Im mittleren Feld sehen wir das Abendmahl und das untere Feld zeigt das „Scherflein der Witwe“ (die Witwe, die nur zwei kleine Münzen opfert, weil sie arm ist). Auch hier sitzt Jesus als Pantokrator auf einer Weltkugel.

Beide Tafeln des Mailänder Diptychons zeigen mit Juwelenkreuz, Lamm und Jesus als Pantokrator eine imperiale Ikonographie, die erst im 5. Jh. n. Chr. einsetzt. Die Szenen aus dem Leben Marias wiederum setzen eine ausgereifte Mariologie voraus, die erst mit dem Konzil von Ephesus im Jahre 431 n. Chr. beginnt. Daneben finden wir Szenen aus den östlichen Apokryphen, deren Darstellung im Westen Ende des 5. Jh. n. Chr. aufhört. Da das Diptychon aufgrund des Stils vermutlich im Westen des römischen Reichs entstand, kann man davon ausgehen, dass es aus der Mitte des 5. Jh. n. Chr. stammt.

Reisetipp: Die sogenannte „Igeler Säule“ bei Trier

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Eines der Highlights im Landesmuseum in Trier ist die Kopie der sogenannten Igeler Säule. Die Kopie steht im Hof des Museums und ist farbig gefasst – gemäß den gefundenen Farbresten.

Das Original steht auch heute noch an seinem ursprünglichen Platz im kleinen Ort Igel bei Trier und ist bereits seit 1986 Teil des UNESCO-Welterbes Römische Baudenkmäler, Dom und Liebfrauenkirche in Trier. Dass wir das 23 Meter hohe Pfeilerdenkmal aus rotem Sandstein auch heute noch hier bewundern können, verdanken wir vermutlich dem Umstand, dass man das Hauptbild auf der Südseite im Mittelalter für eine Darstellung der Vermählung des Constantius Chlorus mit der Heiligen Helena, der Mutter Konstantin des Großen, hielt.

Die Römerstraße, an der dieses Grabmal steht, war zur Zeit der Römer von vielen weiteren Grabmälern gesäumt, deren Reste man heute zum Teil ebenfalls im Trierer Landesmuseum sehen kann.

Die Igeler Säule wurde gegen 250 n. Chr. von der Tuchhändlerfamilie der Secundinier errichtet. Auf einer Stufenbasis erheben sich der eigentliche Sockel des Grabmals, der Hauptteil, ein Fries, eine Attika und ein dreieckiger Giebel. Den Abschluss bildet ein Schuppendach, das von einem Pinienzapfen bekrönt ist. Hier befand sich früher auch noch eine Darstellung der Entführung des Ganymed durch den Adler Jupiters.

Das Grabmal ist über und über mit Reliefs geschmückt, die verschiedene neben mythologischen Themen Szenen aus dem häuslichen Leben der Secundinier und auch Schritte der Tuchherstellung zeigen. Vermutlich wurde das Grabmal beim Tod des jüngeren Sohnes Securus errichtet, der das Hauptbild an der Südseite den Abschied dieses Sohnes von seinem Vater Securus und dessen Bruder Aventinus zeigt.

 

Adresse:
Trierer Straße
54298 Igel

Entwicklung des griechischen und römischen Portraits

Im archaischen Griechenland (6. Jh. v. Chr.) blieben Darstellungen von Männern und Frauen typenhaft und allgemein und folgten dem allgemeinen Schönheitsideal von kaloskagathos = schön und gut: der schöne Mensch ist zugleich der sittlich mustergültige, von vollendeter Lebensform und aus gutem Haus.

Ein gutes Beispiel ist die Grabstatue des Kroisos aus Athen (530 – 520 v. Chr.): http://de.wikipedia.org/wiki/Kroisos-Kouros#mediaviewer/File:0006MAN-Kouros2.jpg

In der Klassik (2. Viertel d. 5. Jh. v. Chr.) gab es zwar gelegentlich Bildnisse, die vom Ideal abweichen, z. B. eine Büste des Themistokles (http://arachne.uni-koeln.de/item/objekt/14124). Ansonsten folgten die Skulpturen im 5. Jh. einem neuen Idealtypus (vgl. Doryphoros von Polyklet). Es geht aber weiterhin um die Darstellung allgemeiner Reife, Schönheit und Würde; Persönliches steht zurück. Weitere Beispiele sind Bildnisse von Perikles oder die Tyrannenmörder-Gruppe.

Im späten 4. Jh. v. Chr. tritt dann an die Stelle der Berechnung eines Schönheitsideals das empirische Interesse am Individuum und seinen Besonderheiten (z. B. Philosophenbildnisse wie von Sokrates).

Im Hellenismus sind zunächste die für breite Masse und auf Wirkung angelegten Bildnisse Alexanders des Großen zu nennen. Immer noch gab es nur wenige individuelle Bildnisse. Zur gleichen Zeit gab es in Rom individualisierte Portraits. Doch auch sie verweisen auf das politische Image, d. h. auf Leistungen und Taten des Dargestellten, nicht aber auf die innere Eigenart.

Seit dem 2. Jh. v. Chr. treten bei den Bildnissen Charisma und Führerqualitäten in den Vordergrund, die mit Hilfe von pathetischer Mimik und gebieterischer Gebärde dargestellt werden.

Ab dem Bürgerkrieg im 1. Jh. v. Chr. war die Darstellung von Charisma jedoch verpönt. Charisma galt als gefährlich und die Gesichter werden streng und unbewegt.

Dies zeigt sich auch an den Portraits des ersten römischen Kaisers Augustus. Er wurde zeitlebens jugendlich und erhaben dargestellt und zeigt kaum individuelle Züge. Dieser Klassizismus (Ende 1. Jh. v. Chr. / Anfang 1. Jh. n. Chr.) wird durch Idealisierung geprägt und orientiert sich an griechischen Bildnissen des 5. Jh. v. Chr.

Seine Nachfolger aus dem iulisch-claudischen Kaiserhaus folgten diesem Vorbild. Danach kam es zu einem abrupten Bruch in der Darstellung der römischen Kaiser. Vespasian läßt sich als Glatzkopf mit zahnlosem Mund und zusammengekniffenen Augen darstellen. Sicher sind diese individuelle Züge, aber es ging auch darum, einen starken Gegensatz zu Nero zu schaffen, der sich zunehmend tyrannisch verhalten hatte.

Im 2. Jh. n. Chr. sollten die Kaiserportraits (und die Privatportraits ahmten sie nach) eine sanfte Gelassenheit, Milde, Geduld, Ruhe und Gerechtigkeit veranschaulichen: Hadrian oder Marc Aurel seien hier als Beispiele gezeigt.

An der Wende zum und Anfang des 3. Jh. v. Chr. änderten sich die Portraits wieder. Caracalla ließ sich als furchterregenden Kraftmenschen darstellen und die Soldatenkaiser zeigten sich alle mit kurzem Haarschnitt

In der Spätantike wurden die Kaiser schließlich pathetisch mit großen Augen und ausdruckvollen Gesichtern dargestellt (Beispiel Konstantin der Große).

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