Monat: Mai 2014

Jupiter- und Jupitergigantensäulen (Teil 1)

In den nördlichen Provinzen des römischen Reichs, v. a. in Obergermanien und dem östlichen Teil der römischen Provinz Belgica, findet man oft Teile von Säulenmonumenten, die Jupiter geweiht waren.

Das Vorbild für diese Jupitersäulen scheint die Anfang des 20. Jh. n. Chr. in Mainz gefundene große Jupitersäule zu sein, die für Kaiser Nero errichtet wurde. Diese ca. 9 m hohe Säule besteht aus 2 eckigen Sockelsteinen, der Säule selbst mit einem korinthischen Kapitell und einem weiteren würfelförmigen Abschlussstein. Möglicherweise stand die Säule zusätzlich noch auf einem Unterbau.

Bekrönt war die Säule von der fast 3,5 m hohen Statue eines vermutlich stehenden Jupiter mit dem Blitzbündel in der Hand und einem neben ihm stehenden Adler. Von dieser Statue sind allerdings nur wenige Teile gefunden worden, z. B. ein mit Sandale bekleideter Fuß. Die Statue bestand aus vergoldeter Bronze.

Auf den Sockelsteinen und dem Säulenschaft waren insgesamt 28 römisch-keltische Gottheiten und Personifikationen dargestellt. Im unteren Bereich der Säule befindet sich eine Inschrift. Diese wurde auf einem vor der Säule stehenden Altar wiederholt. Die Säule wurde wie die meisten Jupitersäulen nur in Bruchstücken gefunden. Eine Rekonstruktion steht heute im Mainzer Landesmuseum und Kopien der Säule kann man außerdem beispielsweise bei der Saalburg oder sogar in Rom sehen.

Die große Masse der übrigen Reste von Jupitersäulen gehörte zu wesentlich kleineren Säulen. Sie folgen in groben Zügen dem großen Mainzer Vorbild, aber Bildprogramm und Dekoration sind stark reduziert. Sie waren bis in das 3. Jh. n. Chr. beliebt und wurden oft bei römischen Landgütern (villae rusticae) aufgestellt. Je nachdem, wie Jupiter dargestellt ist, unterscheidet man dabei Jupitergigantensäulen und Jupitersäulen.

(Fortsetzung folgt …)

Literatur:

  • Gerhard Bauchhenß, Peter Noelke: Die Iupitersäulen in den germanischen Provinzen. Köln 1981.
  • Gerhard Bauchhenß: Jupitergigantensäulen. Limesmuseum Aalen, Aalen 1976 (Kleine Schriften zur Kenntnis der römischen Besetzungsgeschichte Südwestdeutschlands 14
  • Roland Gschlössl: Im Schmelztiegel der Religionen. Göttertausch bei Kelten, Römern und Germanen.
  • P. Noelke mit Beiträgen von T. A. S. M. Panhuysen, Neufunde von Jupitersäulen und -pfeilern in der Germania inferior nebst Nachträgen zum früheren Bestand. Bonner Jahrbücher 210/211, 2010/2011, 149-374

Online-Kurse Archäologie

Eine interessante Möglichkeit sich weiterzubilden, sind Online-Kurse. Plattformen wie Coursera bieten Kurse zu allen möglichen Themenbereichen an und das Ganze auch noch kostenlos. Auch einige archäologische Kurse sind hier zu finden und aus eigener Erfahrung kann ich zwei Kurse empfehlen: „Roman Architecture“ von Diane Kleiner (Yale University) und „Archaeology’s Dirty Little Secrets“ von Sue Alcock (Brown University.

„Roman Architecture“ wurde 2009 das erste Mal im Rahmen der Yale Open Courses durchgeführt und die zweite Ausgabe des Kurses dieses Jahr war erstmalig zusätzlich bei Coursera vertreten. Der Kurs geht 15 Wochen und besteht aus den Aufzeichnungen der Vorlesungen von Prof. Kleiner. Über den Kurs verteilt gibt es 3 schriftliche Übungen, zwei Multiple Choice Tests und ein Projekt (Design your own Roman City). Bei diesem Kurs sollte man 4-8 Wochenstunden einplanen, je nachdem, wie intensiv man die Vorlesungen nacharbeitet. Als Begleitbuch ist ein eBook herausgekommen, das die Vorlesungen noch einmal zusammenfasst. Der Kurs gibt einen sehr guten und ausführlichen Überblick über die Entwicklung der römischen Architektur. Er bringt den Teilnehmern Baumaterialien, technische Entwicklungen und die verschiedenen Bautypen auf sehr verständliche Weise näher.

„Archaeology’s Dirty Little Secrets“ fand dieses Jahr ebenfalls zum zweiten Mal statt – das erste Mal 2013. Dieser achtwöchige Kurs ist sehr abwechslungsreich gestaltet und wurde speziell als Online-Kurs konzipiert. Es gibt Videos mit Einführungen in das Thema der Woche, führt in die Handhabung und Interpretation von Funden ein und geht auch das jeweilige Thema in Interviews über aktuelle Grabungen ein. Daneben gibt es Texte, die das Thema vertiefen. Einige dieser Texte sind notwendig, um den wöchentlichen Multiple Choice Test zu beantworten, andere Texte dienen nur der Ergänzung. Jede Woche kann man eins von drei Themen für eine schriftliche Übung wählen. Für diesen Kurs sollte man 4-6 Wochenstunden einplanen.

Beide Kurse werden von Diskussionen im Forum begleitet, wo sich ebenfalls sehr interessante Hinweise finden. Die schriftlichen Übungen werden von Mit-Studenten bewertet und kommentiert. Zum Abschluss gibt es bei Bestehen eine Teilnahmebescheinigung.

So unterschiedlich die beiden Kurse im Aufbau auch sind, beide haben sich für mich gelohnt. Voraussetzung sind natürlich gute Englischkenntnisse – vor allem für die schriftlichen Übungen. Und man sollte möglichst nicht beide Kurse gleichzeitig belegen, da beide sehr arbeitsintensiv sind.

Archäologischer Landschaftspark in Nettersheim

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Das Naturzentrum Eifel in Nettersheim ist jetzt um eine Attraktion reicher: Der Archäologische Landschaftspark informiert an 8 Stationen entlang eines über 4 km langen Rundweg über das Leben der Römer an dieser Stelle, dem antiken Marcomagus. 2009 wurde eine römische Siedlung entdeckt und seitdem vom Archäologischen Institut der Universität zu Köln ausgegraben. Auch das seit Anfang des 20. Jahrhunderts bekannte Matronen-Heiligtum wurde dabei neu erforscht. Siedlung, Heiligtum und ein Kleinkastell lagen an der Römerstraße Via Agrippa, die Trier mit Köln verband.

Der Rundweg beginnt im Naturzentrum Eifel. Dort geben verschiedene Ausstellungen einen Überblick über Fauna, Flora und Geologie der Eifel sowie über die das Leben der Römer in dieser Region. Der Museumsshop lädt zum Stöbern ein und bietet unter anderem eine große Auswahl an Büchern über die Eifel.

Im Archäologischen Landschaftspark wurden die bisher ergrabenen Funde sichtbar gemacht. Das Matronenheiligtum wurde nach den Grabungen der letzten Jahre neu rekonstruiert. Früher nahm man an, dass es sich um einen gallo-romanischen Umgangstempel handelte. Der Umgang war aber nicht breit genug. Kopien der Weihesteine für die hier verehrten Matronen wurden nun auch der originalen Fundlage entsprechend um den Haupttempel herum aufgestellt. In der Vergangenheit standen sie am Eingang zum Tempelbezirk. Noch heute werden Blumen an den Weihesteinen niedergelegt.

Gleich hinter dem Matronenheiligtum beginnt die römische Siedlung. Sie bestand aus sogenannten Streifenhäusern, die sich wie Perlen links und rechts der Via Agrippa aufreihten. Die Außenmauern einiger dieser Häuser wurden durch Mauerzüge sichtbar gemacht, damit sich der Besucher eine Vorstellung von der Größe machen kann. Leider hat man darauf verzichtet, auch die Innenaufteilung sichtbar zu machen.

Im weiteren Verlauf der Via Agrippa wurde in der Spätantike auf dem anderen Ufer des Urftbaches ein Kleinkastell errichtet. Eine Besonderheit hier ist, dass die beiden Tore nicht in einer Linie liegen.

Wirtschaftliche Grundlage der in Marcomagus lebenden Römer war die Erzgewinnung. Auf dem Rückweg zum Naturzentrum wird an der Nachbildung eines sogenannten Rennofens gezeigt, wie das Erz gewonnen wurde.

Am Ende des Rundgangs lädt eine Taverne zu römischen Gerichten ein. Hier werden auch einfache Übernachtungsmöglichkeiten angeboten.

Das Naturzentrum und der Archäologische Landschaftspark bieten eine Reihe von Veranstaltungen an, die interessierten Besuchern Natur und Archäologie näherbringen. Dazu gehören Camps von Römern und Eburonen, den vorrömischen Bewohnern dieser Gegend, Kochkurse zu römischen Gerichten oder die Möglichkeit, an Grabungen teilzunehmen.

Infos: http://www.naturzentrum-eifel.de/themenwelten/archaeologie.html

Adresse:

Urftstr. 2–4
53947 Nettersheim
Tel.: 02486 / 12 46
Eintritt:

Ausstellungen im Hauptgebäude (Obergeschoss)
inkl. Haus der Fossilien, Werkhäuser und historisches Bauernhaus:

Erwachsene 2,00 €
Kinder 1,00 €
Familien 4,00 €

 

Imperium der Götter: zur aktuellen Ausstellung in Karlsruhe (Teil 4)

Wie wir sahen, durchliefen alle bisher vorgestellten Kulte verschiedene und zum Teil ganz entscheidende Änderungen auf ihrem Weg in die römische Götterwelt. Teilweise kann diese Umformung kaum noch nachvollzogen werden, z. B. beim Mithraskult. Allen gemeinsam war aber, dass sie keinen Anspruch auf Exklusivität stellten und zusammen mit anderen Göttern verehrt werden konnten.

Im Umfeld dieser antiken Religionen entwickelten sich aber auch das monotheistische Judentum und daraus später das Christentum.

Kern der jüdischen Religion ist der Glaube an den einzigen Gott Jahwe und sein Bund  mit seinem Volk. Jüdische Gemeinden gab es überall im römischen Reich. Zentrum ihrer Religion und ihrer Identität war für Juden jedoch Jerusalem mit seinem Tempel. Dazu kam die Befolgung der 12 Gebote und anderer Vorschriften in der Tora im täglichen Leben. Dazu gehören beispielsweise die Beschneidung und die Einhaltung des Sabbat, des Ruhetags, an dem jede Arbeit verboten ist. Juden selbst verehrten zwar nur einen Gott, akzeptierten jedoch, dass andere Menschen andere Götter anbeteten.

70 n. Chr. schlugen die Römer unter Kaiser Vespasian einen Aufstand der Juden nieder und zerstörten den Tempel in Jerusalem. Der Tempel wurde nie wieder aufgebaut. Nur ein Teil der Stützmauer des Plateaus, auf dem der Tempel stand, ist heute noch zu sehen und bildet die sogenannte Klagemauer. Kaiser Hadrian schließlich verbot den Juden nach dem Bar-Kochba-Aufstand sogar, die Stadt Jerusalem zu betreten. Das Volk der Juden siedelte sich in anderen Gegenden an und versammelten sich in Synagogen zum Gottesdienst.

Die Karlsruher Ausstellung zeigt ein Modell der Synagoge von Dura Europos, Grabinschriften und verschiedene Gegenstände mit Darstellungen jüdischer Symbole.

Aus dem Judentum ging später das Christentum hervor. Es begann als eine kleine Gruppe, die sich um Jesus scharte. In den Augen seiner Anhänger war Jesus der Messias, der von den Juden lang ersehnte Heilsbringer. Er gilt als Sohn Gottes, der mit seinem Tod die Sünden der Menschen auf sich nahm, und seine Auferstehung vom Tod gab seinen Anhängern Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Unterschied zu den anderen sogenannten Erlösungsreligionen, die die Karlsruher Ausstellung präsentiert, ist der absolute Monotheismus des Christentums. Nur als getaufter Christ hat man jetzt Anspruch auf Erlösung. Nicht mehr nur der Lebenswandel, sondern die Zugehörigkeit zu christlichen Gemeinschaft sind ausschlaggebend für die Erlösung durch Gott.

Diese extreme Abgrenzung gegenüber Andersgläubigen führte immer wieder zu Konflikten mit der Umwelt und zur Verfolgung durch den römischen Staat. Die Treffen im Geheimen schürte außerdem das Misstrauen der Umwelt. Dieses schwierige Verhältnis zum römischen Staat änderte sich erst im 4. Jh. n. Chr., als das Christentum nicht nur allgemein akzeptiert wurde, sondern schließlich alle anderen Religionen verboten wurden.

Die christliche Kunst entwickelte sich im Umfeld der paganen Symbolik. Die ersten Christen deuteten die vorhandenen Symbole und Darstellungen um. Erst im Lauf der Zeit entwickelten sich rein christliche Darstellungen, die Motive aus der Bibel umsetzten. Diese Entwicklung kann man besonders gut bei den Darstellungen in den unterirdischen Nekropolen Roms, den Katakomben, und auf Sarkophagen nachvollziehen. Die Ausstellung zeigt zum Beispiel mehrere Sarkophage mit christlichen Motiven, wie Wunder Jesu oder seine Passion. Highlight dieses Ausstellungsteils ist aber der Nachbau einer Kammer der rein christlichen Katakombe der „Heiligen Marcellinus und Petrus“ an der Via Labicana.

Zum Schluss geht die Karlsruher Ausstellung noch auf die Nachwirkung antiker Religionen in späteren Jahrhunderten ein. In Kunst und Literatur – bis hin zu Historienfilmen mit religiösem Hintergrund.

Insgesamt ist die Ausstellung meines Erachtens sehr gut gelungen und gibt einen umfassenden Überlick über die Religionen im römischen Reich.

 

Imperium der Götter: zur aktuellen Ausstellung in Karlsruhe (Teil 3)

Neben Magna Mater war auch die ägyptische Göttin Isis (http://www.landeskunde-online.de/rhein/kultur/museen/blmka/ausst/imperium_der_goetter/isis.htm) bei den Römern sehr beliebt. In Mainz teilten sie sich sogar ein Heiligtum.

Isis hatte viele Funktionen: sie war unter anderem eine mütterliche Göttin und eine Schutzgöttin, aber auch eine Totengottheit und Göttin der Wiederbelebung. Im Lauf der Zeit verschmolz sie mit verschiedenen anderen Göttinnen, z. B. mit Demeter. Ihre Ursprünge sind bisher nicht eindeutig geklärt, aber sie tritt etwa gleichzeitig mit ihrem Ehemann Osiris auf. Dieser war Gott der Unterwelt, Vorsitzender des Totengerichts und Herrscher über Tod und Wiedergeburt. Der Osiris-Mythos erzählt, dass er von seinem Bruder Seth ermordet und zerstückelt wurde. Isis suchte die einzelnen Teile ihres Mannes zusammen, reanmierte Osiris und zeugte das Kind Horus mit ihm.

Der Kult dieser Götterfamilie gewann in der Spätzeit Agyptens immer stärker an Bedeutung. Unter den Ptolemäern verschmolz Osiris mit dem Apis-Stier, dem Hauptgott ihres anfänglichen Regierungssitzes Memphis, zu Serapis. Dieser wurde Hauptgott der neuen Hauptstadt Alexandria und die Darstellungen des neuen Götterfamilie Isis, Serapis und der nun Harpokrates genannte Horus standen in der Tradition griechisch-römischer Gottesvorstellungen. In der späthellenistischen Zeit begann auch der Siegeszug der Götterfamilie in die Welt der Römer, die vor allem Isis verehrten.

Auch im römischen Reich wies der Kult der Isis ägyptisierende Züge auf: die Priester hatten kahlgeschorene Köpfe (römische Priester verhüllten ihr Haupt beim Opfer) und das Wasser des Nils, mit dem Isis ihren Mann Osiris wieder zum Leben erweckt hatte, war fester Bestandteil des Kults. Mit dem Kult der altägyptischen Göttin hatte dieser neue Kult, der sich im ganzen römischen Reich verbreitete, allerdings nichts mehr gemein. Die Anhänger dieses romanisierten Kults erhofften sich von Isis wie von allen Göttern zunächst einmal Hilfe und Schutz im Alltag. Die in ihren Mysterienkult eingeweihten konnten außerdem nach ihrem Tod wie Osiris auf eine Wiederbelebung durch Isis hoffen.

Als Beispiel für ein Heiligtum der Isis wird das Iseum in Pompeji vorgestellt. Die in der Ausstellung gezeigten Bildnisse von Isis, Osiris, Serapis und Horus/Harpokrates zeigen die Entwicklung von den ägyptischen zu den griechisch-römischen Darstellungen. Schon in ihrer ägyptischen Erscheinungsform fällt eine Darstellungsform der Isis besonders auf: die Isis Lactans, d. h. die stillende Isis. Diese Darstellung zeigt Isis mit dem Horusknaben auf dem Schoß, während sie Horus stillt. Die späteren Darstellungen von Maria, die das Jesuskind stillt, gehen vermutlich auf dieses Vorbild zurück.

(Fortsetzung folgt …)

Imperium der Götter: zur aktuellen Ausstellung in Karlsruhe (Teil 2)

Ein großer Teil der Ausstellung ist dem Mithras-Kult gewidmet. Das Landesmuseum in Karlsruhe besitzt selbst zwei der größten Mithras-Reliefs, die in Deutschland gefunden wurden: die Refliefs aus Heidelberg-Neuenheim und Osterburken. Für die Ausstellung ist es gelungen, auch die Reliefs aus Ni­da-Hed­dern­heim und Die­burg als Leihgaben nach Karlsruhe zu holen. Das Relief aus Dieburg zeigt auf der Rückseite eine bisher einmalige Darstellung im Zusammenhang mit dem Mithraskult: den Mythos des Phaeton, der beim Versuch, den Sonnenwagen seines Vaters Helios zu fahren, die Kontrolle über das Gespann verliert und eine Katastrophe auslöst.

Zunächst aber geht die Ausstellung kurz auf die möglichen Urspünge des römischen Mithraskults ein. Bis heute  ist die Entstehung des Kults umstritten. Es gab eine indoiranische Gottheit Mithra , die im 14. Jahrhundert v. Chr. erstmals erwähnt wird. „Mitra“ bedeutet „Vertrag“ und so nennt unsere Quelle, die Awesta (Schriften des Zoroasther), den Schutz von Verträgen als die Hauptaufgabe des Gottes Mithra. Er galt offenbar auch als Lichtbringer (Reliefs zeigen Mithra mit einem Strahlenkranz) und als Lebensspender. Auch wenn einige Funktionen des römischen Mithras bereits in der Awesta erscheinen, können wir bis heute nicht ganau nachvollziehen, ob, wie und ggf. warum sich der Kult in seiner römischen Ausprägung aus der indoeuropäischen Gottheit entwickelt hat.

Anschließend zeigt die Karlsruher Ausstellung die oben genannten Kultreliefs mit ihren Bildprogrammen. Zu den dargestellten Szenen siehe meine früheren Beiträge „Mithras und die Stiertötung“ und „Das wunderbare Leben des Mithras„. Neben diesen großen Kultreliefs und verschiedenen anderen Funden, die einen Einblick in den Mithraskult geben, ist die Hauptattraktion der Ausstellung der ori­gi­nal­ge­treue Nach­bau des Mithras-Hei­lig­tums aus Santa Ma­ria Ca­pua Ve­te­re in Ita­li­en.

Ein weiterer Gott, der mit dem Stier verbunden ist, ist Jupiter Dolichenus. Sein Hauptheiligtum lag in Doliche im Südosten der heutigen Türkei. Die Stadt wurde Anfang des 3. Jahrhunderts v. Chr. neu gegründet und der in dieser Region seit alters her verehrte Wettergott wurde zu ihrem Hauptgott. Ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. verbreitete sich der Kult im gesamten römischen Reich, offenbar vor allem durch römische Soldaten. Im Laufe der Zeit entwickelte sich Jupiter Dolichenus zu einer der beliebtesten Gottheiten der Römer.

Der ursprüngliche Wettergott wurde auf einem Stier stehend mit Doppelaxt und Blitzbündel dargestellt. Dabei trug er orientalische Kleidung, einen Helm mit Hörnern und sein Haar zu einem Zopf geflochten. Spätere „romanisierte“ Darstellungen zeigen Jupiter Dolichenus in der Regel im Brustpanzer. Auch Zopf und Hörner sind verschwunden. Es sind inzwischen unzählige dreieckige Votivbleche, aber auch Skulpturen und Reliefs mit dieser Ikonographie gefunden worden und die Karlsruher Ausstellung zeigt eine Auswahl der interessantesten Stücke.

Aus den gefundenen Inschriften scheint hervorzugehen, dass Jupiter Dolichenus für irdische Belange zuständig war und beispielwweise um Schutz gebeten wurde. Es fehlen dagegen Hinweise, dass man sich von ihm ein besseres Leben im Jenseits versprach. Er galt als allmächtiger Gott und als er zulassen musste, dass sein Hauptheiligtum Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. von den Sassaniden zerstört wurde, ging sein Kult ebenfalls unter.

 

(Fortsetzung folgt …)

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