Monat: Januar 2022

Attisch-rotfigurige Malerei (Teil 4)

Werkstätten zur Keramikproduktion befanden sich in Athen vor allem am sogenannten Kerameikos am nordwestlichen Rand der Stadt, aber auch am Acharner Tor (z. B. die Werkstatt des Brygos). Einen Eindruck von Aussehen einer solchen Werkstatt vermitteln Vasenbilder.

Die Arbeit des Töpfers begann mit dem Tonstechen, dem Abbau von Ton, der in der Regel in offenen Gruben stattfand. Anschließend wurde der Ton gereinigt, geschlämmt und geknetet. Erst danach war seine Konsistenz dafür geeignet, den Ton auf der Töpferscheibe zu formen. Ursprünglich formte man die Gefäße noch aus Tonringen auf, die dann innen und außen geglättet wurden. Die Töpferscheibe kam etwa 3000 v. Chr. im östlichen Mittelmeerraum auf. In Griechenland finden sich erste Belege allerdings erst im 2. Jahrtausend. Sie bestanden aus Holz, Stein oder gebranntem Ton und wurden ursprünglich mit der Hand gedreht. Der Fußantrieb kam offenbar erst wesentlich später auf. Zumindest ist er erst seit dem 2. Jh. v. Chr. belegt.

Anfangs handelte es sich vermutlich um reine Familienbetriebe, aber spätestens seit dem späteren 6. Jh. v. Chr. kam es zu immer stärkerer Spezialisierung und manche Töpfer und Maler signierten sogar ihre Gefäße. Töpfer mit den Worten εποιεσεν (epoiesen = er hat es gemacht), Maler mit ἔγραψσεν (egrapsen = er hat gemalt). Hatten die Töpfer die Gefäße selbst bemalt, signierten sie teilweise mit beiden Wörtern. Das zeugt von sehr viel Selbstvertrauen, denn die soziale Stellung von Töpfern und Vasenmalern war nicht besonders gut. Zwar handelte es sich bei ihnen wohl meist um freie Bürger, aber da sie mit den Händen arbeiteten, standen sie wie auch alle anderen „Handwerkern“ auf der niedrigsten Stufe der Gesellschaft. Auch konnte man mit Keramik normalerweise nicht reich werden.

Töpfer und Maler, die sich mit ihren Arbeiten von der Masse absetzen konnten, konnten es sich dagegen offenbar sogar leisten, wertvolle Weihgeschenke zu stiften. So schreibt man dem Töpfer Nearchos die Weihung der Statue der sogenannten Antenor-Kore auf der Akropolis zu. Eine andere Weihung nennt als Stifter einen Euphronios Kerameus (= Töpfer). Möglicherweise stiegen sie im Ansehen sogar so weit auf, dass es ihnen möglich war, an einem Symposion teilzunehmen, wie die Nennung des Töpfers Smikros wird einem Stamnos nahelegt.

(Fortsetzung folgt…)

Attisch-rotfigurige Malerei (Teil 3)

Bei der sogenannten schwarzfigurigen Vasenmalerei, die in Korinth entwickelt wurde, trugen die Maler die Motive zunächst in groben Umrissen auf den Bildträger auf. Anschließend erfolgten die Binnengliederung und die Darstellung der Feinheiten durch Ritzung. Nach dem Brand konnten weitere Farben aufgetragen werden, z. B. blau. Die schwarzfigurige Vasenmalerei erreichte unter Exekias höchste Präzision. Er war sowohl Töpfer als auch Maler und wirkte von etwa 550 bis etwa 530 v. Chr. in Athen. Ein besonders schönes Beispiel seiner Meisterschaft ist eine Bauchamphora im Vatikan (Inv. Nr. 16757), die die homerischen Helden Aias und Achill während der Belagerung Trojas beim Brettspiel zeigt.

In der Werkstatt des Exekias entstanden später die sogenannten bilinguen Vasen des sogenannten Andokides-Malers (etwa zwischen 530 und 510 v. Chr. tätig), die den Übergang zur rotfigurigen Vasenmalerei markieren. Diese bilinguen Vasen sind auf einer Seite in schwarzfiguriger Technik bemalt, auf der anderen dagegen in rotfiguriger Technik. Neben Gefäßmalern schufen auch einige bedeutende Schalenmaler bilingue Werke. Sie nutzten die rotfigurige Technik dann oft für die Innenseite der Schalen. Am Beispiel der Bauchamphora in München (Staatliche Antikensammlungen Inv. Nr. 2301; Herakles beim Gelage), die auf beiden Seiten da gleiche Motiv zeigt, kann man die Unterschiede der beiden Techniken und ihrer optischen Wirkung besonders gut verdeutlichen.

Während die schwarzfigurige Vasenmalerei von der Siluette lebte, lebte die rotfigurige Technik von der Binnenzeichnung. Diese ließ mehr Spielraum für eine stärkere Tiefenwirkung oder ein neues Körperempfinden.

Bei dieser neuen Technik zeichnete man zunächst die Umrisse der Figuren auf dem lederharten Gefäß auf und zog sie anschließend mit Tonschlicker nach. Die Binnenzeichnung erfolgte mit dünnerem Ton und einem feinen Pinsel. Auf diese Weise konnten anatomische Details oder Gewandfalten wesentlich genauer dargestellt werden. Die Figuren wirkten dadurch lebendiger und man konnte durch Körperdrehungen sogar eine räumliche Wirkung erzielen.

Nach den ersten Experimenten mit der neuen Technik durch die sogenannten Pioniere („pioneers“), darunter Euphronios und Euthymides, verbreitete sie sich sehr schnell. Schon ab ca. 500 v. Chr. gab es kaum noch schwarzfigurige Vasen. Nur Lekythoi und panathenäische Preisamphoren wurden weiterhin in schwarzfiguriger Technik bemalt.

(Fortsetzung folgt…)

Attisch-rotfigurige Malerei (Teil 2)

Die Technik der Vasenherstellung und -malerei geht auf einfache Grundlagen zurück, die im Laufe der Zeit verfeinert wurden. So wurden für feinere Keramik fettere Tonarten verwendet. Die Tongewinnung ist anschaulich auf Tontafeln, den Pinakes von Penteskouphia, dargestellt. Bevor der abgebaute Ton verwendet werden konnte, musste er durch Schlämmen aufbereitet werden. Das Material zum Bemalen war ebenfalls Ton, allerdings ein sehr feiner. Dieser feine Tonschlicker wird aufgetragen, wenn das Gefäß lederhart ist. Erst durch die Technik beim Brennen der fertigen Gefäße entstehen dann die Farben durch die unterschiedliche chemische Zusammensetzung und Verdünnung des verwendeten Tonschlickers. Wichtig ist hier vor allem der Eisengehalt.

Der Brand erfolgte in drei Phasen, eine Technik, die im 7. Jh. v. Chr. in Griechenland so perfektioniert wurde, dass die Oberflächen nun diesen Glanz aufweisen, den wir von den schwarzfigurigen und später von den rotfigurigen Vasen kennen. Zu dieser Zeit entwickelte man, offenbar in Korinth, die dafür notwendigen regulierbaren Brennöfen.

Während des Brands variierte man die Sauerstoffzufuhr. In der ersten, oxidierenden Phase erreichte der Ofen nach etwa 9 Stunden eine Temperatur zwischen 850 und 975 Grad und die darin gestapelten Gefäße erhielten durch Oxidation eine rote Farbe. Anschließend wurde die Sauerstoffzufuhr unterbrochen, die Gefäßoberfläche versinterte und wurde tiefschwarz. Danach reduzierte man die Temperatur, sodass die schwarze Glanztonschicht versiegelt wurde und ihre Farbe sich nicht mehr änderte.

Nach dieser nur 5 bis 10 Minuten langen zweiten Phase wurde wieder Sauerstoff zugeführt, indem die Öffnungen des Ofens erneut geöffnet wurden. Da die bemalten Flächen jetzt aber versiegelt waren, konnten nur noch die unbemalten Teile des Gefäßes wieder oxidieren und eine rote Farbe annehmen.

(Fortsetzung folgt…)

Attisch-rotfigurige Malerei (Teil 1)

Wer heute Museen mit archäologischen Sammlungen besucht, verbindet mit der griechischen Antike oft Vitrinen voller bemalter Amphoren, Schalen und anderer Gefäße. Lange Zeit standen diese sogenannten „Vasen“ jedoch gar nicht im Fokus der Forschung. Dies änderte sich erst im 18. Jh. allmählich. Erst im 19. Jh. begann man jedoch, sich stärker mit der Vasenmalerei zu beschäftigen. Neben dem enzyklopädischen Forschungsansatz, bei dem die Vasen nach Themen zusammengestellt wurden, wurden kunstgeschichtliche oder chronologische Ansätze verfolgt. Dafür wurden sie stilistisch mit anderen, besser datierbaren Kunstgattungen verglichen. Beispielsweise mit plastischen Werken wie Reliefs oder Statuen. Das Interesse der Forschung galt im 19. Jh. außerdem den Künstlern, was verschiedene Studien zu Vasenmalern zeigen.

Im 20. Jh. wurden zunächst die Ansätze des vorangegangenen Jahrhunderts weiterverfolgt. Es entstanden Buchprojekte wie das CVA (Corpus Vasorum Antiquorum), ein nach Museen geordnetes Katalogwerk, das heute fast 400 Bände umfasst. Eine der wichtigsten Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Vasenforschung war Sir John Beazley. Er ordnete die Vasen nach Malern, Werkstätten usw. Da antike Maler ihre Werke meist nicht signiert haben, versuchte Beazley durch Stilanalyse die Vasen verschiedenen Malern zuzuordnen. Ausgangspunkt seiner Methode war die „Handschrift“ eines Malers. Beazley stellte ähnliche Figuren zusammen, wobei es nicht nur um ähnliche Motive ging, sondern auch um ähnliche Details. Auf diese Weise erkannte Beazley Wesenszüge einzelner Maler, die er in Ermangelung ihrer richtigen Namen für seine Listen oft mit Notnamen versehen musste. Diese bezogen sich auf Motive, Besitzer, Fundorte, Aufbewahrungsorte, Inschriften oder Töpfer der Vasen.

Obwohl andere Fragestellungen für Beazley und seine Listen eher zweitrangig blieben, steht die Vasenforschung nach ihm bis heute unter dem Eindruck seiner Forschungen. Sie bilden noch immer eine wichtige Basis für jeden, der sich mit griechischen Vasen beschäftigt. Allerdings widmete man sich im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts zunehmend auch der Erforschung der Techniken, der Organisation von Werkstätten und des Exports, des Handels, der Bildthemen und der Funktion der Gefäße.

Auf diese Themen werden die nächsten Teile dieser Reihe eingehen.

(Fortsetzung folgt…)

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