Kategorie: Mithras

MITHRAS. Annäherungen an einen römischen Kult

25.11.2022 – 10.4.2023, Archäologisches Museum Frankfurt

Die im Frankfurter Stadtteil Heddernheim, dem römischen Nida, gefundenen Zeugnisse des Mithras-Kults bilden schon seit langem einen Schwerpunkt der Dauerausstellung im Archäologische Museum Frankfurt. Nun aber widmet sich eine Sonderausstellung diesem weitverbreiteten Kult, über den wir aber kaum schriftliche Überlieferungen haben.

Die Ausstellung entstand aus der Kooperation der Museen Königliches Museum von Mariemont (Belgien), Museum von Saint-Raymond in Toulouse (Frankreich) und Archäologisches Museum Frankfurt (Deutschland), die sich von 2020 bis 2023 in einem gemeinsamen Projekt dem Mithras-Kult widmeten. Der Name des Projektes, MITHRA, nimmt zum einen den Namen des Gottes auf, steht zum anderen aber als Abkürzung für Mobility And Intercultural Dialogue For The Transmission Of Heritage From Roman Antiquity (Mobilität und interkultureller Dialog für die Vermittlung des Erbes der römischen Antike).

Ab dem 1. Jahrhundert verbreiteten sich einige sogenannte Mysterienkulte im Imperium Romanum. Dabei handelt es sich um Religionen, deren religiöse Lehren und Riten nicht an Außenstehende weitergegeben wurden. Ihre Mitglieder, Mysten genannt, mussten sich in der Regel erst besonderen Riten unterziehen, bevor sie vollwertige Mitglieder wurden. Der Mithras-Kult war offenbar einer der beliebtesten Mysterienkulte. Viele der mehr als 150 bisher gefundenen Kulträume, der sogenannten Mithräen, fand man in den Grenzregionen des Römischen Reiches.

Kern der Frankfurter Ausstellung sind natürlich die Funde aus dem Stadtgebiet selbst sowie weitere Funde aus der Grenzregion des Imperium Romanum entlang von Donau und Rhein. Aber auch Stücke aus den anderen am Projekt beteiligten Museen sowie ausgewählte Funde aus weiteren Regionen, darunter Italien (z. B. Ostia und Vulci) illustrieren, was wir heute über den Mithras-Kult wissen: über die Entstehung, die dem Kult zugrundeliegende Legende, die Einweihegrade, den Ablauf des Kults, die Ausstattung der Mithräen usw.

Anhand von Originalfunden, Kopien und zahlreichen informativen Wandtexten zeigt die Ausstellung Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen. Auch mögliche Gründe, warum der Kult nicht überlebte, werden thematisiert. Bis etwa 400 n. Chr. werden offenbar die letzten Mithräum geschlossen. Das Christentum hatte inzwischen alle anderen Religionen im Imperium Romanum verdrängt und seine Anhänger sorgten oft dafür, alle Spuren dieser Religionen zu vernichten.

Weitere Themen der Ausstellung sind die Erforschung des Kults und seine Rezeption bis heute. Alles in allem ist die Ausstellung in Frankfurt eine gelungene Übersicht über den aktuellen Forschungsstand, zu dem das Projekt MITHRA einen entscheidenden Beitrag geleistet hat. Wer sich über die Ausstellung hinaus über den Mithras-Kult informieren will, dem steht ein umfangreicher Sammelband zur Verfügung, der allerdings leider nur in Englisch und Französisch erschienen ist.

Weitere Informationen zum Projekt unter https://mithra-project.eu/

Katalog:

L. Bricault – R. Veymiers – N. Amoroso Boelcke – L. Barthet (Hrsg.), The Mystery of Mithras. Exploring the heart of a Roman cult (Mariemont 2021)

Der Mithraskult: Anlage und Ausstattung der Kultlokale (Teil 1)

Die Anhänger des Mithraskults bezeichneten ihre Kultlokale als Aedes (= Haus, Tempel). Der eigentliche Kultraum wurde Crypta oder Spelaeum (= Höhle / Grotte) genannt.

Die Höhle galt als Symbol für den Kosmos; der Felsen symbolisiert den als steinern angesehenen Himmel. Oft nutze man daher auch eine Naturgrotte oder errichtete künstliche Grotten.

Mithräen waren klein, da man kleine Gemeinden anstrebte. Wurde eine Gemeinde zu groß, spaltete sie sich auf. Die Gemeinde versammelte sich in den Mithräen zu einem gemeinsamen Mahl, das sitzend oder liegend eingenommen wurde. Außerdem fanden in den Kulträumen Einweihungsriten statt.

Ein typisches Beispiel für ein Mithräum wurde in Heddernheim (bei Frankfurt) gefunden. Dieses Mithräum betritt man von Süden aus und kommt zunächst in einen Vorraum. Von diesem gehen zwei kleinere Räume ab, in denen vielleicht Kultgeräte aufbewahrt wurden. Diese Räume sind noch ebenerdig. Dann führen sieben Stufen in die Crypta hinab. Diese besteht aus 2 Bänken an den Wänden, zwischen denen die sogenannte Cella noch einmal drei Stufen tiefer liegt. Im Norden führen drei weitere Stufen zur Kultnische (Exedra) hinauf, in der das Kultbild steht.

Zum Aufbau der Kultlokale vergleiche z. B. die Mithräen in Santa Maria Capua Vetere, Ostia und Dieburg.

(Fortsetzung folgt …)

Das Dieburger Mithras-Kultbild

Das 1926 entdeckte Dieburger Mithräum war 11 m lang und 6,5 m breit und hatte wie üblich umlaufende Bänke für das gemeinsame Mahl. Für das Kultbild gab es offenbar keine Nische. Wie viele andere Mithräen war auch dieses schon in der Antike mutwillig zerstört worden.

Bei den Ausgrabungen fand man unter anderem ein 85 x 90 cm großes Relief, das ursprünglich drehbar war und auf beiden Seiten mit Reliefs versehen ist. Eine Seite zeigt als Mittelbild Mithras in einer Jagdszene, die von zwei Fackelträgern mit erhobener Fackel eingerahmt wird. Das Pendant mit gesenkter Fackel fehlt dagegen. Das Mittelbild wird von 11 kleineren Bildern eingerahmt. Sie zeigen Saturn, die Geburt des Mithras, das gemeinsame Mahl mit dem Sonnengott, die Himmelfahrt des Mithras sowie einige Szenen aus der Stiertötungslegende. Die eigentliche Tötung des Stiers die normalerweise im Zentrum jedes Mithras-Kultbilds steht, fehlt in Dieburg jedoch.

Die andere Seite des Reliefs sticht besonders aus den üblichen Kultbildern des Mithras hervor. Hier ist der Phaeton-Mythos dargestellt. Phaeton, der Sohn des Sonnengottes Helios, bittet seinen Vater, den Sonnenwagen lenken zu dürfen. Helios willigt widerwillig ein, da er durch ein Versprechen gebunden ist. Phaetons Überheblichkeit rächt sich jedoch. Er verliert die Kontrolle über den Sonnenwagen und stürzt ab. Damit löst Phaeton einen Weltenbrand aus und wird von Zeus mit einem Blitz getötet, um Schlimmeres zu verhindern.

Das Dieburger Relief zeigt in der Mitte den thronenden Sonnengott. Rechts von ihm steht Phaeton, der ihn um den Wagen bittet. Umgeben ist die Szene von verschiedenen Frauen sowie vier jungen Männern, die je ein Pferd des Sonnengottes führen. Darunter spannt der Himmelsgott Caelus seinen Mantel zum Himmelsgewölbe auf und macht auf diese Weise deutlich, dass sich diese Szene im Himmel abspielt. Den eigentlichen Sturz des Phaeton sehen wir nicht.

Was hat dieser Mythos mit Mithras zu tun? Der Legende nach verursacht Mithras am Ende der Welt einen Weltenbrand zur Reinigung. Mithras wird aber sicher nicht mit Phaeton gleichgesetzt, da dieser für Hochmut steht und sein Weltenbrand für Vernichtung. Mithras dagegen steht für neues Leben.

Da auf dem Dieburger Relief das zentrale Thema des Mithraskults – die Stiertötung, aus der neues Leben entsteht – nicht dargestellt ist, wird vermutet, dass es sich nicht um das eigentliche Kultbild handelt. Aber das werden wir wohl nicht klären können.

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