Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim (Teil 4)

Im französischen Teil des europäischen Kulturpark Bliesbruck-Reinheim wurden die Reste einer römischen Straßensiedlung konserviert. Die Siedlung war ca. 20 Hektar groß und wurde etwa zwischen 40 und 50 n. Chr. gegründet. In ihrer Blütezeit in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. lebten hier vermutlich ca. 2000 Menschen.

Bei den Gebäuden handelt es sich vor allem um sogenannte Streifenhäuser, die auf eine Hauptstraße hin ausgerichtet waren. Die Häuser reihten sich Mauer an Mauer; nur selten gab es zwischen den Häusern schmale Durchgänge. Den Schmalseiten der Häuser zur Straße hin waren Säulengänge vorgelagert. Das Innere der Häuser verband Wohnbereiche mit Bereichen zur Ausübung verschiedener Handwerke und den dazugehörigen Geschäften. Beispielsweise fand man Reste einer Bronzegießerei und einer Bäckerei. Einige der Häuser hatten auch Räume mit Fußbodenheizung.

Auch eine große öffentliche Thermenanlage gehörte zu dieser Siedlung. Die Reste dieser Badeanlage werden heute unter einem Schutzdach bewahrt. Zu diesen Thermen gehörte neben dem Umkleideraum und den eigentlichen Baderäumen (Kaltbad, Warmbad und Heißbad) ein Hof für sportliche Aktivitäten, in dem sich auch ein Schwimmbecken befand.

Neben der Thermenanlage, im Zentrum der Siedlung, gab es eine Basilika ca. 31 x 15 Meter große, die Versammlungen oder für Gerichtsverhandlungen gedient haben könnte, sowie eine repräsentative Brunnenanlage. Dieser Bereich ist jedoch nicht sichtbar gemacht worden.

Neben seiner Funktion als Museum und archäologischer Park ist der Europäische Kulturpark Bliesbruck-Reinheim auch ein Forschungszentrum. Anhand der vielen teilweise überregional bedeutenden Funde in dieser Region von der Bronzezeit bis heute wird hier die Entwicklung der Besiedlung der Region Bliesbruck-Reinheim erforscht und in verschiedenen Publikationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim (Teil 3)

Neben den rekonstruierten keltischen Grabhügeln führt der Rundgang durch den europäischen Kulturpark Bliesbruck-Reinheim zur Römischen Palastvilla, einem römischen Gutshof, der seit 1987 ausgegraben wird. Der mit etwa 70.000 Quadratmetern Grundfläche riesige Gutshof ist einer der größten im Raum Saar-Mosel. Allein das Hauptgebäude erhebt sich bereits auf ca. 5.600 Quadratmetern und nimmt mit seinem Hof und mehreren Anbauten 44.000 Quadratmeter ein. Diese sogenannte pars urbana war vom Wirtschaftsbereich (pars rustica) mit seinen durch eine Mauer getrennt. Der landwirtschaftliche Teil der Villa war von einer Mauer umgeben, an sich 13 Nebengebäude anlehnten. Direkt an das Hauptgebäude schloss das Gebäude an, das heute rekonstruiert ist und eine Taverne sowie im Obergeschoss eine Ausstellung über die Villa beherbergt.

Der Grundriss des Hauptgebäudes ist H-förmig. Im Zentrum befindet sich ein 33 x 8 Meter großer Raum, der vermutlich als Empfangsraum diente. An der vorderen und rückwärtigen Fassade waren Säulengänge vorgelagert, die die Gebäudeteile miteinander verbanden. Vor dem Gebäude lag ein Garten, der heute wieder in Teilen sichtbar gemacht wurde.

Die nördlichen Räume im Ostflügel des Gebäudes gruppieren sich um einen größeren Saal. Im Südteil fand man einen Raum mit Fußbodenheizung. Die Deutung dieser Räume ist allerdings unklar. Im südlichen Teil des Westflügels befanden sich die Wohnräume der Besitzer, darunter drei mit Fußbodenheizungen. Im nördlichen Teil war der Badetrakt untergebracht. Im Bereich dazwischen fand man einen Kellerraum.

Dieses palastartige Gebäude war mit Wandmalereien, Stuck und Marmor ausgestattet. Die Besitzer dieser riesigen und prachtvollen Villa müssen eine besondere soziale Stellung in der daran anschließenden gallo-römischen Siedlung gehabt haben. Waren Sie Nachfahren der in den Grabhügeln bestatteten hochstehenden Kelten?

 

(Fortsetzung folgt …)

 

Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim (Teil 2)

Ausgehend vom Eingang an der Maison Jean Schaub in Reinheim führt der Weg in den Kulturpark zunächst zum Keltischen Fürstengrab.

Bereits 1952 hatte man Reste des Grabhügels eines ca. 45 bis 55 Jahre alten Mannes beim Sandabbau in der Nähe des heutigen Parks entdeckt. Dieses Grab war allerdings bereits zu stark zerstört. Zwei Jahre später stieß man auf das sogenannte Fürstinnengrab, ein keltisches Hügelgrab. Dieses Grab wurde in den folgenden Jahren ausgegraben. Dabei fand man zwei weitere Grabhügel. Alle drei Grabhügel wurden im Europäischen Kulturpark Bliesbruck-Reinheim im Maßstab 1:1 rekonstruiert. Allerdings ist nur das sogenannte Fürstinnengrab zugänglich und gibt einen Eindruck vom ursprünglichen Aussehen der Grabkammer.

Der Begriff Fürsten- bzw. Fürstinnengrab ist irreführend. Heute verwendet man auch die Begriffe Prunkgrab oder Elitegrab für solche prunkvollen Gräber. In unserem Fall handelte es sich bei der Bestatteten möglicherweise um eine Priesterin. Allerdings haben sich keine Skelettreste gefunden, sodass nicht absolut sicher ist, dass hier eine Frau bestattet war. Nur einige Grabbeigaben – ein Spiegel und zwei Armringe – weisen darauf hin, dass es sich um eine Frau handelte. Datiert wird das Grab in die keltische Periode La Tène A Stufe 3 (ca. 370 v. Chr.) aufgrund der Motive, die einiger der Grabbeigaben (Armreif, Maskenfibeln, Torques) schmücken.

Die Rekonstruktion des Grabhügels wurde 1999 eröffnet. Man betritt das Grab durch einen Vorbau mit einem Informationsstand und wechselnden Ausstellungen. Von dort führt eine Treppe zur Grabkammer. Informationstafeln und Vitrinen mit Kopien einiger Funde stimmen auf die eigentliche Grabkammer im Zentrum des Raumes ein. Man betrachtet die Grabkammer von der beim Sandabbau bereits abgetragenen Westseite aus und sieht auch das Grabungsprofil.

Die bestattete Frau trägt einen Torques, an jedem Arm einen goldenen Armring und Fingerringe. Links neben ihrem Kopf liegen Nachbildungen einer Stangengliederkette, eines Bernsteincolliers und einer Büchse, rechts die Kopie des Spiegels. Auf einem Tisch an der Ostwand der Grabkammer sieht man die berühmte vergoldete Bronzekanne und ein Trinkgeschirr.

Das Motiv des Pferdes mit Blattkrone vom Deckel der Bronzekanne findet sich auch vor dem Eingang zur Grabkammer zwischen den drei rekonstruierten Grabhügeln. Die Originalfunde befinden sich heute im Museum für Vor- und Frühgeschichte in Saarbrücken.

Literaturauswahl:

  • Peter Buwen, Das Grab der Keltenfürstin in Reinheim. (= Saarpfalz. Blätter für Geschichte und Volkskunde. Sonderheft 2003), Saarpfalz-Kreis, 2003.
  • Rudolf Echt, Das Fürstinnengrab von Reinheim. Studien zur Kulturgeschichte der Früh-La-Tène-Zeit. (= BLESA Band 2). Veröffentlichung des Europäischen Kulturparks Bliesbruck-Reinheim, 1999.
  • Walter Reinhard, Die keltische Fürstin von Reinheim. Stiftung Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim, Saarpfalz-Kreis, 2004.
  • Walter Reinhard: Der Fürstensitz von Reinheim. In: Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte (= Dossiers d’Archéologie. Sonderheft Nr. 24). ÉDITIONS FATON, 2013, S. 8–15.

 

(Fortsetzung folgt …)

Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim (Teil 1)

1989 entstand an der deutsch-französischen Grenze ein länderübergreifender Archäologiepark, der Europäische Kulturpark Bliesbruck-Reinheim (frz.: Parc Archéologique Européen de Bliesbruck-Reinheim). Das Areal umfasst 70.000 Quadratmeter.

Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts fanden hier erste Ausgrabungen von Resten einer Villa und einer Siedlung aus römischer Zeit statt. Spätestens 1954 wurde der Ort dann auch überregional bekannt, als man in einer Kies- und Sandgrube bei Reinheim auf drei Grabhügel aus keltischer Zeit stieß. Darunter befand sich das reich ausgestattete Grab einer gesellschaftlich hochstehenden Frau, ein sogenanntes Fürstinnengrab. Zehn Jahre später machte Reinheim noch einmal Schlagzeilen als man einen Hortfund aus dem 9. Jh. v. Chr. fand. Auf französischer Seite fand man 1971 Reste einer römischen Siedlung.

Noch heute finden auf dem Gelände des Parks Ausgrabungen statt. Für die zahlreichen Besucher, die jedes Jahr in den Park kommen, wurden verschiedene Informations- und Ausstellungsgebäude eingerichtet. In Reinheim präsentiert die Maison Jean Schaub die Besiedlungsgeschichte des Bliesgaus von der Steinzeit bis zur römischen Epoche. Auf französischer Seite zeigt das Ausstellungszentrum CREX Funde aus dem römischen vicus (Siedlung) und bietet auch Raum für Sonderausstellungen. Der Geschichte des Parks widmet sich das sogenannte „Gebäude an der Grenze“.

Auch wurden einige der Befunde für die Besucher aufbereitet und teilweise rekonstruiert: das keltische Fürstinnengrab, die römische Villa und die gallo-römische Siedlung mit ihrer großen Thermenanlage. Die folgenden Artikel werden diese Befunde näher vorstellen.

Literaturauswahl:

  • Andreas Stinsky, „Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht“, Nünnerich-Asmus-Verlag (2016)
  • Diane Dusseaux, Der Saarpfalz-Kreis und das Departement Moselle präsentieren: Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. Saint-Etienne: IAC Editions d’Art (2013)
  • Walter Reinhard (Hg.), Die keltische Fürstin von Reinheim. Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. Gersheim-Reinheim: Stiftung Europ. Kulturpark (2004)
  • Walter Reinhard, Kurt W. Alt, Kelten, Römer und Germanen im Bliesgau. 1. Aufl. Gersheim-Reinheim: Stiftung Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim (Denkmalpflege im Saarland, 3) (2010)

(Fortsetzung folgt …)

Gallo-römisches Heiligtum von Grand, Frankreich (Teil 2)

Das eigentliche Heiligtum mit dem heiligen Teich, einem Tempel für Apollo und einer Basilika war von einem 6 Meter breiten Säulengang umgeben, der dem auf Asklepios zurückgehenden Heilschlaf der Patienten diente.

Der Apollo-Tempel hatte nach den Ausgrabungen eine Grundfläche von 31 x 62 m Grundfläche und erhob sich auf einer 3 m hohen Plattform. Leider wurde dieser Tempel später zerstört – eventuell von fanatischen Anhängern des frühen Christentums. Der Tempel scheint aber äußerst prachtvoll ausgestattet gewesen zu sein. Zumindest lassen die gefundenen Reste von Marmorarten aus dem gesamten römischen Reich darauf schließen. Auch fand man zahlreiche Reste verschiedener Skulpturen, darunter von Göttern (Asklepios, Hygieia, Mercur), Tieren und mythischen Wesen (Marsyas, Satyrn, Mänaden, Widder, Panther usw.) sowie von einer Kaiserstatue.

Als Versammlungsraum, Gericht und Markthalle diente eine Basilika, deren Reste man 1883 entdeckte. Der Fußboden der Basilika war mit einem Mosaik geschmückt, das über 230 Quadratmeter groß und damit das größte bis in Lothringen gefundene römische Mosaik ist. Der größte Teil des Mosaiks besteht aus geometrischen Motiven. Das zentrale Motiv zeigt offenbar eine Theaterszene. Vergleichsbeispiele weisen darauf hin, dass hier das Stück „Das Gespenst“ von Menander dargestellt war.

Außerhalb des heiligen Bezirks errichteten die Römer ein Amphitheater für Gladiatorenkämpfe usw. Es war etwa 150 Meter lang und für ca. 16.000 Zuschauer ausgelegt. Im Gegensatz zu einem normalen Amphitheater wurden aber nur auf einer Seite Zuschauertribünen errichtet. Im Westen und Osten führten breite Korridore in die Arena. Auch Räume für Tiere und Gladiatoren haben sich erhalten.

Heute sind von diesem großen Heiligtum nur noch das Amphitheater und das Mosaik der Basilika zu sehen und Grand liegt auch etwas abseits der üblichen Touristenrouten. Dies führt dazu, dass Informationsmaterial vor Ort nur in französischer Sprache vorhanden ist. Die Reste uns das Informationszentrum, in dem die Geschichte des Ortes anschaulich dargestellt ist, sind jedoch trotzdem einen Abstecher wert.

Literaturauswahl:

Brigitte Müller-Rettig: Das Heiligtum des Apollo Grannus in Grand (Vosges). In: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend 41, 1993, S. 41–66

Jean-Paul Bertaux: Le sanctuaire de l’eau de Grand, d’Apollon… à Sainte Libaire., In: Le pays lorrai 87, 2006, S. 7–14

Jeanne-Marie Demarolle, Kévin Alexandre Kazek: Grand. Voyage au cœur d’une mosai͏̈que exceptionnelle. Epinal: Conseil Général des Vosges [u. a.] (2006)

Jean-Paul Bertaux, Daniel Bastien: Vosges. La plaine Vosgienne a l’époque gallo-romaine ; Soulosse-sous-Saint-Elophe, Liffol-le-Grand, Grand (Itinéraires du patrimoine) (1999)

Gallo-römisches Heiligtum von Grand, Frankreich (Teil 1)

Die Gemeinde Grand liegt Wäldern umgebenen Kalkstein-Plateau. Wie oft in solchen verkarsteten Plateaus sammelte sich auch hier das Wasser unterirdisch und trat nur an wenigen Stellen unvermittelt an die Oberfläche. Eine dieser Stellen lag bei Grand. Das Wasser bildete einen kleinen See und verschwand dann wieder. Erst einige Kilometer nördlich trat dasselbe Wasser als Flüsschen ans Tageslicht. Aber die Verbindung zwischen diesen beiden Stellen war für unsere Vorfahren nicht ersichtlich. Zudem variierte die Wassermenge in dem kleinen See bei Grand je nach Jahreszeit und Niederschlagsmenge. Kein Wunder, dass unsere Vorfahren diese merkwürdige Wasserstelle auf göttlichen Einfluss zurückführten.

Die Kelten verehrten an dieser Stelle Grannus, einen Heil- und Quellgott. Als die Römer die Gallier unterwarfen, übernahmen sie, wie bei Ihnen üblich den gallischen Gott. Sie setzten ihn mit Apollo gleich, der ebenfalls unter anderem als Heilgott galt.

Die Römer bauten den heiligen Bezirk von Grand weiter aus. So kennzeichneten sie den heiligen Bezirk zunächst durch einen ihn kreisförmig umgebenen Graben. Später umgaben sie das Heiligtum mit einer Wehrmauer. Um das Quellwasser gleichmäßig zu verteilen und die über 300 angelegten Brunnen zu speisen, legten die Römer man rund fünfzehn Kilometer begehbare Wassertunnel an, die von der Quelle wegführten. Das neue gallo-römische Heiligtum in Grand lag damals in der Nähe der Römerstraße Lyon-Trier und wurde auch deshalb gut besucht. Zu den Besuchern gehörten nachweislich auch die Kaiser Caracalla (188–217) und Konstantin der Große (306–337).

Wie lange das Heiligtum bestand, ist nicht klar. Irgendwann wurde der Quellteich jedoch verfüllt und mit einer Kirche überbaut. Die heute an dieser Stelle stehende gotische Kirche Sainte Libaire stammt aus dem späten 15. oder der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Veränderungen bei einer Restaurierung im 18. Jahrhundert führten dazu, dass die Lage über dem ursprünglichen Teich und verschiedenen Wasserkanälen die Kirche instabil machten. Seit 20 Jahren ist sie in ihrer gesamten Struktur so stark bedroht., dass sie für Öffentlichkeit gesperrt wurde.

 

(Fortsetzung folgt …)

Römermuseum Schwarzenacker (Saarland)

Das kleine archäologische Freilichtmuseum in Schwarzenacker, einem Ortsteil des saarländischen Ortes Homburg, zeigt die Reste eines römischen Vicus, um Christi Geburt entstand. Der Vicus lag in der Nähe der Kreuzung der Römerstraße von Trier nach Straßburg und jener von Metz nach Worms. Der Name der Siedlung ist bis heute unbekannt. Die Funde deuten jedoch darauf hin, dass es sich um ein wichtiges Handelszentrum handelte, das auch als Verwaltungssitz diente.

Zu besichtigen sind die ausgegrabenen Gebäude, Außenanlagen, Straßen und Kanäle. Das sogenannte Edelhaus, ein Gebäude aus dem frühen 18. Jh., veranschaulicht anhand der Funde aus dem Vicus den Alltag der gallo-römischen Bevölkerung. Vor der Eingangstreppe des Edelhauses wurden Nachbildungen lebensgroßer römischer Reiterstandbilder aufgestellt. Diese Standbilder, deren Originale sich im Historischen Museum von Speyer befinden, wurden 1887 im nahegelegenen Breitfurt entdeckt.

Ein Barockgarten führt zum Freilichtmuseum. Auf dem Weg dorthin passiert man die Rekonstruktion einer Jupiter-Giganten-Säule und einen gallo-römischen Umgangstempel für den Gott Merkur. Einige Stufen führen vom Garten hinauf zu dem Teil des römischen Vicus, der der Öffentlichkeit zugänglich ist.

Das Gebiet um Schwarzenacker war bereits seit Jahrhunderten besiedelt, als der römische Ort mit dem für römische Neugründungen typischen Netz rechtwinklig aufeinandertreffender Straßen neu gegründet wurde. Parallel zur Hauptstraße gibt es gedeckte Abwasserkanäle.

Im Freilichtmuseum wurden einige Gebäude rekonstruiert, andere sind nur noch in ihre Grundmauern sichtbar. Einfachere Häuser, sogenannte Streifenhäuser, reihten sich entlang der Straßen. Sie konnten Keller, einen Hof, Backofen, Feuerstellen und Vorratsbehälter besitzen und waren meist zweigeschossig. Wandmalereien und Fußbodenheizungen zeugen auch in diesen Häusern von einem gewissen Luxus.

Das Haus des Augenarztes ist ein Beispiel für das Haus eines wohlhabenden Bürgers. Die Wohnräume umgaben einen Innenhof mit Backöfen und Feuerstelle. Die Fassade und ein Raum mit Fußbodenheizung wurden rekonstruiert.

An der Kreuzung befand sich eine Taberna, in der die Bewohner des Vicus, essen und trinken konnten. Rekonstruiert wurde der Raum für die Gäste und der Teil, in dem gekocht wurde und die Speisen (Eintöpfe usw.) in Behältern im Tresen präsentiert wurden.

Ein weiterer bemerkenswerter Fund war ein Keller, der mit einer zentralen Säulenreihe ausgestattet war. Die Säulen hatten im oberen Bereich Abstellflächen, auf denen wohl die Götterstatuetten aufgestellt waren, die man im Schutt fand: Merkur, Apollo, Neptun usw.

275/276 n. Chr. wurde die Siedlung offenbar im Verlauf der Germaneneinfälle zerstört. Zwar wurde der Ort wieder besiedelt, seine Bedeutung für Verwaltung und Handel war jedoch verloren.

 

Literaturauswahl:

  • Alfons Kolling, Die Römerstadt in Homburg-Schwarzenacker. Hrsg.: Stiftung Römermuseum Homburg-Saarpfalz. Ermer Verlag, Homburg 1993
  • Klaus Kell, Stiftung Römermuseum Homburg-Schwarzenacker (Hrsg.): Das römische Freilichtmuseum Homburg-Schwarzenacker. Ermer Verlag, Homburg 1996
  • Klaus Kell, Handel, Handwerk und Gewerbe: der vicus von Schwarzenacker. In: Vera Rupp, Heide Birley (Hrsg.): Landleben im römischen Deutschland. Theiss, Stuttgart 2012, S. 95–98
  • Kell, Klaus, Römermuseum Schwarzenacker Homburg. Schnell & Steiner, Regensburg 2008

 

Buchbesprechung: ANTIKE WELT (Hrsg.), Auferstehung der Antike. Archäologische Stätten digital rekonstruiert (2019)

 

Die Zeitschrift „ANTIKE WELT“ feiert dieses Jahr ihren 50. Geburtstag. Zum Jubiläum hat die Zeitschrift ein Sonderheft herausgegeben, das uns in die Welt digitaler Rekonstruktionen antiker Städte entführt.

Anhand von zahlreichen Projekten wird zum einen gezeigt, welche Möglichkeiten die moderne Technik bietet, antike Befunde zu visualisieren. Andererseits werden Methodik und Datengrundlage vorgestellt, die für eine realistische Visualisierung notwendig sind. Jedem Kapitel über eine antike Stätte wird ein großformatiges, über zwei Seiten gehendes Foto vorangestellt. Das Kapitel selbst stellt dann auf zwei Seiten die Stadt, die Fragestellung des Projekts und die Ergebnisse vor. Eine kleine Infobox enthält eine stichpunktartige Zusammenfassung des Projekts: Projekttitel, Projektzeitraum, Methodik, Durchführung.

Unter den 25 vorgestellten Projekten finden wir beispielsweise Uruk, Pi-Ramesse, Akrotiri, das Forum Romanum, die Heuneburg, den Hafen Roms (Portus Romae), das römische Ladenburg, Pergamon, das römische Köln und die Hagia Sophia in Istanbul.

Dazu gibt es vier allgemeine Kapitel mit Hintergrundinformationen zu:

  • Erstellung von 3D-Daten im archäologischen und kulturhistorischen Kontext
  • Erstellung von digitalen Oberflächen und Geländemodellen sowie 3D-Modellen
  • Visualisierung von 3D-Modellen
  • Bereitstellung von Informationen für Studien, Zustandsüberwachung und Replikation – Digitalisierung und Rematerialisierung des Grabs Sethos‘ I

Im Anhang findet sich die „Londoner Charta für die computergestützte Visualisierung von kulturellem Erbe“ von 2009, ein Literaturverzeichnis zur Vertiefung der vorgestellten Projekte sowie ein Glossar.

Abonnenten der Zeitschrift haben das Heft als broschierte Ausgabe erhalten. Die gebundene Buchausgabe ist für 40 € im Buchhandel erhältlich.

Die Lipsanothek von Brescia: ein Reliquienkästchen aus Elfenbein (Teil 2)

Gipsabguss in der Ausstellung „Göttliche Ungerechtigkeit?“ (Akademisches Kunstmuseum der Universität Bonn 6. Mai – 28. Oktober 2018); Leihgabe Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz (Inv. 41905)

 

Auf den Schmalseiten setzen sich oben die Medaillons mit Aposteldarstellungen fort, wobei diese mal älter mal jünger dargestellt sind. Ob hier bestimmte Apostel unterschieden werden sollten, bleibt unklar. Die rechte Nebenseite zeigt unter den Aposteln links Moses am Berg Horeb und rechts Moses mit den Gesetzestafeln. Die Szene dazwischen ist umstritten. Dargestellt sind sieben Männer, die von Feuer umgeben sind. Eine mögliche Deutung sieht in dieser Szene die Bestrafung der Männer, die sich dem Aufstand Korachs gegen Moses angeschlossen hatten. Das Hauptbild dieser Seite zeigt die Heilung des Blinden und die Erweckung des Lazarus sowie in der unteren Bildleiste Szenen aus der Geschichte Jakobs.

Auf der linken Schmalseite sieht man unter den Apostelportraits die alttestamentarischen Geschichten von David und Goliath, der Tod des Propheten, der König Jerobeam warnt und Jerobeam vor dem Altar von Bethel. Das Hauptbild zeigt die Erweckung der Tochter des Jairus und darunter sind die Anbetung des goldenen Kalbes und das Fest zu seinen Ehren dargestellt.

Auf der Rückseite sind oben weitere Portraits älterer Männer in Medaillons dargestellt. Sind hier Apostel gemeint oder Heilige? Auch eine Deutung als Evangelisten wurde vorgeschlagen. Allerdings fehlen die in diesem Fall üblichen Symbole zur eindeutigen Zuweisung.

Darunter ist Susanne als Betende gezeigt, gefolgt von Jonas in der Kürbislaube und Daniel mit dem Drachen (der allerdings eher einer Schlange ähnelt). In der Hauptzone beruft Jesus am See Petrus und Andreas zu seinen Jüngern und daneben sehen wir die Geschichte von Hananias und Saphira, die starben, weil sie die Gemeinde um Geld betrogen hatten. Am rechten Rand des Kastens ist vermutlich Judas am Baum hängend dargestellt. Den Abschluss bilden in der unteren Bildleiste die Auffindung des Moses, Moses, der einen Ägypter tötet sowie ein Festmahl, dessen Deutung nicht klar ist.

Die Auswahl der dargestellten Geschichten aus dem alten und dem neuen Testament scheint auf den ersten Blick recht willkürlich. Allerdings ist bei einer so qualitätvollen Arbeit wie der Lipsanothek eher davon auszugehen, dass es dem Auftraggeber mit diesem Bildprogramm um eine bestimmte Aussage ging. Leider ist diese für uns heute jedoch nicht mehr nachvollziehbar, auch deshalb, weil nicht alle Szenen eindeutig bestimmt werden konnten.

 

Literaturhinweise:

  • Johannes Kollwitz, Die Lipsanothek von Brescia (1933)
  • Richard Delbrueck, Probleme der Lipsanothek in Brescia (1952)
  • Carolyn Joslin Watson, The Program of the Brescia Casket (Diss. 1977)
  • Catherine Brown Tkacz, The Key to the Brescia casket: typology and the Early Christian imagination (2002)
  • Frank Rumscheid, Sabine Schrenk, Kornelia Kressirer (Hrsg.), Göttliche Ungerechtigkeit? Ausstellung Akademisches Kunstmuseum der Universität Bonn 6. Mai – 28. Oktober 2018 (2018); S. 308-310

Die Lipsanothek von Brescia: ein Reliquienkästchen aus Elfenbein (Teil 1)

Gipsabguss in der Ausstellung „Göttliche Ungerechtigkeit“ (Akademisches Kunstmuseum der Universität Bonn 6. Mai – 28. Oktober 2018); Leihgabe Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz (Inv. 41905)

Eine Lipsanothek ist ein Kasten zur Aufbewahrung von Reliquien. Einer der bekanntesten frühchristlichen Reliquienschreine ist die Lipsanothek von Brescia, die sich heute im Museo di Santa Giulia in der norditalienischen Stadt befindet.

Dieser Reliquienschrein aus der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. wurde vermutlich in Mailand hergestellt, wo Bischof Ambrosius von Mailand (* 339 in Trier; † 4. April 397 in Mailand) gegen den Arianismus kämpfte. Die Figuren stehen in der Tradition antiker Darstellungen: gelängte Körperproportionen, Stand- und Spielbein sind deutlich herausgearbeitet. Der Frisurenstil weist in das späte 4. bzw. das frühe 5. Jh. n. Chr. Der Schrein ist ein mit Elfenbein verkleideter Holzkasten auf kleinen Füßchen, der an auf allen Seitenwänden und dem Deckel mit Szenen aus dem alten und dem neuen Testament geschmückt ist. Das Kästchen ist dabei nur 22 cm hoch, 32 cm breit und 25 cm tief.

Die Darstellungen auf dem Deckel zeigen Jesus im Garten von Gethsemane, seine Gefangennahme und die Verleugnung des Petrus, symbolisiert durch einen krähenden Hahn. Darunter wird Jesus auf der linken Seite den Hohepriestern Hannas und Kaiphas vorgeführt und auf der rechten Seite Pilatus, der seine Hände „in Unschuld wäscht“.

Die Vorderseite zeigt am oberen Rand Medaillons mit Portraits: im Zentrum Jesus, flankiert von je zwei Aposteln. Die beiden älteren direkt neben Jesus könnten ihrer Ikonographie nach Petrus (links) und Paulus (rechts) darstellen. Die äußeren Portraits sind neutral gehalten. Darunter sieht man links vom Verschluss des Kastens wie Jonas vom Wal verschlungen wird, während der auf der anderen Seite wieder ausgespuckt wird.

Das Hauptbild im Zentrum zeigt Jesus als Lehrer. Ob in der Synagoge oder unter seinen Jüngern lässt sich nicht entscheiden. Der architektonische Rahmen überhöht die Szene jedoch und weist auf Jesus als Herrscher. Dazu passt auch, dass er nicht wie in normalen Lehrszenen sitzt, sondern steht. Links von dieser Szene ist die Heilung der Blutflüssigen dargestellt, rechts das Gleichnis vom verlorenen Schaf.

In der unteren Leiste finden wir Susanna, die von den beiden alten Männern beim Bad beobachtet wird, sowie ihre Verurteilung und Rettung durch Daniel. Rechts befindet sich Daniel in der Löwengrube.

(Fortsetzung folgt …)

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