Kategorie: Römer Seite 2 von 22

Buchbesprechung: Mario Bloier, Biricianis. Kernprovinz – Grenzraum – Vorland (2022)

Kontakte und Strukturen vom 1. Jh. v. bis zum 6. Jh. n. Chr. im Bereich von Raetien, Noricum und benachbarten Gebieten

Seit 2012 findet in unregelmäßigen Abständen die Tagungsreihe „Colloquium“ statt, die sich zur Aufgabe gemacht hat, verschiedene Aspekte des römischen Lebens in den römischen Provinzen Raetia und Noricum näher zu beleuchten. Darunter Themen wie die römische Badekultur, die ländliche Siedlungs- und Verkehrsinfrastruktur sowie das römische Militär als Wirtschaftsfaktor und Kulturträger. Im 5. Colloquium schließlich, das 2019 in Weißenburg, dem römischen Biricianis, stattfand, ging es um den Kulturaustausch zwischen dem „Innen“, also dem römischen Reich, und dem „Außen“, den Barbaren hinter dem Limes. Siebzehn Vorträge der dreitägigen Tagung legt Mario Bloier, Leiter der Museen Weißenburg, nun in diesem Buch vor.

Den Einstieg bildet ein interessanter Einblick von Mario Bloier in die Rezeption von Römern und Germanen auf Schulwandbildern, in denen sich die jeweiligen politischen Strömungen gut erkennen lassen. Einer der Kernfragen dieses Kolloquiums widmet sich Natalie Schlirf. Kann man von einer römischen „Außenpolitik“ sprechen? Und welche Rolle spielte der Limes als Grenze zwischen dem römischen Reich und dem sogenannten „Barbaricum“? Sie legt dar, dass der römische Kaiser weniger eine Außenpolitik im heutigen Sinne ausübte, sondern eine Art „Politik nach außen“, die die Beziehungen zwischen Rom und anderen Völkern regelte – ganz gleich, ob diese Völker jenseits des Limes lebten oder sich innerhalb dieser Grenzen als nicht zum römischen Reich zugehörig ansahen. Gleichzeitig diente diese Politik der Sicherung der kaiserlichen Macht im Innern des Imperium.

In den nächsten zwei Beiträgen geht es um das römische Raetien. Felix Guffler zeigt, dass die Statthalterschaft in dieser Provinz im 1. und 2. Jahrhundert eine wichtige Karrierestufe in der ritterlichen Laufbahn darstellte. Nur Männer mit Erfahrung in der Verwaltung und den militärischen Besonderheiten von Grenzprovinzen wurden hier eingesetzt. Und Aura Piccioni lässt uns an ihren Überlegungen zu der sogenannten „rätischen Trias“ Mercurius, Minerva und Apollo teilhaben.

Die folgenden Vorträge widmen sich zum einen den Einflüssen attischer und stadtrömischer Werkstätten auf die Grabreliefs in Noricum und Pannonia (Katarina Šmid), zum anderen aber auch der in Salzburg gefundenen Keramik (Ulli Hampel und Lisa Huber). Neben Terra-Sigillata-Imitationen steht hier vor allem die bisher in der Forschung vernachlässigte zonal bemalte Keramik im Mittelpunkt. Die Entstehung und Entwicklung des römischen Salzburg ist Thema des Beitrags von Peter Höglinger.

Bei den Beiträgen zum römischen Weißenburg geht es nicht nur um die Thermen (Yvonne Reichel). Vorgestellt werden auch neue Ausgrabungen im Kastellvicus (Marcus Arnolds und Mariola Hepa). Und anhand der Bergung, Restauration und Präsentation eines römischen Töpferofens zeigt Mario Bloier, wie die Stadt ihr römisches Erbe vermittelt.

Ein wichtiges Thema in den letzten Jahren war der Antrag, den Donaulimes zum UNESCO-Welterbe erklären zu lassen. C. Sebastian Sommer geht zum einen auf das zugrundeliegende Konzept ein und zeigt, welche Schwierigkeiten schließlich für das vorübergehende Aus des Antrags verantwortlich waren.  

In zwei weiteren Beiträgen zum Donaulimes geht es noch einmal um die Provinz Noricum. Klaus Freitag untersucht eine Reihe von Einraumbauten Steinfundamenten und kommt zu dem Schluss, dass, auch wenn in anderen Regionen diese Art Bauten oft als Wirtschaftsbauten genutzt wurden, es sich bei den Einraumhäusern im Südost-Noricum offenbar zumindest teilweise um Wohnhäuser handelte. Dafür sprechen Heizungsanlagen oder Wandmalereien. Offenbar beruhte dies auf lokalen Traditionen. Im letzten Beitrag schließlich geht Sebastian Schmid anhand der Entwicklung des Kastells Arelape/Pöchlarn auf die militärische Sicherung der römischen Provinz durch Militärlager ein.

Den Abschluss bilden ein Poster, mit dem die Gästeführer des Limes in Baden-Württemberg ihren Verband der Limes-Cicerones (VdLC) den Tagungsteilnehmern präsentierte, ein Autorenverzeichnis, das Tagungsprogramm sowie einige Fotos, die einen Eindruck von der Tagung vermitteln.

Der vorliegende Band gibt einen guten Überblick über das Leben von Römern und Einheimischen am Limes und verdeutlicht, dass der Limes keine starre, undurchdringliche Grenze war. Im Gegenteil. Die Grenzregion rund um den Donaulimes war eine Region, in der Handel und Kulturaustausch blühten.

Mario Bloier(Hrsg.)

Biricianis. Kernprovinz – Grenzraum – Vorland. Kontakte und Strukturen vom 1. Jh. v. bis zum 6. Jh. n. Chr. im Bereich von Raetien, Noricum und benachbarten Gebieten

Nünnerich-Asmus Verlag
Erschienen 2022
160 Seiten, 133 Abbildungen
ISBN 978-3-96176-204-0

Das Buch ist unter anderem bei Amazon erhältlich. Ein Klick auf das Bild führt direkt dorthin.

Noch bis zum 27.11.2022: Ausstellung „Der Untergang des Römischen Reiches“

 

2022 ist es wieder so weit. Trier präsentiert über drei Museen verteilt eine große Landesausstellung. Nach so erfolgreichen Ausstellungen über die römischen Kaiser Konstantin und Nero widmet sich die neue Ausstellung dem Thema „Der Untergang des Römischen Reiches“.

Doch was genau führte zum Untergang dieses straff organisierten Reiches, das zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung nicht nur die Länder rund um das Mittelmeer umfasste, sondern weit in den Norden und bis nach Britannien reichte? Die Ausstellung zeigt eindrucksvoll, dass es nicht nur die eine Ursache dafür gab.

Die Hauptausstellung im Rheinischen Landesmuseum geht auf 1000 m² Ausstellungsfläche den Entwicklungen im römischen Reich ab dem Ende des 3. Jahrhunderts auf den Grund, die schließlich im 5. Jahrhundert das Ende der weströmischen Kaiser besiegelten.

Es waren zahlreiche Faktoren, die das ihre zum Zerfall des mächtigen Reiches beitrugen. Innerrömische Machtkämpfe durch Kaiser und Gegenkaiser, deren Macht zunehmend vom Heer abhing, der zunehmende Einfluss „barbarischer“ Völker, die als Söldner und Heerführer auf den verschiedenen Seiten kämpften, die wachsende Konkurrenz zwischen weströmischen und oströmischen Kaisern, die sogenannte Völkerwanderung … Und als 410 n. Chr. Rom in die Hände des Goten Alarich fiel, saß der Schock tief. Zwar war Rom schon lange nicht mehr Hauptstadt des römischen Reiches, galt aber als „Caput Mundi“ immer noch als sein Herz.

476 n. Chr., das Jahr in dem der weströmische Kaiser Romulus Augustulus von seinem germanischen Heerführer Odoaker abgesetzt wurde, wird oft als Ende des weströmischen Reiches angesehen. Das Imperium Romanum lebte allerdings im oströmischen Konstantinopel noch lange weiter und sah den weströmischen Teil als Teil dieses Reiches an. Die neuen Herrscher im Westen behielten die spätantiken römischen Traditionen zu einem großen Teil bei. Auch der kaiserliche Verwaltungsapparat lebte weiter. Erst im 6. Jh. besiegelte der oströmische Kaiser Justinian das Ende Westroms. Er löste nach der Rückeroberung den kaiserlichen Hof dort endgültig auf und machte Westrom zu einer normalen Provinz seines Reiches.

Im Museum am Dom wird unter dem Motto „Im Zeichen des Kreuzes – Eine Welt ordnet sich neu“ die Entwicklung des Christentums von den Anfängen bis ins 7. Jahrhundert am Beispiel lokaler Traditionen beleuchtet. Schon früh sind Christen in Trier nachweisbar und der Wandel von einer verfolgten Minderheit zur Staatsreligion, die nun ihrerseits alle anderen Religionen unterdrückte, lässt sich hier gut nachvollziehen.

Vor allem die Gräberfelder mit ihren Grabinschriften vermitteln hierzu wichtige Informationen. Diese Gräber befanden sich ursprünglich, wie bei den Römern üblich, vor den Toren der Stadt. Darunter auch die Grabstätten der Bischöfe Paulinus, Maximin und Agritius, die später heiliggesprochen wurden. Um sich ihrer Fürbitte bei Gott zu versichern, ließen sich die frühen Christen möglichst in der Nähe dieser Bischöfe bestatten. Über den daraus entstandenen Gräberfeldern errichtete man später zunächst große Hallen (Cömeterialbauten), die schließlich in Kirchen umgewandelt wurden. So hat man allein unter St. Maximin 1000 Sarkophage gefunden.

Anhand der zahlreichen Grabinschriften und Grabbeigaben gewinnt der Besucher einen guten Einblick in die Gesellschaftsstruktur des spätantiken Trier. Zu den Highlights dieses Ausstellungsteils gehören beispielsweise Reste prachtvoller Gewändern der christlichen Oberschicht des 4. und 5. Jahrhunderts.

Das Stadtmuseum im Simeonstift schließlich nimmt sich der Rezeptionsgeschichte des Untergangs des Römischen Reiches an. Der Ausstellungsteil „Das Erbe Roms. Visionen und Mythen in der Kunst“ zeigt, wie das Imperium Romanum und sein Untergang im Laufe der Jahrhunderte immer wieder neu interpretiert und künstlerisch verarbeitet wurden.

Ob der Untergang Roms positiv oder negativ gesehen wurde, spiegelte dabei immer auch aktuelle Weltbilder wider. Für die Kirchenväter konnte der Niedergang des Römischen Imperium ein Zeichen des Sieges des „einen Gottes“ über die vielen römischen Gottheiten sein. Der Nationalismus des 19. Jahrhunderts wiederum bezog sich auf Helden wie Arminius oder Vercingetorix, die als Verteidiger ihres Landes gegen die römischen Unterdrücker verehrt wurden. Ob bei Asterix oder in Monumentalfilmen – der künstlerische Nachklang des Römischen Reiches ist bis heute allgegenwärtig.

 

Weitere Informationen unter:
https://untergang-rom-ausstellung.de

Kataloge zur Ausstellung:

Buchbesprechung: Stephan Faust (Hrsg.), Im Angesicht der Gottheit. Kultbilder in Religion und Gesellschaft der Antike (2022)

Im Rahmen eines Seminars des Archäologischen Instituts der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entstand 2019 unter der Leitung von Stephan Faust, der damals die Position des Kustos des Archäologischen Museums der Universität übernommen hatte, eine Studioausstellung über prominente antike Götterbilder. Dieses Jahr erschien nun auch ein Katalog bzw. Begleitbuch zu dieser Ausstellung.

Im einleitenden Kapitel zeigt Faust zunächst die Herausforderungen, die die Beschäftigung mit antiken Kultbildern in sich birgt. Angefangen bei der Definition eines antiken Götterbildes als „Kultbild“ im Gegensatz zu anderen in Heiligtümern aufgestellten Bildwerken. Denn sowohl in der griechischen als auch in der lateinischen Sprache wurden im Laufe der Zeit zahlreiche verschiedene Begriffe verwendet, die sich aber nicht eindeutig auf die Funktion eines Bildwerks im Kult der Gottheit beziehen. Auch sind meist nur wenige Fragmente des Originals vorhanden. Um das ursprüngliche Aussehen des Kultbilds zu rekonstruieren, muss man daher weitere Quellen heranziehen. So finden wir beispielsweise detaillierte Beschreibungen in antiken Textquellen. Daneben geben oft rundplastische Nachbildungen oder Darstellungen in Reliefs oder auf Münzen weitere Hinweise für die Rekonstruktion. Dies kann natürlich nur ein vages Bild des Originals vermitteln. Sehr gut vermitteln die antiken Autoren dagegen, welche Wirkung einige der Kultbilder auf den antiken Betrachter hatte. Eine Wirkung, die die Schöpfer dieser Werke mit mannigfaltigen Mitteln zu erreichen wussten.

Anschließend gibt Faust einen Überblick über die Geschichte griechischer und römischer Kultbilder, bevor er in einem chronologisch aufgebauten Katalog auf die Überlieferung, Rekonstruktion und Deutung von sechzehn Kultbildern genauer eingeht. Unter anderem begegnen wir aus Griechenland den vom Bildhauer Phidias geschaffenen Statuen der Athena Parthenos in Athen oder des Zeus in Olympia – eines der Sieben Weltwunder der Antike -, der Eirene des Kephisodot oder der Aphrodite von Knidos des Praxiteles, die erste Nacktdarstellung der Göttin der Liebe. Die römischen Kultbilder repräsentieren Statuetten der Laren, die Große Mainzer Jupitersäule oder Kultbilder des Mithras.

Henryk Löhr stellt im folgenden Kapitel die Erforschung antiker Kultbilder anhand der Abgüsse im Archäologischen Museum der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vor. Sie illustrieren unter anderem, wie sich die Rekonstruktion der Bildwerke durch neue Funde immer weiter verfeinerte.

Aber auch Tongefäße oder Münzen zeigen Kultbilder. So widmet Georg Simon Gerleigner dem Fragment einer Amphora ein eigenes Kapitel. Dieses Beispiel zeigt den Frevel des Aias, als er die Priesterin Kassandra vom Palladion, dem Kultbild der Athena in Troja, wegzieht, um sie zu vergewaltigen. Anhand dieser Darstellung geht Gerleigner unter anderem der Frage nach, inwieweit die Vasenmaler zwischen belebten und unbelebten Götterfiguren unterschieden, d. h. zwischen Kultbildern und den Göttern selbst, bzw. wie sich die Darstellungsweise im Laufe der Zeit änderte.

In einem weiteren Kapitel nimmt sich Aylin Tanrıöver Darstellungen von Göttern auf antiken Münzen aus dem Bestand des Museums vor. Hier stellt sie zunächst die Frage, ob es sich hier um Kultbilder handelt oder nur um allgemeine Götterbilder, die die prägende Stadt repräsentieren sollten. Anhand von Darstellungen von Athena, Zeus, Apollon, Artemis, Hera und Aphrodite macht sie deutlich, dass es in den wenigsten Fällen möglich ist, ein Götterbild auf Münzen eindeutig als Kultbild zu identifizieren. Oft war nur der Kopf dargestellt und auch sonst sind es oft nur die Attribute, die eine Identifizierung als bestimmte Gottheit möglich machten.

Eines der berühmtesten antiken Kultbilder ist die Artemis von Ephesus, deren Überlieferung, Rekonstruktion und Deutung Helga Bumke nachgeht. Jan-Henrik Hartung schließlich geht im letzten Kapitel noch auf die Aufstellungsorte der Kultbilder ein. Im Gegensatz zum äußeren Erscheinungsbild der Heiligtümer, die üblicherweise im Zentrum der Forschung stehen, geht es ihm um die Tempelinnenräume und ihre Entwicklung im Verhältnis zu den Kultbildern. Er zeigt, wie architektonische Fortschritte mit der Zeit Künstler bei der Inszenierung der Kultbilder unterstützten.  

Das vorliegende Buch ist eine gelungene Einführung in das Thema. Es zeigt zum einen, welche Wirkung vorgestellten Kultbilder auf den antiken Betrachter hatten, und mit welchen Mitteln die Künstler diese Wirkung erreichten. Zum anderen stellt das Buch die Geschichte der Rekonstruktion dieser Kultbilder vor und zeigt die Puzzlearbeit, die dafür notwendig ist. Umfangreiche Anmerkungen und ein Literaturverzeichnis geben dem Leser die Möglichkeit, die einzelnen Themen zu vertiefen.

Hermeneutika | Band 1
1. Auflage 2022
broschiert, 244 Seiten
Universitätsverlag Halle-Wittenberg
ISBN 978-3-86977-249-3
40,00 €

Buchbesprechung: Die Große Mainzer Jupitersäule. Archäologie, Geschichte und Restaurierung (2022)

(herausgegeben von der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Landesmuseum Mainz, bearbeitet von Ellen Riemer)

Als 2014 die Steinhalle des Landesmuseums Mainz vorübergehend zum Plenarsaal des rheinland-pfälzischen Landtags umgebaut werden sollte, musste auch die Große Mainzer Jupitersäule, eines der bedeutendsten römischen Denkmäler der Stadt Mainz, nach 50 Jahren umziehen. Die vor dem Umzug durchgeführten Untersuchungen brachten zahlreiche Schäden ans Licht, die eine umfangreiche Restaurierung der Säule notwendig machten.

Der vorliegende Band stellt zum einen die zwischen 2015 und 2021 durchgeführten Maßnahmen ausführlich vor, die unter anderem mit Stiftungsgeldern und privaten Spenden finanziert wurden. Daher ist das Buch durchaus auch als Rechenschaftsbericht zu verstehen. Zum anderen informiert das Werk über die Geschichte der Säule seit ihrer Entdeckung sowie über ihr Bildprogramm und ihre Bedeutung für das römische Mainz.

Nach einer kurzen Einführung in das Restaurierungsprojekt und einer Vorstellung des beteiligten Teams durch Ellen Riemer, der Kuratorin für Archäologie im Landesmuseum Mainz, stellt sie uns „Geschichte, Bedeutung und Rezeption“ der Jupitersäule vor. Unsere Zeitreise führt uns zunächst zum Anfang des 20. Jahrhunderts zurück, als man 1904 bei Bauarbeiten in der Sömmerringstraße 6 in der Mainzer Neustadt auf Reste eines römischen Denkmals stieß. Insgesamt barg man rund 2000 Einzelteile, die in mühsamer Kleinarbeit zusammengesetzt wurden. Das Ergebnis: die Große Mainzer Jupitersäule.  

Unsere Reise durch die Geschichte der Jupitersäule führt uns dann zu ihren verschiedenen Aufstellungsorten und stellt auch einige Kopien vor, die schon früh angefertigt wurden. Eine der bekanntesten befindet sich heute im Freilichtmuseum Saalburg.

Jens Dolata von der Außenstelle Mainz der Direktion Landesarchäologie ordnet anschließend die Jupitersäule in den topographischen Kontext des römischen Mogantiacum ein und stellt den Siedlungsplatz Dimesser Ort vor, wo die Reste der Jupitersäule gefunden wurden. Hier wurden gerade in jüngster Zeit interessante Funde gemacht, die es zusammen mit den Inschriften der Säule und des dazugehörigen Altars erlauben, Aussagen über die Bewohner dieses Siedlungsbereichs zu machen.

Im folgenden Kapitel stellt Patrick Schollmeyer vom Institut für Altertumswissenschaften der Universität Mainz das Bildprogramm der Großen Jupitersäule vor. Auch er analysiert noch einmal die Inschrift und vergleicht die Form der Mainzer Säule mit anderen antiken Säulenmonumenten. Anschließend geht er zunächst auf die bisherigen Benennungen der dargestellten Götter und Personifikationen ein. Während viele der Figuren durch Attribute eindeutig bestimmbar sind, gibt es doch einige, deren Identifizierung umstritten sind. Bei diesen Figuren schlägt Schollmeyer lokale Bezüge vor, mit denen sich der antike Betrachter des Bildprogramms im römischen Mainz identifizieren konnte.

Die nächsten Kapitel widmen sich den einzelnen Schritten der Restaurierungsmaßnahmen. Michael Auras vom Institut für Steinkonservierung führte erste Untersuchungen des Materials der Säule durch, bevor für tiefergehende Untersuchungen die Computertomographie zum Einsatz kam. Anna Steyer von der Firma Steyer Restaurierung gibt zunächst einen Überblick über die Grundlagen der industriellen Computertomographie und ihre Anwendungsbereiche. Sie zeigt in ihrem Beitrag mit welchen Methoden man bei der Mainzer Säule vorging und zu welchen Ergebnisse man gelangte. Zwar zeigten sich im Fall der Säule auch die Grenzen der industriellen Computertomographie für die Archäologie, aber die Ergebnisse lieferten trotzdem wichtige Informationen für die Planung der folgenden Restaurierungsmaßnahmen.

Die umfangreichen Voruntersuchungen erlaubten nicht nur eine Musterrestaurierung am Inschriftensockel, sondern auch genaue Vorgaben für die Restaurierung der übrigen Säulenteile, die dann in Form einer Bewertungsmatrix in die Ausschreibung Eingang fanden. Karin Schinken vom Landesamt für Denkmalpflege zeigt uns in ihrem Beitragt, wie diese Matrix erstellt wurde. Auf die Geschichte der verschiedenen Restaurierungskonzepte von der Auffindung der Säule bis heute geht das Autorenteam dann in einem gemeinsamen Beitrag ausführlich ein.

Im letzten Beitrag beschreiben Matthias Steyer und Katrin Elsner von der Firma Steyer Restaurierung die einzelnen Schritte des Restaurierungsprojektes. Dabei gehen sie auch auf einige Aspekte der vorangegangenen Beiträge nochmals ein. So z. B. auf die optische Voruntersuchung. Ausführlich werden die Maßnahmen beschrieben, die notwendig waren, um die Säule abzubauen. Nach der Entwicklung des endgültigen Konservierungskonzeptes anhand der Sicherung und Stabilisierung des Inschriftensockels sowie der Bearbeitung seiner Oberflächen erfolgte die Ausschreibung der Restaurierung der übrigen Säulenteile, bei der sich die Firma Steyer Restaurierung gegen die Konkurrenz durchsetzen konnte. Ihr detaillierter Bericht über ihre Arbeit wird im anschließenden Tafelteil zudem gut illustriert. Jeweils vier Fotos zeigen den Zustand der einzelnen Teile 1906 sowie vor, während und nach der Restaurierung.

Insgesamt legt das Autorenteam anhand der Großen Mainzer Jupitersäule eine gelungene und sehr detaillierte Einführung in die Geschichte der Restaurierungsmöglichkeiten und -konzepte für Steindenkmäler seit ihrer Auffindung vor. Das Buch zeigt dabei anschaulich, wie viele Einzelmaßnahmen und Überlegungen im Rahmen einer Restaurierung notwendig sind, um ein solches Objekt für das Publikum aufzubereiten.

Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland- Pfalz,
Landesmuseum Mainz (Hrsg.), bearbeitet von Ellen Riemer

Die Große Mainzer Jupitersäule – Archäologie, Geschichte und Restaurierung

Nünnerich-Asmus Verlag
176 Seiten, 85 Abbildungen, geb.
€ 25,00 (D) / € 25,70 (A)
ISBN: 978-3-96176-189-0

Das Buch ist unter anderem bei Amazon erhältlich. Ein Klick auf das Bild führt direkt dorthin.

Der Tod der Niobiden auf römischen Sarkophagen

Niobiden-Sarkophag, Glyptothek München Inv.-Nr. 345

Zu den frühesten mythologischen Darstellungen auf römischen Sarkophagen gehört die Tötung der Niobiden durch Apollo und Artemis.

Der Mythos erzählt von Niobe, der Frau von Amphion, des Königs von Theben. Sie hatte sieben Töchter und sieben Söhne und war auf ihre so zahlreiche Nachkommenschaft so stolz, dass sie es wagte, sich über Leto lustig zu machen. Diese, die Tochter der Titanen Koios und Phoibe, war eine der vielen Geliebten des Göttervaters Zeus und hatte nur zwei Kinder, die Zwillinge Apollo und Artemis. Niobe hinderte in ihrer Überheblichkeit sogar ihr Volk daran, Leto zu verehren. Doch dies sollte ihr teuer zu stehen kommen. Denn Apollo und Artemis rächten ihre Mutter. An nur einem Tag töteten sie alle Kinder der Niobe, die sogenannten Niobiden, mit Pfeil und Bogen. Zunächst fielen ihnen die Söhne zum Opfer, danach alle Töchter.

Die Darstellung der Tötung der Niobiden finden wir auf etwa zehn stadtrömischen Sarkophagen. Man kann 2 Typen unterscheiden.

Drei der erhaltenen Exemplare zeigen an den Enden der Langseite die schießenden Götter Apoll und Artemis. Zwischen ihnen sieht man die sterbenden Opfer mit ihren Ammen und Lehrern. Auf dem Deckel sind die toten Niobiden dargestellt. Ein Sarkophag im Vatikan von ca. 140/150 n. Chr. (Inv.-Nr.: 2635) ist möglicherweise der Urtyp dieser Reihe. Bei einem weiteren Beispiel in München (Inv.-Nr. 345, siehe Bild oben) sind einige Motive identisch wiedergegeben, andere wurden leicht verändert oder verschoben.

Zeitlich später einzuordnen sind sieben Exemplare, bei denen die Eltern der Niobiden an den Enden der Langseite stehen. Die Söhne sind nun beritten dargestellt und Apollo und Artemis sind jetzt an die Enden der Deckel versetzt, wie zwei erhaltene Deckel zeigen. Auch für diesen Typus finden wir ein Beispiel im Vatikan (Inv.-Nr.: 10437). Dieser Sarkophag entstand wohl in früh-antoninischer Zeit. Ein anderes Beispiel, das stilistisch in mittel-antoninische Zeit datiert werden kann, befindet sich in Venedig (Inv.-Nr. 24).

Welche Bedeutung haben diese Darstellungen aber im Zusammenhang der Sarkophage. Die Überheblichkeit der Niobe ist ja kaum ein Charakterzug, mit dem sich die Verstorbenen rühmen würden. Ein plausiblere Erklärung ist, dass es hier darum geht, das unvermittelte Schicksal des Todes zu verdeutlichen.

 

Buchvorstellung: Sabine Panzram / Dominik Kloss, Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten in Spanien

(Nünnerich-Asmus Verlag & Media GmbH, Mainz 2022)

Im neuesten Reiseführer der Reihe „Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten“ entführen uns Sabine Panzram und Dominik Kloss nach Spanien. Die beiden Altertumswissenschaftler nehmen uns mit auf eine Rundreise durch das beliebte Urlaubsland und stellen uns ihre Auswahl an wichtigen archäologischen Stätten vor. Und Spanien hat kulturell wirklich viel zu bieten. Zeugnisse von Iberern und Keltiberern, von Phöniziern und Puniern, von Griechen und Römern finden sich ebenso wie sehenswerte Bauten der Westgoten oder aus der maurisch-arabischen Zeit.

In der Einführung geben die Autoren einen Überblick über die Geschichte Spaniens von der Bronzezeit bis zur Eroberung durch die arabischen Umayyaden im 8. Jh. n. Chr. Auch gehen sie auf die geographischen und klimatischen Bedingungen der verschiedenen Regionen ein. Einerseits machten reiche Bodenschätze (Kupfer, Zinn, Silber, Gold, Eisen usw.) die iberische Halbinsel für viele Völker attraktiv. Andererseits eigneten sich einige Landstriche besonders gut für die landwirtschaftliche Nutzung. So gedeihen hier optimal Oliven, Wein und Getreide. Zur Orientierung sind dieser Einführung zwei Karten vorgeschaltet. Eine des römischen Hispanien und eine des heutigen Spanien.

Im folgenden Kapitel starten wir unsere Rundreise durch Spanien in Katalonien. Genauer gesagt in Ampurias, nur etwa 35 Kilometer von der französischen Grenze entfernt. Die Reise führt uns durch die verschiedenen Regionen Spaniens, einschließlich eines Ausflugs nach Mallorca, und endet schließlich in Andalusien. Zu den Orten, die es in diesen handlichen Reiseführer geschafft haben, gibt es Hintergrundinformationen über Geschichte und Forschungsgeschichte und die Autoren gehen ausführlich auf das ein, was den Ort besonders macht.

In manchen Orten sind es trotz ihrer einstigen Bedeutung nur wenige sichtbare Reste in versteckten Ecken, wie z. B. in Barcelona, die in den Orten heute noch besichtigt werden können. Daneben gibt es aber auch die großen archäologischen Zonen oder Parks in Zaragoza, Mérida, Itálica in der Nähe von Sevilla oder Baelo Claudia bei Bolonia an der Südspitze der iberischen Halbinsel. Auch begegnen wir natürlich der berühmten Dame von Elche und stehen staunend vor dem imposanten römischen Aquädukt von Segovia. Wichtig für Besucher sind die Informationen zu Museen und archäologischen Stätten, die jeweils am Seitenrand angegeben sind. Ein Glossar und ein Literaturverzeichnis schließen das informative und kurzweilige Buch ab.

Natürlich kann die Beschränkung auf 50 Stätten nur eine kleine subjektive Auswahl unter den hunderten präsentieren, die einen Besuch wert sind. Aber das Buch zeigt nicht nur, dass Spanien in jedem Fall viel mehr zu bieten hat als Sonne und Strand und es macht Lust darauf, mehr über die Geschichte Spaniens und die vielen archäologischen Hinterlassenschaften zu erfahren. Und vielleicht gibt es irgendwann einen zweiten Band.

Sabine Panzram, Dominik Kloss
Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten in Spanien
176 Seiten, 108 Abbildungen, 2 Karten
geb. € 20,00 (D) / € 20,60 (A)
ISBN: 978-3-96176-180-7

Das Buch ist unter anderem bei Amazon erhältlich. Ein Klick auf das Bild führt direkt dorthin.

San Giovanni Evangelista, Ravenna

Ravenna, ursprünglich direkt an der Adria gelegen, war von 402 bis 476 n. Chr. Hauptresidenz der weströmischen Kaiser. Unter den zahlreichen Bauten, die die kaiserliche Familie in Auftrag gab, befindet sich auch die Basilika San Giovanni Evangelista, das älteste Gotteshaus in Ravenna.

Diese Kirche wurde von Galla Placidia in Auftrag gegeben, der Tochter des byzantinischen Kaisers Theodosius I. 410 n. Chr. gelangte sie, zusammen mit anderen Adligen, bei der Einnahme Roms durch den Westgoten Alarich als Geisel nach Ravenna. Zwar kehrte sie später nach Rom zurück, wurde aber von ihrem Bruder, dem weströmischen Kaiser Honorius 423 n. Chr. nach Konstantinopel verbannt. Nach dem Tod ihres Bruders noch im selben Jahr kehrte sie mit ihren Kindern Honoria und Valentinian nach Ravenna zurück. Zusammen mit ihrem noch minderjährigen Sohn, nun als Valentinian III., regierte sie nun von dort aus das weströmische Reich.

Den Bau einer Kirche zu Ehren des Evangelisten Johannes hatte sie während der Überfahrt nach Ravenna gelobt, als ihr Schiff in einen schweren Sturm geraten war. 425 n. Chr. begannen die Bauarbeiten auf dem Areal der kaiserlichen Residenz, das gleichzeitig nach Norden erweitert wurde. Leider wurde die Kirche in den darauffolgenden Jahrhunderten immer wieder umgebaut, sodass ihr ursprüngliches Aussehen nach und nach verloren ging. 1921 versuchte man dieses weitestgehend wieder herzustellen. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem die Basilika stark beschädigt worden war, wurde sie erneut restauriert.

San Giovanni Evangelista ist eine dreischiffige Säulen-Arkaden-Basilika, die innen 49 x 22 Meter misst. Die Apsis ist außen polygonal ummantelt und liegt zwischen zwei vorspringenden Räumen für die liturgischen Geräte usw. Sie hat unten drei „zugemauerte Fenster“ und darüber sieben Fenster.

Bei den jeweils zwölf Säulen, die die Seitenschiffe vom Mittelschiff trennen, haben wir Spolien vor uns. Sie stammen also aus anderen, älteren Gebäuden und wurden hier wiederverwendet. Die Kämpfersteine, d. h. die obersten Platten der Säulen, wurden dagegen wahrscheinlich speziell für diese Kirche angefertigt. Auch muss man sich klarmachen, dass das Bodenniveau der Kirche ursprünglich einige Meter niedriger lag als heute. Dadurch hat sich die Wirkung des Innenraumes verändert. Ursprünglich war San Giovanni Evangelista auch eine Halle, die über die Seitenschiffe hinausragte, sowie ein fast quadratisches Atrium vorgelagert. Die Reste liegen unter dem heutigen Bodenniveau.

Die ursprüngliche Innenausstattung ist im sogenannten Liber pontificalis ecclesiae Ravennatis (Buch der Bischofskirchen Ravennas) von Andreas Agnellus, einem Priesters aus Ravenna, überliefert. Das in der ersten Hälfte des 9. Jh. entstandene Buch nennt zwei Inschriften in der Apsis, die das Gelöbnis der Galla Placidia enthalten. Außerdem sind einige Bilder überliefert. Eines, an der Apsiswand angebracht, zeigte Petrus, der die Hände ausbreitet, als würde er eine Messe lesen. Daneben gab es Bilder eines Bischofs (Petrus Chrysologos?) sowie von Kaisern und Kaiserinnen und vermutlich auch eine Darstellung der in Seenot geratenen Galla Placidia.

Die heute an den Wänden der Seitenschiffe angebrachten Fragmente eines Mosaikfußbodens stammen aus dem 13. Jh., der Glockenturm war im 10. Jh. n. Chr. hinzugefügt worden.

Literaturauswahl:

  • Wladimiro Bendazzi e Riccardo Ricci, Ravenna. Guida alla conoscenza della città. Mosaici arte storia archeologia monumenti musei, Ravenna, Edizioni Sirri, 1992
  • Luca Mozzati, Ravenna, in: Le grandi città d’arte italiane, Milano, Electa, 2007

Kulturtransfer – die Expansion der Römer und ihre Auswirkung auf römische Denkmäler

Kulturtransfer zwischen zwei Völkern geschieht auf zwei Arten:

  1. Expansion, d. h. Export von Kultur
  2. Rezeption, d. h. Assimilierung einer fremden Kultur

Im Zuge der Expansion Roms haben die unterworfenen Völker oft die Kultur und die Errungenschaften der Römer für sich entdeckt und übernommen. Die Römer selbst waren dagegen vor allem von der Kultur der Griechen angetan. Zunächst hatten die Römer ihre Vormachtstellung in Italien ausgebaut und nach mehreren Kriegen die Punier besiegt. Ab dem 2. Jh. v. Chr. mischten sie sich jedoch zunehmend auch in die Geschicke Griechenlands und Kleinasiens ein und stiegen schließlich zur beherrschenden Macht im Mittelmeerraum auf.

Die Expansion in Italien und dem übrigen Mittelmeerraum machte sich bald in den politischen Denkmälern bemerkbar. Zum einen durch Beutedenkmäler, z. B.:

  • die Rostra mit den Schiffsschnäbeln auf dem Forum Romanum
  • die Anbringung vergoldeter Schilde aus den Samnitenkriegen an den tabernae
  • die Aufstellung von Bronzefiguren, die aus dem Heiligtum von Volsinii erbeutet worden waren, am Tempel der Mater Matuta und der Fortuna (schon 264 v. Chr.)

Zum anderen gab man Historiengemälde in Auftrag oder stellte Ehrenstatuen auf.

Mit der außenpolitischen Expansion ging auch eine wirtschaftliche Expansion einher, die zu innerpolitischen Veränderungen führte. Zwischen dem Senat und der Volksversammlung, die mehr Rechte forderte, kam es zu einem Machtkampf, der das republikanische Rom in eine Krise führte, in deren Folge Feldherrn wie Pompeius und Caesar übermächtig werden konnten. Der Konkurrenzkampf zwischen den Parteien zeigte sich auch in der Rivalität der Feldherrn auf beiden Seiten.

So stellte Catull nach dem Sieg über die germanischen Kimbern Beutestücke in einer Halle auf seinem Grundstück auf, das gleichzeitig das Grundstück eines seiner politischen Gegner war. Marius dagegen, ein rivalisierender Feldherr, der den Sieg über die Kimbern für sich reklamierte, errichtete ein Denkmal, das nicht nur seine Siege über die Kimbern feierte, sondern auch seinen Sieg über den numidischen König Jugurtha.

Der Kontakt mit den Griechen und den hellenistischen Herrschern führte zu einer starken Hellenisierung Roms. Römische Feldherrn nahmen anfangs vor allem im griechischen Raum die dortigen Repräsentationsformen an. In Rom selbst gab es dagegen lange Zeit zum Teil erbitterten Widerstand gegen die „verweichlichten Sitten“ der griechischen Welt. Aber das hielt die herrschenden Familien Roms und die siegreichen Feldherrn nicht davon ab, diese Repräsentationsformen nach und nach auch nach Rom zu tragen und für ihren Konkurrenzkampf untereinander zu nutzen.

Dazu gehörte der Raub von griechischen Denkmälern und Kunstgegenständen. So fand beispielsweise ein Gemälde, das eine Schlacht zwischen den Armeen Alexanders des Großen und Dareios III. darstellte, seinen Weg nach Rom und wurde vielfach kopiert. Nachklänge finden sich in Italien seit dem 2. Jh. v. Chr., die berühmteste Nachbildung ist jedoch das Mosaik in der Casa del Fauno in Pompeji (siehe auch meine Beiträge).

Aber auch neugeschaffene römische Kunstwerke zeigen immer stärkeren Einfluss der griechischen Kunst auf die römische Kunst und Kultur.

Die römische Villa Suburbana von Stadtbergen bei Augsburg

Südwestlich von Augsburg, am Rand der Hochebene zum Tal der Wertach hin, wurde 1931 auf dem Gebiet der Gemeinde Stadtbergen eine römische Villa ausgegraben. Die damalige Grabungsdokumentation ging 1944 größtenteils ebenso verloren wie die Funde selbst. Erhalten hat sich allerdings ein Plan der Villa und zwischen 1971 und 1981 wurden weitere archäologische Untersuchungen durchgeführt. Fridolin Reutti geht von drei Bauphasen aus, von denen jedoch nur die dritte einigermaßen sicher rekonstruiert werden kann.

Es handelte sich um eine luxuriös ausgestattete Villa Suburbana, also eine Vorstadtvilla. Auf allen Seiten sind dem Gebäude Säulenhallen vorgelagert. Die Hauptseite, die seitlich durch zwei runde Ecktürme betont wird, öffnet sich nach Südosten. Von dort aus betrat man die Villa durch eine große Halle, die zum Mittelteil der Villa führt. Direkt hinter diesem Durchgang gibt es einen länglichen Raum, der als Verteiler zu den verschiedenen Gebäudeteilen diente. Von hier aus öffnen sich Räume sowohl im hinteren Bereich der Villa als auch Räume neben der Eingangshalle sowie Treppenhäuser, die zu einem zweiten Stock führten. Außerdem gelangt man von hier aus zu den beiden Seitentrakten, die in den bereits erwähnten Eckrisaliten enden. Auch diese seitlichen Gebäudeteile waren zweistöckig, da man hier ebenfalls Treppenhäuser nachweisen konnte.

Mosaiksteine, Marmorplatten oder auch der Rest einer Marmorsäule zeigen, wie reich diese Luxusvilla dekoriert war. Auch konnten im Rahmen der archäologischen Untersuchungen Nebengebäude nachgewiesen werden. Einige der Funde stammten aus dem 1. Jh. n. Chr. Das Aussehen der Villa zu diesem Zeitpunkt ist jedoch unklar. Sicher ist, dass die Villa mehrfach umgebaut wurde, bevor sie das heute bekannte Aussehen annahm. Münzfunde lassen vermuten, dass die letzte Besiedlung der Villa in die Zeit zwischen 275 n. Chr. und dem Ende des 4. Jh. n. Chr. fällt.

Literatur:

  • Fridolin Reutti: Eine römische Villa suburbana bei Stadtbergen, Landkreis Augsburg. In: Bayerische Vorgeschichtsblätter 39, 1974, S. 104–126
  • Wolfgang Czysz, Karlheinz Dietz, Hans-Jörg Kellner, Thomas Fischer: Die Römer in Bayern. Stuttgart 1995, S. 517–518

Villa Rustica (Burgweinting bei Regensburg)

Luftbild Google

 

Südöstlich von Regensburg wurden auf dem Gebiet des Ortes Burgweinting Reste mehrerer römischer Villae Rusticae nachgewiesen. Eine davon wurde 1911/12 und 1915/1916 in Teilen ausgegraben und in neuerer Zeit durch Luftbildarchäologie erforscht.

Dieser Gutshof wurde von einer, ein unregelmäßiges Viereck bildender etwa 70 cm starken Mauer umschlossen, deren Gesamtlänge 402 Meter betrug. Das Südtor weist eine 3 Meter breite Durchfahrt mit ein- und ausspringenden Mauerschenkeln auf. Diese Hauptfront orientiert sich an einem vorbeifließenden Bach. Lücken an den anderen Seiten der Mauer, bei denen teilweise auch Kiesschüttungen nachgewiesen werden konnten, lassen auf drei weitere Tore schließen.

Der Gutshof umfasste mehrere Gebäude, die sich teils an die Mauer anlehnten, teils aber auch freistehend waren. Unter anderem konnten 10 Steinbauten nachgewiesen werden, von denen drei mit beheizbaren Räumen ausgestattet waren.

Als Haupthaus wird ein etwa 12,5 x 11 m großes Gebäude in der Mitte des teilweise mit Bruchsteinen gepflasterten Hofes gedeutet. Im Südteil dieses Gebäudes gibt es zwei Räume mit Hypokaust-Anlagen. Ein Gang trennt diese Räume von mehreren Räumen im Nordtrakt, die teilweise unterkellert sind. Vom Mittelgang aus wurden auch die hypokaustierten Räume beheizt.

Im Westen war dem Gebäude über die ganze Breite eine Säulenhalle oder ein Korridor vorgelagert. An der Ostseite schlossen sich ein Hof und weitere Gebäude an, die bis zur Hofmauer reichten und als Wirtschaftsräume interpretiert werden.

In der Ostecke des Gutshofes wurde ein zweiter Gebäudekomplex ausgegraben. Auch hier handelte es sich wohl um ein Wohngebäude. Hier waren mehrere Zimmer um einen Innenhof herum gruppiert und durch hölzerne Zwischenwände getrennt. Einer der Räume war eine Küche mit einem gemauerten Herd. Zudem fand man in der Südostecke des Innenhofes einen weiteren Kellerraum.

Um diesen Gebäudekomplex herum scharten sich weitere Gebäude, vermutlich Wirtschaftsgebäude, teilweise mit Ziegelpflaster und Hypokaust-Anlage. Auch fand man zwei Gruben, in denen unter anderem Tafelgeschirr (Terra Sigillata) zutage trat. Die in der Villa gefundenen Scherben stammen aus der Zeit von der 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts bis zum 4. Jahrhundert n. Chr.

Im Westteil des Gutshofes fand man Reste weiterer Wirtschaftsgebäude und außerhalb des Hofes entdeckte man noch eine Scheune sowie einen ursprünglich überdachten Brunnen.

Die Anlage dieser Villa ist heute durch Bepflanzung sichtbar gemacht und bei Google sehr gut auf dem Luftbild oben zu sehen.

 

Literaturauswahl:

  • K. Dietz u. a., Regensburg zur Römerzeit (1979) S. 261–264.
  • W. Irlinger / J. Faßbinder, Die römische Villa rustica von Burgweinting – Von der Entdeckung über die Prospektion zur Visualisierung, in: Beiträge zur Archäologie in der Oberpfalz und in Regensburg, Band 4, 2000, S. 287 – 300

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