Autor: Angela Zimmermann Seite 5 von 39

Attisch-rotfigurige Malerei (Teil 7)

Seite A von einer attischen rotfigurigen Bauchamphora, 510-500 v. Chr. (Staatliche Antikensammlung München, Inv. 2308)

 

Neben den Motiven Reiter, Pferd und Streitwagen zeigten rotfigurige Gefäße auch Bewaffnung und Szenen aus dem Krieg. Ursprünglich kämpfte man einzeln. Später gab es geschlossene Schlachtreihen sogenannter Hopliten. Alle anderen Waffengattungen waren offenbar nur noch von untergeordneter Bedeutung. Trotzdem wurde diese geschlossene Hoplitenreihen selten dargestellt. In der Regel wurden weiterhin Einzelkämpfe gezeigt. Es scheint, dass trotz Phalanxtechnik der eigentliche Kampf immer noch als Einzelkampf stattfand. 

Bei den Kampfszenen ging es vor allem darum, Bewährung und Leistung der Jugend im Kampf hervorzuheben. Krieg war in der archaischen Zeit eher nicht politisch. Meistens ging es in den Kämpfen um Land oder um Ruhmgewinn von einzelnen Adligen und ihren Gefolgsleuten. Erst mit der Vertreibung der Tyrannen beginnen politische Kriege.

Interessant ist die Darstellung von fremden Völkern in Kriegsszenen. Ab ca. 530 v. Chr. findet sich beispielsweise oft das Motiv eines skythischen Bogenschützen. Es scheint sich um Söldner zu handeln, wofür Darstellungen sprechen, in denen Skythen und Hopliten nebeneinander kämpfen.

In der nächsten Generation finden wir dann eine andere Situation vor. Im 5. Jh. werden normale Kampfszenen immer seltener, obwohl es gerade in dieser Zeit relativ viele Kriege gab. Gleichzeitig hört die Einbeziehung von Skythen in die Darstellungen auf. Eine mögliche Erklärung ist, dass sie eine ähnliche Kleidung trugen wie die Perser, die seit 490 v. Chr. als Erzfeinde der Griechen galten. Fremde Völker wie die Skythen galten in jedem Fall als Gegenbild zu Griechen, die sich und ihre Kultur als Gegensatz zu den „barbarischen“ fremden Kulturen sahen.

Es gab allerdings Gefäße mit Darstellungen von Kämpfen gegen Perser. Diese zeigen fast nie unterlegene Griechen. Eine der wenigen Ausnahmen ist das Fragment eines Rhyton aus der Mitte des 5. Jh. (Paris). Hier sind die Perser deutlich überlegen dargestellt. Dies könnte mit dem Fundort Memphis in Ägypten zusammenhängen. Das Gefäß war also möglicherweise für den orientalischen Markt geschaffen worden.

Mit der zeitlichen Entfernung von den Perserkriegen änderten sich auch die Kampfszenen auf den Vasen wieder und das Perserbild wurde wieder ausgewogener. Die griechischen Kämpfer wurden nun nackt dargestellt. Es ging dabei wohl darum, den idealen, athletischen Körper als Symbol für das Ideal des Kriegers zu zeigen.

Weitere Darstellungen aus dem Bereich des Krieges sind der Auszug in den Krieg verbunden mit dem Abschied von der Familie sowie der Rücktransport der Toten.

 

(Fortsetzung folgt…)

Attisch-rotfigurige Malerei (Teil 6)

Leagros-Schale: Reiter. Inschrift: ΛΕΑΓΡΟ[Σ] ΚΑ[Λ]ΟΣ (»Leagros ist schön«). Tondo von einer attischen rotfigurigen Kylix, 510-500 v. Chr. Aus Vulci.
Kachrylion (Töpfer); Euphronios (Maler)

Nachdem wir uns in den vorangegangenen Artikeln dieser Reihe über attisch-rotfigurige Malerei eher allgemeinen Themen gewidmet haben, werden wir uns in den nächsten Blogbeiträgen mit den Motiven beschäftigen, die auf den Gefäßen dargestellt sind.

Beginnen wir mit dem Motiv „Reiter und Pferd“. Pferd und Wagen waren seit dem 2. Jahrtausend v. Chr. Symbole für die Aristokratie. Beide waren zunächst auch im Krieg von Bedeutung. Später waren sie allerdings nur noch reines Standessymbol, z. B. im religiösen Bereich. Beispielweise bei Wettkämpfen oder im Bestattungsritus. Sogar das Auf- und Abspringen des bewaffneten Kriegers vom fahrenden Wagen, während der Wagen selbst vom Lenker weitergefahren wurde, wurde in Wettkämpfen ritualisiert: im Apobatenlauf im Rahmen der Panathenäischen Spiele.

Als sich die Kriegsführung wandelte und der Wagen für den Kampf zu schwer wurde bzw. nicht mehr wendig genug war, nahm die Bedeutung der Reiter zu. Beim Ritterstand handelte es sich um Großgrundbesitzer, die Pferde züchten konnten. Nach und nach bildete sich ein Reiteradel aus, der in verschiedenen Kampftechniken ausgebildet war. Aber schon im 6. Jh. v. Chr. hatte auch der Kampf zu Pferd an Bedeutung verloren. Zwar kamen immer noch kleinere Reitergruppen im Krieg zum Einsatz, aber am wichtigsten war nun die Phalanx, eine dichtgeschlossene, lineare Kampfformation Schwerbewaffneter zu Fuß.

Unabhängig von der Nutzung im Krieg waren Pferde aber zum Standessymbol des alten Landadels geworden. Pferde waren jetzt reiner Luxus und wurden für repräsentative Zwecke genutzt. Beispielsweise beim Zug der Panathenäen oder, wie schon die Wagen, bei Agonen (Wettkämpfen). Viele der Namen, die aus der griechischen Antike überliefert sind, sind mit „ippos“ (Pferd) zusammengesetzt, z. B. Philippos oder Hipparchos. Seit den Reformen Solons setzte sich der Ritterstand jedoch nicht mehr nur aus dem reinen Grundbesitzadel zusammen, sondern war nun an das Einkommen gebunden.

Besonders häufig sind die Motive Pferd und Reiter im späten 6. und frühen 5. Jh. v. Chr. In der Blütezeit des demokratischen Athen finden wir also in der Vasenmalerei aristokratische Standessymbole. Ab der Mitte des 5. Jahrhunderts nahmen diese Motive auf den Gefäßen jedoch ab.

 

Beispiele:

(Fortsetzung folgt…)

Attisch-rotfigurige Malerei (Teil 5)

rotfiguriger Krater (Louvre CA3482)

Töpferwerkstätten arbeiteten in der Regel für den lokalen Markt. Die Produktion reichte dabei von Prunkgefäßen bis zu Gebrauchskeramik. Der Verkauf erfolgte direkt in der Werkstatt oder auf dem Markt. Auch der Verkauf an temporären Ständen bei Festen aller Art kam infrage. Es handelte sich dabei in der Regel nicht um Auftragsarbeiten.

Daneben arbeiteten die Töpferwerkstätten mit Händlern zusammen, über die Keramik auch exportiert werden konnte. Manchmal scheint der Export eine der wichtigsten Einnahmequellen gewesen zu sein. Denn einige Töpfer orientierten sich mit ihren Gefäßen am Geschmack eines bestimmten Exportgebietes, z. B. der Töpfer Nikosthenes. Die Form seiner Amphoren, die nach Etrurien exportiert wurden, ist der etruskischen Bucchero-Keramik entlehnt. Diese sogenannten nikosthenischen Amphoren wurden nur im Westen gefunden. Auch bestimmte Motive wurden ausschließlich für den Export gemalt. So findet sich das Aeneas-Motiv bisher nur in Westgriechenland.

Auch wenn die meisten bemalten Vasen in Gräbern oder Heiligtümern gefunden wurden, wurden sie natürlich auch bei anderen Gelegenheiten genutzt. Verschiedene Formen von Krateren und Amphoren, der Skyphos, die Kylix, der Psykter usw. stammten aus der Symposion-Kultur. Bei Hochzeiten wurden Loutrophoros oder Lebes gamikos verwendet. Außerdem gab es Formen, die mit bestimmten Kulten verbunden waren, z. B. panathenäische Preisamphoren, der Kantharos (Dionysos-Kult) oder der Stamnos (Lenäen). Für den Grabkult wurden besonders großen und prunkvolle Gefäße verwendet und teilweise sicher speziell für diesen Zweck hergestellt.

Die Bemalung zeigt oft einen engen Zusammenhang mit der Funktion des Gefäßes. Dies zeigt sich wiederum im Grabkult, z. B. bei speziellen Grab-Loutrophoren oder weißgrundigen Lekythoi. Einige Motive orientieren sich aber auch am Geschmack der Nutzer.

 

(Fortsetzung folgt…)

Attisch-rotfigurige Malerei (Teil 4)

Werkstätten zur Keramikproduktion befanden sich in Athen vor allem am sogenannten Kerameikos am nordwestlichen Rand der Stadt, aber auch am Acharner Tor (z. B. die Werkstatt des Brygos). Einen Eindruck von Aussehen einer solchen Werkstatt vermitteln Vasenbilder.

Die Arbeit des Töpfers begann mit dem Tonstechen, dem Abbau von Ton, der in der Regel in offenen Gruben stattfand. Anschließend wurde der Ton gereinigt, geschlämmt und geknetet. Erst danach war seine Konsistenz dafür geeignet, den Ton auf der Töpferscheibe zu formen. Ursprünglich formte man die Gefäße noch aus Tonringen auf, die dann innen und außen geglättet wurden. Die Töpferscheibe kam etwa 3000 v. Chr. im östlichen Mittelmeerraum auf. In Griechenland finden sich erste Belege allerdings erst im 2. Jahrtausend. Sie bestanden aus Holz, Stein oder gebranntem Ton und wurden ursprünglich mit der Hand gedreht. Der Fußantrieb kam offenbar erst wesentlich später auf. Zumindest ist er erst seit dem 2. Jh. v. Chr. belegt.

Anfangs handelte es sich vermutlich um reine Familienbetriebe, aber spätestens seit dem späteren 6. Jh. v. Chr. kam es zu immer stärkerer Spezialisierung und manche Töpfer und Maler signierten sogar ihre Gefäße. Töpfer mit den Worten εποιεσεν (epoiesen = er hat es gemacht), Maler mit ἔγραψσεν (egrapsen = er hat gemalt). Hatten die Töpfer die Gefäße selbst bemalt, signierten sie teilweise mit beiden Wörtern. Das zeugt von sehr viel Selbstvertrauen, denn die soziale Stellung von Töpfern und Vasenmalern war nicht besonders gut. Zwar handelte es sich bei ihnen wohl meist um freie Bürger, aber da sie mit den Händen arbeiteten, standen sie wie auch alle anderen „Handwerkern“ auf der niedrigsten Stufe der Gesellschaft. Auch konnte man mit Keramik normalerweise nicht reich werden.

Töpfer und Maler, die sich mit ihren Arbeiten von der Masse absetzen konnten, konnten es sich dagegen offenbar sogar leisten, wertvolle Weihgeschenke zu stiften. So schreibt man dem Töpfer Nearchos die Weihung der Statue der sogenannten Antenor-Kore auf der Akropolis zu. Eine andere Weihung nennt als Stifter einen Euphronios Kerameus (= Töpfer). Möglicherweise stiegen sie im Ansehen sogar so weit auf, dass es ihnen möglich war, an einem Symposion teilzunehmen, wie die Nennung des Töpfers Smikros wird einem Stamnos nahelegt.

(Fortsetzung folgt…)

Attisch-rotfigurige Malerei (Teil 3)

Bei der sogenannten schwarzfigurigen Vasenmalerei, die in Korinth entwickelt wurde, trugen die Maler die Motive zunächst in groben Umrissen auf den Bildträger auf. Anschließend erfolgten die Binnengliederung und die Darstellung der Feinheiten durch Ritzung. Nach dem Brand konnten weitere Farben aufgetragen werden, z. B. blau. Die schwarzfigurige Vasenmalerei erreichte unter Exekias höchste Präzision. Er war sowohl Töpfer als auch Maler und wirkte von etwa 550 bis etwa 530 v. Chr. in Athen. Ein besonders schönes Beispiel seiner Meisterschaft ist eine Bauchamphora im Vatikan (Inv. Nr. 16757), die die homerischen Helden Aias und Achill während der Belagerung Trojas beim Brettspiel zeigt.

In der Werkstatt des Exekias entstanden später die sogenannten bilinguen Vasen des sogenannten Andokides-Malers (etwa zwischen 530 und 510 v. Chr. tätig), die den Übergang zur rotfigurigen Vasenmalerei markieren. Diese bilinguen Vasen sind auf einer Seite in schwarzfiguriger Technik bemalt, auf der anderen dagegen in rotfiguriger Technik. Neben Gefäßmalern schufen auch einige bedeutende Schalenmaler bilingue Werke. Sie nutzten die rotfigurige Technik dann oft für die Innenseite der Schalen. Am Beispiel der Bauchamphora in München (Staatliche Antikensammlungen Inv. Nr. 2301; Herakles beim Gelage), die auf beiden Seiten da gleiche Motiv zeigt, kann man die Unterschiede der beiden Techniken und ihrer optischen Wirkung besonders gut verdeutlichen.

Während die schwarzfigurige Vasenmalerei von der Siluette lebte, lebte die rotfigurige Technik von der Binnenzeichnung. Diese ließ mehr Spielraum für eine stärkere Tiefenwirkung oder ein neues Körperempfinden.

Bei dieser neuen Technik zeichnete man zunächst die Umrisse der Figuren auf dem lederharten Gefäß auf und zog sie anschließend mit Tonschlicker nach. Die Binnenzeichnung erfolgte mit dünnerem Ton und einem feinen Pinsel. Auf diese Weise konnten anatomische Details oder Gewandfalten wesentlich genauer dargestellt werden. Die Figuren wirkten dadurch lebendiger und man konnte durch Körperdrehungen sogar eine räumliche Wirkung erzielen.

Nach den ersten Experimenten mit der neuen Technik durch die sogenannten Pioniere („pioneers“), darunter Euphronios und Euthymides, verbreitete sie sich sehr schnell. Schon ab ca. 500 v. Chr. gab es kaum noch schwarzfigurige Vasen. Nur Lekythoi und panathenäische Preisamphoren wurden weiterhin in schwarzfiguriger Technik bemalt.

(Fortsetzung folgt…)

Attisch-rotfigurige Malerei (Teil 2)

Die Technik der Vasenherstellung und -malerei geht auf einfache Grundlagen zurück, die im Laufe der Zeit verfeinert wurden. So wurden für feinere Keramik fettere Tonarten verwendet. Die Tongewinnung ist anschaulich auf Tontafeln, den Pinakes von Penteskouphia, dargestellt. Bevor der abgebaute Ton verwendet werden konnte, musste er durch Schlämmen aufbereitet werden. Das Material zum Bemalen war ebenfalls Ton, allerdings ein sehr feiner. Dieser feine Tonschlicker wird aufgetragen, wenn das Gefäß lederhart ist. Erst durch die Technik beim Brennen der fertigen Gefäße entstehen dann die Farben durch die unterschiedliche chemische Zusammensetzung und Verdünnung des verwendeten Tonschlickers. Wichtig ist hier vor allem der Eisengehalt.

Der Brand erfolgte in drei Phasen, eine Technik, die im 7. Jh. v. Chr. in Griechenland so perfektioniert wurde, dass die Oberflächen nun diesen Glanz aufweisen, den wir von den schwarzfigurigen und später von den rotfigurigen Vasen kennen. Zu dieser Zeit entwickelte man, offenbar in Korinth, die dafür notwendigen regulierbaren Brennöfen.

Während des Brands variierte man die Sauerstoffzufuhr. In der ersten, oxidierenden Phase erreichte der Ofen nach etwa 9 Stunden eine Temperatur zwischen 850 und 975 Grad und die darin gestapelten Gefäße erhielten durch Oxidation eine rote Farbe. Anschließend wurde die Sauerstoffzufuhr unterbrochen, die Gefäßoberfläche versinterte und wurde tiefschwarz. Danach reduzierte man die Temperatur, sodass die schwarze Glanztonschicht versiegelt wurde und ihre Farbe sich nicht mehr änderte.

Nach dieser nur 5 bis 10 Minuten langen zweiten Phase wurde wieder Sauerstoff zugeführt, indem die Öffnungen des Ofens erneut geöffnet wurden. Da die bemalten Flächen jetzt aber versiegelt waren, konnten nur noch die unbemalten Teile des Gefäßes wieder oxidieren und eine rote Farbe annehmen.

(Fortsetzung folgt…)

Attisch-rotfigurige Malerei (Teil 1)

Wer heute Museen mit archäologischen Sammlungen besucht, verbindet mit der griechischen Antike oft Vitrinen voller bemalter Amphoren, Schalen und anderer Gefäße. Lange Zeit standen diese sogenannten „Vasen“ jedoch gar nicht im Fokus der Forschung. Dies änderte sich erst im 18. Jh. allmählich. Erst im 19. Jh. begann man jedoch, sich stärker mit der Vasenmalerei zu beschäftigen. Neben dem enzyklopädischen Forschungsansatz, bei dem die Vasen nach Themen zusammengestellt wurden, wurden kunstgeschichtliche oder chronologische Ansätze verfolgt. Dafür wurden sie stilistisch mit anderen, besser datierbaren Kunstgattungen verglichen. Beispielsweise mit plastischen Werken wie Reliefs oder Statuen. Das Interesse der Forschung galt im 19. Jh. außerdem den Künstlern, was verschiedene Studien zu Vasenmalern zeigen.

Im 20. Jh. wurden zunächst die Ansätze des vorangegangenen Jahrhunderts weiterverfolgt. Es entstanden Buchprojekte wie das CVA (Corpus Vasorum Antiquorum), ein nach Museen geordnetes Katalogwerk, das heute fast 400 Bände umfasst. Eine der wichtigsten Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Vasenforschung war Sir John Beazley. Er ordnete die Vasen nach Malern, Werkstätten usw. Da antike Maler ihre Werke meist nicht signiert haben, versuchte Beazley durch Stilanalyse die Vasen verschiedenen Malern zuzuordnen. Ausgangspunkt seiner Methode war die „Handschrift“ eines Malers. Beazley stellte ähnliche Figuren zusammen, wobei es nicht nur um ähnliche Motive ging, sondern auch um ähnliche Details. Auf diese Weise erkannte Beazley Wesenszüge einzelner Maler, die er in Ermangelung ihrer richtigen Namen für seine Listen oft mit Notnamen versehen musste. Diese bezogen sich auf Motive, Besitzer, Fundorte, Aufbewahrungsorte, Inschriften oder Töpfer der Vasen.

Obwohl andere Fragestellungen für Beazley und seine Listen eher zweitrangig blieben, steht die Vasenforschung nach ihm bis heute unter dem Eindruck seiner Forschungen. Sie bilden noch immer eine wichtige Basis für jeden, der sich mit griechischen Vasen beschäftigt. Allerdings widmete man sich im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts zunehmend auch der Erforschung der Techniken, der Organisation von Werkstätten und des Exports, des Handels, der Bildthemen und der Funktion der Gefäße.

Auf diese Themen werden die nächsten Teile dieser Reihe eingehen.

(Fortsetzung folgt…)

Kulturtransfer – die Expansion der Römer und ihre Auswirkung auf römische Denkmäler

Kulturtransfer zwischen zwei Völkern geschieht auf zwei Arten:

  1. Expansion, d. h. Export von Kultur
  2. Rezeption, d. h. Assimilierung einer fremden Kultur

Im Zuge der Expansion Roms haben die unterworfenen Völker oft die Kultur und die Errungenschaften der Römer für sich entdeckt und übernommen. Die Römer selbst waren dagegen vor allem von der Kultur der Griechen angetan. Zunächst hatten die Römer ihre Vormachtstellung in Italien ausgebaut und nach mehreren Kriegen die Punier besiegt. Ab dem 2. Jh. v. Chr. mischten sie sich jedoch zunehmend auch in die Geschicke Griechenlands und Kleinasiens ein und stiegen schließlich zur beherrschenden Macht im Mittelmeerraum auf.

Die Expansion in Italien und dem übrigen Mittelmeerraum machte sich bald in den politischen Denkmälern bemerkbar. Zum einen durch Beutedenkmäler, z. B.:

  • die Rostra mit den Schiffsschnäbeln auf dem Forum Romanum
  • die Anbringung vergoldeter Schilde aus den Samnitenkriegen an den tabernae
  • die Aufstellung von Bronzefiguren, die aus dem Heiligtum von Volsinii erbeutet worden waren, am Tempel der Mater Matuta und der Fortuna (schon 264 v. Chr.)

Zum anderen gab man Historiengemälde in Auftrag oder stellte Ehrenstatuen auf.

Mit der außenpolitischen Expansion ging auch eine wirtschaftliche Expansion einher, die zu innerpolitischen Veränderungen führte. Zwischen dem Senat und der Volksversammlung, die mehr Rechte forderte, kam es zu einem Machtkampf, der das republikanische Rom in eine Krise führte, in deren Folge Feldherrn wie Pompeius und Caesar übermächtig werden konnten. Der Konkurrenzkampf zwischen den Parteien zeigte sich auch in der Rivalität der Feldherrn auf beiden Seiten.

So stellte Catull nach dem Sieg über die germanischen Kimbern Beutestücke in einer Halle auf seinem Grundstück auf, das gleichzeitig das Grundstück eines seiner politischen Gegner war. Marius dagegen, ein rivalisierender Feldherr, der den Sieg über die Kimbern für sich reklamierte, errichtete ein Denkmal, das nicht nur seine Siege über die Kimbern feierte, sondern auch seinen Sieg über den numidischen König Jugurtha.

Der Kontakt mit den Griechen und den hellenistischen Herrschern führte zu einer starken Hellenisierung Roms. Römische Feldherrn nahmen anfangs vor allem im griechischen Raum die dortigen Repräsentationsformen an. In Rom selbst gab es dagegen lange Zeit zum Teil erbitterten Widerstand gegen die „verweichlichten Sitten“ der griechischen Welt. Aber das hielt die herrschenden Familien Roms und die siegreichen Feldherrn nicht davon ab, diese Repräsentationsformen nach und nach auch nach Rom zu tragen und für ihren Konkurrenzkampf untereinander zu nutzen.

Dazu gehörte der Raub von griechischen Denkmälern und Kunstgegenständen. So fand beispielsweise ein Gemälde, das eine Schlacht zwischen den Armeen Alexanders des Großen und Dareios III. darstellte, seinen Weg nach Rom und wurde vielfach kopiert. Nachklänge finden sich in Italien seit dem 2. Jh. v. Chr., die berühmteste Nachbildung ist jedoch das Mosaik in der Casa del Fauno in Pompeji (siehe auch meine Beiträge).

Aber auch neugeschaffene römische Kunstwerke zeigen immer stärkeren Einfluss der griechischen Kunst auf die römische Kunst und Kultur.

Qalʿat Simʿan, Syrien (Teil 3)

Zentrum der Anlage von Qalat Siman war, wie schon erwähnt, ein Oktogon, das die Säule Simeons umgab. Unklar und Gegenstand großer Kontroversen ist, ob dieses Oktogon überdacht war oder nicht, und wenn ja, wie. Ein Bericht des Enagrios Pontikus aus Antiochia überliefert, dass dieser Gebäudeteil kurz nach der Mitte des 6. Jahrhunderts unter freiem Himmel lag. Allerdings stammt dieser Bericht aus einer Zeit nach verheerenden Verwüstungen, die ein Erdbeben in Antiochia und sicher auch hier angerichtet hatte.

Es gibt jedoch Hinweise auf eine ursprüngliche Eindeckung. So gibt es keine Vorrichtungen, um Wasser abzuleiten, wie es sie beispielsweise in der Klosteranlage von Simeon d. Jüngeren gab, wo der Hof offen ist. Die Eckelemente leiten von einem Achteck zu einem Sechzehneck über. Zudem wurde später zwischen der Kirche im Ostarm und dem Oktogon eine Steinwand eingezogen. Vermutlich war der Hof also anfangs eingedeckt und erst zur Zeit des Enagrios wurde dieser Schutz der Ostkirche notwendig. Allerdings kann es sich höchstens um eine Holzeindeckung gehandelt haben, da die Konstruktion der Mauern zu schwach ist und man zudem man Auflager für Holzbalken fand. Es handelte sich wohl um eine 16seitige Holzkuppel.

Das Baptisterium hatte dagegen eine massive Kuppeleindeckung. Es handelte sich um eine Drei-Apsiden-Anlage mit einem Taufbecken, das durch eine Art Einbahnstraße Massentaufen erlaubte. Neben dem Baptisterium liegt eine kleine Kirche für die Taufliturgie.

In den ersten Jahren waren alle Arbeitskräfte mit den Arbeiten an Qalat Siman beschäftigt. Die erste neue Bautätigkeit war das Westkloster des nahegelegenen Ortes Deir Siman, der seine Blütezeit im 5. und 6. Jahrhundert als Versorgungsbasis für das Simeonskloster erlebte. Ab dieser Zeit gab dort drei Klöster und zwei große Pilgerherbergen. Aber auch die Klöster selbst boten Pilgern Unterkunft. Entlang der Hauptstraße blühte das Geschäft mit Souvenirs.

Architektonisch reicherte man in Deir Siman nun früher entwickelte Formen mit neuen Elementen aus Qalat Siman an. Im Großen und Ganzen übernahmen eigentlich alle späteren Kirchenbauten Elemente aus Qalat Siman.

Literaturauswahl:

  • Nicolaus Heutger: Symeon Stylites der Ältere. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 11, Bautz, Herzberg 1996, ISBN 3-88309-064-6 , Sp. 353–356.
  • Jean-Luc Biscop, Jean-Pierre Sodini: Travaux à Qal’at Sem’an (= Collection de l’Ecole Française de Rome. Bd. 123 = Studi di antichità cristiana. Bd. 61, ZDB-ID 428303-x). Ecole Française de Rome, Rom 1989, S. 1675–1693.
  • Friedrich Wilhelm Deichmann: Qalb Lōze und Qal’at Sem’ān. Die besondere Entwicklung der nordsyrisch-spätantiken Architektur (= Bayerische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse. Sitzungsberichte. 1982, Heft 6). Verlag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München 1982, ISBN 3-7696-1518-2 .
  • Frank Rainer Scheck, Johannes Odenthal: Syrien. Hochkulturen zwischen Mittelmeer und Arabischer Wüste. 4., aktualisierte Auflage. DuMont, Ostfildern 2009, ISBN 978-3-7701-3978-1 , S. 283–290.

Qalʿat Simʿan, Syrien (Teil 2)

Zwischen 476 und 491 n. Chr. entstand um die Säule Simeons herum ein riesiges, heute als Qalat Siman, die Zitadelle Simeons, bekanntes Pilgerzentrum, das schließlich 10.000 m² umfasste.

Vom Ort Deir Siman führt die Via Sacra, an der Buden stehen, in denen man Öl, Kerzen und andere Souvenirs kaufen konnte, zunächst zu einem äußeren Tor. Durch ein zweites Tor betritt man dann die eigentliche Anlage. Hier befand sich das eigentliche Martyrion, ein kreuzförmiger Bau, der die Säule Simeons umgab. Diese Säule, die letzte Wirkungsstätte Simeons, wurde zu seiner Hauptreliquie! Das Pilgerzentrum besaß außerdem ein Kloster und ein Baptisterium. Vermutlich wurden alle drei Teile des Pilgerzentrums zusammen geplant und die zeitlichen Abstände zwischen den Bauten ergaben sich nur durch die Organisation der Werkstätten.

Es gab noch mittelbyzantinische Um- und Einbauten in der Ostkirche. 950 n. Chr., d. h. in der Kreuzfahrerzeit, baute man die gesamte Anlage zu einer Zitadelle aus. Später diente die Ostkirche als Hof eines Kurdenfürsten.

Zunächst errichtete man um die Säule herum eine kreuzförmige Anlage. Kreuzförmige Kirchen haben in der Regel mit Aposteln, Märtyrern und Heiligen zu tun, wie beispielsweise die Babylaskirche in Antiochia und die Apostelkirche in Konstantinopel. In Qalat Siman wurde allerdings nur der östliche Kreuzarm als Kirche genutzt, die übrigen Kreuzarme dienten als Versammlungsräume. Zentrum der Anlage war ein Oktogon, das die 17-18 Meter hohe Säule Simeons umgab, die noch einmal von einer Schrankenanlage eingefasst war. Das Oktogon öffnete sich zu allen Kreuzarmen, sodass viele Pilger an der hier stattfindenden Liturgie teilnehmen konnten. Die Versammlungsräume boten genügend Platz für die Pilger, die sich oft mehrere Tage oder sogar Wochen hier aufhielten.

Der Eingang dieser Anlage liegt im Süden und wurde durch eine aufwendige und ungewöhnliche Fassade betont. Es handelt sich um eine Drei-Giebel-Anlage. Die Dreizahl könnte auf christliche Symbolik zurückgehen. Die Fassade ist wie eine vorgeblendete Theaterarchitektur gestaltet. Sie ist an den Seiten offen, es gibt keine Vorhalle und auch keine Portikus. Die Fassade kombiniert Einzelelemente spätrömischer Architektur und wandelt sie um, z. B. zu einem Bogen mit Giebel.

Der östliche Kreuzarm endet als einziger in einer Apsis. Genauer gesagt in einer Drei-Apsiden-Anlage mit gemeinsamer Schrankenanlage. Der Grundriss dieser Kirche ist leicht nach Norden geneigt. Die Gründe hierfür sind nicht bekannt. Neben geografischen kommen inhaltliche Gründe infrage. So vermutet man, dass hier der geneigte Kopf Christi am Kreuz angedeutet werden soll.

(Fortsetzung folgt…)

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