Autor: Angela Zimmermann Seite 31 von 39

Das Erechtheion auf der Akropolis von Athen (Teil 1)

Eines der beliebtesten Fotomotive auf der Athener Akropolis ist das Erechtheion mit seiner Korenhalle. Der Tempel befindet sich nahe der nördlichen Umfassungsmauer der Akropolis und erhebt sich unmittelbar neben dem alten, von den Persern zerstörten Athena-Tempel.

Literatur:

  1. M. Paton / G. P. Stevens u. a., The Erechtheum (Cambridge Mass. 1927)
  2. Dörpfeld, Erechtheion (Berlin 1942)
  3. W. Elderkin, The Cults of the Erechtheion (Hesperia, Volume 10, Issue 2, 1941)
  4. Lauter, Die Koren des Erechtheion (Berlin 1976)
  5. Scholl, Die Korenhalle des Erechtheion auf der Akropolis. Frauen für den Staat (Frankfurt a. M., 1998)
  6. Papanikolaou, The Restoration of the Erechtheion (1979-1987). Final Report on the Work (Athen 2012)

Bilder:
http://de.wikipedia.org/wiki/Erechtheion#mediaviewer/File:Erchtheum_from_western-north.jpg
http://de.wikipedia.org/wiki/Erechtheion#mediaviewer/File:Karyatide_Erechteion.jpg
http://www.dchamberlinarchitect.com/page-travel-greece-athens-acropolis-erechtheion.htm
https://www.utexas.edu/courses/introtogreece/lect20/img37Werechtheion.html

Das Erechtheion vereint verschiedene Baukörper zu einem Tempelkomplex und zeigt sehr viele Unregelmäßigkeiten. Die Fundamente des Erechtheion liegen unmittel­bar auf dem harten Kalkstein der Akropolis auf, der hier stark von Südost nach Nordwest abfällt. Unter der Korenhalle und den Stufen der Südwand wurdenso weit wie möglich der Untergrund des alten Tempels als Fun­dament benutzt. Dadurch folgte man beispielsweise beim Fundament unter den Stufen der Südfront der Korenhalle der Aus­richtung der älteren Struktur. Auf der Ost- und der Südseite des Gebäudes tritt die oberste Lage des Fundaments leicht über die unterste Stufe hinaus, sofern frühere Kon­struktionen dies nicht verhindern. Die Nordseite und die Westfront liegen auf einem 3,24 m tieferen Ni­veau. Im Norden befand sich von der Nordhalle bis zum Ostende des Gebäudes ein Marmorpfla­ster, das heute noch unter der untersten Stufe hervorkommt.

Das Hauptgebäude ist ein ostwestlich orientiertes Rechteck von etwa 24 m Länge und 113 m Breite, gemessen am Fuß der untersten Stufe. Vor seiner östlichen Wand liegt eine Vorhalle mit sechs ca. 6,5 m hohen ionischen Säulen, die leicht zur Mitte und zur Cella­wand geneigt sind. Nord- und Südwand sind leicht nach innen geneigt.

Dem westlichen Ende der Südwand ist die sogenannte Korenhalle vorgela­gert, die mit der Westwand des Erechtheions abschließt. Sie hat ihren Na­men von den sechs Karyatiden, Mädchenfiguren, die an­stelle von Säulen das Dach stützen. Diese Karyatiden stehen auf einem Mar­morpodium, und zwar vier nach Süden hin und eine hinter jeder Eckfigur. Den Zugang zu dieser Halle bildet eine Öff­nung im Podium nahe der nordöstlichen Ecke. In der Korenhalle selbst wiederum führen Stufen durch eine Tür zum westlichen Raum des Tempels hinab und an der Nordostecke des Podiums befindet sich eine weitere Öffnung. Die Kassettendecke der Korenhalle ist immer noch erhalten, während der Boden der Halle schon seit langem verloren ist.

(Fortsetzung folgt …)

Das Mailänder Diptychon

Bilder siehe:
https://fedora.phaidra.univie.ac.at/fedora/get/o:284921/bdef:Content/get
https://fedora.phaidra.univie.ac.at/fedora/get/o:284684/bdef:Content/get

Die beiden Elfenbein-Tafeln im Mailänder Domschatz dienten als Deckel für ein Evangeliar. Jede der Tafeln ist in neun Felder eingeteilt. Dabei geht das obere und das untere Feld jeweils über die ganze Breite der Tafel und das große Mittelfeld wird zu beiden Seiten von je drei kleinen Feldern eingerahmt.

Die erste Tafel zeigt oben die Geburt Christi mit Maria und Josef zu beiden Seiten der Krippe mit dem Jesuskind. Im Hintergrund sieht man den Esel und den Ochsen. Die Szene wird von zwei Kränzen mit Evangelisten-Symbolen eingerahmt: der Mensch links steht für Matthäus, der Stier rechts symbolisiert Lukas. Das untere Feld zeigt den Kindermord mit dem thronenden Herodes, klagenden Frauen und Soldaten. Auch diese Szene wird von zwei Kränzen gerahmt, in denen aber diesmal die Evangelisten selbst dargestellt werden.

Im großen Mittelfeld ist ein Lamm mit Nimbus in einem Früchtekranz dargestellt. Im Hintergrund sieht man zwei korinthische Säulen mit Architrav. Das Lamm symbolisiert den Opfertod Christi, der Früchtekranz steht für Fruchtbarkeit, Wohlstand und Frieden.

Die kleinen Felder links zeigen oben nach unten die Verkündigung Marias an der Quelle, die drei Magiere, die den Stern sehen, sowie die Taufe Christi. Rechts ist oben vermutlich Gebet und Verheißung Annas dargestellt, die auf die Verkündigung ihrer Tochter Marias vorausweist. Darunter sieht man Jesus unter den Schriftgelehrten im Tempel und ganz unten seinen Einzug in Jerusalem.

Auf der rechten Tafel ist im oberen Feld die Anbetung der drei Könige abgebildet, wiederum eingerahmt von zwei Kränzen mit Evangelisten-Symbolen. Diesmal sehen wir links den Löwen für Markus und rechts den Adler als Symbol für Johannes. Auf dem unteren Feld rahmen zwei Kränze mit Evangelisten die Hochzeit von Kanaan ein.

Im mittleren Feld steht ein Juwelenkreuz auf einem Berg, von dem vier Flüsse ausgehen. Auch hier sehen wir zwei korinthische Säulen mit Architrav im Hintergrund. Das juwelengeschmückte Kreuz ist ein Siegessymbol und meint vermutlich das Kreuz der Verklärung. Der Berg stellt den Paradiesberg mit den vier Paradiesflüssen dar. Diese Flüsse wiederum können die vier Himmelsrichtungen symbolisieren oder für die Evangelisten stehen. Als Symbol für die Himmelsrichtungen weisen die Flüsse oft auf die Verbreitung des Evangeliums und die Weltherrschaft Christi.

Die kleinen Felder links stellen von oben nach unten eine Blindenheilung, die Heilung des Lahmen, der nun sein Bett wegträgt, und die Auferweckung des Lazarus dar. Dieser ist wie immer in einer Ädikula dargestellt, was nicht dem biblischen Text entspricht. Im Feld rechts oben thront Jesus als Pantokrator (=Weltherrscher) auf einer Weltkugel. Er gibt zwei Märtyrern Kränze in die verhüllten Hände. Die Kränze symbolisieren den Sieg über das irdische Leben und weisen auf das Jenseits. Im mittleren Feld sehen wir das Abendmahl und das untere Feld zeigt das „Scherflein der Witwe“ (die Witwe, die nur zwei kleine Münzen opfert, weil sie arm ist). Auch hier sitzt Jesus als Pantokrator auf einer Weltkugel.

Beide Tafeln des Mailänder Diptychons zeigen mit Juwelenkreuz, Lamm und Jesus als Pantokrator eine imperiale Ikonographie, die erst im 5. Jh. n. Chr. einsetzt. Die Szenen aus dem Leben Marias wiederum setzen eine ausgereifte Mariologie voraus, die erst mit dem Konzil von Ephesus im Jahre 431 n. Chr. beginnt. Daneben finden wir Szenen aus den östlichen Apokryphen, deren Darstellung im Westen Ende des 5. Jh. n. Chr. aufhört. Da das Diptychon aufgrund des Stils vermutlich im Westen des römischen Reichs entstand, kann man davon ausgehen, dass es aus der Mitte des 5. Jh. n. Chr. stammt.

Reisetipp: Die sogenannte „Igeler Säule“ bei Trier

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Eines der Highlights im Landesmuseum in Trier ist die Kopie der sogenannten Igeler Säule. Die Kopie steht im Hof des Museums und ist farbig gefasst – gemäß den gefundenen Farbresten.

Das Original steht auch heute noch an seinem ursprünglichen Platz im kleinen Ort Igel bei Trier und ist bereits seit 1986 Teil des UNESCO-Welterbes Römische Baudenkmäler, Dom und Liebfrauenkirche in Trier. Dass wir das 23 Meter hohe Pfeilerdenkmal aus rotem Sandstein auch heute noch hier bewundern können, verdanken wir vermutlich dem Umstand, dass man das Hauptbild auf der Südseite im Mittelalter für eine Darstellung der Vermählung des Constantius Chlorus mit der Heiligen Helena, der Mutter Konstantin des Großen, hielt.

Die Römerstraße, an der dieses Grabmal steht, war zur Zeit der Römer von vielen weiteren Grabmälern gesäumt, deren Reste man heute zum Teil ebenfalls im Trierer Landesmuseum sehen kann.

Die Igeler Säule wurde gegen 250 n. Chr. von der Tuchhändlerfamilie der Secundinier errichtet. Auf einer Stufenbasis erheben sich der eigentliche Sockel des Grabmals, der Hauptteil, ein Fries, eine Attika und ein dreieckiger Giebel. Den Abschluss bildet ein Schuppendach, das von einem Pinienzapfen bekrönt ist. Hier befand sich früher auch noch eine Darstellung der Entführung des Ganymed durch den Adler Jupiters.

Das Grabmal ist über und über mit Reliefs geschmückt, die verschiedene neben mythologischen Themen Szenen aus dem häuslichen Leben der Secundinier und auch Schritte der Tuchherstellung zeigen. Vermutlich wurde das Grabmal beim Tod des jüngeren Sohnes Securus errichtet, der das Hauptbild an der Südseite den Abschied dieses Sohnes von seinem Vater Securus und dessen Bruder Aventinus zeigt.

 

Adresse:
Trierer Straße
54298 Igel

Das Theater von Priene (Teil 6)

Das eigentliche Skenengebäude hinter dem Proskenion ist rechteckig und in drei etwa gleichgroße Kammern unterteilt. Diese haben jeweils eine Tür zum Proskenion hin. Die Abstände der Türen untereinander und von den Ecken des Gebäudes sind unterschiedlich. Die Vorderwand ist glatt und hat abwechselnd Schichten von hohen Orthostaten und durchbindenden Flachschichten. Die 60 bis 65 cm dicken doppelschaligen Mauern sind mit Steinbrocken und Lehm gefüllt. Zusätzlich geben Binderquader der Mauer Stabilität.

An den Seitenwänden und an der Hinterwand befinden sich in der fünften Schicht schießschartenartige Fenster. Im übrigen ist das Skenengebäude bis zur Balkenlage des Untergeschosses im wesentlichen vollständig und teilweise sogar noch höher erhalten. Auf der Nordwand liegen sogar noch vereinzelte Steine des Obergeschosses zwischen den Proskenionbalken.

Die Kammern werden durch Querwände getrennt, die heute größtenteils durch die Mörtelmauern römischer Zeit verdeckt sind, und waren untereinander nicht verbunden. Zwischen der westlichen und mittleren Kammer bilden zwei Querwände einen 77 cm breiten Korridor. Die Reste lassen hier auf eine steinerne Treppe schließen, die zum 2,635 hohen Obergeschoss führte. Die Verlängerung dieser Treppe nach Norden bildet ein Schacht, dessen Boden etwas nach außen geneigt ist. Der Verschlußstein in der untersten Randschicht hat einen schmalen Schlitz am unteren Rand für den Wasserabfluß.

Zur spätrömischen Umgestaltung des Bühnenhauses gehört auch die 83 bis 91 cm starke Mauer, die die Kammern in einen schmalen Vorder- und einen tiefen Hinterraum teilt. Außerdem gab man diesen Räumen Tonnengewölbe, wodurch sie niedriger wurden. Von der römischen Skene frons sind Teile vom Sockel bis zu 1 m Höhe erhalten. Diese Wand hat eine 2,72 m breite Mittelöffnung zwischen zwei doppelt vorgekröpften Pfeilervorlagen und zwei halbkreisförmigen Nischen mit ursprünglich 1,5 m Durchmesser. Nur an der Westseite ist ein Teil der Seitentür erhalten. Ursprünglich waren die Mörtelwände verputzt. Der einzige äußere Zugang zum Innenraum des römischen Gebäudes ist eine Tür an der Westseite über der hellenistischen Treppe. Diese Tür liegt östlich der hellenistischen Tür.

Ebenfalls in die römische Zeit gehören verschiedene kleine Nebenanlagen, die mit dem Theater eigentlich nichts zu tun haben, z. B. ein großer Wasserbehälter an der westlichen Parodosmauer.

In der östlichen Parodos befindet sich noch eine Kapelle aus byzantinischer Zeit.

Das Theater von Priene lässt trotz einiger Umbauten späterer Zeit immer noch sehr gut die Struktur eines hellenistischen Theaters erkennen. 6500 Personen fanden hier Platz und es gibt Hinweise darauf, dass imTheater auch Bürgerversammlungen stattfanden.

Das Theater von Priene (Teil 5)

Südlich der Orchestra befindet sich das Bühnengebäude. Diesem ist eine Säulenhalle vorgelagert, das sogenannte Proskenium. Die fünfzehn Stützen des Proskenions sind zwar teilweise beschädigt, stehen aber noch aufrecht an ihrem ursprünglichen Platz. An den Ecken befinden sich rechteckige ca. 42 x 61 cm dicke Pfeiler, die sich nach oben verjüngen. Die übrigen Stützen setzen sich zusammen aus Pfeilern und vorgesetzten dorischen Halbsäulen. Die Interkolumnien, der Raum zwischen den Stützen, sind etwa 1,87 m breit und die Proskenionhalle ist 2,75 m tief. Die Kapitelle der Eckpfeiler haben die Form dorischer Antenkapitelle, während die Pfeiler der mittleren Stützen ohne Kapitelle zum Architrav führen. Die Halbsäulen haben gesondert gearbeitete dorische Kapitelle.

Das auf den Säulen aufliegende Gebälk besteht aus dem Architrav, einem Triglyophenfries und dem Gesims. Der Triglyphenfries wird von einem 5 cm hohen Profil bekrönt. Auf ein Frontjoch kommen jedesmal vier Metopen und auf die seitlichen fünf mit einer sechsten über dem Eckpfeiler. Das Gesims ist 11,8 cm hoch.

Das Proskenion springt im Westen vor die Seitenwand des Skenengebäudes um 1,29 m vor. Daran schließt sich im Süden eine 1,3 m breite massive Treppe zum Dach des Proskenions an. Sie hat kein Fundament. Die erste Stufe beginnt an der Flucht der Südwand und liegt auf dem 23 cm höheren Gelände. Erhalten sind sechs Stufen und ein Rest der siebenten und die Abarbeitungen an der Westwand des Skenengebäudes lassen vier weitere erkennen. Insgesamt ist die Treppe 3,275 m lang und das sich anschließende Podest hat eine Länge von 2,535 m. Die Wände bestehen aus unterschiedlich großen Bossenquadern im Westen bzw. Bruchsteinmauerwerk ohne Fugenschluß im Norden. An der östlichen Schmalseite des Skenengebäudes greift das Prospenion um etwa 1,20 m nach Süden vor.

In den Durchgängen zwischen Proskenion und Zuschauerraum befinden sich Reste von einfachen Torbauten aus zwei noch heute in situ stehenden Pfeilern und einem nicht erhaltenen Sturz. Die Tore verjüngten sich nach oben und sowohl das Proskeniongesims als auch das Profil der Parodosmauern sind hinter den anschließenden Pfeilern abgeschlagen worden, an deren Außenseiten sich Angellöcher befinden. Es gibt keine durchgehende Schwelle, aber eine Treppe von drei Stufen. Sie ist allerdings ein späterer Zusatz, da sie aus Werkstücken vom Skenengebäude besteht.

Vor dem Proskenion sind die Reste von einigen Weihgeschenken und Statuen zu sehen, z. B. zwei Rundbasen in symmetrischer Anordnung vor dem zweiten und zehnten Joch von Westen her gesehen erhalten. Die Fußspuren zeigen, daß die Figuren lebensgroß waren und einen Fuß leicht vorgesetzt hatten. Von den übrigen Weihgeschenken sind nur noch die unterschiedlich großen Fundamente erhalten.

In den Interkolumnien finden sich Spuren von Verschlußvorrichtungen für Flügeltüren und festinstallierte Bilder sowie von einer vollständigen Vergitterung in den Seitenjochen. Zusätzlich finden sich außer bei den Türen in den Interkolumnien Reste von dünnen Mörtelwänden, mit denen sie in römischer Zeit verschlossen wurden. Im westlichen Joch ist ein 45 cm hoher Rest einer solchen Mauer mit Bemalung erhalten. Diese zeigt eine Flügeltür in einer dunklen Wandfläche. Auch Triglyphengebälk und Säulen zeigen Spuren von Bemalung. Die roten Säulen stammen aus späterer Zeit, wie die Verbindung zu den Mörtelwänden zeigt. Damals wurden alle Säulen, Kapitelle und die Unterflächen des Architravs scharlachrot bemalt.

 

(Fortsetzung folgt …)

Das Theater von Priene (Teil 4)

Der Umgang der Orchestra besteht aus unregelmäßigen Marmorplatten und diente gleichzeitig als Wasserabfluß. Der Umgang hat zur Orchestra hin ein leichtes Gefälle und an seinem inneren Rand befindet sich eine flache Rinne, die an den Enden des Umgangs von Platten überdeckt wird. Dort geht sie auch in breitere Kanäle über, die dann unter dem Proskenion hindurch zum Rand des Skenengebäudes liefen. Auf der östlichen Brückenplatte steht noch heute die Rundbasis einer Bronzefigur, deren Standspuren auf eine etwa lebensgroße Figur mit ausgreifenden Schritt hinweisen. Am westlichen Ende des Umgangs befindet sich der rechteckige Sockel einer Wasseruhr.

Der Umgang wird von der knapp 30 cm hohen Schwelle des Zuschauerraums begrenzt. Auf der Oberfläche der Stufe ist durch eine Ritzlinie der Grundkreis der Konstruktion angegeben, der von der Vorderwand des Skenengebäudes tangiert wird. Auf der Linie ist auch die Bauachse des Zuschauerraums durch einen kurzen Querstrich markiert.

Vom Zuschauerraum selbst wurden nur etwa acht bis neun Sitzreihen freigelegt, da der obere Teil jetzt größtenteils zerstört ist. Der Zuschauerraum wird durch sechs Treppen in fünf etwa gleichbreite Keile geteilt. Die Treppen sind zum großen Teil erhalten und beginnen, abgesehen von kleinen Ungenauigkeiten, am Grundkreis. Auf eine Sitzreihe kommen dabei zwei Stufen. Die äußeren Treppen liegen parallel zu den sogenannten Parodosmauern und versuchen durch Verengung bzw. Erweiterung deren Abweichungen auszugleichen.

Die Sitzbänke des Zuschauerraums sind aus Platten und Quadern zusammengesetzt und haben eine Sitzhöhe von 39 bis 40 cm. Von den Sitzplatten sind nur noch vier Stück erhalten. In den drei westlichen Keilen tritt teilweise der gewachsene Fels hervor, der hier für die Aufnahme der Sitzstufen abgearbeitet war. Sonst brauchte man Hinterfüllungen aus Erde und Steinbrocken.

In der Höhe der fünften Sitzreihe befindet sich in der Mitte des Theaters eine 3,7 m lange einheitliche Bank aus fünf ungleich langen Werkstücken als Prohedriebank, die sich von der normalen Bankform durch die obere Platte unterscheidet. Die Sitzhöhe beträgt 39 cm und die Lehne bestand aus vier Platten, von denen zwei heute in der östlichen Parodos stehen. Sie sind höher und steiler als die Lehnen der unteren Prohedrie.

Der untere Rang wird durch eine Brüstung nach oben hin abgeschlossen. Dahinter befand sich ein Diazoma, ein Rundgang, der die Sitzreihen in Ränge unterteilte. Der Zuschauerraum weist außerdem im unteren Teil ein System von tiefen rechteckigen Löchern aus, die in konzentrischen Bahnen von 3 m Breite angeordnet sind. Möglicherweise dienten diese Löcher für die Stützen eines Zeltdaches.

Die Sitzreihen sind durch dicke Stützmauern, die sogenannten Parodosmauern, abgeschlossen. Sie enden jeweils zur Orchestra hin in einem kräftigen Pfeiler, auf dem später Statuen aufgestellt wurden. Die ca. 20 m lange Parodosmauer selbst besteht aus Quadern und an der Stelle, an der später der Pfeiler des Parodostores aufgestellt wurde, ist das Profil der Deckplatte grob weggeschlagen.

Ost- und Westumfassungsmauern des Zuschauerraums konvergieren nach Norden hin. Sie sind 2 m dick und bestehen aus sechs Quaderschichten. Etwa in der Mitte der Ostwand wurden die Reste eines Treppenzugangs zum Sitzraum gefunden. Die Treppe ist 1,57 m breit und verschiebt den nördlichen Teil der Ostmauer ebenso weit nach innen. Vier Stufen der 1,57 m breiten Treppe sind noch erhalten. Die Treppe führt zu einem ungefähr radial auf die zweite Treppe von Osten gerichteten Zugang, der sich nach innen verengt. Im Westen sind die Mauerteile ebenfalls versetzt.

Oberhalb des Theaters liegt die Stützmauer eines hellenistischen Bauwerks. Westlich schließt daran eine weitere Mauer an. Die Stützmauer springt in den Zuschauerraum vor. In späterer Zeit scheint eine Längsstraße durch den Zuschauerraum geführt worden zu sein, da man Reste einer späten Mörtelschicht und einen kleinen Wasserkanal fand.

 

(Fortsetzung folgt …)

Das Theater von Priene (Teil 3)

Das Theater besteht zunächst einmal aus einer hufeisenförmigen Orchestra, dem Tanzplatz, aus festgestampfter Erde. Er ist zum Proskenium (fassadenartiger Vorbau vor der Bühne) offen und hat einen Durchmesser von 14,58 m. Damit das Regenwasser zum Rand hin abfließen konnte, ist der Boden ist in der Mitte etwas erhöht. Der Tanzplatz wird von einer Schwelle aus unterschiedlich großen Platten eingefasst. Ursprünglich war diese Schwelle 29,5 cm hoch, wurde jedoch beim späteren Einbau von Ehrensitzen teilweise abgearbeitet. Diese Prohedrie besteht aus einem Dionysosaltar in der Mitte sowie aus Prohedriebänken und fünf in unregelmäßigen Abständen aufgestellten Thronsesseln. Die fünf Ehrensessel bestehen aus einem massiven Unterbau mit eingearbeiteten Sockel und Fußschemel sowie einer Sitzplatte mit Rücklehne. Die Seitenflächen unter den in Voluten endenden Armlehnen sowie der Fußhocker zeigen flache vegetabile Reliefs. Sie sind nicht auf der Schwelle verdübelt.

Die ungleich langen Prohedriebänke sind in situ erhalten, aber an den Enden beschädigt und vielfach gesprungen. Sie sind mit Dübeln auf der Schwelle befestigt und haben eine Sitzhöhe von 38 cm. Die Lehnen verjüngen sich nach oben und sind 52,8 cm hoch.

Der von einem gewissen Pythotimos gestiftete Altar liegt nicht genau in der Achse des Theaters, sondern 5,25 cm östlich der Achse des Zuschauerraums und 8,25 cm westlich der Achse durch das Proskenion. Die Basis des Altars ist ungefähr 1,4 x 1,8 m groß. Die gefundenen Teile des Altars wurden wieder aufgebaut. Über dem Sockel erhob sich der 60 cm hohe Körper des Altars, der sich nach oben hin verjüngt. Von ihm ist nur die kleinere westliche Hälfte mit dem Rest der Weihinschrift vorhanden. Vollständig erhalten ist dagegen die Deckplatte mit einem sorgfältig gearbeiteten ionischen Gesims. Darüber befand sich noch eine 26 cm hohe Attika, von der die westliche Schmalseite erhalten ist.

 

(Fortsetzung folgt …)

Das Theater von Priene (Teil 2)

Die Bedeutung des Theaters von Priene liegt vor allem im ungewöhnlich guten Erhaltungszustand seines Bühnengebäudes (Skene). Außerdem ist es das früheste erhaltene Theater hellenistischer Zeit und damit Basis jeder Beschäftigung mit der allgemeinen Entwicklung und der Gestalt hellenistischer Theatergebäude. Der Bauforscher und Archäologie Armin von Gerkan hat sich in seiner intensiv mit dem Theater von Priene beschäftigt und veröffentlichte 1921 seine Ergebnisse (A. v. Gerkan, Das Theater von Priene als Einzelanlage und in seiner Bedeutung für das hellenistische Bühnenwesen (München, Leipzig 1921)). Neben einer sorgfältigen Beschreibung enthält die Publikation die Rekonstruktion und Datierung der einzelnen Bauphasen.

Am Nordrand der Stadt gelegen, lehnt sich das Theater an den Fuß des Akropolisberges. Im Westen wird es von der Steilstraße begrenzt, die von der Mitte des Marktes heraufführt, und im Süden von der Längsstraße, die heute als Theaterstraße bezeichnet wird. Es erstreckt sich über eineinhalb Insulae in östlicher Richtung, wobei sowohl die westliche Umfassungsmauer des Zuschauerraumes als auch das Skenengebäude etwas in die jeweils angrenzende Straße vorspringen. Die ursprüngliche Gestaltung der Umgebung des Theaters ist unklar, da diese Bereiche später überbaut wurden.

Der westliche Teil des Zuschauerraums liegt direkt auf dem teilweise abgearbeiteten Felsen des Steilhangs auf. Für die gesamte östliche Hälfte des Theaters war es dagegen notwendig gewesen, das starke Gefälle des Geländes nach Südosten hin durch eine Aufschüttung auszugleichen. Der Zuschauerraum öffnet sich nach Süden hin zur Orchestra und zum Skenengebäude. Auf den drei übrigen Seiten ist er von Mauern umgeben, die gleichzeitig als Stützmauern für die Anfüllung dienen.

Die Reste aus der hellenistischen Bauphase bestehen fast ausschließlich aus zwei Arten Marmor aus der Umgebung, die sich durch ihre Farbe und ihre Wetterfestigkeit unterscheiden. Trotzdem wurden die beiden Marmorsorten durcheinander benutzt. Es handelte sich um doppelschalige Mauern, deren Zwischenräume mit Steinbrocken und Lehm verfüllt waren. Aus der römischen Periode stammen die erhaltenen Mörtelmauern, die mit wiederverwendeten Marmorquadern verkleidet wurden. Für Gewölbe verwendete man Ziegelmauerwerk und für die Architekturteile Marmor. In byzantinischer Zeit benutzte man einfach verschiedene Materialien aus älteren Phasen, wobei kaum mit Mörtel gearbeitet wurde.

 

(Fortsetzung folgt …)

Das Theater von Priene (Teil 1)

In Karien im Westen Kleinasiens, in der heutigen Türkei, liegt an der Mündungsbucht des Mäander die antike Stadt Priene. Während von der archaischen Stadt weder Gründungszeit noch Lage bekannt sind, wurde die um 350 v.Chr. gegründete neue Stadt gefunden und in umfassenden Grabungen erforscht. Unweit des heutigen Dorfes Güllübahçe gelegen, befindet sie sich auf einer Felsterrasse am Südhang des Mykale-Gebirges. Die dazugehörige Akropolis liegt auf dem 370 m hohen Felsmassiv darüber.

Zur Zeit ihrer Gründung konnte die Stadt noch mit dem Schiff vom Meer her auf dem Mäander erreicht werden. Durch die allmähliche Verlandung des Flusses aber und die dadurch bedingte wachsende Entfernung zum Meer, verlor Priene immer mehr an Bedeutung.

Die Ausgrabungen in Priene begannen 1895 unter der Leitung von Karl Humann. Nach seinem Tod übernahm  Theodor Wiegand die Leitung bis 1898 und einige Jahre später erschien eine Publikation zu den Grabungsergebnissen, die einen Überblick über alle Bauten der Stadt bietet. Es folgten weitere Veröffentlichungen anderer Forscher, die sich mit der genaueren Erforschung einzelner Denkmäler befassten.

Die Stadt ist nach hippodamischen Regeln angelegt. In ostwestlicher Richtung wird sie von sechs großen Straßen durchzogen, die von nordsüdlich verlaufenden Steilstraßen, teilweise Treppenstraßen rechtwinklig geschnitten werden. Die auf diese Weise gebildeten regelmäßigen Blöcke (sog. Insulae) boten in der Regel vier Häusern Platz, wobei man auch öffentliche Gebäude soweit wie möglich auf eine Insula-Größe beschränkte. Den Mittelpunkt dieser Anlage bildete der Markt und nordwestlich davon liegt das Heiligtum der Athena auf einer erhöhten Terrasse. Noch weiter im Norden befindet sich das Theater, ein bedeutendes Beispiel hellenistischer Theaterarchitektur, auf das ich in den nächsten Abschnitten näher eingehen möchte.

 

Literaturauswahl:

  • T. Wiegand/ H. Schrader, Priene. Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen in den Jahren 1895–1898. Reimer, Berlin 1904.
  • A. von Gerkan, Das Theater von Priene als Einzelanlage und in seiner Bedeutung für das hellenistische Bühnenwesen. Verlag für Prakt. Kunstwiss., München, Leipzig 1921.
  • F. Rumscheid: Priene. Führer durch das „Pompeji Kleinasiens“. Ege Yayınları, Istanbul 1998.

 

(Fortsetzung folgt …)

Entwicklung des griechischen und römischen Portraits

Im archaischen Griechenland (6. Jh. v. Chr.) blieben Darstellungen von Männern und Frauen typenhaft und allgemein und folgten dem allgemeinen Schönheitsideal von kaloskagathos = schön und gut: der schöne Mensch ist zugleich der sittlich mustergültige, von vollendeter Lebensform und aus gutem Haus.

Ein gutes Beispiel ist die Grabstatue des Kroisos aus Athen (530 – 520 v. Chr.): http://de.wikipedia.org/wiki/Kroisos-Kouros#mediaviewer/File:0006MAN-Kouros2.jpg

In der Klassik (2. Viertel d. 5. Jh. v. Chr.) gab es zwar gelegentlich Bildnisse, die vom Ideal abweichen, z. B. eine Büste des Themistokles (http://arachne.uni-koeln.de/item/objekt/14124). Ansonsten folgten die Skulpturen im 5. Jh. einem neuen Idealtypus (vgl. Doryphoros von Polyklet). Es geht aber weiterhin um die Darstellung allgemeiner Reife, Schönheit und Würde; Persönliches steht zurück. Weitere Beispiele sind Bildnisse von Perikles oder die Tyrannenmörder-Gruppe.

Im späten 4. Jh. v. Chr. tritt dann an die Stelle der Berechnung eines Schönheitsideals das empirische Interesse am Individuum und seinen Besonderheiten (z. B. Philosophenbildnisse wie von Sokrates).

Im Hellenismus sind zunächste die für breite Masse und auf Wirkung angelegten Bildnisse Alexanders des Großen zu nennen. Immer noch gab es nur wenige individuelle Bildnisse. Zur gleichen Zeit gab es in Rom individualisierte Portraits. Doch auch sie verweisen auf das politische Image, d. h. auf Leistungen und Taten des Dargestellten, nicht aber auf die innere Eigenart.

Seit dem 2. Jh. v. Chr. treten bei den Bildnissen Charisma und Führerqualitäten in den Vordergrund, die mit Hilfe von pathetischer Mimik und gebieterischer Gebärde dargestellt werden.

Ab dem Bürgerkrieg im 1. Jh. v. Chr. war die Darstellung von Charisma jedoch verpönt. Charisma galt als gefährlich und die Gesichter werden streng und unbewegt.

Dies zeigt sich auch an den Portraits des ersten römischen Kaisers Augustus. Er wurde zeitlebens jugendlich und erhaben dargestellt und zeigt kaum individuelle Züge. Dieser Klassizismus (Ende 1. Jh. v. Chr. / Anfang 1. Jh. n. Chr.) wird durch Idealisierung geprägt und orientiert sich an griechischen Bildnissen des 5. Jh. v. Chr.

Seine Nachfolger aus dem iulisch-claudischen Kaiserhaus folgten diesem Vorbild. Danach kam es zu einem abrupten Bruch in der Darstellung der römischen Kaiser. Vespasian läßt sich als Glatzkopf mit zahnlosem Mund und zusammengekniffenen Augen darstellen. Sicher sind diese individuelle Züge, aber es ging auch darum, einen starken Gegensatz zu Nero zu schaffen, der sich zunehmend tyrannisch verhalten hatte.

Im 2. Jh. n. Chr. sollten die Kaiserportraits (und die Privatportraits ahmten sie nach) eine sanfte Gelassenheit, Milde, Geduld, Ruhe und Gerechtigkeit veranschaulichen: Hadrian oder Marc Aurel seien hier als Beispiele gezeigt.

An der Wende zum und Anfang des 3. Jh. v. Chr. änderten sich die Portraits wieder. Caracalla ließ sich als furchterregenden Kraftmenschen darstellen und die Soldatenkaiser zeigten sich alle mit kurzem Haarschnitt

In der Spätantike wurden die Kaiser schließlich pathetisch mit großen Augen und ausdruckvollen Gesichtern dargestellt (Beispiel Konstantin der Große).

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