In der Südwestecke des Erechtheions weisen zahlreiche Unre­gelmäßigkeiten darauf hin, dass sich hier ein ernstes und viel­leicht unerwar­tetes Hindernis für die normale Konstruktion befand. All diese Unregelmäßigkeiten sind verständlich, wenn diese Ecke um ein Hindernis herum gebaut werden sollte, das den so gebildeten Raum ein­nahm, obwohl es hier der Sicht durch den Fußboden der Halle und durch die Wand an der Westseite der Stufe zum Tempel hinab entzogen war. Die gleiche Vorsicht zeigt sich in der Korenhalle, wo es einen engen Spalt zwischen dem großen Block und der Wand westlich der Treppe gab. An der Außenseite der Westwand finden wir Hinweise dafür, dass dieses Hindernis bis südlich der Tür in der Westwand reichte. An diesem Teil des Tempels gibt es z. B. keine Stufen und die Außenseiten der Blöcke unter der Lage 14 sind nur grob bearbeitet. Dieser Teil des Gebäudes war also wohl ebenfalls nicht sichtbar.

Die Inschriften weisen darauf­ hin, dass es sich hier um das sogenannte Kekropium handelt, das legendäre Grab des attischen Urkö­nigs Kekrops, mit dem dazu gehörigen heiligen Bezirk, dem Temenos. Im Süden war dieser heilige Bezirk von einer Mauer begrenzt, die deutliche Spuren auf Stufen und Po­dium an der Westseite der Korenhalle hinterlassen hat. Abarbeitungen an der untersten Stufe zeigen, dass sie nicht im rechten Winkel zur Halle, sondern parallel zur Achse des alten Athena-Tempels lagen. Spuren der Mauer er­scheinen bis zur Höhe des oberen Rands des Eier-Stab-Frieses am Podium der Korenhalle, aber sie war wahrschein­lich etwas höher, weil die Oberfläche des Steins nicht als Abschlussstein gearbeitet war. Alles was wir von der nördlichen Umfassungsmauer des Ke­kropiums sicher wissen, ist der ungefähre Stelle, an der sie begann: nahe der Westwand des Erechtheions, südlich der Tür. Die Richtung der Mauer kann nur erschlossen werden. Auch die Aus­dehnung des Kekropiums nach Westen ist nicht bekannt. Anscheinend war das Kekropium vor der Errichtung des Erechtheions nicht sichtbar gewesen, zu­mindest nicht als massive Kon­struktion. Erst beim Bau stieß man wohl auf eine solche Konstruktion, viel­leicht eine Ecke des alten Palastes aus my­kenischer Zeit. Da dieses Hin­dernis nicht entfernt werden konnte, wurde das Erechtheion so gut wie mög­lich angepasst, möglicherweise auch dadurch, dass die Westwand 2 Fuß weiter nach Osten bauten als ursprünglich geplant.

(Fortsetzung folgt …)