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Stadtplanung in Athen im 6. Jh. v. Chr. (Teil 6)

Südlich der Agora, am Panathenäenweg, liegt das Heiligtum von Demeter und Kore, das sog. Eleusinion. Unter den Funden befanden sich Kernoi, Kultgefäße, die im eleusinischen Kult verwendet wurden. Aus dem mittleren 6. Jh. v. Chr. stammt eine Stützmauer und es ist bekannt, dass Peisistratos am eleusinischen Kult besonderes Interesse hatte. Die Schriftquellen geben aber keine Hinweise darauf, dass Peisistratos das Eleusinion errichten ließ.

Im Heiligtum des Dionysos Eleuthereus am Südabhang der Akropolis hat sich eine Ecke eines kleinen Antentempels erhalten. Die Datierung war früher umstritten. Die verwendeten Keildübellöcher weisen allerdings auf eine Bauzeit im 3. Viertel des 6. Jh., was inzwischen allgemein anerkannt ist. Möglicherweise lässt sich dieser Tempel mit Peisistratos verbinden, da dieser die großen Dionysien einrichtete. 534 v. Chr. soll Thespis die erste Tragödie aufgeführt haben und Dinsmoor glaubt daher, dieses Datum auch als ungefähren Fixpunkt für die Entstehung des Tempels annehmen zu können.

Am Südabhang des Areopag wurde im 6. Jh . v . Chr. das Heiligtum des Heros Amynos angelegt. Es handelte sich um ein offenes Heiligtum mit einem Brunnen im Zentrum. Der Kult stand wohl im Zusammenhang mit heiligem Wasser und der Brunnen war an die peisistratidische Wasserleitung angeschlossen. Votive mit Darstellungen von Körperteilen lassen darauf schließen, dass hier ein Heilheros verehrt wurde. Dieses Heiligtum wird in den Schriftquellen nicht erwähnt und konnte nur anhand von Inschriften identifiziert werden.

Etwas südlich des Olympieions befand sich das Heiligtum des Apollon Delphinion. Ein großer südwestlich davon ergrabener Bereich wurde von Travlos mit der Gerichtsstätte „epi Delphinio“ identifiziert. Es handelte sich dabei um den Gerichtshof für Mordfälle, der angeblich vom mythischen König Aigeus begründet wurde. Die gefundene archaische Mauer datiert Travlos auf ca. 500 v. Chr. Kolb dagegen datiert die Reste in die Zeit der Peisistratiden.

Ebenfalls südlich des Olympieions befand sich das Heiligtum des Apollon Pythios, dass der Überlieferung nach von den Peisistratiden errichtet wurde. Nach Hesych erbaute Peisistratos den Tempel des Heiligtums. Thukydides VI 54,6 f. berichtet, dass Peisistratos d. J. während seines Archontats dem Apollon Pythios einen Altar stiftete. Erhalten ist nur der größte Teil der Deckplatte des Altars, auf der sich auch die Weihinschrift  (IG. 12 , 761) befindet, durch die der Altar identifiziert werden konnte. Nach Thukydides IV 54,5 verwandten die Tyrannen einen Teil der Steuern für die Ausschmückung der Stadt und nach Kluwe ist die Weihung des Apollo-Pythios-Altars ein Beweis für die Richtigkeit dieser Nachricht.

(Fortsetzung folgt …)

Stadtplanung in Athen im 6. Jh. v. Chr. (Teil 5)

Auch im übrigen Stadtgebiet sind uns für die Zeit der Tyrannenherrschaft literarisch oder archäologisch Sakralbauten überliefert.

Literatur:

  • G. Gruben, Die Tempel der Griechen (31980) 230-236
  • G. Welter, „Das Olympieion in Athen“, AM 47, 1922, 61 ff. + AM 48, 1923, 182-189
  • J. Travlos, Bildlexikon zur Topographie des antiken Athen (1971) 402 f.
  • R. E. Wycherly, The Olympieion of Athens, GrRomByzSt 5, 1964, 161 ff.
  • R. Tölle-Kastenbein, Das Olympieion in Athen (1994)
  • T. E. Kalpaxis, Hemitelos (1986) 26-39
  • W. B. Dinsmoor, The Architecture of Ancient Greece (41975) 91 u. 280 f.

Einer der bekanntesten Bauten aus der Zeit der Peisistratiden ist der südöstlich der Akropolis gelegene Tempel des Olympischen Zeus, das sogenannte Olympieion. Nach Tkukydides II 15 soll das Heiligtum noch auf die Zeit vor der Stadtgründung durch Theseus zurückgehen und man fand unter dem heute sichtbaren Tempel aus römischer Zeit Reste von zwei archaischen Bauten. Aus Fundamentmauern, die in das 2. Viertel des 6. Jh. datiert werden, rekonstruierte Welter einen Peripteros von 30 ,5 x ca. 60 m. Gruben (S. 203) nimmt an, dass dieser Tempel von Peisistratos d. Ä. erbaut wurde. Der darauffolgende Tempel wurde jedoch unter seinen Söhnen errichtet und diese hätten vermutlich nicht den Tempel ihres Vaters niederreißen lassen. Es ist daher wahrscheinlicher, dass der Tempel vor der Tyrannis von der aristokratischen Polis errichtet wurde.

Beim Tempel der Söhne des Peisistratos handelte es sich um einen Dipteros, der ungefähr die gleichen Ausmaße wie der spätere hellenistische Tempel hatte. Genaue Messungen liegen leider nicht vor, aber die Maße betrugen etwa 107,20 x 42,90 m (nach Kluwe). Viele der Säulentrommeln wurden im Fundament des hellenistischen Tempels und in der themistokleischen Stadtmauer wiederverwendet.

Mit seinen enormen Ausmaßen ist das Olympieion den ionischen Riesentempeln vergleichbar. Welter und Gruben vertraten daher die Meinung, dass der Tempel in ionischer Ordnung errichtet wurde. Sie argumentierten mit der Ähnlichkeit zum Heraion von Samos in der Verbreiterung der Fronthallen, der Erweiterung der drei Eckjoche der Langseiten um ca. 30 cm, und der Abstufung der 7 Frontjoche. Die neuere Forschung (Wycherly, Dinsmoor und Travlos) tendiert jedoch zu der Ansicht, dass der sehr breite Durchmesser der Säulen in Relation zu den Interkolumnien sowie die auf direkten Stylobatkontakt ohne Basis hinweisende technische Bearbeitung der unteren Trommeln dafür spricht, dass das Vorbild der ionischen Riesentempel hier in die dorische Ordnung übertragen worden ist.

Vitruv VII praef. 15 schreibt, dass der Grundbau des Tempels für Peisistratos begonnen wurde, aber wegen politischer Unruhen nach dem Tod des Tyrannen unvollendet blieb. Aristoteles (Politeia V 1315 b, 24) sagt, dass der Tempel von den Peisistratiden erbaut wurde. Material und Technik des Tempels können auf ca. 520 v. Chr. datiert werden. Die Angabe bei Vitruv wird daher auf den jüngeren Peisistratos bezogen und die Bauzeit des Olympieions im Allgemeinen in die letzten beiden Jahrzehnte der Tyrannenherrschaft gesetzt.

Als Baumotiv wird in den antiken Quellen das persönliche Repräsentationsbedürfnis der Peisistratiden genannt und die Rivalität zu anderen Herrschern, wie z. B. Polykrates von Samos. Außerdem dienten solche Monumentalbauten den Tyrannen nach Aristoteles als Arbeitsbeschaffungsprogramm. Verschiedene Forscher meinen jedoch, dass der Bau die ganze Stadt Athen repräsentieren sollte und als gemeinsames Projekt von Herrscher und Volk geplant worden war.

Der Tempel blieb nach Vitruv wegen politischer Unruhen nach dem Tod des Tyrannen Hippias unvollendet. Ob der Grund des Baustopps wirklich die Vertreibung der Tyrannen war, ist nicht sicher. Auch wirtschaftliche Gründe sind vermutet worden. Unwahrscheinlich ist jedoch, dass der Bau zu diesem Zeitpunkt kaum über die Fundamente hinaus gediehen war, denn dann wäre es, wie Wycherly schreibt, unverständlich, dass Aristoteles das Olympieion mit so eindrucksvollen Bauten wie den ägyptischen Pyramiden oder den Bauten des Polykrates von Samos vergleicht.

(Fortsetzung folgt …)

Stadtplanung in Athen im 6. Jh. v. Chr. (Teil 4)

Die Stoa Basileios, der Amtssitz des Archon Basileios, wurde Mitte des 6. Jh. v. Chr. auf die Agora verlegt und befand sich seit dieser Zeit in einem kleinen Gebäude neben der Stoa des Zeus. Es handelt sich um eine dorische Säulenhalle mit geschlossener Rückwand und 8 Säulen zwischen seitlichen Anten an der Vorderseite. Die Vorbauten stammen frühestens aus dem 4. Jh. v. Chr. Die Identifizierung wurde ermöglicht durch die Angabe bei Pausanias I 3,1, der die Stoa Basileios gleich am Eingang der Agora zur Rechten lokalisiert, sowie durch Inschriften, die den Archon Basileios betreffen. Aufgabe des Archon Basileios war die Verwaltung der Staatskulte und die Leitung von Prozessen gegen Gottlosigkeit. In der Stoa Basileios wurden wichtige Gesetze aufgestellt und an einem Stein vor der Stoa wurde bei öffentlichen Zeremonien der Eid abgelegt. Auch die Beamten legten hier ihren Amtseid ab.

Im 3. Viertel des 6. Jh. wurde ein 32,40 x 28,30 m großer Bezirk im Süden der Agora mit einer Mauer umgeben, dessen Deutung unklar ist. Ein großer offener, ummauerter Platz weist normalerweise auf einen sakralen Bereich. Man fand aber weder Spuren eines Altars oder eines Schreins noch Votivgaben. Eine weitere Möglichkeit für einen offenen Bezirk bilden Gerichtshöfe und so schlug man aufgrund von Größe, Datierung und Lage auf der Agora die Identifizierung als Heliaia vor, der von Solon eingeführten Volksgerichtshof und mit mehr als 1500 Geschworenen größten Gerichtshof des archaischen Athen. Dies bleibt jedoch hypothetisch.

Unter dem Tempel des Apollon Patroos (4. Jh.) fand man aus der Mitte des 6. Jh. v. Chr. eine Mauer in Apsisform und eine Basis, die wohl eine Kultstatue trug. Daneben befand sich eine Grube, um eine Bronzestatue (Kouros) zu gießen. Vermutlich befand sich hier ein älterer Tempel des Apollo Patroos. Apollo hatte gleichzeitig den Beinamen Phratrios (von Phratie = Verband von mehreren Familiengruppen).

Unter der Stoa des Zeus Eleutherios fanden sich ebenfalls ältere Reste, die nach Boersma aus dem 3. Viertel des 6. Jh. v. Chr. stammen und auf ein offenes Heiligtum weisen. Vermutlich wurde hier auch Zeus verehrt, vielleicht als Zeus Agoraios. Ein Altar vor der Zeus-Stoa stammt vermutlich aus peisitratidischer Zeit.

Im Südosten der Agora fand man Reste eines Brunnenhauses in Form eines langgestreckten Rechtecks und besteht aus einem Mittelraum und zwei daran angrenzenden Wasserbassins, die vom Mittelraum durch Schranken abgegrenzt sind. Dieses Brunnenhaus ist Teil des großen Wasserleitungssystems, das ins frühe letzte Viertel des 6. Jh. v. Chr. datiert wird.

Thukydides VI 54,6 f. überliefert, dass Peisistratos der Jüngere während seines Archontats 522/21 v. Chr. einen Altar für die zwölf Götter stiftete. Reste dieses Altars fand man im Nordteil der Agora unter der U-Bahn nach Piräus. Der Altar diente zum einen nach Herodot II 7 als Meilenstein, von dem aus alle Entfernungen gemessen wurden, zum anderen als Asylstätte.

(Fortsetzung folgt …)

Stadtplanung in Athen im 6. Jh. v. Chr. (Teil 3)

Kurz nach der Mitte des 6. Jh. v. Chr. wurde neben Haus C an der Südseite der Terrasse Gebäude D errichtet, ein kleines Haus mit 3 Räumen, das sich nach Norden auf den zwischen den beiden Bauten liegenden Hof öffnete (siehe im Bild oben). Man nimmt allgemein an, dass beide Gebäude zusammengehörten und die gleiche Funktion hatten.

Südlich von Haus C fanden sich unter der späteren Tholos (Rundtempel) Reste von einem komplexen Gebäude mit unregelmäßigem Grundriss, das als Haus F bezeichnet wird (im Bild unten) und von Norden und Osten her zugänglich war. Ein großer Hof ist auf drei Seiten von vielen Räumen umgeben. Westlich davon liegt ein weiterer kleinerer Hof, der ebenfalls von mehreren Räumen umgeben ist. Einer dieser Räume enthielt Vorratsgefäße und man fand auch Kochmulden und einen Brunnen. Das Gebäude wurde kurz nach Haus D errichtet, das nun wieder abgerissen wurde. Gleichzeitig wurde die westliche Terrassenmauer abgetragen. Dadurch reichte der auf der Nordseite gelegene Vorplatz bis zum Fuß des Kolonos Agoraios, einem kleinen Hügel am Westrand der Agora. Aus diesem Hügel wurde eine trapezförmige Abarbeitung herausgehauen. Diese Terrasse wurde erhöht und die ganze Anlage auf diese Weise einheitlich gestaltet. Der große Vorplatz verband die beiden Gebäude F und C  miteinander und die Abarbeitung des Felsens könnte für Versammlungen gedient haben.

Die Funde in Haus F weisen auf einen häuslichen Charakter, die Ausmaße sprechen jedoch gegen eine Deutung als privates Wohnhaus. Thompson z. B. schlug vor, die älteren Bauten wie später die Tholos als Gebäude der Prytanie zu identifizieren, d. h. der Gruppe, die der Ratsversammlung vorstand. Diese Deutung ist für die letzte Phase von Gebäude F inzwischen allgemein anerkannt. Shear bezweifelt jedoch, dass dieses Gebäude schon Mitte des 6. Jh. v. Chr. der Prytanie diente, da es nicht den geringsten Hinweis dafür gäbe, dass dem solonischen Rat eine Prytanie vorstand. Auch wäre kein großer Raum für das gemeinsame Essen vorhanden.

Shear, Boersma u. a. schlagen stattdessen vor, Gebäude F als Palast des Peisistratos zu deuten. Für diese Interpretation sprächen der häusliche Charakter und die Größe. Auch fällt die Errichtung in die Jahre nach 550 v. Chr., und auf ca. 546 v. Chr. wird die endgültige Rückkehr des Peisistratos nach Athen und die Etablierung seiner Tyrannis datiert. Shear verweist außerdem auf die Verbindung zwischen der Errichtung von Haus F, der Begradigung der Westseite des Platzes und der Schließung von privaten Brunnen, die eine Beseitigung von Privathäusern impliziert.

Viele Forscher gingen bisher davon aus, dass sich der Palast der Peisistratiden auf der Akropolis befand. Dafür gibt es aber weder literarische noch archäologische Hinweise. Als Alternative kommt Gebäude F auf der Agora aufgrund seiner Größe durchaus in die engere Wahl.

(Fortsetzung folgt …)

Stadtplanung in Athen im 6. Jh. v. Chr. (Teil 2)

Die Agora von Athen liegt auf dem leicht abfallenden Gelände zwischen der Akropolis, dem Kolonos Agoraios und dem Fluss Eridanos. Ursprünglich befanden sich hier private Häuser, das Töpferviertel (Kerameikos) sowie eine Nekropole. An den Gräbern veranstalteten die Griechen nach Homer nicht nur Agone zu Ehren der Toten, sondern hielten auch ihre Versammlungen („agorai“) ab. Dies lässt vermuten, dass auch die sog. „alte Agora“ schon hier lag. Als Versammlungsplatz diente eine einfache Orchestra, auf der auch rituelle Tänze zu Ehren von Dionysos stattfanden. Die Agora verbindet also politische und religiöse Traditionen.

Ausgrabungen haben gezeigt, dass um 600 v. Chr. die Bestattungen auf der Agora aufhören bzw. nur noch am äußeren Rand vorkommen. Es gibt nun keine Töpfereien mehr und private Häuser werden im Lauf der Zeit beseitigt, wie die Sti lllegung der zugehörigen Brunnen zeigt. All dies deutet auf gezielte Maßnahmen, um die Agora zu einem öffentlichen Platz als Zentrum des politischen und täglichen Lebens auszubauen.

Als erstes öffentliches Gebäude der Agora gilt das sog. Gebäude C, dessen Reste an der Westseite der Agora unter dem späteren Bouleuterion und dem Metroon ausgegraben wurden. Haus C wird nach der herkömmlichen Chronologie allgemein an den Anfang des 6. Jh. v. Chr. datiert. Es handelt sich um ein kleines rechteckiges Haus mit 2 Räumen, die sich nach Süden hin auf eine niedrige Terrasse öffnen. Die Datierung in die Nähe der Gesetze Solons und die Lage an der Stelle des späteren Bouleuterions haben zu der Vermutung geführt, dass das Gebäude dem solonischen Rat der 400 diente, der dann auf der davor liegenden Terrasse getagt haben müsste. Der Rat tagte also nicht mehr auf der Orchestra, sondern erhält einen eigenen Versammlungsplatz, d. h. es kommt zur Funktionstrennung.

Literatur:

  • D. Francis / M. Vickers, „The Agora Revisited: Athenian Chronology c. 500-450 B.C.“, BSA 83, 1988, 143 ff.
  • F. Kolb, Agora und Theater, Volks- und Festversammlung, AF 9 (1981), 20 ff.
  • H. A. Thompson / R.E. Wycherly, The Agora of Athens. The Athenian Agora XIV (1972)
  • J. M. Camp, Die Agora von Athen (1989) 40 ff.
  • J. M. Camp / C.A. Mauzy (Hrsg.), Die Agora von Athen. Neue Perspektiven für eine archäologische Stätte. Zaberns Bildbände zur Archäologie (2009)

(Fortsetzung folgt …)

Stadtplanung in Athen im 6. Jh. v. Chr. (Teil 1)

Das 6. Jh . v. Chr. war eine wichtige Phase in der Stadtentwicklung Athens: in diese Zeit fallen die Entwicklung der Regierungsform und des Rechtswesens, die Ausweitung religiöser Kulte sowie eine starke flächenmäßige Ausdehnung der Stadt. Einen großen Teil des Jahrhunderts stand die Stadt unter der Tyrannis der Peisistratiden und es stellt sich daher die Frage, welche Rolle diese Tyrannen in den genannten Aspekten der Stadtentwicklung hatten. Einen Schwerpunkt der Forschung bildet dabei die Baukunst unter den Peisitratiden, denn die antiken Schriftquellen, wie z. B . Aristoteles in seiner Politeia (V 1313 b , 19ff), assoziieren mit den griechischen Tyrannen v. a. Monumentalbauten und öffentliche Arbeiten. Welche Aktivitäten können wir nun im archaischen Athen des 6. Jh. feststellen, inwieweit lassen sich diese auf die Initiative der Peisistratiden zurückführen und welche politische Absicht könnte dahinterstehen?

In den nächsten Artikeln werde ich zunächst auf die Entwicklung der Agora eingehen und die Gebäude vorstellen, die nach der herkömmlichen Chronologie in das 6. Jh. v. Chr. datiert werden. Anschließend werden die Sakralbauten außerhalb der Akropolis vorgestellt, die in dieser Zeit entstanden sind bzw. entstanden sein sollen.

Literatur allgemein:

  • D. Francis – M. Vickers, „The Agora Revisited: Athenian Chronology c. 500-450 B.C.“, BSA 83, 1988, 143 ff.
  • E. Kluwe, Die Tyrannis der Peisistratiden und ihr Niederschlag in der Kunst, Diss. Jena (1966) 41 ff.
  • E. Vanderpool, „The Date of the Pre-Persian City-Wall of Athens“, in: Phoros, Tribute to B.D. Meritt (1974) 156 ff.
  • F. Kolb, „Die Bau-, Religions- und Kulturpolitik der Peisistratiden“, JdI 92, 1977, 99 ff. (bes. 106 ff.)
  • A. Shapiro, Art and Cult under the Tyrants in Athens (1989)
  • S. Boersma, Athenian Building Policy from 561/0 to 405/4 B.C. (1970) 11 ff.
  • M. Stahl, Aristokraten und Tyrannen im archaischen Athen (1987) 233 ff.
  • R. Tölle-Kastenbein, „Bemerkungen zur absoluten Chronologie spätarchaischer und frühklassischer Denkmäler Athens“, AA 1983, 573 ff.
  • T. Leslie Shear Jr., „Tyrants and Buildings in Archaic Athens“, in: Athens comes of Age: From Solon to Salamis (1978) 1 ff.
  • S. P. Arrowsmith, The tyranny at Athens in the sixth century B. C. (Diss. 1988)
  • H. Berve, Die Tyrannis bei den Griechen. 2 Bände. Beck, München 1967.
  • B. Lavelle, Fame, Money, and Power. The Rise of Peisistratos and „Democratic“ Tyranny at Athens (2004)
  • L. de Libero, Die archaische Tyrannis (1996)
  • H. Sancisi-Weerdenburg (Hrsg.), Peisistratos and the Tyranny (2000)
  • K—W. Welwei, Athen. Vom neolithischen Siedlungsplatz zur Großpolis (1992)

(Fortsetzung folgt …)

Die Mosaiken von Daphni (Teil 3)

Die Mosaiken von Daphni gelten als Musterbeispiel für den Klassizismus des 11. Jh. n. Chr. Die besonderen Merkmale dieses Stils sind:

  • malerischer Stil, der sich an der Buchmalerei orientiert
  • Dreidimensionalität der Darstellungen durch Farbmodellierung
  • realistische Wiedergabe des Verhältnisses von Körper und Gewand sowie der Körperproportionien
  • Aufgabe der strengen Axialität der Komposition
  • stark antikisierende Darstellungen

Im Folgenden seien einige Beispiele für diese Stilelemente aus dem Bildprogramm herausgegriffen.

Die Darstellung der Kreuzigung ist auf die drei Hauptfiguren Christus, Maria und Johannes beschränkt. Alle drei Figuren sind schmal und lang. Durch Farbmodellierung wirken sie dreidimensional und organisch. Der Künstler verzichtete auf strenge Frontalität und bezog sich auf antike Vorbilder. Allerdings gelang es ihm nicht, alle Details organisch zu gestalten.

Auch bei der Taufdarstellung griff der Künstler auf antike Vorbilder zurück. Im Zentrum schwebt Christus im Wasser des Jordan. Der nackte Körper ist ponderiert dargestellt und in organischer Weise modelliert. Die Hautpartien wirken durch die Farbmodellierung dreidimensional und organisch, die Gewänder der andern Figuren etwas flacher als in der Kreuzigung.

Allerdings wirken nicht alle Darstellungen in Daphni so organisch. Bei der Darstellung der Verklärung stehen Körper und Gewand in starkem Missverhältnis und die Gewandfalten sind völlig unorganisch wiedergegeben. Ein besonders gutes Beispiel für diesen linearen Stil ist auch der Einzug in Jerusalem. Wir haben es hier mit einer reinen Zusammensetzung geometrischer Formen zu tun.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Mosaiken in Daphni eine gewisse Vertrautheit mit antiken Vorbildern voraussetzen. Die Figuren sind hoch und schlank und unterscheiden oft zwischen Standbein und Spielbein. Auch wirken sie durch leichte Schattierungen dreidimensional und organisch. Trotzdem finden wir viele Fehler und trotz aller Bemühungen gelang es den Künstlern nicht, Körperproportionen und Gewänder wirklich realistisch wiederzugegeben. Und einige der in Daphni arbeitenden Künstler folgten mit ihrem linearen Stil Vorbildern aus anderer Zeit.

Die Mosaiken von Daphni (Teil 2)

Schon beim Eintritt in die Kirche sind fast alle wichtigen Bilder zu sehen. Zudem sind die Bildfelder sorgfältig dem jeweiligen Bauteil angepasst. Bilder der verschiedenen Mosaiken finden sich z. B. unter folgenden Links: http://www.ellopos.net/gallery/daphni-gallery/default.asp
http://www.icon-art.info/location.php?lng=de&loc_id=360

Im Zenit der Kuppel befindet sich die Darstellung des Pantokrators. Zwischen den Fenstern des Tambours sind 16 Propheten dargestellt. Von der in der Apsiskonche thronenden Maria mit dem Jesus-Kind auf ihrem Schoß war leider nur noch der untere Teil erhalten. Über dem eigentlichen Altarraum befand sich ursprünglich eine Darstellung der Vorbereitung des Thrones Christi (die sog. Hetoimasie). In den seitlichen Nischen dieses Raums wachen die Erzengel Gabriel und Michael.

Bilder von Heiligen – in voller Größe oder als Brustbilder – schmücken die Wände der seitlichen Apsidenräume und der weniger sichtbaren Teile der Kirche.

Im Hauptraum und in den Kreuzarmen befindet sich in zwei übereinanderliegenden Zonen der Festtagszyklus. In chronologischer Reihenfolge sind hier sowohl christologische als auch mariologische Szenen dargestellt. Der Zyklus beginnt an der östlichen Wand des nördlichen Kreuzarmes oben mit der Geburt Marias. Es folgten im Uhrzeigersinn die Verkündigung, die Geburt Christi, die Anbetung durch die drei Magier, die Präsentation Christi im Tempel, die Taufe, die Verklärung und die Erweckung des Lazarus. Dann wechselt der Zyklus zur unteren Zone mit dem Einzug in Jerusalem, der Kreuzigung, der Auferstehung, dem ungläubigen Thomas und der Himmelfahrt Marias (= Koimesis).

Die Passion Christi wird im nördlichen Teil des Eso-Narthex noch ergänzt durch das Abendmahl, die Fußwaschung und den Verrat des Judas. Den südlichen Teil nehmen Bilder aus dem Leben Marias ein: das Gebet ihrer Mutter Anna und die Verkündigung an Joachim, die Weihe Marias durch die Priester und die Präsentation Marias im Tempel. Die besondere Betonung des Lebens der Mutter Gottes in den Darstellungen ist, dass die Kirche von Daphni der Himmelfahrt Marias geweiht ist. Gleichzeitig weist diese Betonung bereits in die spätbyzantinische Zeit.

 

(Fortsetzung folgt …)

Die Mosaiken von Daphni (Teil 1)

Das Kloster Daphni liegt bei Athen und ist seit 1990 UNESCO-Welterbe. Bekannt ist das Kloster aus dem 11. Jh. n. Chr. vor allem für seine Mosaiken.

Vermutlich wurde die erste Kirche hier im 5. Jh. n. Chr. an der Stelle eines Apollo-Heiligtums errichtet. Ende des 11. Jh. n. Chr. erhielt das Kloster seine heutige Gestalt und wurde nach dem vierten Kreuzzug von Zisterziensern genutzt. Unter türkischer Herrschaft lebten von 1458 bis 1821 orthodoxe Mönche hier bis das Kloster aufgelöst wurde. 1999 wurde die Kirche leider durch ein Erdbeben schwer beschädigt und wird seitdem einer langwierigen Renovierung unterzogen.

Literatur:

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Daphni
  • E. Diez/O. Demus, Byzantine mosaics in Greece, Hosios Lucas & Daphni (Cambridge MA 1931)
  • Cormack, Rediscovering the Christ Pantocrator at Daphni. In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 71, 2008, S. 55–74.

In diesem und den folgenden Artikeln möchte ich das Bildprogramm der Kirche vorstellen.

Im unteren Teil waren die Wände an den Stellen ohne Mosaiken ursprünglich mit Marmorinkrustation geschmückt, die heute leider bis auf einen kleinen Rest in Apsis verloren ist. Ein a-jour gearbeitetes Ornamentband aus Marmor trennt diese Zone von den Mosaiken der Gewölbezone. Darüber befindet sich ein weiteres Ornamentband und trennt die Mosaiken von der Kuppelzone.

Vom ursprünglichen Bildprogramm waren vor dem Erdbeben noch 76 Darstellungen zu sehen. Alle Mosaiken sind gold-grundig und zeigen vor allem Figuren. Landschaft und Architektur spielen dagegen kaum eine Rolle.

 

(Fortsetzung folgt …)

 

 

(Fortsetzung folgt …)

Das Erechtheion auf der Akropolis von Athen (Teil 8)

Zur Funktion des Tempels (Fortsetzung)

Die Verbindung von Kekrops zu Erechtheus lässt vermu­ten, dass beide das gleiche Schicksal erlitten und dass auch Kekrops dort begra­ben wurde, wo er starb. Ursprünglich war Kekrops, nach Elderkin, die Schlange, die das Was­serbecken an der südwestlichen Ecke des späteren Erechtheions bewachte. Möglicherweise wurde Kekrops durch den Dreizack des Neuankömmlings Posei­don getötet. Später wurde Kekrops in der Überlieferung zu einem Wesen mit menschlichem Oberkörper und Schlangenfüßen.

Poseidon war der erste, der nach Athen kam, und mit seinem Dreizack ein Meer hervorbrachte. Schon immer war an der heuti­gen Südwestecke des Erechtheions Wasser durchgesickert, ebenso wie es wahrscheinlich schon vor der Ankunft von Zeus und Athena einen Ölbaum oder Ölbäume auf der Akropo­lis gegeben hatte. Poseidon und Athena vereinnahmten allerdings später das Meer und den Öl­baum als ihre Schöpfung.

Der Sage nach stritten Athena und Poseidon um die Schutzherrschaft über Attika und Kekrops I., der König Attikas, entschied dass beide Götter den Menschen Attikas ein Geschenk machen sollten. Derjenige, der das bessere Geschenk gebe, sollte die Herrschaft erlangen. Der Wettbewerb wurde auf dem Felsen ausgetragen, auf dem später die Akropolis entstehen sollte. Poseidon stieß seinen Dreizack in den Fels und ließ eine Quelle sprudeln (nach anderen Quellen einen Salzwasserquell), Athena pflanzte den ersten Olivenbaum. Kekrops entschied sich für das Geschenk Athenas, und die Hauptstadt von Attika wurde Athen genannt. Aus Wut verdammte Poseidon Kekrops, nie wieder Land berühren zu dürfen. Athena jedoch gab ihm Unsterblichkeit und somit die Hoffnung, irgendwann von seinem Schiff der Verdammnis herunter zu kommen.

In die gleiche Zeit wie die Niederlage des Poseidon gegen Athena fällt nach Elderkin wahrscheinlich auch die Ersetzung des Poseidon durch Erechtheus. Eine der Konsequenzen war ein neuer Namen für das sog. „Meer des Poseidon“, das nun Erechtheis hieß. Der neue Name ersetzte den alten aber nicht ganz und auch der Altar des Poseidon wurde nicht ausschließlich der des Erechtheus, aber in den offiziellen Quellen wurde Poseidon igno­riert. Das „Meer“ erhielt später die Gestalt ei­nes normalen Brunnens.

 

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