Die Agora von Athen liegt auf dem leicht abfallenden Gelände zwischen der Akropolis, dem Kolonos Agoraios und dem Fluss Eridanos. Ursprünglich befanden sich hier private Häuser, das Töpferviertel (Kerameikos) sowie eine Nekropole. An den Gräbern veranstalteten die Griechen nach Homer nicht nur Agone zu Ehren der Toten, sondern hielten auch ihre Versammlungen („agorai“) ab. Dies lässt vermuten, dass auch die sog. „alte Agora“ schon hier lag. Als Versammlungsplatz diente eine einfache Orchestra, auf der auch rituelle Tänze zu Ehren von Dionysos stattfanden. Die Agora verbindet also politische und religiöse Traditionen.

Ausgrabungen haben gezeigt, dass um 600 v. Chr. die Bestattungen auf der Agora aufhören bzw. nur noch am äußeren Rand vorkommen. Es gibt nun keine Töpfereien mehr und private Häuser werden im Lauf der Zeit beseitigt, wie die Sti lllegung der zugehörigen Brunnen zeigt. All dies deutet auf gezielte Maßnahmen, um die Agora zu einem öffentlichen Platz als Zentrum des politischen und täglichen Lebens auszubauen.

Als erstes öffentliches Gebäude der Agora gilt das sog. Gebäude C, dessen Reste an der Westseite der Agora unter dem späteren Bouleuterion und dem Metroon ausgegraben wurden. Haus C wird nach der herkömmlichen Chronologie allgemein an den Anfang des 6. Jh. v. Chr. datiert. Es handelt sich um ein kleines rechteckiges Haus mit 2 Räumen, die sich nach Süden hin auf eine niedrige Terrasse öffnen. Die Datierung in die Nähe der Gesetze Solons und die Lage an der Stelle des späteren Bouleuterions haben zu der Vermutung geführt, dass das Gebäude dem solonischen Rat der 400 diente, der dann auf der davor liegenden Terrasse getagt haben müsste. Der Rat tagte also nicht mehr auf der Orchestra, sondern erhält einen eigenen Versammlungsplatz, d. h. es kommt zur Funktionstrennung.

Literatur:

  • D. Francis / M. Vickers, „The Agora Revisited: Athenian Chronology c. 500-450 B.C.“, BSA 83, 1988, 143 ff.
  • F. Kolb, Agora und Theater, Volks- und Festversammlung, AF 9 (1981), 20 ff.
  • H. A. Thompson / R.E. Wycherly, The Agora of Athens. The Athenian Agora XIV (1972)
  • J. M. Camp, Die Agora von Athen (1989) 40 ff.
  • J. M. Camp / C.A. Mauzy (Hrsg.), Die Agora von Athen. Neue Perspektiven für eine archäologische Stätte. Zaberns Bildbände zur Archäologie (2009)

(Fortsetzung folgt …)