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Charakterisierung der Gallier in der antiken Literatur

Gallier-Gruppe Ludovisi (Gipsabguss im Akademischen Kunstmuseum der Universität Bonn)

Einen großen Teil unserer Kenntnisse über Ge­schich­te, Kul­tur, Aussehen, Verhaltensweisen usw. der Gallier verdanken wir verstreuten Nachrichten in der griechischen und römi­schen Literatur. Wir er­fahren also vieles nur aus der Sicht ihrer Feinde, die sie meist als einheit­liches Volk ohne kul­tu­relle, zeitli­che und räumliche Unter­schiede dar­stell­­ten.

Man beschrieb sie als sehr groß und hellhäu­tig. Sie hat­ten lange, helle Haare, die mit Kalk­wasser gewa­schen und von der Stirn weg nach oben gekämmt wurden. Einfache Krieger trugen einen Vollbart oder rasierten sich. Vor­nehme Gal­lier dagegen hat­ten nur einen Schnurr­bart. Die Bekleidung der Gallier be­stand aus ei­ner Hose (bracae) und zum Teil einem Hemd aus bun­ten Stof­fen. Darüber wurde ein Man­tel (sagum) getra­gen, welcher über der Schulter ge­schlossen wurde. Männer und Frauen schmückten sich mit gol­denen Arm- und Halsreifen (torques).

Die antiken Quellen betonen v. a. die kriegerischen Eigen­schaf­ten der Kelten, z. B. ihren Mut, ihre Stärke bzw. Gewalttätigkeit und ihre Ver­we­genheit. Doch wurden ihr oft un­über­­leg­­tes Handeln und ihre Un­vernunft bemän­gelt. So erzählt Strabo (IV 4,5), die Gallier seien fürchterlich im Sieg, aber voller Schrecken als Unterlegene. Hierzu gehört auch der Topos des Selbstmords bei Barbaren.

Beson­ders mutige Krieger kämpften nackt, nur mit einem Gür­tel beklei­det. Bronzehelme mit hohen Aufsät­zen, z. B. Hörnern oder Proto­men von Vögeln oder anderen Tie­ren, lie­ßen die Gal­lier noch grö­ßer und furchterregender er­scheinen. Die wichtig­ste Angriffswaffe war ein langes Schwert, welches mit einer Eisenkette an der rechten Seite am Gürtel befe­stigt war. Dieses Schwert hatte je­doch keine Spitze und war daher nur zum Hieb zu gebrau­chen. Zudem wurde es schnell stumpf und verbog sich leicht. Zur übli­chen Aus­rüstung gehörte auch ein Speer.

Als charakte­ristischste Waffe der Gallier galt jedoch der längliche Schild mit gerstenkorn­för­migem Umbo, das Scu­tum, ob­wohl dieser Schildtyp ur­sprüng­lich nicht kel­tisch, sondern etruskisch-italisch war. Die Größe des Schildes wird unter­schied­lich an­ge­ge­ben: Dio­dor spricht von einem mannshohen Schild, Poly­bios da­gegen be­schreibt ihn als viel zu klein, um einen Mann zu dec­ken. Häu­fig er­wähnen die an­ti­ken Quel­len auch ein langes gebogenes Horn mit einer tier­­kopf­förmigen Öffnung, das mit sei­nem Lärm in der Schlacht den Gegner erschrecken soll­te. Für die Gal­lier in Italien ist auch die Ver­wen­­dung von zwei­räd­rigen Streit­wagen belegt.

Insgesamt war ihr Anblick furchterregend und si­cherlich genügte oft bereits der bloße Anblick die­ser „spätgeborenen Titanen“, wie Kallimachos die Gal­lier nennt, um ihre Geg­ner in Pa­nik zu verset­zen.

Literaturauswahl:

  • M. Eichberg, Scutum. Die Entwicklung einer ita­lisch-etruski­schen Schildform von den Anfän­gen bis zur Zeit Caesars (1987)
  • B. Maier, Geschichte und Kultur der Kelten (2012) 1 ff.
  • A. Rapin, Weaponry, in: The Celts (1991) 321 ff.
  • K. W. Zeller, Kriegswesen und Bewaffnung der Kel­ten, in: Die Kel­ten in Mit­teleuropa (1980) 111 ff.

Antike Quellen:

  • Diodor V 27-31
  • Kallimachos, Hymn. 4, 174 und 4,183
  • Livius XXXVIII 21,9 – 26,7
  • Polybios II 28-35 und III 114,3
  • Strabon IV 4

Buchbesprechung: Wolfram Letzner, Gebrannte Erde. Antike Keramik – Herstellung, Formen und Verwendung

(Nünnerich-Asmus Verlag & Media GmbH, Mainz 2015)

Das Buch „Gebrannte Erde. Antike Keramik – Herstellung, Formen und Verwendung“ von Wolfram Letzner bietet einen Überblick über antike Keramik, der einen ersten Einstieg für Studenten bietet, aber auch wertvolles Hintergrundwissen für Besucher archäologischer Museen vermittelt.

Nach einer kurzen Einführung zum Begriff Keramik und dem zur Herstellung verwendeten Material widmet sich Letzner zunächst der Herstellung: Von Gewinnung und Aufbereitung des Tons über die möglichen Herstellungs- und Dekorationstechniken zum Brand der Keramik und der Organisation antiker Töpferwerkstätten.

Im nächsten Teil geht es um griechische Keramik. Letzner stellt die wichtigsten Gefäßformen vor und geht auch auf den Vertrieb der Keramik ein. Griechische Keramik war nicht auf den heimischen Markt begrenzt, sondern auch ein Exportschlager. So finden wir griechische Keramik in vielen Regionen, darunter in Etrurien oder auch in Gräbern der keltischen Oberschicht. Dazu trug auch die Produktion aus den griechischen Siedlungen Unteritaliens bei, der Letzner ein separates Kapitel widmet.

Der folgende Teil des Buches stellt römische Keramik vor. Schwerpunkt ist Terra Sigillata, das Tafelgeschirr in wohlhabenden römischen Haushalten. Dieser Abschnitt gibt einen Überblick über die verschiedenen Produktionszentren sowie über Herstellungstechnik, Formen und Vertrieb.

Danach widmet sich Letzner der Gebrauchskeramik. Zunächst geht es um die sogenannte Schwerkeramik, die als Vorratsgefäße, aber auch für den Transport von Getreide, Wein, Öl usw. wichtig war. Einen Schwerpunkt bilden dabei natürlich Amphoren, die als antikes Vorrats- und Transportgefäße par excellence gelten. Aber auch Lampen und Baukeramik, wie zum Beispiel Ziegel, stellt Letzner kurz vor.

In weiteren Abschnitten des Buches geht es um die Fälschung antiker Keramik, die nicht nur ein modernes Phänomen ist, und den Wert antiker Keramik als wichtige Hilfe zur Datierung für den Archäologen. Ein Literaturverzeichnis und ein Glossar bilden den Abschluss.

Insgesamt ist das Buch „Gebrannte Erde. Antike Keramik – Herstellung, Formen und Verwendung“ gut und flüssig geschrieben. Es hebt sich unter anderen Einführungen in das Thema dadurch hervor, dass nicht nur griechische Luxusgefäße behandelt werden, sondern auch römische Keramik und Gebrauchskeramik. Alles in allem also ein guter Einstieg in das Thema für jeden, der sich näher mit antiker Keramik beschäftigen möchte.

Wolfram Letzner, Gebrannte Erde. Antike Keramik – Herstellung, Formen und Verwendung (Nünnerich-Asmus Verlag & Media GmbH, Mainz 2015)

€ 10,00 (D) / € 10,30 (A) statt ehem. 24,90 €
128 Seiten, 67 Abbildungen, 17,5 x 24,5 cm, gebunden
ISBN: 978-3-943904-98-7

Das Buch ist unter anderem bei Amazon erhältlich. Als Buch und als E-Book.
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Der genannte Kasseler Apoll

Eines der wichtigsten Objekte in der Kasseler Antikensammlung auf Schloss Wilhelmshöhe ist eine Marmorstatue des griechisch-römischen Gottes Apollo.

Die Statue wurde vermutlich im 18. Jh. n. Chr. am Lago di Sabaudia in Italien in einer römischen Villa gefunden. Zunächst befand sie sich offenbar in der Sammlung Conti in Rom, wo sie von Johann Joachim Winckelmann in seiner „Geschichte der Kunst des Alterthums“ beschreiben hat. Seit 1779 ist die Statue in Kassel der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und seit 1974 ist sie eine der Höhepunkte der Kasseler Antikensammlung.

Die etwas über lebensgroße Kasseler Statue stammt aus dem 2. Jh. n. Chr. Stand- und Spielbein sind deutlich ausgeprägt und führen zu einer leichten Drehung des Körpers. Das Gesicht folgt klassisch-griechischen Vorbildern und wird von langen, lockigen Haaren eingerahmt. In den Händen hielt er weitere Attribute, die aber nicht erhalten sind.

Von diesem Statuentyp Apolls sind bis heute 26 weitere Kopien bekannt, wobei die namengebende Kopie in Kassel am vollständigsten erhalten ist. Aufgrund der großen Anzahl der Kopien und weiterer Darstellungen auf Münzen und Gemmen kann man davon ausgehen, dass es sich beim Original um eine sehr berühmte Statue handelte. Möglicherweise handelte es sich bei dem Original um Statue des Apollo auf der Athener Akropolis. Phidias, einer der berühmtesten antiken Bildhauer, hatte hier eine Bronzestatue Apolls als Abwender einer Heuschreckenplage geschaffen. Für diese Vermutung sprechen stilistische Ähnlichkeiten des Kasseler Apoll mit anderen bekannten Skulpturen des Phidias, z B. am Fries des Parthenontempels auf der Akropolis.

Literatur:

  • Johann Joachim Winckelmann: Geschichte der Kunst des Alterthums. Band 1. Walther, Dresden 1764, S. 93–95
  • Peter Gercke u. a.: Apollon und Athena. Klassische Götterstatuen in Abgüssen und Rekonstruktionen. Katalog zur Sonderausstellung 1991 (= Kataloge der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel. Band 17). Staatliche Kunstsammlungen, Kassel 1991
  • Ausführliche Beschreibung und weitere Literatur auf der Website der Kasseler Antikensammlung: http://antikeskulptur.museum-kassel.de/show.html?gruppe=1&nr=3

Göttliche Ungerechtigkeit? Strafen und Glaubensprüfungen als Themen antiker und frühchristlicher Kunst

(Ausstellung im Akademischen Kunstmuseum Bonn 06.05.-28.10.2018) 

Dieses Jahr feiert das Akademische Kunstmuseum, die Antikensammlung der Universität Bonn, – zusammen mit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn – sein 200. Jubiläum. Aus diesem Anlass haben die Institute für Klassische Archäologie und Christliche Archäologie eine gemeinsame Ausstellung über göttliche Strafen und Glaubensproben in antiken Mythen und dem Alten Testament konzipiert.

Die einzelnen Abschnitte der Ausstellung zeigen:

  • Die Tötung der Niobiden
  • Die Preisgabe der Andromeda
  • Laokoon und seine Söhne
  • Eva, Adam und die Erbsünde
  • Abraham und Isaak
  • Jiftach und seine Tochter
  • Die Prüfung des Hiob
  • Iphigenie in Aulis
  • Die Sintflut
  • Kain, der bestrafte Gefährder
  • Der Ungehorsam des Jonas
  • Marsyas gegen Apoll

Als Einstieg in die Themen werden jeweils die schriftlichen Überlieferungen vorgestellt. Danach zeigen zahlreiche Fotos, aber auch Abgüsse und Originale aus dem Akademischen Kunstmuseum und anderen Museen, wie die Geschichten in der Bildkunst verschiedener Regionen und Epochen umgesetzt wurden. „Zu Wort“ kommen unter anderem Skulpturen und Reliefs, Wandmalerei, Buchmalerei, Sarkophage und Urnen. Dabei können je nach Kontext unterschiedliche Details der Erzählungen betont werden. In anderen Fällen wurde die gesamte Geschichte auch in einem Symbolbild zusammengefast. Bekanntestes Beispiel hierfür sind wahrscheinlich Adam und Eva zu beiden Seiten des Baums der Erkenntnis stehend, um den sich die Schlange windet.

All diese Geschichten zeigen in oft sehr drastischer Weise, wie Götter diejenigen strafen, die Ihnen gegenüber Hochmut zeigen oder an Ihnen zweifeln. Wenn dabei alle Kinder der Niobe den Tod finden, weil ihre Mutter sich gegenüber Leto mit ihrem Kinderreichtum rühmt, wenn Marsyas gehäutet wird, weil er Apollo herausgefordert hat oder wenn Hiob alles verliert, weil er an Gott zweifelt, dann kommen uns diese Strafen heute äußerst grausam und übertrieben vor. In der Antike jedoch ging man davon aus, dass die Götter es nicht dulden konnten, dass menschliche Anmaßung oder Zweifel ihre Überlegenheit in Frage stellten und damit die Weltordnung in Gefahr brachten.

 

Weitere Informationen:

 

 

 

Tyrannenmörder-Gruppe

514 v. Chr. versuchten die Freunde Aristogeiton und Harmodios den Athener Tyrannen Hippias zu töten. Sie konnten allerdings nur dessen Bruder Hipparchos töten. Die beiden Freunde wurden gefangen genommen und zum Tode verurteilt. Nur wenige Jahre später wurde Hippias jedoch von Kleisthenes vertrieben. Obwohl die beiden Freunde Hippias wohl nicht aus politischen, sondern aus privaten Gründen töten wollten, galten sie als Helden. Man richtete für die beiden „Tyrannenmörder“ einen Heroenkult ein. Man baute für sie ein Grabmal (vermutlich ein Kenotaph, d. h. ein leeres Grab) und stellte eine Statuengruppe des Bildhauers Antenor auf der Agora auf. Diese galt als Symbol für die Athener Demokratie und gilt als erstes echtes Staatsdenkmal.

Diese Statuengruppe soll 480 v. Chr. bei der Belagerung Athens durch die Perser verschleppt und erst von Alexander dem Großen zurückerobert worden sein. 477/476 v. Chr. schufen die Bildhauer Kritios und Nesiotes ein Ersatzdenkmal.

Leider ist keines der beiden bronzenen Originale erhalten, aber es haben sich Fragmente römischer Marmorkopien erhalten, darunter eine fast vollständige Kopie aus hadrianischer Zeit, die sich heute im Archäologischen Nationalmuseum von Neapel befindet (Inv. 906). Außerdem gibt es viele Darstellungen auf griechischen Vasen, Münzen oder Reliefs. Dort sind die Figuren jedoch versetzt dargestellt bzw. in die Fläche projiziert. Daher ist die genaue Rekonstruktion des Original bis heute unklar. Standen sie Rücken an Rücken oder parallel zueinander, wie die weit ausgreifenden Figuren heute meist aufgestellt sind?

Klar ist, dass die Statuengruppe keine Handlung darstellt. Das Opfer Hipparchos fehlte. Nicht der Vorgang der Tötung war also wichtig, sondern die Tat von Aristogeiton und Harmodios an sich, die die allgemeine Gesinnung der Freiheit der Athener Bürger symbolisierte.

Die Statuen der Tyrannenmörder gelten als erste politische Ehrenstatuen. Sie zeigen historische Personen in ihrer einmaligen Tat und damit ein neues Verständnis der Politik.

Literaturauswahl:

  • Tonio Hölscher, Die Griechische Kunst. Beck Wissen, München 2007, S. 59-61
  • John Boardman, Griechische Plastik. Die klassische Zeit, 3. Auflage, Philipp von Zabern, Mainz 1993, S. 37-40,
  • Werner Fuchs: Die Skulptur der Griechen. 3. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1983, S. 337–341

Das Schatzhaus der Athener in Delphi

Sogenannte Schatzhäuser wurden in antiken Heiligtümern errichtet. Sie waren zum einen selbst Weihgeschenke, konnten aber auch um das eigentliche Weihgeschenke herum gebaut werden. Zudem wurden hier auch andere wertvolle Weihgeschenke aufbewahrt.

Das Schatzhaus, das die Stadt Athen in Delphi errichten ließ, ist ein kleines tempelartiges Gebäude. Es hat die Form eines Antentempels, besteht also aus einer Cella und einer Vorhalle mit vorspringenden Seitenwänden, zwischen denen 2 Säulen stehen. Das Gebäude ist etwa 6,6 breit, 9,7 m lang und 7,6 m hoch.

Nach Pausanias (Beschreibung Griechenlands Buch X, 11, 5 f.) handelt es sich bei diesem Schatzhaus um ein Weihgeschenk für den Sieg bei Marathon 490 v. Chr. und die Architektur weist auf eine Datierung um 500 v. Chr. Die Inschrift auf dem Sockel stützt die Datierung von Pausanias. Allerdings befand sich das Denkmal für Marathon wohl auf dem Socken außen, ist also vermutlich später dazugekommen.

Das Bildprogramm der Metopen zeigt im Norden und Westen die Taten des Herakles. Die übrigen Metopen sind den Taten des Theseus gewidmet. Dabei ist an den Schmalseiten jeweils eine Tat über mehrere Bildfelder verteilt, während die Langseiten auf jeder Metope eine andere Tat.

Die Hauptansichtsseite für die nach oben gehenden Pilger war die Südseite mit den Taten des Theseus. Über dem Eingang ist der Kampf gegen die Amazonen dargestellt. Dieser Kampf galt im 5. Jh. v. Chr. als mythisches Vorbild für den Kampf gegen die Perser. Herakles sollte den Gürtel der Amazonenkönigin Hippolyte rauben und geht zusammen mit Theseus zu den Amazonen. Dieser entführt Hyppolyte (oder ihre Schwester) Antiope nach Athen, wo er sie zur Frau nimmt. Daraufhin greifen die Amazonen Athen an.

Auf den Metopen sind weder Herakles noch Theseus dargestellt. Möglicherweise war der Raub der Königin bzw. ihrer Schwester auf dem Giebel darüber dargestellt.

Insgesamt wird Theseus beim Schatzhaus der Athener hervorgehoben. Noch im 6. Jh. v. Chr. war Theseus auf griechischen Vasen nur beim Kampf gegen den Minotaurus auf Kreta dargestellt. Seit dem Ende des 6. Jh. v. Chr. finden wir jedoch zahlreiche Darstellungen ganzer Theseuszyklen. Offenbar bestand nicht mehr nur Interesse an einzelnen Taten, sondern am Heros Theseus allgemein. Theseus diente den Athenern jetzt als Identifikationsfigur gegenüber anderen griechischen Städten.

Das übergeordnete Thema der Darstellungen ist die Auseinandersetzung mit dem Osten. Die Amazonomachie könnte dabei auf die Zerstörung Athens durch die Perser hinweisen.

Literaturauswahl:

  • H. Knell: Mythos und Polis. Bildprogramme griechischer Bauskulptur. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990, S. 52–62
  • J. Boardman: Griechische Plastik. Die archaische Zeit. Philipp von Zabern, Mainz 1994, S. 190–191
  • H. Büsing: Das Athener Schatzhaus in Delphi. Neue Untersuchungen zur Architektur und Bemalung. Marburg an der Lahn 1994. (Marburger Winckelmann-Programm, 1992)

Der sogenannte „Alexander-Sarkophag“ von Sidon

1887 fand man in der Königsnekropole von Sidon (Libanon) einen auf allen Seiten reliefierten Marmorsarkophag. Heute befindet sich dieser Sarkophag im Archäologischen Museum von Istanbul.

Als Auftraggeber dieses Sarkophags gilt Abdalonymos, der nach der Schlacht von Issos von Alexander bzw. in dessen Auftrag von Alexanders Vertrautem als König von Sidon eingesetzt wurde.

Eine der Langseiten zeigt eine Schlacht zwischen Makedonen und Persern, vermutlich die Schlacht von Issos. Der Reiter auf der linken Seite trägt einen Löwenhelm und wird in der Regel als Alexander gedeutet. Daher ist dieser Sarkophag auch als „Alexander-Sarkohag“ bekannt. Auf der rechten Seite befindet sich ein in unrealistischer Weise nackt dargestellter Krieger. Dieser wird als Hephaistion interpretiert.

Auf der zweiten Langseite wird Abdalonymos bei einer gemeinsamen Jagd von Makedonen und Persern von einem Löwen angefallen. Alexander kommt ihm zu Hilfe. Von der anderen Seite kommt wieder Hephaistion dazu.

Eine der Schmalseiten zeigt eine weitere Schlacht zwischen Griechen / Makedonen und Persern. In der Mitte ist jetzt Abdalonymos dargestellt. Daher geht man davon aus, dass diese Schlacht nach Alexanders Tod stattfand. Ab ca. 326 v. Chr. waren auch Orientalen ins Heer von Alexander integriert. Die andere Schmalseite zeigt eine Pantherjagd, bei der nur Abdalonymos und orientalische Begleiter dargestellt sind.

Aber auch die Giebel des Sarkophagdeckels sind mit Reliefs geschmückt. Über der Pantherjagd ist eine weitere Schlacht zwischen Griechen und Persern mit Abdalonymos im Zentrum dargestellt. Die andere Seite zeigt die Ermordung des Perdikkas, einem General Alexanders und nach dessen Tod Regent über das von Alexander geschaffene Reich. 320 v. Chr. wurde er allerdings von drei seiner Offiziere ermordet.

Der Sarkophag ist sehr gut erhalten und zeigt noch heute viele Farbspuren, obwohl sie seit der Auffindung des Sarkophags zunehmend verblasst sind. Das Grab war bereits im Altertum ausgeraubt worden. Dabei hatten die Räuber auch den Sarkophag an einigen Stellen beschädigt. Die Waffen der Reliefs waren offenbar aus Silber. Eine kleine silberne Axt wurde in der Grabkammer gefunden, lässt sich aber nicht mehr der richtigen Stelle zuordnen.

Literatur:

  • Franz Winter: Der Alexandersarkophag aus Sidon. Straßburg 1912.
  • Karl Schefold, Max Seidel: Der Alexander-Sarkophag. Berlin 1968.
  • Volkmar von Graeve: Der Alexandersarkophag und seine Werkstatt. Berlin 1970.

Dreifußkessel der geometrischen Epoche

Dreifußkessel waren in der griechischen Antike zum einen Preise für Wettbewerbe, zum anderen aber auch beliebte Weihgeschenke. Vor allem in Olympia wurden sehr viele aufgestellt.

Die älteste Gruppe dieser Dreifußkessel hatte massiv gegossene Beine. Die Beine sind etwa 60 cm hoch und haben einen polygonalen Querschnitt. Sie setzen direkt am Kessel an. Spätere Exemplare haben einen pi-förmigen Querschnitt und sie sind weniger massiv.

Bei einem frühen Beispiel aus Olympia sind die Ringhenkel mit einem Strichornament verziert. Später sind die Dreifußkessel zunehmend dekoriert und teilweise sind an den Henkeln Figuren angebracht, z. B. Pferdefiguren. Auch die Kessel selbst werden nun teilweise mit figürlichem Schmuck verziert.

Die Henkel dieser geometrischen Dreifußkessel sind ringförmig. Man unterscheidet Ringhenkel mit durchbrochenem Dekor (teilweise einfacher Zickzackdekor) und plastischen Aufsatzfiguren auf der einen Seite und geschlossene Ringhenkel mit Rippung auf der anderen. Innerhalb dieser zweiten Gruppe gibt es in Olympia im 8. Jh. v. Chr. eine kleine Sondergruppe, die sich teils durch die Dekoration, teils durch die Dimensionen von 1,10 m bis zu 2 m Höhe hervorhebt. Die Beine dieser Gruppe werden von Graten gebildet. Die Kessel werden mit symmetrisch angeordneten Figuren verziert. Beispielsweise finden wir männliche Figuren, die in der Mittelachse mit der einen Hand das Gefäß „hält“. Die andere Hand ist erhoben. Andere Exemplare zeigen antithetisch angeordnete Löwen mit aufgerissenem Maul und dazwischen eine Blüte.

 

Literatur:

  • W. – D. Heilmeyer (Hrsg.), Mythos Olympia. Kult und Spiele. Ausstellungskatalog Berlin (Berlin 2012)
  • M. Maass, Die geometrischen Dreifüsse von Olympia, OF 10 (Berlin 1978)

Geometrische Pferdefiguren

Bereits ab dem 10 Jh. v. Chr. finden wir erste Beispiele von Tierskultpturen in der griechischen Kunst (Hirsch vom Kerameikos, Kentaur von Lefkandi). Diese frühen Beispiele waren aus Terrakotta. Später kam Tierplastik aus Bronze auf. Hierbei wurden überwiegend Pferde und Rinder dargestellt. Es handelte sich dabei vorwiegend um Votivgaben in Heiligtümern, z. B. in Olympia. Viele dieser Tierbronzen stehen auf einer durchbrochenen Basis; einige sind an Bronzedreifüßen angebracht.

Stilistisch kann man verschiedene Typen unterscheiden, die im Folgenden anhand der Pferdefiguren vorgestellt werden sollen.

Ein Typus ist auf Silhouette gearbeitet und wirkt fast zweidimensional. Der Körper ist kurz und walzenförmig.  Die Augen sind betont und eingetieft. Vermutlich waren sie eingesetzt. Teilweise gibt es im Halsbereich auch gepunzte Ornamente. Dieser Typus stammt vermutlich aus Korinth.

 

 

 

 

 

 

 

 

In anderer zeitgleicher Typus ist rundplastischer gearbeitet. Beine und Körper bilden einen U-förmigen Umriss und der Körper ist stärker gelängt. Die Halspartie ist ebenso flach wie bei den korinthischen Darstellungen. Vermutlich entstand dieser Typus in Argos. So fand man ihn zum Beispiel im Heraion von Argos. Man fand ihn aber auch in Arkadien, Athen oder Delphi.

 

 

 

 

 

 

 

Ein weiterer Typus – vermutlich aus Sparta – ist hochbeiniger. Dieser etwas spätere Typus ist in ein Rechteck eingeschrieben und die Beine sind oft weniger ausgearbeitet.

Ein andeerer Typus stammt vermutlich aus Olympia. Hier sind Beine und Körper eher walzenförmig und die organischen Formen sind ausgedünnt.

Neben diesen Pferdefiguren findet man unter anderem Darstellungen einer säugenden Hischkuh oder Jagdszenen. Die Darstellungen zeigen also insgesamt eine Katalog von Wertemaßstäben.

Der geschundene Marsyas

Marsyas war ein Satyr aus dem Gefolge der Göttin Kybele. Er gilt in der griechischen Mythenwelt als Beispiel für Hochmut, der von den Göttern bestraft wird.

Athena hatte die Doppelflöte erfunden, warf sie allerdings weg, als sie sah, dass das Spiel auf der Flöte ihr Gesicht entstellte. Marsyas fand die Flöte und lernte sie zu spielen. Schließlich war er der Meinung, dass er besser als Apollo spielen würde. Natürlich gewann der Gott der Musik den Wettkampf und bestrafte Marsyas für seinen Hochmut, indem er ihn an einem Baum aufhängen und ihm bei lebendigem Leib die Haut abziehen ließ.

In der hellenistischen Kunst wurde oft menschliches Leid dargestellt und auch die Bestrafung des Marsyas wurde jetzt als Thema aufgenommen. Kopien einer entsprechenden Skulpturengruppe finden wir beispielsweise in München, in Paris und in Rom.

Erhalten ist jeweils der an einem Baum aufgehängte Marsyas. Nachklänge auf Münzen und Reliefs zeigen, dass ursprünglich mindestens eine weitere Figur zu der Gruppe gehörte. Man vermutet, dass der sogenannte „Schleifer“ (Beispiel im Louvre) dazu gehörte. Unklar ist, ob auch Apollo dargestellt war. Vermutlich sollten aber vor allem die Aussicht auf die Bestrafung und das Leiden im Mittelpunkt stehen. Auch ohne die Darstellung Apollos wusste der antike Betrachter, worum es ging und konnte die Szene mit der Bestrafung der Hybris (Hochmut) durch den Gott verbinden.

 

Literatur:

  • Andreas F. Kelletat: Der ungeschundene Marsyas. In: Dietmar Albrecht u. a. (Hrsg.): Unverschmerzt. Johannes Bobrowski: Leben und Werk. München 2004, S. 171–185.
  • Luise Seemann: Marsyas und Moira. Die Schichten eines griechischen Mythos. Marburg 2006
  • Ursula Renner, Manfred Schneider (Hrsg.): Häutung. Lesarten des Marsyas-Mythos. München 2006

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