Autor: Angela Zimmermann Seite 36 von 39

Buchbesprechung: Diana E. E. Kleiner, Roman Architecture – A Visual Guide

(Yale University Press, 2014)

Geschrieben als Begleitbuch zum Onlinekurs „Roman Architecture“, den Prof. Kleiner auf www.coursera.org anbietet (basierend auf ihrem Open Yale Course), kann dieses E-Book (erschienen für IPad und Kindle) auch für sich als gute Einführung in römische Architektur dienen.

Das Buch deckt den Zeitraum von der frühen Republik bis zur Spätantike ab und zeigt kurz, aber trotzdem sehr anschaulich die Entwicklung der römischen Architektur:
– wie die Erfindung des Opus Caementicium, dem römischen Beton, den römischen Architekten nie geahnte Möglichkeiten der Gestaltung eröffnete
– wie sich Häuser von nach innen gerichteten Häusern sich zu prachtvollen Villen mit Gärten und riesigen Innenhöfen öffneten
– wie sich die Innendekoration bzw. die Wandmalerei von noch recht schlichten Marmorimitationen zu phantasievollen Dekorationssystemen entwickelten
usw.

Der räumliche Schwerpunkt liegt natürlich bei Rom selbst und den Vesuvstädten Pompeji, Herculaneum usw. Aber Prof. Kleiner geht auch auf die römischen Provinzen ein.

Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch für alle, die sich für römische Architektur interessieren.

Das E-Book ist unter anderem bei Amazon erhältlich. Ein Klick auf das Bild führt direkt dorthin.

DVD-Tipp: Methoden der Archäologie. Wie Wissenschaftler Fundstücke entschlüsseln. Ein Blick hinter die Kulissen des Rheinischen Landesmuseums Trier

Als Begleitmaterial zur Ausstellung „Tatort Archäologie“ (siehe meinen Beitrag vom 2. August 2013) erschien die DVD „Methoden der Archäologie. Wie Wissenschaftler Fundstücke entschlüsseln. Ein Blick hinter die Kulissen des Rheinischen Landesmuseums Trier.“ (ISBN / Artikelnr.: 978-3-923319-78-7)

Mit Hilfe von Kurzfilmen erläutern Wissenschaftler des Landesmuseums in Trier die typischen Arbeiten, die in einem Museum anfallen. Vorgestellt werden zum Beispiel Numismatik (Münzkunde), Epigraphik (Inschriftenkunde) oder Stilkunde. Auch naturwissenschaftliche Methoden wie Anthropologie, Dendrochronologie und verschiedene Prospektionsmethoden kommen nicht zu kurz.

Insgesamt bietet die DVD einen guten Überblick – nicht nur für Laien. Leider kann man die DVD allerdings nur im Museumsshop oder Online (http://www.landesmuseum-trier-shop.de/produkte/3910318/) bestellen.

Geometrische Vasenmalerei: kurze Übersicht über die Entwicklung (Teil 4)

4. Der spätgeometrische Stil (760-700 v. Chr.)

Spätgeometrisch I (760-735 v. Chr.)

Man kann weiterhin eine kontinuierliche Entwicklung zu schlankeren Formen beobachten.

Zu Beginn der spätgeometrischen Phase wird die Dekoration attischer Vasen in 3 Punkten verändert:
1. figürliche Szenen gewinnen immer mehr an Bedeutung
2. es gibt einen plötzlichen Wechsel vom dunkelgrundigen System des Mittelgeometrischen zu einer Dekorationsart, bei der die ganze Gefäßoberfläche in verschieden breite Ornamentzonen aus verdünntem Firnis unterteilt ist.
3. an wichtigen Stellen des Gefäßes werden umlaufende Motive häufig durch Bänder von Metopen ersetzt, v. a. bei kleineren Gefäßen.

Man kann jetzt deutlich stilistische Unterschiede verschiedener Werkstätten und Künstler unterscheiden und die eben genannten, einschneidenden Veränderungen entstanden anscheinend in der Werkstatt des Dipylonmeisters. Der Dipylonmeister war ein Spezialist für große Grabgefäße und v. a. die Bauchhenkelamphora, die inzwischen kaum noch verwendet wurde, führt er zu einer letzten Blüte. Nach dem Ende der Phase spätgeometrisch I verschwindet die Bauchhenkelamphora allmählich.

Eine frühe Schöpfung und gleichzeitig namengebendes Werk des Hauptmeisters dieser Werkstatt ist die sog. Prothesisamphora vom Dipylon (Athen, Nat. Mus., Inv. Nr. 804) Höhe 1,62 m; Datierung um 760 (spätgeometrisch Ia nach Coldstream, nach Kahane reifgeometrisch). Diese monumentale Bauchhenkelamphora stand als Grabmonument auf einem Grab.

Auch figürliche Darstellungen erhalten jetzt ihre für die nächsten zwei Generationen gültige Form. Der Dipylonmeister entwickelt als erster einen festen Figurenstil bei Begräbnis- und Schlachtszenen. Im weiteren Verlauf des 8. Jh. werden männliche und weibliche Figuren dadurch unterschieden, dass man Frauen mit Röcken darstellt. Füllornamente sind ein wichtiges Zubehör des geometrischen Figurenstils, da sie die Figurenfriese mit der linearen Dekoration des Gefäßes verbinden.

Das Hauptbild dieser Amphora zeigt die Darstellung einer Prothesis, d. h. die Aufbahrung des Toten. Am Hals befinden sich 2 schmale Tierfriese. Der untere zeigt ruhende Steinböcke, der obere äsendes Rotwild.

Anstelle von Helldunkelkontrasten bestimmen Zwischentöne den Eindruck dieser Amphora. Sie werden v. a. durch die Schraffierung der Ornamente erzeugt, die jetzt das Gefäß teppichartig überziehen. Die gesamte Dekoration wird nun mit verdünntem Firnis aufgetragen. Hauptmotiv des Dipylonmeisters ist der schraffierte Mäander in allen Variationen. Er verwendet meist umlaufende Ornamente und vermeidet die „Metopendekoration“, die in gleichzeitigen Werkstätten beliebt ist.

Ein weiteres Beispiel für die Werkstatt des Dipylonmeisters ist eine Halshenkelamphora in München (Inv.Nr. 6080) 51 cm; Datierung um 750 (spätgeometrisch I b). Ein Lieblingsornament des Dipylonstils, die von stehenden und hängenden Dreiecken eingefasste, punktierte Raute, schmückt Schulter und Unterteil des Körpers. Hier zeigen die figürlichen Friese nur Tiere. Die Tiere haben etwas an Volumen gewonnen. Zu den figürlichen Teilen des Schmucks gehören auch die beiden schwarz gemalten Schlangen auf den Henkeln, die zeigen, dass die Amphora als Grabgefäß diente, denn sie waren mit dem Totenglauben verbunden. Später werden sie plastisch gebildet.

Ein weiterer Maler, den wir eindeutig erkennen können, ist der sogenannte Hirschfeld-Maler. Seine menschlischen Figuren haben oft ausgesparte Augen mit einem Punkt in der Mitte und die Köpfe haben ein spitzes Kinn. Ein Beispiel hierfür ist der sog. Hirschfeld-Krater.

Bei den Halshenkelamphoren stirbt die dunkelgrundige Dekoration langsamer aus. Auf den monumentalen Gefäßen werden wichtige Stellen betont, indem man einfach die Ornamentzone breiter gestaltet.

Der Stil der Dipylonwerkstatt und anderer gleichzeitig arbeitender Töpfereien wurde in der gesamten griechischen Welt als vorbildlich angesehen und man versuchte, die Wirkung dieses attischen Stils zu erreichen.

Im Übergang zu Phase spätgeometrisch II wird auf großen Gefäßen die Betonung der wichtigsten Stellen allmählich durch kleiner werdende Metopenzonen geschwächt.

weitere Beispiele:
– Athen Nat. Mus. Inv.-Nr. 803 (http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=194701)
– Bauchhenkelamphora Athen Nat. Mus. 805 (Kahane Taf. XXIV) Höhe 1,38 m; frühes Beispiel für Metopendekoration (http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=179399)

Spätgeometrisch II (735-700 v. Chr.)

Es gibt jetzt auffallende Gegensätze zwischen einzelnen Künstlern, aber auch zwischen großen und kleinen Gefäßen, wobei die kleineren Gefäße einheitlicher sind. Hals, Körper und Fuß der Amphoren werden immer schmaler. Am Ende der Phase spätgeometrisch I bildeten Dekoration und Form eine Einheit. Diese Einheit jetzt wird allmählich aufgelöst. Die Ornamentzonen werden schmaler und weniger betont. Außerdem erscheinen figürliche Szenen jetzt auch auf dem Hals und um den Bauch herum.

Gefäße von Künstlern in der Tradition der Werkstätten des Dipylonmeisters oder des Hirschfeld-Malers werden durch einen flüssigen Figurenstil gekennzeichnet. Die Qualität der  geometrischen Ornamente nimmt immer mehr ab. Monumentale Gefäße kommen jetzt kaum noch vor. Es gibt keine breiten Mäander mehr und das lineare Ornament dient nur noch der Raumfüllung.

Die namengebende Amphora des Philadelphia-Malers (Philadelphia MS 5464) zeigt zum ersten Mal an Mündung, Henkeln und Schulter plastische Schlangen, die das Gefäß eindeutig als Grabgefäß kennzeichnen. Auf den späteren Amphoren wird der Hals immer höher und der Körper gestreckter. Figrliche Szenen nehmen immer dabei mehr Raum ein.

Die Hauptform der Werkstatt von Athen 894 ist die schmale Halshenkelamphora. Auch hier machen plastische Schlangen deutlich, dass es sich um Grabgefäße handelt. Die Gefäße dieser Werkstatt beginnen mit einem starken Übergang vom Körper zum Hals, der aber allmählich sanfter wird. Gleichzeitig wird der Hals höher. Das namengebende Gefäß ist eine Halshenkelamphora aus dem Kerameikos (Athen, National Museum, Höhe 65 cm, Datierung 720/700 (spätgeometrisch II b)). Fuß und Körper sind schmal, der Hals im Verhältnis dazu wuchtig. Die plastischen, gewellten Schlangen an Mündung, Henkeln und Schulter der Amphora lassen das Gefäß noch schwerer wirken. Dieses für den Totenkult typische Motiv ist gegen Ende des geometrischen Stils besonders verbreitet. Das im späten 8. Jh. am häufigsten verwendete Ornament ist eine kursive Zickzacklinie, die hier an Schulter, Körper und Unterteil der Amphora vorkommt und den Eindruck des Flimmerns der Gefäßoberfläche bewirkt. Man spricht daher vom spätgeometrischen Flimmerstil.

Beispiele:
http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=149304
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Workshop_of_Athens_894_-_Amphora_with_Funerary_Scenes_-_Walters_482231_-_Profile.jpg
http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=210035
– Athen, Archäologisches Nationalmuseum. Inv.-Nr. St 222 (http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=195988)
Literatur:

J. N. Coldstream, Greek Geometric Pottery (1968)
P. Kahane, Die Entwicklungsphasen der attisch-geometrischen Keramik, in: AJA 44, 1940, S. 464 ff.
K. Kübler, Kerameikos. Ergebnisse der Ausgrabungen Bd. V (1954)
E. Simon, Die griechischen Vasen (1981)
J. Boardman, Early Greek Vase Painting (1998)

Geometrische Vasenmalerei: kurze Übersicht über die Entwicklung (Teil 3)

3. Der mittelgeometrische Stil (ca. 850-760):

Mittelgeometrisch I (850 – 800 v. Chr.)

Die Halshenkelamphoren sind mit einer Höhe von 40-60 cm kleiner als die monumentalen frühgeometrischen. Der Körper hat einen höheren Schwerpunkt und der Hals ist noch höher und ausladender. Auch bei der Schulterhenkelamphora wird der Hals höher.

Allmählich breitet sich die Dekoration immer weiter aus. Ein neu hinzukommendes schmales Motiv ist z. B. das Stundenglasmotiv zwischen Gruppen vertikaler Linien. Dieses Muster erscheint am häufigsten um Lippe und Bauch der Halshenkelamphora sowie um Hals und Bauch von Schulterhenkelamphoren. Wenn, wie häufig der Fall, drei schmale Zonen um den Bauch laufen, befindet sich dieses Motiv in der Mitte. Von breiten Motiven werden oft nur der schraffierte Mäander und die mehrfache Zickzacklinie verwendet. Oft ist die Schraffierung mit verdünntem Firnis aufgetragen, sodass die Umrisse stärker hervortreten. Die sogenannte Fenster nehmen jetzt, v. a. auf größeren Gefäßen mehr Raum ein als in der frühgeometrischen Phase. Ihre Ausdehnung wird am ehesten am Hals von Halshenkelamphoren deutlich. Die Fenster nehmen jetzt den ganzen Freiraum zwischen den Henkeln ein. Auf den Hälsen geschlossener Gefäße sind die Halsfenster horizontal gegliedert. Auf Halshenkelamphoren befindet sich eine Reihe von Dreiecken über und unter dem Hauptmotiv.

Beispiele:
http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=200704

Mittelgeometrisch II (800 – 760 v. Chr.)

Der Körper von Halshenkelamphoren folgt der allgemeinen Tendenz zu schmaleren Proportionen, nur kleinere Gefäße bilden hier Ausnahmen.

Der Mäander wird jetzt nicht mehr so sorgfältig gemalt und die Schraffierung ist häufig steiler. Das Stundenglasmotiv ist immer noch auf allen Amphoren üblich, erscheint aber jetzt auf dem Bauch von Halshenkelamphoren meist allein statt als mittlere von 3 Zonen. Manchmal wird das Motiv auch weggelassen und der schwarze Überzug nur von vielen dreifachen ausgesparten Streifen unterbrochen. Die Fensterzone zwischen den Henkeln ist noch größer geworden. Immer noch ist ein breites Motiv in der Mitte, aber die schmaleren, rahmenden Motive sind jetzt über den Henkeln umlaufend.

Figürliche Malerei mit Menschen und Tieren kommt jetzt etwas häufiger vor, die Figuren haben aber noch keinen festen Platz. Insgesamt wird das Interesse an der Natur größer. Füllornamente kommen kaum vor.

Beispiele:
http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=195615
http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=149307

Literatur:

J. N. Coldstream, Greek Geometric Pottery (1968)
P. Kahane, Die Entwicklungsphasen der attisch-geometrischen Keramik, in: AJA 44, 1940, S. 464 ff.
K. Kübler, Kerameikos. Ergebnisse der Ausgrabungen Bd. V (1954)
E. Simon, Die griechischen Vasen (1981)
R. L. Murray, The Protogeometric Style: the first Greek style (1975)
H. Eiteljorg, „The fast wheel, the multiple brush compass and Athens as home of the Protogeometric style“ American Journal of Archaeology (AJA) 84 (1980) pp. 445–452

Geometrische Vasenmalerei: kurze Übersicht über die Entwicklung (Teil 2)

Zu den einzelnen Phasen der attisch-geometrischen Vasenmalerei:

Der protogeometrische Stil (1050-900):

Im protogeometrische Stil, der dem geometrischen Stil vorausgeht, werden bereits einige der nachfolgenden Motive eingeführt. In der protogeometrischen Epoche ist die Dekoration stark reduziert und beschränkt sich meist auf die Schulter. Zentrales Motiv dieser Epoche sind die mit der sogenannten „multiple brush“ gemalten konzentrischen Halbkreise. Gegen Ende der protogeometrischen Epoche nehmen die dunklen Flächen zu.

Beispiele:
– attisch-protogeometrische Bauchhenkelamphora Ker. 544; um 1000 v. Chr. (E. Simon, Taf. 1),
http://www.britannica.com/EBchecked/media/34587/Proto-Geometric-amphora-from-Athens-early-10th-century-BC-in

Frühgeometrisch I (900-875 v. Chr.)

Desborough und Kübler bezeichnen diese Phase als Übergangsphase vom protogeometrischen zum frühgeometrischen Stil, Coldstream dagegen schon als Beginn des frühgeometrischen Stils, da wichtige Merkmale des Geometrischen schon eingeführt sind.

In dieser Phase ist meist der größte Teil des Gefäßes mit schwarzem Glanzton überzogen. Auf diese Weise wird die spärliche Dekoration, meist auf Schulter oder Hals, besonders stark hervorgehoben. Gleichzeitig ersetzen fast überall geradlinige Motive die kurvigen, z. B. diagonale Streifen oder gepunktete Zickzacklinien mit ausgefüllten Spitzen. Neue breite Motive wie der Mäander, für den sich bald eine Diagonalschraffierung durchsetzt, sorgen für ein Gleichgewicht zwischen hell und dunkel.

Der Mäander ist das zentrale Motiv des attisch geometrischen Stils. Die früheste Form ist der Zinnenmäander. Zuerst Hauptmotiv, sinkt er noch im Frühgeometrischen zum Sekundärmotiv herab und wird durch den Schlüsselmäander ersetzt.

Die Halshenkelamphora erhält nun statt der Schulterdekoration ein fensterartiges Feld am Hals und einen Ornamentstreifen am Bauch. Ein solches Fenster findet sich auch auf anderen Gefäßformen und zwar immer in der Henkelzone. Bei Halshenkelamphoren gab es etwas größere Fenster wegen des hohen Halses und die breiten Motive erscheinen zwischen waagerechten Streifen. Mit der Zeit streckt sich die Gefäßform, die Hälse werden größer und der Bauch schiebt sich nach oben.

Beispiele:
– Halshenkelamphora Heidelberg G 78; 2. Hälfte d. 10. Jh. (Übergangsphase) (CVA Taf. 103)
– Halshenkelamphora Agora P 20177; (Coldstream Taf. 1), http://www.agathe.gr/id/agora/image/2000.02.0355
– Halshenkelamphora Ker. 253 (Coldstream Taf. 2)

Frühgeometrisch II (875-850 v. Chr.)

Der Hals von Halshenkelamphoren wird noch höher, aber der Schwerpunkt des Körpers ist nicht höher gewandert. Die Gefäße wirken daher teilweise recht schwer. Die Bauchhenkelamphora folgt der allgemeinen Tendenz zur Streckung des Gefäßes. Neu ist ein plastischer Ring unter der Lippe. Die Schulterhenkelamphora wird langsam schmaler, behält aber ihren kurzen, weit ausladenden Hals.

Das Halsfenster erhält jetzt größeres Gewicht. Die häufigsten Motive an dieser Stelle sind der Mäander und die mehrfache Zickzacklinie, auf großen Gefäßen von einem zusätzlichen Motiv begleitet. Das Repertoire an Ornamenten ist viel beschränkter als in der Phase frühgeometrisch I. Die Schraffierung des Mäanders macht v. a. an den Ecken Schwierigkeiten, sodass man teilweise nach jeder dritten Ecke die Richtung der Schraffierung ändert.

Die Schulterhenkelamphora erhält jetzt ein Fenster an der Schulter, also ebenfalls in der Henkelzone. Am Hals hat sie umlaufende breite Motive. Die Bauchhenkelamphora hat am Bauch umlaufende breite Motive, die bei besonders großen Gefäßen von schmalen Streifen gerahmt werden.

Beispiel:  Athen Nat. Museum Inv. Nr. 185
http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=149308
http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=195612
http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=200615

(Fortsetzung folgt …)

Literatur:

J. N. Coldstream, Greek Geometric Pottery (1968)
P. Kahane, Die Entwicklungsphasen der attisch-geometrischen Keramik, in: AJA 44, 1940, S. 464 ff.
K. Kübler, Kerameikos. Ergebnisse der Ausgrabungen Bd. V (1954)
E. Simon, Die griechischen Vasen (1981)
R. L. Murray, The Protogeometric Style: the first Greek style (1975)
H. Eiteljorg, „The fast wheel, the multiple brush compass and Athens as home of the Protogeometric style“ American Journal of Archaeology (AJA) 84 (1980) pp. 445–452

Geometrische Vasenmalerei: kurze Übersicht über die Entwicklung (Teil 1)

Von etwa ca. 900 bis 700/675 v. Chr. war die griechische Kunst von geometrischen Motiven geprägt. Dieser geometrische Stil wird in drei Phasen eingeteilt:
etwa 900–800 v. Chr.    frühgeometrischer Stil
etwa 800–740 v. Chr.    mittelgeometrischer Stil
etwa 740–700 v. Chr.     spätgeometrischer Stil

Je nach Region und Kunstgattung kann diese zeitliche Einteilung allerdings variieren.

Die Leitform der geometrischen Keramik sind Amphoren und im Folgenden möchte ich anhand einiger Amphoren die Entwicklung des geometrischen Stils in Form und Dekoration kurz darzustellen. Dabei werde ich mich auf den attisch-geometrischen Stil beschränken, da Künstler aus Athen den geometrischen Stil eingeführt und weiter entwickelt haben. Später wurde dieser Stil in der ganzen griechischen Welt nachgeahmt. Außerdem ist die Keramik Athens eingehender studiert worden als die anderer Orte und hier kann der geometrische Stil aufgrund von Ausgrabungen ziemlich genau in eine chronologische Abfolge unterteilt werden.

Einer der ersten, die sich mit den Entwicklungsphasen der attisch-geometrischen Keramik beschäftigten, war Peter Kahane. Er teilte die geometrische Epoche, die von ca. 900 – 700 v. Chr. dauerte, in 4 Phasen ein, und zwar in eine frühgeometrische, eine strenggeometrische, eine reifgeometrische und eine spätgeometrische Phase. Allerdings legte er sich noch nicht bezüglich der genauen Dauer der einzelnen Phasen fest.

Seit Coldstream ist eine Einteilung in früh-, mittel- und spätgeometrisch üblich, wobei jede dieser Phasen noch weiter unterteilt wird. Er folgt dabei Forschern, die sich mit der Agora beschäftigt haben:

1050 – 900   protogeometrische Epoche

900 – 875   frühgeometrisch I
875 – 850   frühgeometrisch II

850 – 800   mittelgeometrisch I
800 – 760   mittelgeometrisch II

760 – 750   spätgeometrisch I a
750 – 735   spätgeometrisch I b
735 – 720   spätgeometrisch II a
720 – 700   spätgeometrisch II b

Bevor ich auf die einzelnen Phasen eingehe, möchte ich die Formen der Amphoren vorstellen, die in der geometrischen Epoche entstanden. Man unterscheidet von links nach rechts Bauchhenkelamphoren, Schulterhenkelamphoren und Halshenkelamphoren bzw. Halsamphoren.

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Die Form der Bauchhenkelamphora lässt sich bis in die protogeometrische Zeit zurückverfolgen. Bei Ausgrabungen im Kerameikos und auf der Agora von Athen hat man beobachtet, dass man Amphorenform fast ausschließlich für weibliche Bestattungen verwendete. Für männliche dagegen diente die Halshenkelamphora, die die Hauptform der geometrischen Epoche ist. Die Schulterhenkelamphora wurde in der protogeometrischen Epoche eingeführt und ersetzt im Lauf der Zeit die Bauchhenkelamphora.

(Fortsetzung folgt…)

Literatur:

J. N. Coldstream, Greek Geometric Pottery (1968)
P. Kahane, Die Entwicklungsphasen der attisch-geometrischen Keramik, in: AJA 44, 1940, S. 464 ff.
K. Kübler, Kerameikos. Ergebnisse der Ausgrabungen Bd. V (1954)
E. Simon, Die griechischen Vasen (1981)
R. L. Murray, The Protogeometric Style: the first Greek style (1975)
H. Eiteljorg, „The fast wheel, the multiple brush compass and Athens as home of the Protogeometric style“ American Journal of Archaeology (AJA) 84 (1980) pp. 445–452

Das wunderbare Leben des Mithras

Neben der Stiertötung, der zentralen Szene im Leben des Mithras (siehe hierzu meinen Beitrag), werden in Mithräen oft auch weitere Szenen aus dem Leben des Mithras dagestellt. Ein gutes Beispiel hat man in Heidelberg-Neuenheim gefunden (http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mithrasrelief-Neuenheim.JPG). Ein wichtiges Thema ist dabei zunächst die Vorgeschichte der Stiertötung: die Darstellungen zeigen  zunächst einen grasenden Stier, dann Mithras mit dem gefangenen Stier auf den Schultern. Offenbar kann der Stier aber noch einmal fliehen und zieht Mithras mit sich. Dieser kann den Stier schließlich aber endgültig einfangen und zieht ihn an den Hinterbeinen fort.

Auf dem Neuenheimer Relief werden aber auch andere Szenen aus dem Leben des Mithras dargestellt: z. B. die Geburt des Mithras, Mithras vor einer Zypresse, von der er Äste abzubrechen scheint, Mithras als Bogenschütze vor einer Wolke oder einem Felsen, Mithras, der auf den Wagen des Sonnengottes aufsteigt, oder Mithras beim gemeinsamen Mahl mit Sol, in der Regel über dem Stier. Daneben können Saturn, Jupiter oder Windgötter dargestellt sein.

Zu den häufigsten Darstellungen gehört die Geburt des Mithras. Sie erscheint nicht nur auf vielen Reliefs, sondern auch als eigenständige Skulptur. Es gab offenbar mehrere Geburtsversionen, aber die sogenannte „Felsgeburt“ wurde am häufigsten dargestellt.

Auch diese Szene ist auf dem Kultrelief aus Neuenheim dargestellt. Mithras steckt noch zur Hälfte in einem Felsen und hält in den Händen einen Dolch und einen Globus, die Symbole seiner Macht. Der Felsen könnte den Himmel symbolsieren, der nach Merkelbach und Cumont bei den Persern aus Stein war. Der Globus charakterisiert Mithras natürlich als Weltherrscher. Dieses Symbol scheint vor allem im germanischen Raum gebräuchlich zu sein – auch in anderen Szenen aus dem Leben des Mithras, kommt aber insgesamt nicht sehr häufig vor. Auf einer Geburtsdarstellung in Trier (http://www.zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/geschichte/roemer/religion/mithras/mithrastr.htm) hält Mithras ebenfalls einen Globus in der einen Hand; mit der anderen berührt er einen Zodiakus, den Tierkreis, der ihn umgibt. Auf dem Trierer Relief finden sich auch Sol, Luna und vier Windgötter als Zeugen der Geburt des Weltherrschers. Die außerdem dargestellten Tiere Rabe, Hund und Schlange spielen wohl bereits auf die Stiertötung an.

Ganz sicher aber weist der Dolch, den Mithras auf den meisten Darstellungen in der Hand hält, auf die Stiertötung. In der anderen Hand hält Mithras oft auch eine Fackel als Symbol für das Licht, das er als Lichtgott bei seiner Geburt in die Welt bringt. Vergleiche hierzu beispielsweise ein Relief aus Dieburg (https://www.museumserver.de/seite/241906/dieburger-mithr%C3%A4um.html).

Auf einem Steinrelief aus Köln hält Mithras dagegen eine Ähre in der Hand, die auf die Tötung des Stieres hinweist bzw. auf das neue Leben, das aus dem Blut des Stieres entsteht. Auch bei Darstellungen der Stiertötung nimmt das Blut, das aus den Wunden des Stieres fließt, oft die Gestalt von Ähren an. Als weitere Attribute können auch Pfeil und Bogen dargestellt sein, mit denen Mithras später Wasser aus einem Felsen schießt oder auf die Jagd geht.

Um den Felsen schlängelt sich bei dieser und vielen Darstellungen eine Schlange. Bei vielen Völkern symbolisiert die Schlange die Erde oder die Unterwelt und vielleicht weist sie hier auf Mithras als Vermittler zwischen Himmel und Erde, zwischen Licht (Fackel) und Finsternis der Unterwelt.

Weiterführende Literatur:
Manfred Clauss: Mithras. Kult und Mysterien. Darmstadt 2012 (aktualisierte Neuausgabe von 1990)
Reinhold Merkelbach: Mithras. Ein persisch-römischer Mysterienkult. Wiesbaden 2005
David Ulansey: Die Ursprünge des Mithraskults. Kosmologie und Erlösung in der Antike. Stuttgart 1998
Maarten J. Vermaseren: Mithras. Geschichte eines Kultes. Stuttgart 1965.

Mithras und die Stiertötung

Der Ursprung des römischen Mithras-Kults ist bis heute umstritten. Der Name Mithras geht zwar auf den iranischen Gott Mithra zurück, aber die Unterschiede zwischen beiden Religionen sind zu groß, um den römischen Mithras direkt auf den iranischen Namensgeber zurückführen zu können. Der Höhepunkt des römischen Mithras-Kults lag im 2. Jahrhundert n. Chr. und er fand sich oft dort, wo römische Soldaten stationiert waren.

Da es den Anhängern des Mithras-Kults verboten war, Außenstehenden etwas über den Kult und seine Rituale zu erzählen, sind unsere Hauptquellen zu dieser Religion archäologsche Funde und Befunde: die Kulträume (Mithräen), deren Ausstattung mit Reliefs und Weihinschriften. Aus den erhaltenen Quellen kann man beispielsweise rekonstruieren, dass die Anhänger des Kults sieben Weihestufen durchlaufen mussten.

Mithräen finden sich im gesamten römischen Imperium. Sie sind in der Regel recht klein und boten immer nur einer kleinen Kultgemeinschaft Platz.  An den seitlichen Wänden gabe es lange Bänke, die als Liegen für die Kultanhänger dienten, die sich hier zu einem gemeinsamen Mahl trafen. Dazwischen führte ein Gang zum Kultbild, das das zentrale Ereignis der mithräischen Mythologie, die Stiertötung (Tauroktonie), zeigte.

Mithras wurde als junger Mann dargestellt. Er trägt eine römische Tunika und eine phrygische Mütze. Er wurde von einer väterlichen Gottheit ausgesandt, einen Stier zu töten und so die Welt zu retten. Einzelne Episoden aus dem Leben des Mithras wurden oft um das zentrale Bild der Stiertötung herum dargestellt. In der Stiertötungsszene selbst, die als Relief oder Freiplastik dargestellt sein konnte, kniet Mithras mit dem linken Bein auf dem Rücken des Stiers. Mit der linken Hand reißt er den Kopf des Stieres nach hinten und tötet mit der anderen Hand den Stier durch einen Dolchstoß. Die Szene wird oft flankiert von den  Fackelträgern Cautes (mit nach oben zeigender Fackel) und Cautopates (bei dem die Fackel nach unten zeigt). Ein Skorpion greift die Hoden des Stiers an, eine Schlange und ein Hund trinken das Blut aus der Wunde des Stiers, wobei das Blut manchmal die Form einer Ähre hat und auf die Schaffung neuen Lebens durch die Stiertötung weist. Über Mithras finden sich auf Reliefs auch die Symbole für Sonne und Mond.

Die traditionelle Deutung sieht in der Tötung des Stiers ein Opfer, aus dem neues Leben entstand. Hierauf weisen beispielsweise die Ähren, die aus den Wunden des Stiers treten. Eine andere Deutung interpretiert diese Szene als Überwindung der tierischen Triebe durch den Menschen und eine astronomische Interpretation deutet die dargestellten Tiere als Sternbilder.

Weiterführende Literatur:
Manfred Clauss: Mithras. Kult und Mysterien. Darmstadt 2012 (aktualisierte Neuausgabe von 1990)
Reinhold Merkelbach: Mithras. Ein persisch-römischer Mysterienkult. Wiesbaden 2005
David Ulansey: Die Ursprünge des Mithraskults. Kosmologie und Erlösung in der Antike. Stuttgart 1998
Maarten J. Vermaseren: Mithras. Geschichte eines Kultes. Stuttgart 1965.

Römische „Triumphbögen“: Geschichte und Bedeutung des römischen Bogenmonuments

Zum Gedächtnis an ein politisches Ereignis von besonderer Tragweite errichtete man im antiken Rom Bogenmonumente für ranghohe Persönlichkeiten. Sie dienten v. a. als überdimensionale Statuenbasen.

In republikanischer Zeit heißt das Bogenmonument einfach fornix. Fornices werden zum ersten Mal zu Beginn des 2. Jh. v. Chr. erwähnt. Sie trugen Triumphwagen zu Ehren von Göttern. Es handelt sich um Siegesmonumente oder Weihgeschenke mit politisch-propagandistischem Charakter. Der fornix steht als Durchgangsbogen über der Straße, an Platzeingängen oder als Einzelmonument auf dem Forum. Es sind wohl einfache, Statuen tragende Bögen, die vielleicht bei einem Waffenerfolg mit Siegessymbolen geschmückt werden. In dieser frühen Zeit werden die Bögen je nach Errichtungsgrund und Bestimmung in Benennung und Gestaltung sorgfältig unterschieden.

Zu Beginn der Kaiserzeit wird die Bezeichnung fornix durch arcus ersetzt, wobei es sich wohl nur um eine Änderung des Sprachgebrauchs und nicht des Monuments handelt. Anstelle der Götter werden nun die Kaiser geehrt, die auf der Attika des Bogens auf einem Triumphwagen stehend dargestellt werden. Die Inschrift an der Attika nennt den Anlass für die Errichtung und die Reliefdarstellungen nehmen auf diesen Anlass Bezug. Hinzu kommen Symbole des Sieges und des Friedens wie Tropaia, Barbaren, Viktorien, Genien und Eroten. Das Bogenmonument spielt v. a. als politisches Propagandainstrument eine wichtige Rolle und dient in erster Linie der Herausstellung politischer Ereignisse und der Ehrung des Kaisers. Privatleute übernehmen v. a. im sepulkralen Bereich diese Vorbilder.

Da sehr viele offizielle Bögen aufgrund von militärischen Erfolgen errichtet werden, wird die triumphale Ausgestaltung im Laufe der Zeit für alle Bogenmonumente bestimmend und im 2. Jh. n. Chr. taucht die Bezeichnung arcus triumphalis zum ersten Mal auch für Bögen auf, die nichts mit einem Triumph zu tun haben.

Der Welzheimer Schuhfund – Römische Schuhmode zu Anfang des 3. Jh. n. Chr. (Teil 2)

Welche Schuhtypen verwendeten die Römer und wie stellten sie ihre Schuhe her?

Wie auch heute noch, wurden fast alle Schuhe auf einem Holzleisten, einer Art vereinfachtem Modell des menschlichen Fußes, gefertigt. Er dient zum Zusammensetzen und Formen der einzelnen Teile des Schuhs. Die einzelnen Teile des Schuhs wurden zusammengeklebt, -genagelt oder -genäht. Für die Sohlen verwendete man kräftiges Rindleder, ansonsten auch Häute von Schafen, Ziegen und Kälbern. Dabei wurde auch gefärbtes Leder verwendet. Neben schwarz kommen z. B. rot, weiß und gelb vor. Heute sind die Lederreste durch die lange Lagerung im Boden fast immer schwarz.

Bei den meisten Schuhen war die Laufsohle zum Schutz vor zu schneller Abnutzung und zum besseren Zusammenhalt der Sohlen benagelt. Die Eisennägel wurden in der Brandsohle vernietet. Die Art der Benagelung ist abhängig vom Geschmack des Käufers, von der Nutzung und vom Schuhtyp.

Funde originaler Schuhe und Darstellungen von Schuhen in der Wandmalerei, in der Plastik und in anderen Kunstgattungen zeigen, dass es viele verschiedene Schuhtypen gab. Die wichtigsten sind
1. geschlossene Schuhe
2. sogenannte Carbatinae
3. Riemensandalen oder Caligae
4. Sandalen mit Zehenriemen

Alle diese Typen kommen nebeneinander vor. Frauen, Männer und Kinder trugen offenbar die gleichen Schuharten. Soziale Unterschiede zeigten sich vermutlich ebenfalls nicht in der Form, sondern in der kostbareren Ausstattung. Die im Welzheimer Ostkastell gefundenen Schuhe zeigen, welche Schuhtypen zu Anfang des 3. Jh. n. Chr. gebräuchlich waren.

Geschlossene Schuhe bilden den Hauptteil der bisher gefundenen Schuhe, auch in Welzheim (36 gesicherte Exemplare). Es handelt sich um typologisch sehr unterschiedliche Schuhe, bei denen der Fuß von einem an den Zehen oder an der Seite zusammengenähten Oberleder eng umschlossen wird. Sohle und Oberleder werden selten zusammenhängend gefunden, da sie durch Nägel zusammengehalten wurden und diese häufig verloren gingen.

Die sogenannten Carbatinae sind aus einem einzigen Stück Leder gearbeitet. Das Schnittmuster variiert etwas, folgt aber im wesentlichen immer dem gleichen Schema. Das Leder wird an der Ferse zusammengenäht und an den Seiten in Schlaufen geschnitten. Anschließend wurde es seitlich hochgebogen und mit einem durch die Schlaufen gezogenen Riemen zusammengebunden. Dieser Schuhtyp ist relativ einfach herzustellen und wurde möglicherweise nicht nur von gelernten Schustern, sondern auch von Laien hergestellt. Unter den Schuhen aus Welzheim konnten bisher 26 sicher als Carbatinae bestimmt werden.

Riemensandalen (sog. Caligae) kommen in zwei Varianten vor: es gibt zum einen den über den Knöchel reichenden, benagelten Soldatenschuh und zum anderen den nur knöchelhohen, teilweise unbenagelten Schuh für Erwachsene und Jugendliche, der oft einfacher gearbeitet ist. Die Caliga besteht aus drei Teilen: zwischen Laufsohle und Brandsohle ist eine dritte Sohle eingefügt, die zusammen mit dem Oberleder, einem Riemengeflecht, aus einem Stück Leder geschnitten ist. Alle drei Sohlen wurden in dichten Reihen zusammengenagelt, wobei die Fußwölbung ausgespart ist. Oft ist die Fußwölbung aber durch drei Nägel zusätzlich gesichert. Dieses D-förmige Nagelmuster kommt bei anderen Schuharten offenbar nicht vor. Das Oberleder wird an der Ferse geschlossen, wobei die Naht innen und außen durch einen Lederstreifen geschützt ist. Die Riemen des Oberleders bilden Schlaufen, die durch einen Riemen über dem Fußrücken zusammengefasst werden, wobei die Enden der Schlaufen kammartig hochstehen. Dieser Schuhtyp ist seit der 1. Hälfte des 2. Jh. n. Chr., zumindest in unserer Region, offenbar nicht mehr gebräuchlich und fehlt daher auch in Welzheim.

Die einfache römische Sandale ist auch heute noch gebräuchlich. Die Form der Sohle ahmt die des Fußes nach, wobei zum Teil sogar die Zehen durch Einschnitte markiert sind. Sie besteht aus bis zu vier miteinander verklebten, vernähten und zum Teil vernagelten Schichten Leder. Der Zehenriemen ist in einer Öse befestigt, die sich zwischen dem großen und dem zweiten Zeh in der Brandsohle befindet. Die Art der Befestigung variiert ebenso wie die Art der Riemenführung über dem Fußrücken. Teilweise wird ein Fersenriemen hinzugefügt, um dem Fuß noch besseren Halt zu geben.

Form und Technik römischer Sandalen haben sich im Lauf der Zeit gewandelt und können daher als Datierungshilfe dienen. Auch die Datierung der Welzheimer Schuhe basiert auf diesem Formenwandel.

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