Zu den einzelnen Phasen der attisch-geometrischen Vasenmalerei:

Der protogeometrische Stil (1050-900):

Im protogeometrische Stil, der dem geometrischen Stil vorausgeht, werden bereits einige der nachfolgenden Motive eingeführt. In der protogeometrischen Epoche ist die Dekoration stark reduziert und beschränkt sich meist auf die Schulter. Zentrales Motiv dieser Epoche sind die mit der sogenannten „multiple brush“ gemalten konzentrischen Halbkreise. Gegen Ende der protogeometrischen Epoche nehmen die dunklen Flächen zu.

Beispiele:
– attisch-protogeometrische Bauchhenkelamphora Ker. 544; um 1000 v. Chr. (E. Simon, Taf. 1),
http://www.britannica.com/EBchecked/media/34587/Proto-Geometric-amphora-from-Athens-early-10th-century-BC-in

Frühgeometrisch I (900-875 v. Chr.)

Desborough und Kübler bezeichnen diese Phase als Übergangsphase vom protogeometrischen zum frühgeometrischen Stil, Coldstream dagegen schon als Beginn des frühgeometrischen Stils, da wichtige Merkmale des Geometrischen schon eingeführt sind.

In dieser Phase ist meist der größte Teil des Gefäßes mit schwarzem Glanzton überzogen. Auf diese Weise wird die spärliche Dekoration, meist auf Schulter oder Hals, besonders stark hervorgehoben. Gleichzeitig ersetzen fast überall geradlinige Motive die kurvigen, z. B. diagonale Streifen oder gepunktete Zickzacklinien mit ausgefüllten Spitzen. Neue breite Motive wie der Mäander, für den sich bald eine Diagonalschraffierung durchsetzt, sorgen für ein Gleichgewicht zwischen hell und dunkel.

Der Mäander ist das zentrale Motiv des attisch geometrischen Stils. Die früheste Form ist der Zinnenmäander. Zuerst Hauptmotiv, sinkt er noch im Frühgeometrischen zum Sekundärmotiv herab und wird durch den Schlüsselmäander ersetzt.

Die Halshenkelamphora erhält nun statt der Schulterdekoration ein fensterartiges Feld am Hals und einen Ornamentstreifen am Bauch. Ein solches Fenster findet sich auch auf anderen Gefäßformen und zwar immer in der Henkelzone. Bei Halshenkelamphoren gab es etwas größere Fenster wegen des hohen Halses und die breiten Motive erscheinen zwischen waagerechten Streifen. Mit der Zeit streckt sich die Gefäßform, die Hälse werden größer und der Bauch schiebt sich nach oben.

Beispiele:
– Halshenkelamphora Heidelberg G 78; 2. Hälfte d. 10. Jh. (Übergangsphase) (CVA Taf. 103)
– Halshenkelamphora Agora P 20177; (Coldstream Taf. 1), http://www.agathe.gr/id/agora/image/2000.02.0355
– Halshenkelamphora Ker. 253 (Coldstream Taf. 2)

Frühgeometrisch II (875-850 v. Chr.)

Der Hals von Halshenkelamphoren wird noch höher, aber der Schwerpunkt des Körpers ist nicht höher gewandert. Die Gefäße wirken daher teilweise recht schwer. Die Bauchhenkelamphora folgt der allgemeinen Tendenz zur Streckung des Gefäßes. Neu ist ein plastischer Ring unter der Lippe. Die Schulterhenkelamphora wird langsam schmaler, behält aber ihren kurzen, weit ausladenden Hals.

Das Halsfenster erhält jetzt größeres Gewicht. Die häufigsten Motive an dieser Stelle sind der Mäander und die mehrfache Zickzacklinie, auf großen Gefäßen von einem zusätzlichen Motiv begleitet. Das Repertoire an Ornamenten ist viel beschränkter als in der Phase frühgeometrisch I. Die Schraffierung des Mäanders macht v. a. an den Ecken Schwierigkeiten, sodass man teilweise nach jeder dritten Ecke die Richtung der Schraffierung ändert.

Die Schulterhenkelamphora erhält jetzt ein Fenster an der Schulter, also ebenfalls in der Henkelzone. Am Hals hat sie umlaufende breite Motive. Die Bauchhenkelamphora hat am Bauch umlaufende breite Motive, die bei besonders großen Gefäßen von schmalen Streifen gerahmt werden.

Beispiel:  Athen Nat. Museum Inv. Nr. 185
http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=149308
http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=195612
http://arachne.uni-koeln.de/arachne/index.php?view[layout]=objekt_item&search[constraints][objekt][searchSeriennummer]=200615

(Fortsetzung folgt …)

Literatur:

J. N. Coldstream, Greek Geometric Pottery (1968)
P. Kahane, Die Entwicklungsphasen der attisch-geometrischen Keramik, in: AJA 44, 1940, S. 464 ff.
K. Kübler, Kerameikos. Ergebnisse der Ausgrabungen Bd. V (1954)
E. Simon, Die griechischen Vasen (1981)
R. L. Murray, The Protogeometric Style: the first Greek style (1975)
H. Eiteljorg, „The fast wheel, the multiple brush compass and Athens as home of the Protogeometric style“ American Journal of Archaeology (AJA) 84 (1980) pp. 445–452