Der Tempel steht auf einem Hügel über der Sentinum-Ebene, wo die Römer 295 v. Chr. eine Koalition von gallischen Senonen, Etruskern, Umbrern und Samniter besiegten und damit die Romanisierung dieses Gebietes einleiteten. Dieser Sieg könnte Anlass für den Bau des zu den Terrakotten gehörenden Tempels gewesen sein, wobei die italischen Völker allerdings gar nicht auftauchen. Die Darstellungen beschränken sich auf die Gallier, die offenbar gegen Gottheiten kämpfen. Der dargestellte Kampf bezieht sich für viele Forscher auf den Versuch der Gallier, das Heiligtum von Delphi zu plündern. Dieses Ereignis fand ca. 100 Jahre vor der Schlacht von Sentinum statt und war mythisch erhöht worden, indem man die Abwehr der Gallier verschiedenen Gottheiten zuschrieb. Tatsache ist, dass der Sieg in Civitalba wohl auf die Abwehr des gallischen Alptraums der Römer reduziert. Allerdings boten die etruskisch-italischen und römischen Begegnungen mit Galliern sicherlich genügend, auch mythisch verklärte Geschichten – z. B. die gescheiterte Einnahme des Kapitols in Rom -, um einen Verweis auf das griechische Delphi unnötig zu machen.
Die Terrakotta-Skulpturen befinden ich heute im Museo Archeologico Nazionale delle Marche in Ancona.
Literaturauswahl:
- P. v. Bienkowski, Die Darstellungen der Gallier in der hellenistischen Kunst (1908) 93–104
- U. Höckmann, Gallierdarstellungen in der etruskischen Grabkunst des 2. Jhs. v. Chr., JdI 106, 1991, 212–213
- I Galli e l’Italia. Ausstellungskatalog Rom (1978) 200–201, Kat. 544
- M. Segre, Sulle urne etrusche con figurazioni di Galli saccheggianti, St.Etr. 8, 1934, 137-142
- M. Segre, Il sacco di Delfi e la leggenda dell‘ „aureum Tolosanum“, Hist. 3, 1929, 592-648
- M. Sprenger – G. Bartoloni, Die Etrusker. Geschichte und Kunst (1990) Taf. 280-283
- A. Zimmermann, Plündernde Gallier in der etruskisch-italischen Kunst, Thetis 2, 1995, 88
- H.-U. Cain, Fromm – fremd – barbarisch. Die Religion der Kelten (Ausstellungskatalog 2002) 53 – 55
- https://www.romanoimpero.com/2019/03/civitalba-marche.html