Der Ursprung des römischen Mithras-Kults ist bis heute umstritten. Der Name Mithras geht zwar auf den iranischen Gott Mithra zurück, aber die Unterschiede zwischen beiden Religionen sind zu groß, um den römischen Mithras direkt auf den iranischen Namensgeber zurückführen zu können. Der Höhepunkt des römischen Mithras-Kults lag im 2. Jahrhundert n. Chr. und er fand sich oft dort, wo römische Soldaten stationiert waren.

Da es den Anhängern des Mithras-Kults verboten war, Außenstehenden etwas über den Kult und seine Rituale zu erzählen, sind unsere Hauptquellen zu dieser Religion archäologsche Funde und Befunde: die Kulträume (Mithräen), deren Ausstattung mit Reliefs und Weihinschriften. Aus den erhaltenen Quellen kann man beispielsweise rekonstruieren, dass die Anhänger des Kults sieben Weihestufen durchlaufen mussten.

Mithräen finden sich im gesamten römischen Imperium. Sie sind in der Regel recht klein und boten immer nur einer kleinen Kultgemeinschaft Platz.  An den seitlichen Wänden gabe es lange Bänke, die als Liegen für die Kultanhänger dienten, die sich hier zu einem gemeinsamen Mahl trafen. Dazwischen führte ein Gang zum Kultbild, das das zentrale Ereignis der mithräischen Mythologie, die Stiertötung (Tauroktonie), zeigte.

Mithras wurde als junger Mann dargestellt. Er trägt eine römische Tunika und eine phrygische Mütze. Er wurde von einer väterlichen Gottheit ausgesandt, einen Stier zu töten und so die Welt zu retten. Einzelne Episoden aus dem Leben des Mithras wurden oft um das zentrale Bild der Stiertötung herum dargestellt. In der Stiertötungsszene selbst, die als Relief oder Freiplastik dargestellt sein konnte, kniet Mithras mit dem linken Bein auf dem Rücken des Stiers. Mit der linken Hand reißt er den Kopf des Stieres nach hinten und tötet mit der anderen Hand den Stier durch einen Dolchstoß. Die Szene wird oft flankiert von den  Fackelträgern Cautes (mit nach oben zeigender Fackel) und Cautopates (bei dem die Fackel nach unten zeigt). Ein Skorpion greift die Hoden des Stiers an, eine Schlange und ein Hund trinken das Blut aus der Wunde des Stiers, wobei das Blut manchmal die Form einer Ähre hat und auf die Schaffung neuen Lebens durch die Stiertötung weist. Über Mithras finden sich auf Reliefs auch die Symbole für Sonne und Mond.

Die traditionelle Deutung sieht in der Tötung des Stiers ein Opfer, aus dem neues Leben entstand. Hierauf weisen beispielsweise die Ähren, die aus den Wunden des Stiers treten. Eine andere Deutung interpretiert diese Szene als Überwindung der tierischen Triebe durch den Menschen und eine astronomische Interpretation deutet die dargestellten Tiere als Sternbilder.

Weiterführende Literatur:
Manfred Clauss: Mithras. Kult und Mysterien. Darmstadt 2012 (aktualisierte Neuausgabe von 1990)
Reinhold Merkelbach: Mithras. Ein persisch-römischer Mysterienkult. Wiesbaden 2005
David Ulansey: Die Ursprünge des Mithraskults. Kosmologie und Erlösung in der Antike. Stuttgart 1998
Maarten J. Vermaseren: Mithras. Geschichte eines Kultes. Stuttgart 1965.