Archäologischer Landschaftspark in Nettersheim

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Das Naturzentrum Eifel in Nettersheim ist jetzt um eine Attraktion reicher: Der Archäologische Landschaftspark informiert an 8 Stationen entlang eines über 4 km langen Rundweg über das Leben der Römer an dieser Stelle, dem antiken Marcomagus. 2009 wurde eine römische Siedlung entdeckt und seitdem vom Archäologischen Institut der Universität zu Köln ausgegraben. Auch das seit Anfang des 20. Jahrhunderts bekannte Matronen-Heiligtum wurde dabei neu erforscht. Siedlung, Heiligtum und ein Kleinkastell lagen an der Römerstraße Via Agrippa, die Trier mit Köln verband.

Der Rundweg beginnt im Naturzentrum Eifel. Dort geben verschiedene Ausstellungen einen Überblick über Fauna, Flora und Geologie der Eifel sowie über die das Leben der Römer in dieser Region. Der Museumsshop lädt zum Stöbern ein und bietet unter anderem eine große Auswahl an Büchern über die Eifel.

Im Archäologischen Landschaftspark wurden die bisher ergrabenen Funde sichtbar gemacht. Das Matronenheiligtum wurde nach den Grabungen der letzten Jahre neu rekonstruiert. Früher nahm man an, dass es sich um einen gallo-romanischen Umgangstempel handelte. Der Umgang war aber nicht breit genug. Kopien der Weihesteine für die hier verehrten Matronen wurden nun auch der originalen Fundlage entsprechend um den Haupttempel herum aufgestellt. In der Vergangenheit standen sie am Eingang zum Tempelbezirk. Noch heute werden Blumen an den Weihesteinen niedergelegt.

Gleich hinter dem Matronenheiligtum beginnt die römische Siedlung. Sie bestand aus sogenannten Streifenhäusern, die sich wie Perlen links und rechts der Via Agrippa aufreihten. Die Außenmauern einiger dieser Häuser wurden durch Mauerzüge sichtbar gemacht, damit sich der Besucher eine Vorstellung von der Größe machen kann. Leider hat man darauf verzichtet, auch die Innenaufteilung sichtbar zu machen.

Im weiteren Verlauf der Via Agrippa wurde in der Spätantike auf dem anderen Ufer des Urftbaches ein Kleinkastell errichtet. Eine Besonderheit hier ist, dass die beiden Tore nicht in einer Linie liegen.

Wirtschaftliche Grundlage der in Marcomagus lebenden Römer war die Erzgewinnung. Auf dem Rückweg zum Naturzentrum wird an der Nachbildung eines sogenannten Rennofens gezeigt, wie das Erz gewonnen wurde.

Am Ende des Rundgangs lädt eine Taverne zu römischen Gerichten ein. Hier werden auch einfache Übernachtungsmöglichkeiten angeboten.

Das Naturzentrum und der Archäologische Landschaftspark bieten eine Reihe von Veranstaltungen an, die interessierten Besuchern Natur und Archäologie näherbringen. Dazu gehören Camps von Römern und Eburonen, den vorrömischen Bewohnern dieser Gegend, Kochkurse zu römischen Gerichten oder die Möglichkeit, an Grabungen teilzunehmen.

Infos: http://www.naturzentrum-eifel.de/themenwelten/archaeologie.html

Adresse:

Urftstr. 2–4
53947 Nettersheim
Tel.: 02486 / 12 46
Eintritt:

Ausstellungen im Hauptgebäude (Obergeschoss)
inkl. Haus der Fossilien, Werkhäuser und historisches Bauernhaus:

Erwachsene 2,00 €
Kinder 1,00 €
Familien 4,00 €

 

Imperium der Götter: zur aktuellen Ausstellung in Karlsruhe (Teil 4)

Wie wir sahen, durchliefen alle bisher vorgestellten Kulte verschiedene und zum Teil ganz entscheidende Änderungen auf ihrem Weg in die römische Götterwelt. Teilweise kann diese Umformung kaum noch nachvollzogen werden, z. B. beim Mithraskult. Allen gemeinsam war aber, dass sie keinen Anspruch auf Exklusivität stellten und zusammen mit anderen Göttern verehrt werden konnten.

Im Umfeld dieser antiken Religionen entwickelten sich aber auch das monotheistische Judentum und daraus später das Christentum.

Kern der jüdischen Religion ist der Glaube an den einzigen Gott Jahwe und sein Bund  mit seinem Volk. Jüdische Gemeinden gab es überall im römischen Reich. Zentrum ihrer Religion und ihrer Identität war für Juden jedoch Jerusalem mit seinem Tempel. Dazu kam die Befolgung der 12 Gebote und anderer Vorschriften in der Tora im täglichen Leben. Dazu gehören beispielsweise die Beschneidung und die Einhaltung des Sabbat, des Ruhetags, an dem jede Arbeit verboten ist. Juden selbst verehrten zwar nur einen Gott, akzeptierten jedoch, dass andere Menschen andere Götter anbeteten.

70 n. Chr. schlugen die Römer unter Kaiser Vespasian einen Aufstand der Juden nieder und zerstörten den Tempel in Jerusalem. Der Tempel wurde nie wieder aufgebaut. Nur ein Teil der Stützmauer des Plateaus, auf dem der Tempel stand, ist heute noch zu sehen und bildet die sogenannte Klagemauer. Kaiser Hadrian schließlich verbot den Juden nach dem Bar-Kochba-Aufstand sogar, die Stadt Jerusalem zu betreten. Das Volk der Juden siedelte sich in anderen Gegenden an und versammelten sich in Synagogen zum Gottesdienst.

Die Karlsruher Ausstellung zeigt ein Modell der Synagoge von Dura Europos, Grabinschriften und verschiedene Gegenstände mit Darstellungen jüdischer Symbole.

Aus dem Judentum ging später das Christentum hervor. Es begann als eine kleine Gruppe, die sich um Jesus scharte. In den Augen seiner Anhänger war Jesus der Messias, der von den Juden lang ersehnte Heilsbringer. Er gilt als Sohn Gottes, der mit seinem Tod die Sünden der Menschen auf sich nahm, und seine Auferstehung vom Tod gab seinen Anhängern Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Unterschied zu den anderen sogenannten Erlösungsreligionen, die die Karlsruher Ausstellung präsentiert, ist der absolute Monotheismus des Christentums. Nur als getaufter Christ hat man jetzt Anspruch auf Erlösung. Nicht mehr nur der Lebenswandel, sondern die Zugehörigkeit zu christlichen Gemeinschaft sind ausschlaggebend für die Erlösung durch Gott.

Diese extreme Abgrenzung gegenüber Andersgläubigen führte immer wieder zu Konflikten mit der Umwelt und zur Verfolgung durch den römischen Staat. Die Treffen im Geheimen schürte außerdem das Misstrauen der Umwelt. Dieses schwierige Verhältnis zum römischen Staat änderte sich erst im 4. Jh. n. Chr., als das Christentum nicht nur allgemein akzeptiert wurde, sondern schließlich alle anderen Religionen verboten wurden.

Die christliche Kunst entwickelte sich im Umfeld der paganen Symbolik. Die ersten Christen deuteten die vorhandenen Symbole und Darstellungen um. Erst im Lauf der Zeit entwickelten sich rein christliche Darstellungen, die Motive aus der Bibel umsetzten. Diese Entwicklung kann man besonders gut bei den Darstellungen in den unterirdischen Nekropolen Roms, den Katakomben, und auf Sarkophagen nachvollziehen. Die Ausstellung zeigt zum Beispiel mehrere Sarkophage mit christlichen Motiven, wie Wunder Jesu oder seine Passion. Highlight dieses Ausstellungsteils ist aber der Nachbau einer Kammer der rein christlichen Katakombe der „Heiligen Marcellinus und Petrus“ an der Via Labicana.

Zum Schluss geht die Karlsruher Ausstellung noch auf die Nachwirkung antiker Religionen in späteren Jahrhunderten ein. In Kunst und Literatur – bis hin zu Historienfilmen mit religiösem Hintergrund.

Insgesamt ist die Ausstellung meines Erachtens sehr gut gelungen und gibt einen umfassenden Überlick über die Religionen im römischen Reich.

 

Imperium der Götter: zur aktuellen Ausstellung in Karlsruhe (Teil 3)

Neben Magna Mater war auch die ägyptische Göttin Isis (http://www.landeskunde-online.de/rhein/kultur/museen/blmka/ausst/imperium_der_goetter/isis.htm) bei den Römern sehr beliebt. In Mainz teilten sie sich sogar ein Heiligtum.

Isis hatte viele Funktionen: sie war unter anderem eine mütterliche Göttin und eine Schutzgöttin, aber auch eine Totengottheit und Göttin der Wiederbelebung. Im Lauf der Zeit verschmolz sie mit verschiedenen anderen Göttinnen, z. B. mit Demeter. Ihre Ursprünge sind bisher nicht eindeutig geklärt, aber sie tritt etwa gleichzeitig mit ihrem Ehemann Osiris auf. Dieser war Gott der Unterwelt, Vorsitzender des Totengerichts und Herrscher über Tod und Wiedergeburt. Der Osiris-Mythos erzählt, dass er von seinem Bruder Seth ermordet und zerstückelt wurde. Isis suchte die einzelnen Teile ihres Mannes zusammen, reanmierte Osiris und zeugte das Kind Horus mit ihm.

Der Kult dieser Götterfamilie gewann in der Spätzeit Agyptens immer stärker an Bedeutung. Unter den Ptolemäern verschmolz Osiris mit dem Apis-Stier, dem Hauptgott ihres anfänglichen Regierungssitzes Memphis, zu Serapis. Dieser wurde Hauptgott der neuen Hauptstadt Alexandria und die Darstellungen des neuen Götterfamilie Isis, Serapis und der nun Harpokrates genannte Horus standen in der Tradition griechisch-römischer Gottesvorstellungen. In der späthellenistischen Zeit begann auch der Siegeszug der Götterfamilie in die Welt der Römer, die vor allem Isis verehrten.

Auch im römischen Reich wies der Kult der Isis ägyptisierende Züge auf: die Priester hatten kahlgeschorene Köpfe (römische Priester verhüllten ihr Haupt beim Opfer) und das Wasser des Nils, mit dem Isis ihren Mann Osiris wieder zum Leben erweckt hatte, war fester Bestandteil des Kults. Mit dem Kult der altägyptischen Göttin hatte dieser neue Kult, der sich im ganzen römischen Reich verbreitete, allerdings nichts mehr gemein. Die Anhänger dieses romanisierten Kults erhofften sich von Isis wie von allen Göttern zunächst einmal Hilfe und Schutz im Alltag. Die in ihren Mysterienkult eingeweihten konnten außerdem nach ihrem Tod wie Osiris auf eine Wiederbelebung durch Isis hoffen.

Als Beispiel für ein Heiligtum der Isis wird das Iseum in Pompeji vorgestellt. Die in der Ausstellung gezeigten Bildnisse von Isis, Osiris, Serapis und Horus/Harpokrates zeigen die Entwicklung von den ägyptischen zu den griechisch-römischen Darstellungen. Schon in ihrer ägyptischen Erscheinungsform fällt eine Darstellungsform der Isis besonders auf: die Isis Lactans, d. h. die stillende Isis. Diese Darstellung zeigt Isis mit dem Horusknaben auf dem Schoß, während sie Horus stillt. Die späteren Darstellungen von Maria, die das Jesuskind stillt, gehen vermutlich auf dieses Vorbild zurück.

(Fortsetzung folgt …)

Imperium der Götter: zur aktuellen Ausstellung in Karlsruhe (Teil 2)

Ein großer Teil der Ausstellung ist dem Mithras-Kult gewidmet. Das Landesmuseum in Karlsruhe besitzt selbst zwei der größten Mithras-Reliefs, die in Deutschland gefunden wurden: die Refliefs aus Heidelberg-Neuenheim und Osterburken. Für die Ausstellung ist es gelungen, auch die Reliefs aus Ni­da-Hed­dern­heim und Die­burg als Leihgaben nach Karlsruhe zu holen. Das Relief aus Dieburg zeigt auf der Rückseite eine bisher einmalige Darstellung im Zusammenhang mit dem Mithraskult: den Mythos des Phaeton, der beim Versuch, den Sonnenwagen seines Vaters Helios zu fahren, die Kontrolle über das Gespann verliert und eine Katastrophe auslöst.

Zunächst aber geht die Ausstellung kurz auf die möglichen Urspünge des römischen Mithraskults ein. Bis heute  ist die Entstehung des Kults umstritten. Es gab eine indoiranische Gottheit Mithra , die im 14. Jahrhundert v. Chr. erstmals erwähnt wird. „Mitra“ bedeutet „Vertrag“ und so nennt unsere Quelle, die Awesta (Schriften des Zoroasther), den Schutz von Verträgen als die Hauptaufgabe des Gottes Mithra. Er galt offenbar auch als Lichtbringer (Reliefs zeigen Mithra mit einem Strahlenkranz) und als Lebensspender. Auch wenn einige Funktionen des römischen Mithras bereits in der Awesta erscheinen, können wir bis heute nicht ganau nachvollziehen, ob, wie und ggf. warum sich der Kult in seiner römischen Ausprägung aus der indoeuropäischen Gottheit entwickelt hat.

Anschließend zeigt die Karlsruher Ausstellung die oben genannten Kultreliefs mit ihren Bildprogrammen. Zu den dargestellten Szenen siehe meine früheren Beiträge „Mithras und die Stiertötung“ und „Das wunderbare Leben des Mithras„. Neben diesen großen Kultreliefs und verschiedenen anderen Funden, die einen Einblick in den Mithraskult geben, ist die Hauptattraktion der Ausstellung der ori­gi­nal­ge­treue Nach­bau des Mithras-Hei­lig­tums aus Santa Ma­ria Ca­pua Ve­te­re in Ita­li­en.

Ein weiterer Gott, der mit dem Stier verbunden ist, ist Jupiter Dolichenus. Sein Hauptheiligtum lag in Doliche im Südosten der heutigen Türkei. Die Stadt wurde Anfang des 3. Jahrhunderts v. Chr. neu gegründet und der in dieser Region seit alters her verehrte Wettergott wurde zu ihrem Hauptgott. Ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. verbreitete sich der Kult im gesamten römischen Reich, offenbar vor allem durch römische Soldaten. Im Laufe der Zeit entwickelte sich Jupiter Dolichenus zu einer der beliebtesten Gottheiten der Römer.

Der ursprüngliche Wettergott wurde auf einem Stier stehend mit Doppelaxt und Blitzbündel dargestellt. Dabei trug er orientalische Kleidung, einen Helm mit Hörnern und sein Haar zu einem Zopf geflochten. Spätere „romanisierte“ Darstellungen zeigen Jupiter Dolichenus in der Regel im Brustpanzer. Auch Zopf und Hörner sind verschwunden. Es sind inzwischen unzählige dreieckige Votivbleche, aber auch Skulpturen und Reliefs mit dieser Ikonographie gefunden worden und die Karlsruher Ausstellung zeigt eine Auswahl der interessantesten Stücke.

Aus den gefundenen Inschriften scheint hervorzugehen, dass Jupiter Dolichenus für irdische Belange zuständig war und beispielwweise um Schutz gebeten wurde. Es fehlen dagegen Hinweise, dass man sich von ihm ein besseres Leben im Jenseits versprach. Er galt als allmächtiger Gott und als er zulassen musste, dass sein Hauptheiligtum Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. von den Sassaniden zerstört wurde, ging sein Kult ebenfalls unter.

 

(Fortsetzung folgt …)

Imperium der Götter: zur aktuellen Ausstellung in Karlsruhe (Teil 1)

Noch bis zum 18. Mai 2014 sind Mithras, Isis und andere Götter des römischen Reichs zu Gast in Karlsruhe (http://www.landesmuseum.de/website/Deutsch/Sonderausstellungen/Aktuell/Imperium_der_Goetter.htm). Die großartige Ausstellung bietet einen umfangreichen Überblick über die römische Götterwelt im 3. Jh. n. Chr. Siehe auch die Website des Museums. Ein ausführlicher Begleitband beleuchtet die Religionen des römischen Weltreichs und viele Einzelaspekte der Götterverehrung intensiver.

Zunächst wird die römische Staatsreligion vorgestellt. „Religio“ ist zunächst die religiöse Verpflichtung, d. h. die Pflicht des Staates und des Einzelnen, die Götter zu achten und ihnen nach fest vorgeschriebenen Regeln Opfer zu bringen. Die offiziellen Rituale gegenüber den Hauptgöttern Jupiter Optimus Maximus, Juno und Minerva und später die Verehrung des Kaisers waren zwar notwendig, damit es dem römischen Staat als Ganzes gut ging. Der Einzelne wandte sich jedoch an persönlichere Götter. Als bäuerliches Volk verehrten die Römer viele Gottheiten, die mit Landwirtschaft zu tun hatten, und in jedem römischen Haus sorgten Laren und Penaten für das Wohlergehen der Familie.

Im Kontakt mit Etruskern, Griechen und anderen Völkern füllte sich der römische Götterhimmel im Laufe der Zeit. Fremde Götter wurden nicht unterdrückt, sondern in den römischen Pantheon aufgenommen. Götter mit ähnlichen Aufgaben wurden den vorhandenen Göttern gleichgesetzt und andere Götter wurden einfach neu aufgenommen. So konnte jeder Bewohner des römischen Imperiums „seinen“ Gott anbeten – solange er seine Pflichten gegenüber den Staatsgöttern und dem Kaiser nachkam.

Vor allem Götter aus dem Osten des Reichs sprachen die Römer offenbar an. Sie versprachen ihren Anhängern ein besseres Leben nach dem Tod. Diese Götter bilden den Schwerpunkt der Karlsruher Ausstellung.

Sogenannte Mysterienkulte gab es schon in Griechenland. Demeter und Dionysos verlangten eine besondere Einweihung in ihren Kult und die Eingeweihten mussten gegenüber Außenstehenden absolutes Stillschweigen über Riten und Kult bewahren. Die erste orientalische Gottheit, die Einzug in Rom hielt, war Magna Mater, die große Mutter, die vermutlich aus Phrygien stammt. Zur Zeit des zweiten Punischen Krieges (218–201 v. Chr.) holten die Römer das Kultbild der Göttin (in Gestalt eines Meteoriten) aufgrund der Weissagungen der Sybillinischen Bücher nach Rom. Man schuf eine silberne Statue, in die der Meteorit eingearbeitet wurde und stellte sie zunächst im Tempel der Victoria auf. Der Sieg über die Karthager wurde Magna Mater zugeschrieben und man baute ihr einen eigenen Tempel. Man hielt ihr zu Ehren jedes Jahr Spiele ab (die ludi Megalenses vom 4. bis 11. April) und der römische Staat brachte ihr ein jährliches Opfer dar. Zusammen mit Magna Mater / Kybele wurde ihr Geliebter Attis verehrt. Es gint verschiedene Überlieferungen. Dem Mythos zufolge gingen beide aus Agdistis hervor, der wegen seines furchterregenden Wesens von den Göttern kastriert wurde. Als Attis später heiraten will, rast Kybele vor Eifersucht und lässt die Hochzeitsgesellschaft wahnsinnig werden. Attis entmannt sich in diesem Anfall von Wahnsinn und verblutet. Einige Mythen erzählen, das Kybele Attis jedoch wieder zum Leben erweckt. Es scheint, dass in dieser Überwindung des Todes der Urspung eines Mysterienkults lag, der seinen Anhängern Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod versprach.

(Fortsetzung folgt …)

Urlaubstipp: Museo Arqueológico del Puerto de La Cruz (Teneriffa) – Die Keramik der Guanchen

CIMG1225Museo Arqueológico del Puerto de La Cruz

C/ El Lomo, 9A
38400 Puerto de la Cruz
www.arqueopc.com

Die Dauerausstellung des kleinen Archäologischen Museums in Puerto de la Cruz zeigt die Keramik der Guanchen, der kanarischen Ureinwohner. Die Texte an den Wänden sind leider nur in Spanisch, aber für deutschsprachige Besucher liegt ein Faltblatt als Ausstellungsführer aus.

Die kanarischen Ureinwohner haben uns leider keine Schriftquellen hinterlassen. Für die Rekonstruktion ihrer Lebensweise stehen uns daher neben den Beschreibungen der Eroberer nur die archäologischen Funde zur Verfügung. Wie so oft in der archäologischen Forschung ist dabei die Keramik aufgrund ihrer Haltbarkeit unter den verschiedensten Umgebungsbedingungen eine der wichtigsten Quellen. In sechs kleinen Sälen werden die verschiedenen Formen der Keramik der Guanchen, ihre Herstellung und ihre Nutzung präsentiert.

Die kanarischen Ureinwohner nutzten Höhlen als Wohnstätten und in Saal 1 ist eine solche Wohnstätte mit Feuerstelle und einigen Gefäßen nachgebildet. Saal 2 informiert über das Rohmaterial Lehm bzw. Tonerde. Mit Hilfe der heutigen traditionellen Töpferei auf Teneriffa werden die einzelnen Schritte von der Gewinnung und Vorbereitung des Rohmaterials zu einer homogenen formbaren Masse über die Formung der Gefäße per Hand (die Töpferscheibe war nicht bekannt) bis zum Brand gezeigt.

Ohne Töpferscheibe gibt es zwei Möglichkeiten Tongefäße herzustellen. Zum einen kann ein Tonklumpen ausgehöhlt und die Ränder hochzogen werden bis eine dünne Wand entsteht. Eine andere Möglichkeit besteht darin, schlangenförmige Wülste zu Wänden aufzubauen und dann solange zu glätten bis ebenfalls die gewünschte Form mit einer dünnen Wand entsteht. Danach wurde das Gefäß zunächst an der Luft getrocknet und zum Schluss gebrannt. Dieser Brand erfolgte vermutlich im offenen Feuer.

In den nächsten Sälen werden die verschiedenen Gefäßformen und ihre mögliche Verwendung gezeigt: Es gab Gefäße zum Kochen, zum Schöpfen und zur Aufbewahrung. Außerdem wurden aus Ton auch Schmuckstücke und in seltenen Fällen figürliche Darstellungen hergestellt. Auch den Toten gab man Gefäße für ihr Leben im Jenseits mit. Die Nachbildung einer Bestattungshöhle kann man in Saal 6 durch ein Guckloch sehen.

Mit dieser kleinen Daueraustellung präsentiert das Archäologische Museum in Puerto de la Cruz einen interessanten Ausschnitt aus dem Leben der Guanchen. Die Ausstellung zeigt außerdem, wie Archäologen versuchen müssen, aus Fundstücken ihre Herstellung und Bedeutung zu rekonstruieren und es dabei doch oft auch bei Vermutungen bleiben muss.

 

Öffnungszeiten
Von Dienstag bis Samstag:
10.00 bis 13.00 Uhr und 17:00 bis 21:00 Uhr
Sonntag
10.00 bis 13.00 Uhr

Sonntags Eintritt frei, sonst 2 €

Römische Wandmalerei (Teil 4): 4. römisch-pompejanischer Stil (50 bis 79 n. Chr.)

Der vierte Stil greift auf die vorangegangenen Stile zurück und vereint sie zu einem phantasievollen Neuen. Die Sockelzone imitiert wie der erste Stil Marmorblöcke, aus dem zweiten Stil werden Wanddurchbrüche mit Blick auf virtuose Architekturen übernommen und auch die Säulen werden wieder perspektivisch dargestellt. Bei der im Hintergrund zu sehenden Architektur handelt sich jedoch nicht mehr um logische und real vorkommende Architekturformen. Stattdessen werden Architekturfragmente ineinander und übereinander gestapelt, wie sie in der Wirklichkeit nicht vorkommen können. Aus dem dritten Stil stammen die „gerahmten Wandbilder“, die frei im Raum schwebenden Figuren und die zierlichen Ranken.

Möglicherweise verbandt der Maler Fabullus, der die Domus Aurea, den neuen Palast Neros ausmalte, die bisherigen Stile zu diesem neuen Stil. Dieser Stil verbreitete sich dann recht schnell und wir finden noch einige Beispiele in Pompeji und Herkulaneum, bevor der Vesuvausbruch die beiden Städte auslöschte.

Beispiele:
Haus der Vettier, Pompeji
Domus Aurea, Rom
Casa della Caccia Antica, Pompeji
Gegenüberstellung der 4 Stile

Doch wie entwickelte sich die römische Wandmalerei weiter? Die große Zeit der innovativen Künstler scheint vorbei gewesen zu sein. Zunächst hielt sich der vierte Stil natürlich noch in den anderen Regionen und es gab auch immer wieder Rückgriffe auf die vorangegangenen Dekorationsformen. Daneben ging der Trend zu einfacherer Wandmalerei, unter anderem mit geometrischen Motive oder einfarbig. Später gab es auch tapetenähnliche Dekorationen aus kleinen Mustern.

Mit den römischen Soldaten kamen römischer Wohngeschmack und damit auch römische Künstler in die Provinzen des Imperiums. So gehören die ältesten Beispiele in den recht gut aufgearbeiteten Nordwestprovinzen dem 3. Stil an. Im Lauf der Zeit entwickelten sich jedoch aus diesen Vorbildern eigene Traditionen in den verschiedenen Regionen des Reichs.

RömischeWandmalerei (Teil 3): 3. römisch-pompejanischer Stil (circa 15 v. Chr. bis 50 n. Chr.)

Nachdem zum Ende des 2. römisch-pompejanischen Stils die zuvor illusionistisch aufgelockerte Wanddekoration zunehmend flacher geworden ist, wurden die bisherigen „Fenster“ mit Ausblick auf eine dahinter liegende Landschaft oder Architektur jetzt mit Rahmen umgeben und somit als an der Wand hängende Bilder gekennzeichnet.

Die Wand ist wieder geschlossener und wird in der Regel in große Felder aufgeteilt. Die Unterteilung erfolgt nicht mehr durch realistisch wirkende Säulen, sondern durch dünne Linien, die nur noch in einigen Details an Säulen erinnern. Auch fragile Kandelaber werden jetzt gemalt, die wie die Säulen jeder Statik trotzen und mit allerlei Figuren, Tieren und Gegenständen belebt sind. Wenn die Oberzone scheinbar einen Blick in ein „Dahinter“ freigibt, sind auch hier keine echte Architektur mehr, sondern eher Andeutungen in dünnen Linien. Neben gerahmten „Wandbildern“ sind frei Raum schwebende Figuren und Stilleben charakteristisch für den 3. Stil. Rottöne bestimmen dabei das Gesamtbild.

Gegen Ende des 3. Stils wird die Wand wieder stärker mit Durchblicken auf Architektur aufgelockert. Die Malerei lässt die Wände vor- und zurückspringen und in der oberen Zone werden wieder Architekturfragmente sichtbar. Diese Entwicklung leitet dann zum 4. Stil über.

Beispiele:
– Casa dei Ceii, Pompeji (http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Casa_dei_cei2_retouched.jpg; http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Casa_dei_cei_retouched.jpg)
– Villa in Boscotrecase (http://de.academic.ru/pictures/dewiki/70/Fresco-Boscotrecase.jpg)
Haus des Lucrezio Fronto (http://ksbuelach.ch/fach/as/material/kg_pompeji/pict/pic03c.htm)

(Fortsetzung folgt …)

Römische Wandmalerei (Teil 2): 2. römisch-pompejanischer Stil (circa 100 bis 15 v. Chr.)

Der 2. römisch-pompejanische Stil entstand um etwa 100 v. Chr. Zunächst wurde der späte 1. Stil durch gemalte „vorgeblendete“ Säulen in einen Vorder- und einen Hintergrund aufgeteilt. Ein Beispiel findet sich in der Casa dei Grifi (Haus der Greifen) auf dem Palatin in Rom.

Nach und nach wurde die massive Wand des 1. Stils immer weiter aufgelöst. Eine Scheinarchitektur im Vordergrund ahmte offenbar Theaterarchitektur nach. Die Wand dahinter öffnete sich in der Wand und oberhalb der Scheinarchitektur zu Durchblicken in eine „dahinter liegende“ idyllische Landschaft, auf Gebäude oder Tempelbezirke. Teilweise öffnen sich dabei die Durchblicke hinter einem dunklen Vorhang, der zur Seite gezogen ist – ein weiterer Hinweis darauf, dass die Architekturdarstellung römischer Bühnenarchitektur folgen. Auf seinem Höhepunkt war die Wand in mehrere Schichten aufgelöst, wobei die einzelnen Architekturteile im Vordergrund reich verziert waren und Gefäße oder Statuetten trugen.

Dieser Architektur- oder Illusionsstil dauerte bis etwa 15 v. Chr. und in seiner späten Phase wurde die Wand wieder „flacher“ und die „Durchblicke“ wurden auf ein zentrales Hauptbild reduziert. Architektur und Figuren werden zunehmend unrealistischer und leiten damit zum 3. Stil über.

Beispiele:
Casa dei Grifi
Villa in Boscoreale
Haus des Augustus
Haus der Livia

(Fortsetzung folgt …)

Römische Wandmalerei (Teil 1): Einleitung und 1. römisch-pompejanischer Stil (Inkrustationsstil, circa 200 bis 80 v. Chr.)

Römische Wandmalerei ist in der Regel selten erhalten und unsere besten Quellen sind die beim Ausbruch des Vesuv im August 79 n. Chr. verschütteten Städte. Vergleiche mit Resten in Rom und anderen Orten im römischen Imperium zeigen jedoch, dass es sich bei den einzelnen Entwicklungsstufen offenbar um weitbreitete Modeerscheinungen handelte.

1882 teilte August Mau in seiner „Geschichte der decorativen Wandmalerei in Pompeji“ die Wandmalerei von Pompeji in vier Stile ein:

  • 1. Stil / Mauerwerk- oder Inkrustationsstil: circa 200 bis 80 v. Chr.
  • 2. Stil / Architektur- oder Illusionsstil: circa 100 bis 15 v. Chr.
  • 3. Stil / ornamentaler Stil: circa 15 v. Chr. bis 50 n. Chr.
  • 4. Stil / Phantasiestil: 50 bis 79 n. Chr.

Dabei sind die Übergänge zwischen den einzelnen Stilen fließend.

Es gibt reichlich Literatur zu römischen Wandmalereien. Hier nur wenige ausgewählte Werke:

  • August Mau, Geschichte der decorativen Wandmalerei in Pompeji (Berlin 1882)
  • Harald Mielsch, Römische Wandmalerei (Darmstadt 2001)
  • Donatella Mazzoleni und Umberto Pappalardo, Pompejanische Wandmalerei, Architektur und illusionistische Dekoration (München 2005)

1. Stil / Mauerwerk- oder Inkrustationsstil: circa 200 bis 80 v. Chr.

Der sogenannte Inkrustationsstil imitierte griechische Vorbilder hellenistischer Zeit. Mit Hilfe von Stuck und Malerei wurde eine Wand aus echtem Mauerwerk aus verschiedenem Marmor nachgeahmt. Über einem Sockel erhob sich eine Zone mit Orthostaten (aufrecht stehende Steinblöcke) und darüber eine Zone aus Quaderblöcken, eine Frieszone und Zierglieder, z. B. eine Zahnschnittzone. Bei den Farben dominieren Ocker, Rot, Violett und Dunkelgrün. Anfangs sorgte der Stuck dafür, dass die „Steine“ plastisch hervortraten. Zum Ende des 1. Stils wurden die Marmorblöcke nur noch gemalt, blieben also flächig. Dabei wurden die Orthostaten jetzt in der Regel vertikal angeordnet.

Beispiel:
– Haus des Sallust, Pompeji (Rekonstruktion; Fotos)

(Fortsetzung folgt …)

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