MITHRAS. Annäherungen an einen römischen Kult

25.11.2022 – 10.4.2023, Archäologisches Museum Frankfurt

Die im Frankfurter Stadtteil Heddernheim, dem römischen Nida, gefundenen Zeugnisse des Mithras-Kults bilden schon seit langem einen Schwerpunkt der Dauerausstellung im Archäologische Museum Frankfurt. Nun aber widmet sich eine Sonderausstellung diesem weitverbreiteten Kult, über den wir aber kaum schriftliche Überlieferungen haben.

Die Ausstellung entstand aus der Kooperation der Museen Königliches Museum von Mariemont (Belgien), Museum von Saint-Raymond in Toulouse (Frankreich) und Archäologisches Museum Frankfurt (Deutschland), die sich von 2020 bis 2023 in einem gemeinsamen Projekt dem Mithras-Kult widmeten. Der Name des Projektes, MITHRA, nimmt zum einen den Namen des Gottes auf, steht zum anderen aber als Abkürzung für Mobility And Intercultural Dialogue For The Transmission Of Heritage From Roman Antiquity (Mobilität und interkultureller Dialog für die Vermittlung des Erbes der römischen Antike).

Ab dem 1. Jahrhundert verbreiteten sich einige sogenannte Mysterienkulte im Imperium Romanum. Dabei handelt es sich um Religionen, deren religiöse Lehren und Riten nicht an Außenstehende weitergegeben wurden. Ihre Mitglieder, Mysten genannt, mussten sich in der Regel erst besonderen Riten unterziehen, bevor sie vollwertige Mitglieder wurden. Der Mithras-Kult war offenbar einer der beliebtesten Mysterienkulte. Viele der mehr als 150 bisher gefundenen Kulträume, der sogenannten Mithräen, fand man in den Grenzregionen des Römischen Reiches.

Kern der Frankfurter Ausstellung sind natürlich die Funde aus dem Stadtgebiet selbst sowie weitere Funde aus der Grenzregion des Imperium Romanum entlang von Donau und Rhein. Aber auch Stücke aus den anderen am Projekt beteiligten Museen sowie ausgewählte Funde aus weiteren Regionen, darunter Italien (z. B. Ostia und Vulci) illustrieren, was wir heute über den Mithras-Kult wissen: über die Entstehung, die dem Kult zugrundeliegende Legende, die Einweihegrade, den Ablauf des Kults, die Ausstattung der Mithräen usw.

Anhand von Originalfunden, Kopien und zahlreichen informativen Wandtexten zeigt die Ausstellung Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen. Auch mögliche Gründe, warum der Kult nicht überlebte, werden thematisiert. Bis etwa 400 n. Chr. werden offenbar die letzten Mithräum geschlossen. Das Christentum hatte inzwischen alle anderen Religionen im Imperium Romanum verdrängt und seine Anhänger sorgten oft dafür, alle Spuren dieser Religionen zu vernichten.

Weitere Themen der Ausstellung sind die Erforschung des Kults und seine Rezeption bis heute. Alles in allem ist die Ausstellung in Frankfurt eine gelungene Übersicht über den aktuellen Forschungsstand, zu dem das Projekt MITHRA einen entscheidenden Beitrag geleistet hat. Wer sich über die Ausstellung hinaus über den Mithras-Kult informieren will, dem steht ein umfangreicher Sammelband zur Verfügung, der allerdings leider nur in Englisch und Französisch erschienen ist.

Weitere Informationen zum Projekt unter https://mithra-project.eu/

Katalog:

L. Bricault – R. Veymiers – N. Amoroso Boelcke – L. Barthet (Hrsg.), The Mystery of Mithras. Exploring the heart of a Roman cult (Mariemont 2021)

Ausstellung „Neues Licht aus Pompeji“

Staatliche Antikensammlungen München, 08.11.2022 – 30.04.2023

Die aktuelle, inzwischen bis 30.4. verlängerte Ausstellung in der Antikensammlung in München präsentiert die Ergebnisse eines interdisziplinären Forschungsprojektes, das sich den in den verschütteten Städten am Vesuv gefundenen Beleuchtungsgeräten gewidmet hat. 180 Originalfunde aus Bronze zeigen die Vielfalt, mit denen man nicht nur die Nacht erhellte. Auch tagsüber waren Lampen in vielen Bereichen notwendig. Denn römische Häuser erhielten bis auf wenige Räume kein Tageslicht.

Um eine Vorstellung davon zu vermitteln, zeigt die Ausstellung daher als Einstieg in das Thema, wie hell es in den einzelnen Bereichen eines römischen Hauses war. Ganz deutlich zeichnet sich ab, wie abhängig die Bewohner selbst luxuriöserer Villen von künstlichem Licht waren. Kein Wunder, dass die Römer ihre zwölf Tagesstunden an die Jahreszeiten anpassten. So waren die einzelnen Stunden während der Wintermonate wesentlich kürzer als in den Sommermonaten, wie eine entsprechende Zeitleiste veranschaulicht.

Die Beleuchtungsgeräte in der Münchner Ausstellung bestehen fast ausschließlich aus Bronze. Diese besteht aus einer Legierung aus Kupfer und Zinn sowie anderen Metallen wie Blei, wobei die genaue Zusammensetzung variieren kann. Die Ausstellung zeigt, wie sich verschiedene Legierungen unterscheiden – sowohl im Farbton als auch in der Art, wie sie sich anfühlen.

Die Ausstellung präsentiert eine erstaunliche Vielfalt an Formen für Öllampen, Kandelaber, Lampenständer sowie Lampen- und Fackelhalter in figürlicher Form – sei es als Statuetten, sei es als lebensgroße Figuren. Das flackernde künstliche Licht fand Verwendung bei Banketten und im Kult, erleuchtete dunkle Wege und Straßen und schuf eine sinnliche Atmosphäre bei erotischen Abenteuern.

Gleichzeitig lebt die Ausstellung vom Gegensatz zwischen der antiken Beleuchtung und den modernen Lichtskulpturen des Münchner Lichtdesigners Ingo Maurer.

Weitere Informationen:

https://www.antike-am-koenigsplatz.mwn.de/index.php/de/jevents-alle-kategorien/Eventdetail/294/48,78/neues-licht-aus-pompeji

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-ausstellung-antikensammlung-pompeji-lampen-1.5713903

Ruth Bielfeldt u. a., Neues Licht aus Pompeji (2022)

Ave Caesar! Römer, Gallier und Germanen am Rhein

23. Oktober 2022 – 30. April 2023, Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig

Vom Herbst 2022 bis zum Sommer 2023 zeigt eine Ausstellungsreihe in 38 Museen in Frankreich, Deutschland und der Schweiz die Bedeutung des Rheins für diese Länder. Jede Ausstellung greift dabei andere Themen heraus und trägt so dazu bei, Natur, Geschichte, Technik, Kultur oder Kunst rund um den Fluss zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. So widmet sich zum Beispiel das Antikenmuseum Basel der Rolle des Rheins in der Antike.

Die Ausstellung zeigt den Fluss als wichtigen Verkehrsweg, der verschiedene Kulturen verband. Er ermöglichte nicht nur Handel über weite Strecken, sondern förderte – damit verbunden – auch den Kulturaustausch zwischen Griechen, Römern und Etruskern auf der einen und Galliern und Germanen auf der anderen Seite.

Das Basler Museum zeigt, wie sich die Kontakte zwischen all diesen Völkern gestalteten. Eine Zeitenwende bildete dabei Caesars „Gallischer Krieg“. Kontakte und Austausch von Gütern, Ideen und auch Menschen gab es schon vorher, nun aber nahmen die Römer das Land bis zum Rhein in Besitz und erklärten den Fluss zur Grenze zu ihrem Imperium. Auch wenn dieser „nasse Limes“ keine undurchlässige Barriere gegen die Menschen am anderen Ufer bildete, markierte der Krieg doch eine neue Dimension in den Beziehungen zwischen Römern, Galliern und Germanen.

Im Römischen Reich übernahmen die dort lebenden „Barbaren“ mehr und mehr die römische Kultur mit all ihren Annehmlichkeiten: feines Geschirr, Thermen, Villen mit jeglichem Luxus usw. Und die jenseits Rheins lebenden Völker überquerten die Grenze, um über den Handel an der römischen Kultur teilzuhaben. Später drangen ganze Scharen dieser sogenannten Barbaren in das Imperium ein, um sich dort niederzulassen. Dieser Kulturaustausch war jedoch keine Einbahnstraße. So nahmen die Römer beispielsweise keltische Gottheiten in ihren Pantheon auf.

Auch die Umwelt veränderte sich. Um die Versorgung ihrer Soldaten sicherzustellen und schnelle Truppenbewegungen zu ermöglichen, erschlossen die Römer das eroberte Land durch hunderte von Straßen. Sie beuteten die Rohstoffe aus und das Hinterland der Militärlager war mit Landgütern übersät, die die Ernährung der Soldaten sicherten.

All diese Veränderungen stellt die Ausstellung in Basel schlaglichtartig vor und die kostenlose Begleitpublikation vertieft die Informationen für den interessierten Besucher.

Weitere Informationen:

https://www.antikenmuseumbasel.ch

Die Begleitpublikation und die Ausstellungstexte stehen auch digital zur Verfügung:

https://issuu.com/antikenmuseumbasel/docs/amb_sa_ave_caesar_katalog_issuu_2209151

Die etruskische Nekropole Crocifisso del Tufo in Orvieto

 

Das malerische Städtchen Orvieto, hoch auf einem Felsplateau thronend, befindet sich im Südwesten Umbriens. Man vermutet hier eine der wichtigsten etruskischen Städte – Velzna (Volsinii Veteres auf Lateinisch).

An der modernen Straße, die zur Stadt hochführt, liegt die etruskische Nekropole Crocifisso del Tufo. Sie wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entdeckt, aber erst in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts begann man, das Areal systematischer zu erforschen. Die Funde sind größtenteils im Museum von Orvieto untergebracht.

Die Nekropole besteht aus etwa 200 würfelförmigen Gräbern, die sich an rechtwinklig angelegten „Straßen“ aneinanderreihen. Die Grabkammern sind jeweils ca. 3 x 2 Meter groß. Oft führen drei Stufen in die Gräber hinunter und an der Rückwand sowie an einer Seite sind Steinbänke aus dem Felsen gehauen, auf denen man die Verstorbenen ablegte oder eine Aschenurne aufstellen konnte. Der Fußboden besteht aus gestampfter Erde oder aus Tuffstein. Die Grabbeigaben deponierte man sowohl bei den Verstorbenen auf den Bänken als auch auf dem Fußboden. Und einige Beigaben waren offenbar auch an der Wand angebracht, wie Nägel nahelegen.

Die Dächer bilden innen oft ein falsches Gewölbe, d. h. sie bestehen aus Tuffblöcken, die nach und nach weiter zur Mitte hin vorspringen. Die Gräber wurden mit einer Steinplatte verschlossen und der Bereich der Treppe wurde anschließend noch mit losen Steinen verfüllt. Zusätzlich markierte man die Gräber mit Grabsteinen, den sogenannten Cippi.

 

 

In der Nekropole Crocifisso del Tufo handelt es sich um Familiengräber und über den Eingängen ist der Name der Familie eingeritzt, die in dem jeweiligen Grab bestattet wurde. Die gefundenen Beigaben, die man ihm oder ihr mitgab, verdeutlichen, welche Rolle die verstorbene Person in der Gemeinschaft spielte. Auch können sie Hinweise auf das Geschlecht der bestatteten Person geben. So fand man beispielsweise Bronze- oder Keramikgefäßen, darunter auch Importware aus Athen, oder auch Waffen und verschiedene Haushaltsgeräte.

Die gefundenen Inschriften lassen darauf schließen, dass die Nekropole vom 8. bis zum 3. Jahrhundert v. Chr. genutzt wurde. Der Höhepunkt ihrer Nutzung fällt jedoch in das 6. und 5. Jahrhundert.

 

 

 

 

 

 

Literaturhinweise:

  • S. Steingräber – M. Pallottino, Etrurien. Städte, Heiligtümer, Nekropolen, Reise und Studium (1981) S. 284-287
  • R. Hess – E. Paschinger, Das etruskische Italien. Entdeckungsfahrten zu den Kunststätten und Nekropolen der Etrusker, DuMont-Dokumente DuMont-Kunst-Reiseführer 7 (1990) S. 211-213
  • P. Bruschetti, Etruschi ad Orvieto. Il Museo Archeologico Nazionale di Orvieto Collezioni e territorio (2006)

Buchbesprechung: Mario Bloier, Biricianis. Kernprovinz – Grenzraum – Vorland (2022)

Kontakte und Strukturen vom 1. Jh. v. bis zum 6. Jh. n. Chr. im Bereich von Raetien, Noricum und benachbarten Gebieten

Seit 2012 findet in unregelmäßigen Abständen die Tagungsreihe „Colloquium“ statt, die sich zur Aufgabe gemacht hat, verschiedene Aspekte des römischen Lebens in den römischen Provinzen Raetia und Noricum näher zu beleuchten. Darunter Themen wie die römische Badekultur, die ländliche Siedlungs- und Verkehrsinfrastruktur sowie das römische Militär als Wirtschaftsfaktor und Kulturträger. Im 5. Colloquium schließlich, das 2019 in Weißenburg, dem römischen Biricianis, stattfand, ging es um den Kulturaustausch zwischen dem „Innen“, also dem römischen Reich, und dem „Außen“, den Barbaren hinter dem Limes. Siebzehn Vorträge der dreitägigen Tagung legt Mario Bloier, Leiter der Museen Weißenburg, nun in diesem Buch vor.

Den Einstieg bildet ein interessanter Einblick von Mario Bloier in die Rezeption von Römern und Germanen auf Schulwandbildern, in denen sich die jeweiligen politischen Strömungen gut erkennen lassen. Einer der Kernfragen dieses Kolloquiums widmet sich Natalie Schlirf. Kann man von einer römischen „Außenpolitik“ sprechen? Und welche Rolle spielte der Limes als Grenze zwischen dem römischen Reich und dem sogenannten „Barbaricum“? Sie legt dar, dass der römische Kaiser weniger eine Außenpolitik im heutigen Sinne ausübte, sondern eine Art „Politik nach außen“, die die Beziehungen zwischen Rom und anderen Völkern regelte – ganz gleich, ob diese Völker jenseits des Limes lebten oder sich innerhalb dieser Grenzen als nicht zum römischen Reich zugehörig ansahen. Gleichzeitig diente diese Politik der Sicherung der kaiserlichen Macht im Innern des Imperium.

In den nächsten zwei Beiträgen geht es um das römische Raetien. Felix Guffler zeigt, dass die Statthalterschaft in dieser Provinz im 1. und 2. Jahrhundert eine wichtige Karrierestufe in der ritterlichen Laufbahn darstellte. Nur Männer mit Erfahrung in der Verwaltung und den militärischen Besonderheiten von Grenzprovinzen wurden hier eingesetzt. Und Aura Piccioni lässt uns an ihren Überlegungen zu der sogenannten „rätischen Trias“ Mercurius, Minerva und Apollo teilhaben.

Die folgenden Vorträge widmen sich zum einen den Einflüssen attischer und stadtrömischer Werkstätten auf die Grabreliefs in Noricum und Pannonia (Katarina Šmid), zum anderen aber auch der in Salzburg gefundenen Keramik (Ulli Hampel und Lisa Huber). Neben Terra-Sigillata-Imitationen steht hier vor allem die bisher in der Forschung vernachlässigte zonal bemalte Keramik im Mittelpunkt. Die Entstehung und Entwicklung des römischen Salzburg ist Thema des Beitrags von Peter Höglinger.

Bei den Beiträgen zum römischen Weißenburg geht es nicht nur um die Thermen (Yvonne Reichel). Vorgestellt werden auch neue Ausgrabungen im Kastellvicus (Marcus Arnolds und Mariola Hepa). Und anhand der Bergung, Restauration und Präsentation eines römischen Töpferofens zeigt Mario Bloier, wie die Stadt ihr römisches Erbe vermittelt.

Ein wichtiges Thema in den letzten Jahren war der Antrag, den Donaulimes zum UNESCO-Welterbe erklären zu lassen. C. Sebastian Sommer geht zum einen auf das zugrundeliegende Konzept ein und zeigt, welche Schwierigkeiten schließlich für das vorübergehende Aus des Antrags verantwortlich waren.  

In zwei weiteren Beiträgen zum Donaulimes geht es noch einmal um die Provinz Noricum. Klaus Freitag untersucht eine Reihe von Einraumbauten Steinfundamenten und kommt zu dem Schluss, dass, auch wenn in anderen Regionen diese Art Bauten oft als Wirtschaftsbauten genutzt wurden, es sich bei den Einraumhäusern im Südost-Noricum offenbar zumindest teilweise um Wohnhäuser handelte. Dafür sprechen Heizungsanlagen oder Wandmalereien. Offenbar beruhte dies auf lokalen Traditionen. Im letzten Beitrag schließlich geht Sebastian Schmid anhand der Entwicklung des Kastells Arelape/Pöchlarn auf die militärische Sicherung der römischen Provinz durch Militärlager ein.

Den Abschluss bilden ein Poster, mit dem die Gästeführer des Limes in Baden-Württemberg ihren Verband der Limes-Cicerones (VdLC) den Tagungsteilnehmern präsentierte, ein Autorenverzeichnis, das Tagungsprogramm sowie einige Fotos, die einen Eindruck von der Tagung vermitteln.

Der vorliegende Band gibt einen guten Überblick über das Leben von Römern und Einheimischen am Limes und verdeutlicht, dass der Limes keine starre, undurchdringliche Grenze war. Im Gegenteil. Die Grenzregion rund um den Donaulimes war eine Region, in der Handel und Kulturaustausch blühten.

Mario Bloier(Hrsg.)

Biricianis. Kernprovinz – Grenzraum – Vorland. Kontakte und Strukturen vom 1. Jh. v. bis zum 6. Jh. n. Chr. im Bereich von Raetien, Noricum und benachbarten Gebieten

Nünnerich-Asmus Verlag
Erschienen 2022
160 Seiten, 133 Abbildungen
ISBN 978-3-96176-204-0

Das Buch ist unter anderem bei Amazon erhältlich. Ein Klick auf das Bild führt direkt dorthin.

Museo Nazionale Etrusco di Villa Giulia, Rom (Teil 5)

Den Abschluss des Museumsbesuchs krönen zwei weitere Höhepunkte. Sie stammen aus dem antiken Veji (italienisch Veio). Veji lag nicht einmal 20 Kilometer nordwestlich von Rom an einem Nebenfluss des Tiber. Beide Städte rivalisierten lange Zeit um den Zugang zu diesem wichtigen Handelsweg, der sie mit dem Meer verband. Nach 10 Jahren kriegerischer Auseinandersetzungen (man beachte die Parallele zum trojanischen Krieg!) gelang es den Römern 396 v. Chr., Veji einzunehmen.

Ein Meisterwerk griechischer Keramik ist die sogenannte Chigi-Kanne, die in einem Grabhügel auf dem Monte Aguzzo gefunden wurde. Es handelt sich um ein etwa 26 cm hohes Gefäß, das ursprünglich aus Korinth stammt und auf Mitte des 7. Jh. v. Chr. datiert wird. Geschaffen im späten protokorinthischen Stil zeigt die Kanne in drei der umlaufenden Bänder figürliche Szenen. Von unten nach oben zunächst Jagdszenen und darüber einen Zug von Reitern und einem Wagen sowie das Paris-Urteil, bei dem die drei Göttinnen durch Namensbeischriften eindeutig identifiziert werden können.

Berühmt ist die Chigi-Kanne jedoch vor allem aufgrund der Szene im obersten Fries, der die bisher älteste bekannte Darstellung einer Hopliten-Phalanx zeigt, eine Kampfformation im antiken Griechenland. Hopliten waren in der Regel freie Männer, die im Kriegsfall für ihre Stadt in den Kampf zogen. Ihre Ausrüstung mussten sie aus ihrem Privatvermögen bezahlen, sodass diese sich je nach Vermögen unterschied. In der Schlacht bildeten sie dann eine dichtgeschlossene Formation, die sogenannte Phalanx, bei der die rechte Seite jedes Hopliten jeweils durch den Schild des Nachbarn geschützt war. Auf der Chigi-Kanne sieht man zum einen zwei Schlachtformationen aufeinanderprallen, zum anderen gibt es an den Seiten aber auch einige Hopliten, die sich ihre Waffen erst noch anlegen, während andere gerade fertig geworden sind und zu ihren Kameraden laufen. Alle Szenen auf der Chigi-Kanne sind äußerst präzise und fein gemalt und viele Details sind auch farbig aufgetragen. Dieser bemerkenswerte Detailreichtum, der den Betrachter immer wieder aufs Neue in den Bann zieht, zeigt sich beispielsweise bei den unterschiedlichen Motiven, die die Schilde der Hopliten schmücken.

Der letzte Raum der Villa Giulia ist dem Heiligtum von Portonaccio gewidmet. Diese südwestlich von Veji gelegene etruskische Kultstätte entstand wohl schon im 7. Jh. v. Chr. und war eine der ältesten etruskischen Tempelanlagen – und vermutlich auch eine der bedeutendsten. In den folgenden zwei Jahrhunderten wurde das Heiligtum weiter ausgebaut.

Das Heiligtum war den Inschriften zufolge zunächst der Göttin Menrva (Minerva) geweiht, die hier unter anderem als Orakelgöttin verehrt wurde. Zwischen 540 und 530 v. Chr. errichtete man ihr einen kleinen Tempel innerhalb der bis dahin nur mit einer Mauer abgegrenzten Anlage. Aus diesem Tempel stammen Fragmente einer aus Terrakotta gefertigten Figurengruppe, die die Aufnahme des Heroen Hercle (Herkules) in den Olymp, begleitet von seiner Beschützerin Menvra, zeigt.

Gegen 510 v. Chr. wurde ein weiterer Tempel errichtet. Dieser ist der bisher älteste bekannte Tempel sogenannter tuskischer Ordnung. Er erhebt sich auf einem breiten Podium und war auf einer Seite über eine Treppe erreichbar. Das eigentliche Tempelgebäude bestand aus drei Kulträumen im hinteren Bereich und einer vorgelagerten Halle. Man geht davon aus, dass dieser Tempel Apollo geweiht wurde und auch hier, wie bei Menvra, der Orakelaspekt im Mittelpunkt stand. Das Dach des Gebäudes war wie üblich reich mit Architekturschmuck aus Terrakotta verziert. Was diesen Tempel aber so besonders macht, ist die Firstbekrönung. Auf dem Dach erhoben sich lebensgroße Statuen! Dargestellt waren neben Hercle (Herakles), der auf der Kerynitische Hirschkuh steht, auch Aplu (Apollon), Turms (Hermes) sowie eine Göttin, vermutlich Letun (Leto), mit einem Kind auf dem Arm (Aplu?). Von Turms hat sich nur noch der Kopf erhalten. Die anderen Statuen konnten dagegen größtenteils rekonstruiert werden und dominieren als abschließendes Highlight diesen letzten Saal des Rundgangs durch die Villa Giulia.

Weiterführende Informationen:

https://www.museoetru.it/

Il Museo Nazionale Etrusco di Villa Giulia. Guida Breve. Etruria Guide brevi, 5. Auflage 2013. ISBN: 9788882655693

Museo Nazionale Etrusco di Villa Giulia, Rom (Teil 4)

Die Goldbleche aus Pyrgi sind das Highlight der umfangreichen epigraphischen Sammlung der Villa Giulia, die sowohl Originale als auch Abgüsse umfasst. Vor allem Grabinschriften, Weihinschriften, Besitzangaben auf Bechern usw. haben sich erhalten. Anhand dieser Sammlung und zahlreichen Zusatzinformationen an den Wänden wird die Erforschung der etruskischen Schrift und Sprache im Obergeschoss des Museums in einem eigenen Raum ausführlich vorgestellt.

Die folgenden Säle beherbergen verschiedene Privatsammlungen, die Anfang des 20. Jahrhunderts für das Museum erworben werden konnten. Aus der Sammlung des Museums Kircherianum (italienisch Museo Kircheriano), das 1651 in Rom eingerichtet wurde, stammt zum Beispiel die Cista Ficoroni, ein weiteres Meisterwerk der Villa Giulia. Es handelt sich hierbei um einen zylinderförmigen, 77 cm hohen Behälter aus Bronze mit fein gravierten Szenen aus der Argonauten-Sage. Auf dem Deckel befinden sich drei Statuetten, die zusammen den Griff bilden.

Weitere ehemalige Privatsammlungen sind die Sammlung Augusto Castellani und die Sammlung Cima Pesciotti. Sie beinhalten unter anderem zahlreiche Gegenstände aus Metall, Glas oder Terracotta sowie Keramik. Und auch Beispiele für die Meisterschaft etruskischer Goldschmiede sind darunter. Augusto Castellani, selbst Goldschmied, widmete sich der Erforschung der Goldgranulation der Etrusker, bei der kleinste Goldkügelchen zu Motiven kombiniert werden.

Die weiteren Säle präsentieren wieder verschiedene etruskische Orte bzw. Regionen. Aus der Nekropole von Olmo Bello in Bisenzio stammt beispielsweise ein mit Figuren verzierter bronzener Wagen mit Becken. Er diente vermutlich für kultische Handlungen. In einem anderen Grab derselben Nekropole fand man eine Urne aus Bronze – auch diese mit plastischen Figuren versehen.

Größeren Raum nehmen dann die Funde des „Agro Falisco e Capenate“ ein. Hiermit ist die Region der Falisker bzw. ihrer Stadt Falerii gemeint bis hin zur Stadt Capena. Obwohl dieses Gebiet lange politisch unter etruskischem Einfluss stand, konnten sich die Bewohner doch einiges ihrer kulturellen Identität bewahren.

Die ersten zwei Säle sind Capena und einigen kleineren Orten gewidmet. Hier sticht ein aus Capena stammender Teller mit der Darstellung eines Kriegselefanten hervor. Aus Falerii stammt dagegen eine bronzene Urne in Form eines Hauses aus dem 7. Jh. v. Chr. Der zunehmende Wohlstand Faleriis in den folgenden Jahrhunderten zeigt sich in zahlreichen qualitätvollen Importen griechischer Keramik. Ein besonders schönes Stück ist ein Rython in Form eines Hundekopfes.

Die bedeutendsten Funde aus dem antiken Falerii sind jedoch die Reste verschiedener Tempel. Dazu gehören aus Heiligtümern im Stadtteil Lo Scasato eine Büste der Göttin Juno oder eine Terrakotta-Statue Apollos. Und aus dem Heiligtum von Sassi Caduti stammt eine ungewöhnliche Firstbekrönung. Der zentrale Akroter des dort gelegenen Tempels des Merkur zeigt zwei kämpfende Männer.

(Fortsetzung folgt …)

Museo Nazionale Etrusco di Villa Giulia, Rom (Teil 3)

Pyrgi liegt südlich des heutigen Ortes Santa Severa und wurde erst Mitte des 20. Jahrhunderts entdeckt. Von den zivilen Orten aus etruskischer und römischer Zeit ist nicht viel erhalten, zumal der römische unter der Festung von Santa Severa liegt. Das aus antiken Quellen bekannte Heiligtum konnte dagegen systematisch erforscht werden. Es existierte vermutlich bereits seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. und war der Göttin Leukothea geweiht. Diese „weiße Göttin“ entsprach hier der etruskischen Göttin Uni und der phönizischen Astarte.

Im späten 6. Jahrhundert begann man, das Heiligtum auszubauen. Zunächst mit dem sogenannten Tempel B mit einer Einfriedung, später, etwa 480 v. Chr., Tempel A. Der erste Tempel folgte den Grundrissen nach wohl griechischen Vorbildern – mit Cella, Vorhalle (Pronaos) und einer umlaufenden Säulenhalle. Der spätere Tempel hat dagegen einen typisch etruskischen Grundriss mit einer von zwei schmaleren Räumen flankierten zentralen Cella und einer vorgelagerten Säulenhalle.

Erhalten haben sich hauptsächlich die Fundamente und der Architekturschmuck aus Terrakotta. Aus Tempel A stammt außerdem der Kopf einer Frau, die als Darstellung der Göttin „Leukothea“ interpretiert wird. Die Gebäude selbst bestanden aus Holz und Tuff und haben dem Zahn der Zeit nicht standgehalten. Zu den erhaltenen Architekturresten gehören Antefixe und andere Schmuckelemente von den Dächern der Tempel. Darunter sticht ein sogenanntes Antepagment hervor, dass sich im Museum an der Rückseite des Saales befindet (siehe Bild oben). Hierbei handelt es sich um eine Platte, die vor den Balkenköpfen früher etruskischer Tempel angebracht wurde, anstatt den ganzen Giebel mit Figuren zu füllen.

Das aus vielen Fragmenten rekonstruierte Antepagment aus Pyrgi ist 1,37 m breit und in der Mitte 1,32 m hoch. Es hing vor dem zentralen Giebelbalken an der Rückseite von Tempel A. Die Darstellung vereint zwei Szenen aus der Sage der „Sieben gegen Theben“. Zum einen auf der rechten Seite die Episode, in der Zeus Kapaneus für seine Hybris mit dem Tode bestraft. Als Kapaneus bei der Erklimmung der Stadtmauer rief, dass nicht einmal Zeus ihn noch aufhalten könne, die Stadt Theben zu erobern, schleuderte Zeus sein Blitzbündel nach ihm.

Die zweite Figurengruppe links und im Vordergrund zeigt eine bisher einzigartige Darstellung. Als Tydeus, einer der sieben Helden, die gegen Theben zogen, von Melanippos lebensgefährlich verletzt wird, will Athena ihn retten. Man sieht auf dem Antepagment das Fläschchen mit dem Mittel, dass ihn unsterblich machen soll. Als sie jedoch sieht, dass Tydeus aus Rache seinem ebenfalls sterbenden Gegner in den Kopf beißt, um sein Hirn aus dem Schädel zu schlürfen, wendet sie sich angewidert ab.

Einer der wichtigsten Funde aus Pyrgi sind drei dünne Goldbleche mit Inschriften in phönizischer (1 Blech) und etruskischer Schrift (2 Bleche), die zwischen den beiden Tempeln zutage traten. Der längere der etruskischen Inschriften entspricht mehr oder weniger der phönizischen, sodass diese Bleche einen wichtigen Beitrag zur Entschlüsselung der etruskischen Sprache leistete. Laut dieser Weihinschriften weihte Thefarie Velianas, ein Herrscher oder hoher Beamter aus Caere, auf Wunsch der Göttin Tempel B sowie eine Statue. Der kürzere etruskische Text bezieht sich auf Kulthandlungen. Offenbar waren diese Bleche an einer Wand angebracht.

(Fortsetzung folgt …)

Museo Nazionale Etrusco di Villa Giulia, Rom (Teil 2)

Wieder im Erdgeschoss der Villa Giulia angekommen, widmen sich die nächsten Säle den Funden aus Cerveteri, dem antiken Caere. Neben weiteren Grabinventaren begegnet man hier auch einem der Highlights der Villa Giulia: dem Ehegatten-Sarkophag („Sarcofago degli Sposi“) aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. Eigentlich handelt es sich bei diesem Terrakotta-Stück allerdings gar nicht um einen Sarkophag, sondern diente stattdessen zur Aufbewahrung der Asche zweier Verstorbener.
Dargestellt ist ein Paar auf einer Kline (einer Liege), das vermutlich an einem Bankett teilnimmt. Der mit nacktem Oberkörper dargestellte Mann hat seinen rechten Arm um die Schulter der in einen Mantel gehüllten Frau gelegt. Sie scheinen etwas in den Händen gehalten haben – möglicherweise eine Girlande. Der Detailreichtum ist bemerkenswert. Die Schuhe, die kunstvoll geflochtenen Haare, der Bart des Mannes, die fein modellierten Gesichter mit mandelförmigen Augen oder das „archaische“ Lächeln, das besonders gut die orientalisierenden Vorbilder in Griechenland wiedergibt – man mag die Augen gar nicht von diesem Schmuckstück abwenden. Aber das Museum bietet noch viel mehr Sehenswertes.

Gleich im nächsten Saal finden wir eine umfangreiche Sammlung von aus Athen importierter Keramik – sowohl in schwarzfiguriger als auch in der späteren rotfigurigen Technik. Ein Meisterwerk ist beispielsweise ein Krater, der etwa 510 v. Chr. von Euphronios hergestellt wurde. Er war sowohl Töpfer als auch Vasenmaler und ist einer der Pioniere der rotfigurigen Vasenmalerei. Der Krater in der Villa Giulia zeigt auf der einen Seite den Leichnam des im trojanischen Krieg getöteten Sarpedon, der von den Brüdern Thanatos (Tod) und Hypnos (Schlaf) vom Schlachtfeld getragen wird.

Im folgenden Raum nähern wir uns dem nächsten Highlight des Museums. Vorbei an Architekturschmuck eines archaischen Tempels in Cerveteri, von dem bisher keine weitere Befunde vorliegen, und des Heiligtums von Sant‘Antonio am südwestlichen Stadtrand folgen die wichtigsten Funde aus Pyrgi, einer der Hafenstädte von Caere.

(Fortsetzung folgt …)

Museo Nazionale Etrusco di Villa Giulia, Rom (Teil 1)

Oft vom „normalen“ Touristen vergessen, aber absolut sehenswert, ist das Nationalmuseum für etruskische Kunst in Rom. Und das, obwohl sich das Museum ganz in der Nähe der bekannten Villa Borghese und ihren Gärten befindet. Schon das Gebäude selbst ist beeindruckend, denn es gehört zu einer ehemaligen päpstlichen Sommerresidenz. Dabei ist dieses 1553 unter Papst Julius III. fertiggestellte Hauptgebäude der Villa Giulia nur ein kleiner Teil des früheren Anwesens. Mit der Auflösung des Kirchenstaates 1870 fiel dieses Anwesen an das Königreich Italien und 1889 entstand hier dann ein Museum für etruskische Funde aus dem Latium, aus Umbrien und dem südlichen Etrurien, um so bekannten Stücken wie dem Apollo von Veji oder dem Sarkophag der Eheleute (Sarcofago degli Sposi) ein Zuhause zu geben.

Das Museum verteilt sich über zwei Stockwerke und um alles in Ruhe anzusehen, würde man mehrere Tage benötigen. Man sollte sich aber zumindest ein paar Stunden Zeit nehmen, die Highlights der Sammlung anzusehen. Im Folgenden möchte ich daher einen – natürlich subjektiven – Überblick über die Stücke geben, die man meines Erachtens nicht verpassen sollte.

Nach einer kurzen Einführung mit Karten der etruskischen Herrschaftsbereiche in Italien sowie Urnen aus der Villanova-Kultur, die der etruskischen Kultur vorausging, steht man gleich zu Beginn des Rundgangs vor dem ersten Blickfang des Museums – der Rekonstruktion des Grabes des Bronzewagens aus Vulci (Tomba del Carro).

Dieses Grab aus der Nekropole von Osteria di Vulci steht am Übergang von der Villanova-Kultur zur orientalisierenden Phase im 7. Jahrhundert v. Chr. Der Bestattete wurde wie in der Villanova-Kultur eingeäschert, aber nicht nur in einem schlichten Urnengrab beigesetzt. Die Asche wurde in einer Bronzevase aufbewahrt und der Verstorbene schematisch als Statue auf einem bronzenen Wagen dargestellt. Zudem enthielt das Grab zahlreiche Beigaben. Vor allem aus dem Bereich der der Elite vorbehaltenen Bankette, die aus dem Orient übernommen wurden, aber auch Waffen.

Die folgenden Grabinventare zeigen den zunehmenden Einfluss der griechischen Kultur. Wer es sich leisten konnte, gab dem Toten originale Gefäße aus Griechenland mit ins Grab – oder zumindest etruskische Nachbildungen. Die Säle 6-8 befinden sich im Untergeschoss und zeigen unter anderem eine Rekonstruktion des Grabes (Tomba II del Tumulo Maroi) in der Banditacci-Nekropole von Cerveteri sowie die originalen Wandmalereien der Tomba del Letto Funebre („Grab des Totenbettes“) aus Tarquinia.

(Fortsetzung folgt …)

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