Das römische Welzheim (Teil 1)

Welzheim in Baden-Württemberg liegt am südlichen Ende einer etwa 80 km langen schnurgeraden Linie des römischen Limes. Schon im 19. Jh. konnten hier zwei durch eine ca. 530 m langen Straße verbundene Kastelle und eine dazugehörige zivile Siedlung nachgewiesen werden.

Das sogenannte Westkastell sowie die Zivilsiedlung sind heute fast völlig überbaut und können nur bei Notgrabungen im Rahmen von Baumaßnahmen kurz untersucht werden. Das Ostkastell konnte jedoch durch einen archäologischen Park geschützt werden. Der Limes selbst wurde in Welzheim nicht gefunden. Geht man von einer geraden Linie aus, würde das östliche Kastell bereits außerhalb des römischen Reiches.

Ostkastell

Bereits Anfang des 19. Jh. vermutete Heinrich Prescher, der Pfarrer der Nachbargemeinde, aufgrund zahlreicher Münzfunde in der sogenannten Flur Bürg, dass hier ein römisches Kastell liegen müsse, worauf auch der Flurname hinzuweisen schien. Erst 1886 wurden jedoch an dieser Stelle Grabungen durchgeführt und die Vermutung bestätigte sich. 1894 wurde der Bereich gründlicher untersucht. 1960 erwarb das Land Baden-Württemberg den Grund, auf dem das Kastell lag und zwischen 1976 und 1981 fanden dort weitere Grabungen statt. Die Innenbebauung wurde vor allem durch zerstörungsfreie Methoden untersucht (z. B. elektromagnetische Prospektion).

Das Kastell ist an Ost – und Westseite je 123 m lang, an der Nordseite 130 m und an der Südseite 136 m. Die Grabungen zwischen 1976 und 1981 beschränkten sich auf das Südtor, den südöstlichen Eckturm, den Westturm und die Mauer dazwischen. Die Kastellmauer hatte hier eine Breite von 1,1 m – 1,4 m und war z. Tl. noch über 1,2 m hoch erhalten. Parallel zur Mauer fand man im Innern des Kastells eine Pfostenreihe, die vermutlich einen Wehrgang trug. Vor der Mauer lagen zwei Spitzgräben. Die Umfassungsmauer des Kastells stürzte offenbar aufgrund ungünstiger Bodenverhältnisse mehrfach ein und man fand Spuren verschiedener Ausbesserungsarbeiten.

Das Ostkastell von Welzheim liegt auf einem Vorsprung über dem Flüsschen Lein. Es ist im Südosten und teilweise an der Nordseite geschützt und bietet einen weiten Blick über das Limesgebiet. Das Gelände senkt sich von Nordwesten nach Südosten um etwa 10 m ab. Das Osttor hat eine Durchfahrt und offenbar nur einen Turm. An der Südseite gibt es offenbar nur eine Zungenmauer. An Nord- und Westseite der Umfassungsmauer gab es zusätzliche Zwischentürme. Verschiedene Ausbesserungsarbeiten lassen auf schlechte Bodenverhältnisse schließen.

Bei der Vermessung der Lagerstraße fand man vier holzverschalte Brunnen. Neben zahlreichen tierischen und pflanzlichen Resten hatten sich hier zum Beispiel eine Holzschaufel, ein Kupfereimer und Teile eines Maskenhelmes aus Eisenblech erhalten. Der bedeutendste Fund waren allerdings Reste von etwa 100 römischen Schuhen verschiedenster Typen.

Das Lager war ein Numeruskastell und bot Platz für eine 150 bis 200 Mann starke Besatzung. Das Kastell wurde offenbar um die Mitte des 2. Jh. n. Chr. errichtet und bestand bis zum Fall des Limes um 260 n. Chr.

Der heutige Archäologische Park Welzheim zeigt eine Rekonstruktion des Westtores und macht durch Hecken weitere Teile des Kastells sichtbar. Des Weiteren sind auch Kopien römischer Steindenkmäler aus anderen römischen Fundstellen ausgestellt.

(Fortsetzung folgt …)

Dreifußkessel der geometrischen Epoche

Dreifußkessel waren in der griechischen Antike zum einen Preise für Wettbewerbe, zum anderen aber auch beliebte Weihgeschenke. Vor allem in Olympia wurden sehr viele aufgestellt.

Die älteste Gruppe dieser Dreifußkessel hatte massiv gegossene Beine. Die Beine sind etwa 60 cm hoch und haben einen polygonalen Querschnitt. Sie setzen direkt am Kessel an. Spätere Exemplare haben einen pi-förmigen Querschnitt und sie sind weniger massiv.

Bei einem frühen Beispiel aus Olympia sind die Ringhenkel mit einem Strichornament verziert. Später sind die Dreifußkessel zunehmend dekoriert und teilweise sind an den Henkeln Figuren angebracht, z. B. Pferdefiguren. Auch die Kessel selbst werden nun teilweise mit figürlichem Schmuck verziert.

Die Henkel dieser geometrischen Dreifußkessel sind ringförmig. Man unterscheidet Ringhenkel mit durchbrochenem Dekor (teilweise einfacher Zickzackdekor) und plastischen Aufsatzfiguren auf der einen Seite und geschlossene Ringhenkel mit Rippung auf der anderen. Innerhalb dieser zweiten Gruppe gibt es in Olympia im 8. Jh. v. Chr. eine kleine Sondergruppe, die sich teils durch die Dekoration, teils durch die Dimensionen von 1,10 m bis zu 2 m Höhe hervorhebt. Die Beine dieser Gruppe werden von Graten gebildet. Die Kessel werden mit symmetrisch angeordneten Figuren verziert. Beispielsweise finden wir männliche Figuren, die in der Mittelachse mit der einen Hand das Gefäß „hält“. Die andere Hand ist erhoben. Andere Exemplare zeigen antithetisch angeordnete Löwen mit aufgerissenem Maul und dazwischen eine Blüte.

 

Literatur:

  • W. – D. Heilmeyer (Hrsg.), Mythos Olympia. Kult und Spiele. Ausstellungskatalog Berlin (Berlin 2012)
  • M. Maass, Die geometrischen Dreifüsse von Olympia, OF 10 (Berlin 1978)

Geometrische Pferdefiguren

Bereits ab dem 10 Jh. v. Chr. finden wir erste Beispiele von Tierskultpturen in der griechischen Kunst (Hirsch vom Kerameikos, Kentaur von Lefkandi). Diese frühen Beispiele waren aus Terrakotta. Später kam Tierplastik aus Bronze auf. Hierbei wurden überwiegend Pferde und Rinder dargestellt. Es handelte sich dabei vorwiegend um Votivgaben in Heiligtümern, z. B. in Olympia. Viele dieser Tierbronzen stehen auf einer durchbrochenen Basis; einige sind an Bronzedreifüßen angebracht.

Stilistisch kann man verschiedene Typen unterscheiden, die im Folgenden anhand der Pferdefiguren vorgestellt werden sollen.

Ein Typus ist auf Silhouette gearbeitet und wirkt fast zweidimensional. Der Körper ist kurz und walzenförmig.  Die Augen sind betont und eingetieft. Vermutlich waren sie eingesetzt. Teilweise gibt es im Halsbereich auch gepunzte Ornamente. Dieser Typus stammt vermutlich aus Korinth.

 

 

 

 

 

 

 

 

In anderer zeitgleicher Typus ist rundplastischer gearbeitet. Beine und Körper bilden einen U-förmigen Umriss und der Körper ist stärker gelängt. Die Halspartie ist ebenso flach wie bei den korinthischen Darstellungen. Vermutlich entstand dieser Typus in Argos. So fand man ihn zum Beispiel im Heraion von Argos. Man fand ihn aber auch in Arkadien, Athen oder Delphi.

 

 

 

 

 

 

 

Ein weiterer Typus – vermutlich aus Sparta – ist hochbeiniger. Dieser etwas spätere Typus ist in ein Rechteck eingeschrieben und die Beine sind oft weniger ausgearbeitet.

Ein andeerer Typus stammt vermutlich aus Olympia. Hier sind Beine und Körper eher walzenförmig und die organischen Formen sind ausgedünnt.

Neben diesen Pferdefiguren findet man unter anderem Darstellungen einer säugenden Hischkuh oder Jagdszenen. Die Darstellungen zeigen also insgesamt eine Katalog von Wertemaßstäben.

Der geschundene Marsyas

Marsyas war ein Satyr aus dem Gefolge der Göttin Kybele. Er gilt in der griechischen Mythenwelt als Beispiel für Hochmut, der von den Göttern bestraft wird.

Athena hatte die Doppelflöte erfunden, warf sie allerdings weg, als sie sah, dass das Spiel auf der Flöte ihr Gesicht entstellte. Marsyas fand die Flöte und lernte sie zu spielen. Schließlich war er der Meinung, dass er besser als Apollo spielen würde. Natürlich gewann der Gott der Musik den Wettkampf und bestrafte Marsyas für seinen Hochmut, indem er ihn an einem Baum aufhängen und ihm bei lebendigem Leib die Haut abziehen ließ.

In der hellenistischen Kunst wurde oft menschliches Leid dargestellt und auch die Bestrafung des Marsyas wurde jetzt als Thema aufgenommen. Kopien einer entsprechenden Skulpturengruppe finden wir beispielsweise in München, in Paris und in Rom.

Erhalten ist jeweils der an einem Baum aufgehängte Marsyas. Nachklänge auf Münzen und Reliefs zeigen, dass ursprünglich mindestens eine weitere Figur zu der Gruppe gehörte. Man vermutet, dass der sogenannte „Schleifer“ (Beispiel im Louvre) dazu gehörte. Unklar ist, ob auch Apollo dargestellt war. Vermutlich sollten aber vor allem die Aussicht auf die Bestrafung und das Leiden im Mittelpunkt stehen. Auch ohne die Darstellung Apollos wusste der antike Betrachter, worum es ging und konnte die Szene mit der Bestrafung der Hybris (Hochmut) durch den Gott verbinden.

 

Literatur:

  • Andreas F. Kelletat: Der ungeschundene Marsyas. In: Dietmar Albrecht u. a. (Hrsg.): Unverschmerzt. Johannes Bobrowski: Leben und Werk. München 2004, S. 171–185.
  • Luise Seemann: Marsyas und Moira. Die Schichten eines griechischen Mythos. Marburg 2006
  • Ursula Renner, Manfred Schneider (Hrsg.): Häutung. Lesarten des Marsyas-Mythos. München 2006

Panathenäische Preisamphoren

Zu Ehren der Stadtgöttin Athene richtete Athen das Fest der Panathenäen aus. All vier Jahre fanden die sogenannten großen Panathenäen statt, zu denen verschiedene sportliche und musische Wettkämpfe gehörten. Als Preise für die sportlichen Wettkämpfe wurden – vermutlich ab der Neuordnung des Festes 566 v. Chr. – die sogenannten panathenäischen Preisamphoren verliehen. Pro Spiel wurden tausende von Amphoren benötigt. Ab ca. 530 v. Chr. wurden Form und Dekor dieser Amphoren festgelegt und blieben lange Zeit unverändert. Im Laufe der Zeit gab es dann zwar einige Änderungen, aber bis zum Ende der Panathenäen im 5. Jh. n. Chr. blieb der Dekor schwarzfigurig. Über einen großen Zeitraum des 4. Jh. v. Chr. sind die Amphoren genau datierbar, da der für die Befüllung zuständige Archon inschriftlich erwähnt wird.

Diese ca. 60 – 80 cm hohen Amphoren sind durch Inschriften als Preisamphoren gekennzeichnet und enthielten Olivenöl. Sie wurden oft als Trophäen aufbewahrt, andere wurden in Tempel geweiht oder einem Verstorbenen mit ins Grab gegeben. Die Amphoren bzw. das Öl konnten aber auch verkauft werden, sodass man sie in vielen Regionen findet.

Hals und Fuß sind recht schmal. Der Hals wird durch einen plastischen Ring von der Schulter getrennt und trägt einen doppelten Fries aus Lotuspalmetten. Auf der Vorderseite sieht man eine nach links schreitende Athena Promachos, die von Säulen flankiert wird, auf denen ab ca. 530 v. Chr. Hähne stehen. An der linken Säule steht die Preisinschrift.

Als früheste panathenäische Preisamphora gilt die sogenannte Burgon-Amphora (British Museum, London). Diese zeigt noch keine Lotuspalmetten und Athena wird noch nicht von Säulen flankiert.

Jeder Maler bzw. eine Malergruppe scheint ein eigenes Schildzeichen verwendet zu haben. Im 4. Jh. v. Chr. wurden die Hähne durch jährlich wechselnde Symbole ersetzt und seit 363/62 schreitet Athena nach rechts.

Auf der Rückseite ist anfangs der Wettkampf dargestellt, in dem der Preis gewonnen wurde. Diese Darstellungen sind weniger archaistisch als die Vorderseite. Ab der Mitte des 5. Jh. v. Chr. wurden auch Siegerehrungen abgebildet und später auch Siegesgöttinnen oder Personifikationen.

Literatur:

  • John Boardman: Schwarzfigurige Vasen aus Athen. Ein Handbuch (4. Aufl., Mainz 1994)
  • Martin Bentz: Panathenäische Preisamphoren. Eine athenische Vasengattung und ihre Funktion vom 6.–4. Jahrhundert v. Chr. (= Antike Kunst. Beiheft 18). Vereinigung der Freunde Antiker Kunst (Basel 1998)
  • Martin Bentz, Norbert Eschbach (Hrsg.): Panathenaïka. Symposion zu den Panathenäischen Preisamphoren (Mainz 2001)

Hagia Sophia, Istanbul (Teil 3)

Der Innenraum der Hagia Sophia wird von einer riesigen Kuppel beherrscht, die frei zu schweben scheint. Die erste Kuppel war zu flach, sodass die Kuppel 552 und noch einmal 558 n. Chr. durch den zu hohen Seitenschub einstürzte. Wenige Jahre später erhob sich dann eine neue höhere Kuppel über der Kirche. Trotzdem handelt es sich um eine sehr fragile Konstruktion, die vor allem aufgrund der in der Region häufigen Erdbeben immer in Gefahr ist einzustürzen. Sowohl Haupt- als auch Nebenkuppeln waren im Laufe der Jahrhunderte davon betroffen.

Die Hauptkuppel wird von vier starken Pfeilern gestützt, zwischen denen sich Gurtbögen erheben. Die Funktion als Stützpfeiler wird jedoch geschickt verschleiert. Im Norden und Süden sind die Gurtbögen mit Schildbögen geschlossen. Im Osten und Westen öffnen sich mit Halbkuppeln überwölbte Exedren. Über den Stützpfeilern leiten Pendentifs (dreieckige, nach außen gewölbte Eckzwickel) vom quadratischen Grundriss des Hauptraums zu einer Rippenkuppel über.

Von der ursprünglichen Mosaikausstattung ist nicht mehr viel erhalten. Überwiegend handelte es sich wohl um vegetabile und geometrische Muster. Die erhaltenen figürlichen Mosaiken stammen aus späteren Jahrhunderten. Sie zeigen beispielsweise Christus als Weltenherrscher oder in einer Deesis-Darstellung zwischen Maria und Johannes, Maria mit dem Kind – unter anderem in der Apsis sowie zwischen dem Stadtgründer Konstantin und Justinian – sowie verschiedene Kaiser.

 

Literaturauswahl:

  • Rowland J. Mainstone: Hagia Sophia. Architecture, structure and liturgy of Justinian’s great church. London 1988.
  • Natalia B. Teteriatnikov: Mosaics of Hagia Sophia, Istanbul. The Fossati restoration and the work of the Byzantine Institute. Washington DC 1998.
  • W. Eugene Kleinbauer, Anthony White, Henry Matthews: Hagia Sophia. London 2004.
  • Joseph D. Alchermes: Art and Architecture in the Age of Justinian. In: Michael Maas (Hrsg.): The Cambridge Companion to the Age of Justinian. Cambridge 2005, S. 343–375, speziell S. 361 ff.
  • Nadine Schibille: Hagia Sophia and the Byzantine Aesthetic Experience. Farnham 2014.

Hagia Sophia, Istanbul (Teil 2)

Die heutige Hagia Sophia wurde von Kaiser Justinian in Auftrag gegeben.

Im Westen war ein Atrium vorgelagert. Da das Gelände hier stark abfällt, waren hohe Substruktionen notwendig. Das Atrium war auf allen Seiten von Säulenhallen umgeben, wobei die östliche gleichzeitig als äußere Vorhalle (Exonarthex) zum Haupteingang diente. Ein weiterer Narthex leitete zur eigentlichen Kirche über.

Der Innenraum der Hagia Sophia ist prinzipiell dreischiffig mit Emporen über den Seitenschiffen. Der Zugang zu den Emporen erfolgt außerhalb der Kirche über Treppen in den Ecken im Norden, Osten und Westen. Eine weitere befand sich eventuell auch im Süden. Die Kirche war außerdem von weiteren Höfen umgeben und an allen Seiten befanden sich Eingänge. Die Apsis ist freistehend und außen polygonal ummantelt. An der Innenwand der Apsis gibt es eine stufenförmige halbrunde Priesterbank (Synthronon).

Die Seitenschiffe sind jeweils durch sechs Pfeiler in drei Bereich geteilt. Vom Hauptschiff sind diese Pfeiler allerdings nicht als solche erkennbar. Die Seitenschiffe waren außerdem mit Schrankenplatten unterteilt.

Von der originalen Innenausstattung ist nichts mehr vorhanden. Antike Quellenberichten von einem goldenen Tisch mit goldenen Säulen und einer goldenen Basis mit Edelsteinen. Darüber erhob sich ein Ziborium (Altaraufbau) aus Silber. Eine CAD-Rekonstruktion der Gerda-Henkel-Stiftung gibt das mögliche Aussehen des Innenraums wieder.

 

(Fortsetzung folgt …)

Hagia Sophia, Istanbul (Teil 1)

Die Hagia Sophia ist eines der bekanntesten Bauwerke Istanbuls und zieht täglich Tausende von Besuchern an. Der heutige Bau entstand im 6 Jh. n. Chr., aber bereits im 4. Jh.  entstand die erste Kirche – vermutlich 326 n. Chr. unter Kaiser Konstantin – an dieser Stelle.

Am 9. Juni 404 brach ein Feuer aus und zerstörte diese Kirche, die nur die große Kirche genannt wurde. Unter Theodosius II. wurde ein Nachfolgebau geweiht. Unklar ist dabei, ob es sich um eine Restaurierung oder einen kompletten Neubau handelte.

Nach der schriftlichen Überlieferung und den archäologischen Befunden handelte es sich um eine Basilika mit 2 oder 4 Seitenschiffen, Emporien und einem Holzdach. Die Hauptfassade lag im Westen aber es gab einen weiteren Eingang im Osten. In der Mitte der Kirche stand ein Thron für den Bischof.

Bereits 405 n. Chr. waren Reliquien des Propheten Samuel in die Kirche überführt worden. Die Kirche hatte jetzt eine mehr als 66 m lange Prunkfassade. Aufgrund des stark abfallenden Geländes war aber offenbar davor kein Atrium möglich. Insgesamt war die Kirche kleiner als jene, die im 6. Jh. unter Justinian errichtet wurde.

Auch dieser Bau fiel den Flammen zum Opfer. Er brannte während der Regierung Justinians im Verlauf des sogenannten Nika-Aufstands am 15. Januar 532 nieder. Anschließend ließ Justinian die Kirche in der heutigen Form neu errichten.

 

(Fortsetzung folgt …)

San Vitale, Ravenna (Teil 2)

Berühmtheit hat San Vitale vor allem durch die Mosaiken im Altarraum erlangt. Die Mosaiken sind in neutestamentliche und alttestamentliche Themen aufgeteilt. Dabei verweisen die Szenen aus dem Alten Testament jeweils auf ein Ereignis des Neuen Testaments.

So weist das Lamm Abels beispielsweise auf das wahre Lamm „Jesu“ und Melchisedek, ein Priester in Salem, verweist auf die Eucharistie, da er Abraham Wein und Brot anbietet. Die Bewirtung der drei Männer durch Abraham wiederum symbolisiert die Dreifaltigkeit. Sarah und Abraham stehen für Maria und Josef, die Geburt Isaaks für die Geburt Jesu.

Über diesen Szenen erscheint in den durch die bogenförmigen Lunetten Bilder aus dem Leben Mose: Moses gibt dem Volk der Juden im Alten Testament die Gesetze, Jesus dagegen ist Gesetzgeber für alle Menschen.

Im Scheitel des Triumphbogens ist ein bärtiger Christus dargestellt, im inneren Bogen Büsten der Apostel.

Das Apsismosaik zeigt Christus mit Purpur-Gewand auf einer Weltkugel thronend. Diese Weltkugel liegt auf einem Hügel mit den Paradiesströmen. Der Weltenherrscher Jesu wird von zwei Engeln flankiert. Rechts außen steht Bischof Ecclesius, dem der Engel neben ihm ein Modell der Kirche überreicht. Links steht dagegen San Vitale, der von Christus eine Märtyrerkrone erhält.

An den Seitenwänden der Apsis sehen wir links Kaiser Justinian und rechts Kaiserin Theodora umgeben von ihrem Hofstaat. Justinian hält eine Hostienschale in den Händen. Er trägt ein mit Edelsteinen besetztes Diadem und einen purpurfarbenen Umhang, der von einer prachtvollen Scheibenfibel gehalten wird. Der Heiligenschein zeichnet Justinian als Kaiser aus. Neben dem Kaiser ist Bischof Maximian dargestellt, der die Kirche geweiht hat. Links erkennt man die kaiserliche Leibwache.

Auch Theodora ist durch einen Nimbus und prunkvolle Kleidung als Kaiserin gekennzeichnet. Sie trägt einen purpurnen Umhang und eine Haubenkrone, die ebenso mit Edelsteinen besetzt ist wie der breite Kragen. Die Kaiserin hält einen reich geschmückten Kelch der Eucharistie in den Händen.

Hierbei handelt es sich um reine Repräsentationsbilder, da weder Justinian noch Theodora jemals in Ravenna waren. Es sind jedoch die einzigen Darstellungen, die eindeutig diesem Kaiserpaar zugeschrieben werden können.

San Vitale, Ravenna (Teil 1)

Die italienische Stadt Ravenna birgt noch heute einige sehenswerte antike Bauten mit phantastischen Mosaiken. Im 5. Jh. n. Chr. verlegten die weströmischen Kaiser ihre Hauptresidenz von Mailand nach Ravenna war und auch die ostgotischen Eroberer residierten hier. Im 6. Jh. konnte der oströmische Kaiser Justinian Italien zurückerobern. Unter seiner Herrschaft entstand unter anderem die Kirche San Vitale.

Literatur:

  • I. Andreescu-Treadgold / W. Treadgold, Procopius and the Imperial Panels of S. Vitale. In: The Art Bulletin. Bd. 79, Nr. 4, 1997, S. 708–723
  • F. W. Deichmann, Ravenna. Hauptstadt des spätantiken Abendlandes. Band 2: Kommentar. Teil 2. Steiner, Wiesbaden 1976, S. 47–206
  • G. Malafarina (Hrsg.): La Basilica di San Vitale a Ravenna (= Mirabilia Italiae. Guide. 6). Panini, Modena 2006
  • J. Dresken-Weiland, Die frühchristlichen Mosaiken von Ravenna – Bild und Bedeutung, Schnell & Steiner, Regensburg 2016

Die 547 von Bischof Maximian geweihte Kirche ist ein Nischenzentralbau, der in seinem achteckigen Außenbau eine klare Geschossgliederung zeigt. Der hohe Kuppeltambour ist mit einem Zeltdach gedeckt, die Nischen mit Pultdächern. Die Apsis ist polygonal ummantelt und an der südwestlichen Ecke des Achtecks, d. h. nicht in der Achse des Gebäudes, ist ein Narthex vorgelagert, der den Haupteingang bildete.

Der Innenraum, der sich nicht im Außenbau wiederspiegelt, wird von dem zentralen überkuppelten Oktogon bestimmt. Die Kuppel mit fast 16 Meter Durchmesser wird von acht Pfeilern getragen, die auch stark als Stützen herausgestellt sind. Zwischen den hinteren beiden Pfeilern öffnet sich der Altarraum mit der Apsis, die von zwei runden Kapellen flankiert wird. Zwischen den übrigen Pfeilern befinden sich halbrunde Nischen mit zwei Stockwerken. San Vitale ist die einzige Emporenkirche Ravennas.

(Fortsetzung folgt …)

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