Die ersten Reiterstandbilder sind uns aus dem 6. Jh. v. Chr. bekannt, also aus der archaischen Zeit Griechenlands. Dargestellt waren Adlige. In der klassischen Zeit scheint es dagegen keine Reiterstandbilder gegeben zu haben, sondern erst wieder unter Alexander dem Großen. Diese wurden dann als Beutestücke nach Rom gebracht.

Im Rom waren Reiterstandbilder ab der Kaiserzeit dem Kaiser selbst vorbehalten. Dabei unterscheidet man zwei Typen. Die Adlocutio-Haltung zeigt den Kaiser mit erhobener Hand bei der Ansprache an das Heer. Dieser würdevollen und repräsentativen Darstellung steht die Darstellung auf einem sprengenden Pferd gegenüber, die den Herrscher als Kämpfer zeigt.

Von den vielen römischen Reiterstandbildern, die im ganzen Reich verteilt waren, ist uns nur das Standbild des Marc Aurel erhalten. Man hielt den dargestellten Kaiser im Mittelalter für Konstantin den Großen, der als erster christlicher Kaiser galt.

Ursprünglich war dieses bronzene Standbild vergoldet. Das Pferd hat das rechte Vorderbein nach vorne gehoben. Der Kopf ist leicht angehoben und nach rechts gedreht, die Stirnhaare sind zu einem Schopf zusammengebunden. Das Zaumzeug ist mit Schmuckscheiben (Fallerae) verziert und die Satteldecke mit einem Gurt festgeschnallt.

Der Reiter selbst ist leicht nach vorne geneigt und hat den Arm in der Adlocutio-Haltung nach vorne gestreckt. Er trägt eine Tunika mit Stoffgürtel sowie einen von einer Fibel zusammengehaltenen Reitermantel (Palludamentum) und Stiefel. Kopf und Blick Marc Aurels folgen dem ausgetreckten Arm. Die Gesichtszüge lassen sich aufgrund von Vergleichen mit Münzbildern Marc Aurel zuordnen: Stirnwulst und hochgezogene Brauen, halb über die Augen fallende Augenlider, Tränensäcke, Schnurrbart und langer Bart am Kinn. Die Haare sind als dicke Sichellocken gebildet, die in Reihen um den Kopf herumführen und im Nacken recht kurz sind.

Das Reiterstandbild wurde möglicherweise ca. 176 n. Chr. von einem unbekannten Künstler geschaffen – vermutlich im Rahmen des Siegs Marc Aurels über die Markomannen.

 

Literaturauswahl:

  • Detlev von der Burg (Hrsg.): Marc Aurel. Der Reiter auf dem Kapitol. Hirmer, München 1999, ISBN 3-7774-8340-0
  • Klaus Fittschen, Paul Zanker (Hrsg.): Katalog der römischen Porträts in den Capitolinischen Museen und den anderen kommunalen Sammlungen der Stadt Rom. Band 1: Kaiser- und Prinzenbildnisse. Philipp von Zabern, Mainz 1985, S. 72–74 Nr. 67 Taf. 76–77.
  • Elfriede Regina Knauer: Das Reiterstandbild des Kaisers Marc Aurel. Reclam, Stuttgart 1968.