Monat: Mai 2015

Titusbogen in Rom (Teil 1)

Gerade wurden Reste eines zweiten Ehrenbogens für den römischen Kaiser Titus im Circus Maximus in Rom gefunden, der vermutlich für den Sieg des Titus über die Juden errichtet wurde.

Aus diesem Anlass sei hier und in den folgenden Artikeln der bekannte Titusbogen auf dem Forum Romanum beschrieben.

Dieser Bogen befindet sich auf der Höhe der Velia, einem Hügelrücken, der den Palatin mit dem Esquilin verbindet. Nach Osten fällt das Gelände zum Kolosseum und nach Westen zum Forum Romanum ab. In augusteischer Zeit traf der Clivus Palatinus in der Nähe des Titusbogens auf die vom Forum kommende Via Sacra.

Aus der Antike kennen wir kaum Dokumente, die wir auf den Titusbogen beziehen können. Eines dieser Dokumente könnte eine Beischrift auf einem Relief am Haterier-Grabmal aus der Zeit Trajans (98-117) sein, die einen dargestellten Bogen mit „in sacra via summa“ kennzeichnet. Im Mittelalter diente der Titusbogen als Tor zur Festung Frangipani und 1821 wurde er unter Papst Pius VII restauriert.

Literatur:

H. Kähler, RE Bd. VII, A 1 (1939), „Triumphbogen“
F. Coarelli, Rom. Ein archäologischer Führer (1975), S. 96 f.
E. Künzl, Der römische Triumph (1988)
H. Knell, Bauprogramme römischer Kaiser (2004)
M. Pfanner, Der Titusbogen (1983)
G. Kleiner, Der Triumph des Titus, in: Festschrift M. Wegner (1962), S. 42-43
F. J. Hassel, Der Trajansbogen in Benevent (1966), S. 23-30
A. Wlosok (Hrsg.), Römischer Kaiserkult (1978)
E. Bickermann, Die römische Kaiserapotheose, Archiv f.Religionswissenschaft 27,  1929, S. 1-35
U. Geyer, Der Adlerflug im römischen Konsekrationszeremoniell (Diss. 1967)

Bestandteile und Aufbau

Der Bogen weist in den Maßen beträchtliche Schwankungen auf. Er ist ungefähr 13,50 m breit, 15,40 m hoch und 4,75 m tief (erhaltene Höhe 49 Fuß = 14,47 m). Der Durchgang ist ca. 5,50 m breit.

Der Titusbogen ist horizontal in Sockel, in Säulenordnung mit Gebälk und Attika und vertikal in die beiden Pylonen und in den Mittelteil mit Durchgang und vorspringendem Gebälk- und Inschriftteil der Attika eingeteilt.

Der Durchgang ist ganz mit Reliefs und Ornamentik überzogen. Weitere Reliefs befinden sich in den Archivoltzwickeln und den Schlusssteinen sowie über dem Architrav. Die Attika trägt Inschriften. Die Außenseiten der Pylonen waren ungeschmückt, ob die Attikaflächen neben der Inschrift Reliefs besaßen, bleibt unsicher.

Die Inschrifttafel ist nur an der Ostseite original erhalten. Aus dem Vergleich mit anderen Bogenmonumenten ergibt sich jedoch, dass an der Forumsseite wahrscheinlich die gleiche Inschrift saß. Heute befindet sich hier eine Inschrift, die bei der Restaurierung Anfang des 19. Jh. angebracht wurde.

Die Inschrift an der Ostseite lautet:

SENATUS
POPULUSQUE ROMANUS
DIVO TITO DIVI VESPASIANI F
VESPASIANO AUGUSTO

„Der Senat und das Volk von Rom für den vergöttlichten Titus, Sohn des vergöttlichten Vespasian, den Vespasian Augustus“

Diese typische Inschriftsformel – Weihung an den divus ohne Angabe der Ämtertitulatur und des Grundes – kommt ausschließlich bei Monumenten vor, die einem divus gelten. Der Anlass der Errichtung ist daher nicht, wie aufgrund des Reliefschmucks teilweise angenommen, der jüdische Triumph, sondern die Divinisierung des Kaisers.

 

(Forsetzung folgt …)

 

APX – Archäologischer Park Xanten

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Der Archäologische Park, das Römermuseum und die Großen Thermen von Xanten gehören zu den Highlights römischer Stätten in Deutschland. Zwar wurde die Stadt Colonia Ulpia Traiana (CUT) nach ihrem Zerfall als Steinbruch verwendet, aber sie wurde nie überbaut, da sich spätere Siedlungen um Stift und Dom St. Viktor im heutigen Ort Xanten bildeten. Daher bietet sich Archäologen die Gelegenheit, eine fast komplette römische Colonia eingehend zu untersuchen.

Das erste Militärlager im Raum Xanten, Vetera I, entstand zur Zeit von Augustus auf dem Fürstenberg. Nachdem dieses Lager während des Aufstands des westgermanischen Stammes der Bataver 69/70 n. Chr., die eigentlich als Bundesgenossen galten, zerstört wurde, errichtete man etwas versetzt ein neues Lager, Vetera II, das bis ca. 270 n. Chr. besetzt war. Nördlich des Lagers entstand eine zivile Siedlung, die unter Kaiser Trajan (98 – 117 n. Chr.) um ca. 100 n. Chr. das höchste römische Stadtrecht erhielt: den Titel einer Colonia. Die Verleihung dieses Titels bedeutete das römische Bürgerrecht für die Bewohner und war eine besondere Auszeichnung: Nur etwa 150 Städte im römischen Reich erhielten diesen Titel – im heutigen Deutschland z. B. auch Trier oder Köln.

Die Colonia Ulpia Traiana wurde ganz neu geplant und überdeckte bald die Vorgängersiedlung. Die Stadt erhielt ein regelmäßiges Straßennetz, eine Stadtmauer mit mehreren Toren, ein Kanalsystem für Frisch- und Abwasser, Tempel, Forum und ein Amphitheater. Die Stadt bot etwa 10.000 Menschen Platz und wurde zu einem Hauptort der römischen Provinz Germania Inferior (= Niedergermanien).

Die Blütezeit der CUT hielt bis zum Eindringen der Franken in der zweiten Hälfte des 3. Jh. n. Chr. Danach zogen sich Soldaten und Bürger der Stadt in das Zentrum der Stadt zurück, das sie stark befestigten. Im 4. Jh. n. Chr. wurde jedoch auch diese Siedlung zerstört.

Bis heute wurden nur ausgewählte Bereiche der Colonia Ulpia Traiana ausgegraben. Einige ergrabene Flächen wurden mit Hecken sichtbar gemacht, z. B. Hausgrundrisse; einige Gebäude wurden zumindest teilweise wieder rekonstruiert: z. B. das Amphitheater, das heute auch für Veranstaltungen genutzt wird, Teile der Stadtmauer mit ihren Toren und Wachttürmen, der sogenannte Hafentempel, eine Herberge, in der man heute auch römische Speisen genießen kann, inklusive dem zugehörigen Bad sowie seit Mai 2015 verschiedene Werkstätten (z. B. von Schmieden und Weberinnen). An einigen Stellen kann man in Brunnen oder Wasserleitungen sehen und auch Getreidemühlen und Baukräne wurden rekonstruiert.

Zu jeder römischen Stadt gehörten auch öffentliche Bäder. Die sogenannten Großen Thermen der CUT wurden 1999 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der riesige Schutzbau rekonstruiert das vermutliche Aussehen des Gebäudes. Die Eingangshalle der Thermen, die Basilika Thermarum, beherbergt seit 2008 das LVR-Römermuseum. Hier finden die Funde aus den langjährigen Ausgrabungen in der Colonia Ulpia Traiana einen würdigen Rahmen.

Auch wenn der Eintrittspreis nicht ganz billig ist und nur für einen Tag gilt, lohnt es sich, den Besuch im römischen Xanten auf zwei Tage zu verteilen. Es gibt sehr, sehr viel zu sehen und zu erlaufen und ein Tag ist meines Erachtens zu wenig, um alle Eindrücke zu verarbeiten.

Weitere Informationen:

Die sogenannten „Thronreliefs“ aus Ravenna (Teil 8)

Den antiken Kontext der Reliefplatten kennen wir leider nicht. Wir können daher nur Vermutungen über die ursprüngliche Verwendung anstellen und müssen bei unseren Überlegungen von den Platten selbst ausgehen.

Nach der Bedeutung der Motive hing das Monument, an dem die ravennatischen Marmorplatten angebracht waren, mit dem Kaiserkult zusammen. Es handelte sich daher wahrscheinlich um einen Tempel oder einen Altar für den Kaiser oder einen Divus, für den Genius Augusti oder den Divus Augustus.

Es stellt sich nun noch die Frage, wo und wie die Reliefs in einem solchen Monument Verwendung fanden. Mansuelli z. B. nahm einen kontinuierlichen Fries am oberen Ende einer Wand an. Ein kontinuierlicher Fries ist aber, wie die Rahmung des vollständigen Exemplars im Louvre zeigt, nicht möglich, sondern eher eine metopenartige Anordnung. Dies wird auch dadurch unterstützt, dass sich der architektonische Hintergrund von Platte zu Platte ändert. Beschi hält es außerdem nicht für möglich, die Platten oben an einer Wand anzubringen, da sie wegen der sorgfältigen Ausarbeitung sichtbar gewesen sein müssten. Er nimmt daher eine maximale Anbringungshöhe von 2 m an. Da keine Einlassungen für Metallklammern vorhanden sind, können sie, seiner Meinung nach, nicht in ein Marmorstruktur eingefügt gewesen sein. Ebenso hält er es aufgrund der glatten Rückseite ohne Rahmung nicht für möglich, dass diese Rückseite sichtbar war, wie z. B. im Fall einer Schranke oder einem Geländer. Beschi glaubt, dass die Platten am ehesten in eine Mauer eingefügt waren, um den unteren Teil einer Wand zu schmücken.

Meiner Meinung nach ist es allerdings durchaus möglich, dass die Reliefplatten höher als 2 m angebracht waren. Als Beispiel sei hier z. B. der Erotenfries vom Tempel der Venus Genetrix in Rom genannt: dieser ist ebenso sorgfältig ausgearbeitet wie die ravennatischen Reliefs und, obwohl sie sogar ein Drittel kleiner sind, schmückten sie den Architrav! Wären die Reliefs in eine Wand eingemauert gewesen, wäre, meines Erachtens, spätestens beim Herausbrechen aus der Mauer die Rückseite der Marmorplatten beschädigt worden, d. h. sie wären nicht mehr glatt.

Aufgrund der glatten Rückseiten und den fehlenden Einlassungen für Klammern u. ä., scheint mir eine Verwendung als Schrankenplatten zwischen zwei Säule recht wahrscheinlich. Die Platten wären dann mit der unteren Standplatte in den Fußboden oder eine niedrige Mauer eingelassen gewesen. Auch kommen die Platten mit nur 15 cm kaum  tragende Elemente in Frage, und wenn wir eine Einfügung in eine Mauer ausschließen, bleibt eigentlich nur noch eine Funktion als Schranke.

Da wir für Ravenna zwei Reliefserien bezeugt haben, scheint hier eine dekorative Wiederholung der Platten an einem Gebäude vorzuliegen. Ich halte dies, im Gegensatz zu Beschi, auch bei einer tieferen religiösen oder ideologischen Bedeutung der Motive, durchaus für möglich.

Ein paar Berechnungen können uns schließlich noch eine gewisse Vorstellung von den Ausmaßen des Gebäudes geben, aus dem die Platten stammen. Bei mindestens zwölf anzunehmenden Reliefs pro Serie ergeben sich, mit ca. 2 m Länge pro Platte ungefähr 24 m. Nimmt man außerdem zwischen zwei Platten eine Säule an, dann erhalten wir schon für eine Serie eine Länge von etwa 30 m.

Die sogenannten „Thronreliefs“ aus Ravenna (Teil 7)

Im Jahre 113 n.Chr. wurde das neue Traiansforum zusammen mit dem im Jahre 80 n Chr. abgebrannten und nun wiederaufgebauten Venus-Genetrix-Tempel eingeweiht. Der Beginn der Bauarbeiten am Tempel lag aber, nach Nash, noch in spätdomitianischer Zeit. Von diesen beiden Bauprojekten haben sich mehrere Fragmente mit Puttidarstellungen erhalten, von denen ich zwei vom Venus-Genetrix-Tempel und eines vom Traians-Forum zum Vergleich heranziehen möchte.

Das erste der Fragmente vom Venus-Genetrix-Tempel befindet sich heute in der Villa Albani. Zwei Putti, deren Unterkörper in Akanthuslaub und Ranken übergehen, machen sich an einem zwischen ihnen stehenden Kandelaber zu schaffen. Das üppige Blattwerk der Ranken weist eine gewisse Härte in der Modellierung auf.

Bei der Körpern der beiden Putti sind die einzelnen Muskelstränge stark herausgearbeitet und die Muskelpartien sind durch tiefe Mulden und weiche Falten deutlich voneinander getrennt. Trotzdem liegt hier noch keine Vereinzelung der Formen vor, wie wir sie bei den ravennatischen Putti festgestellt haben. Die bei den neronisch-flavischen Putti noch sehr schwache Durchgliederung der Einzelformen und die weniger bewegte Oberflächengestaltung kommt jetzt aber schon stärker zum Zug.

Auf einem zweiten Relieffragment des Venus-Genetrix-Tempels, heute im Konservatorenpalast, sind sieben Putti dargestellt. Rechts sind zwei Putti damit beschäftigt einen Schild mit einem Gorgoneion aufzurichten. Daneben tragen zwei weitere Putti einen Köcher bzw. eine Schwertscheide. Weiter links ist ein Puttenpaar mit einer Schüssel beschäftigt, zu der von links ein dritter Putto eine Amphore herbeibringt.

Diese sieben Putti zeigen eine ganz andere Art der Körpermodellierung auf als die Rankenputten. Die Hautfalten sind fast unabhängig von der jeweiligen Bewegung der Putti und reihen die plastischen Wölbungen recht unorganisch aneinander. Die Körperoberfläche ist also in Einzelformen aufgelöst.

Die Flügelbildung ist aufgelockerter und nicht mehr so schematisch wie bei den Rankenputti. Die Binnenzeichnung gibt sogar die Häärchen an und die vorher gerade Reihe der Schwungfedern ist nun abgerundet.

Auf einem Friesfragment vom etwas später datierten Traians-Forum wird eine Amphore mit einer bacchantischen Tanzszene von zwei „Ranken“-Putti flankiert, die ihr den Rücken zuwenden. Die Modellierung der Ranken ist detaillierter als beim Venus-Genetrix-Tempel und die Oberflächengliederung der Puttenkörper ist jetzt zurückgenommen. Die schmaleren Körper der zwei Putti bilden mit der Biegung ihrer Ranken eine gleichmäßige Kurve. Nur bei den Armen sind noch leichte Einbuchtungen und Wölbungen auf. Die Hälse sind wieder deutlicher zu sehen. Die Haare liegen eng am Kopf an und bilden ab und zu kleine Kringellöckchen. Die Flügel haben stark ausschwingende Schwungfedern auf und die Haare sind überall skizziert.

Die Putti unserer Serie ähneln am stärksten den Putti vom Venus-Genetrix-Tempel. Gegenüber den früheren Putti ist eine zunehmende Zergliederung bei der Körpermodellierung festzustellen, die im Puttenfries des Venus-Genetrix-Tempels gipfelt. Diese Oberflächengliederung wird bis zu den Rankenputti des Traians-Forums mit dem Datum der Einweihung 113 n. Chr. als terminus ante quem, wieder zurückgenommen.

 

(Fortsetzung folgt …)

Die sogenannten „Thronreliefs“ aus Ravenna (Teil 6)

An das Ende der neronischen Zeit wird eine oktogonale Urne aus den kapitolinischen Museen von Simon datiert. Das 66 cm hohe Gefäß mit Deckel zeigt unter anderem sieben tanzende Eroten.

Die Körperbehandlung dieser Putti ist recht bewegt. Die einzelnen Muskel- und Fettpartien sind hier viel differenzierter und organischer zusammenengesetzt als bei den Beispielen claudischer Putti. Die Wölbungen sind oft durch scharfe Falten getrennt. Wie bei den ravennatischen können wir starke Schwellungen in den Körperformen festgestellen, aber bei den Putten auf der Urne fehlen z. B. noch die Wölbungen an der Hinterseite des Oberschenkels, die wir bei den ravennatischen Putti gesehen haben. Außerdem ist die Oberflächenstruktur noch sehr glatt.

Die Flügel sind zwar schon viel plastischer und kleiner als bei den Putti des Würzburger Altares, aber die Binnenzeichnung ist immer noch zu schematisch.  Ähnliches läßt sich zu den Stoffen sagen. Alle Mäntelchen auf der Capitolinischen Urne flattern in sanft gerundeten Bögen mit wenig Überschneidungen und großen Licht-Schattenbildung. Bei der ravennatischen Gruppe findet sich dagegen eine sehr viel stärkere Formenvielfalt, Bewegtheit und Plastizität.

Diese Urne steht unserer Serie sicher zeitlich näher, aber die Einzelformen sind noch nicht so differenziert gestaltet sind wie bei den ravennatischen Putti.

(Fortsetzung folgt …)

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