Nach der Mittagspause zeigte Helmut Brückner mit seinem spannenden Vortrag „Das Schicksal antiker Hafenstädte im östlichen Mittelmeerraum aus geoarchäologischer Perspektive“, welche Möglichkeiten Geoarchäologie für die Erforschung antiker Lebenswelten bietet. Geoarchäologie verbindet Naturwissenschaften wie Geologie und Biologie mit archäologischen und historischen Funden. Bohrkerne geben durch Mikro-Organismen Auskunft über den Verlauf von Küstenlinien in früheren Zeiten und zeigen, welche Pflanzen und und Tiere damals lebten. Gleichzeitig liefern diese Bohrkerne dem Archäologen Hilfe bei der Datierung. Helmut Brückner beschäfigt sich dabei zurzeit mit den antiken Küstenlinien an der türkischen Westküste und präsentierte einige aktuelle Erkenntnisse, z. B.: dass das Artemision von Ephesus direkt an der Küste lag, wobei das Meeresniveau 5 m unter dem heutigen Niveau nachgewiesen werden konnte; oder dass Asche des Vulkanausbruchs von Santorin in einem Sumpfgebiet bei Belevi in der Nähe von Ephesus gefunden wurde und sich auf etwa 1630 v. Chr. datieren lässt. Hinweise auf den dazu gehörigen Tsunami hofft man dieses Jahr bei Ephesus zu finden.
Hans-Hoyer von Prittwitz und Gaffron stellte in „Dornröschen und die herausragenden Köpfe im LandesMuseum Bonn“ einige bisher in den Magazinen des Museums im Dornröschen-Schlaf liegende, d. h. unpublizierte kleine Köpfe von Statuetten vor. Diese stammen aus römischer Zeit und wurden im Rheinland gefunden. Sie zeigen, wie die typische Ausstattung römischer Häuser nach der Eroberung des Rheinlands durch die Römer Eingang in die Wohnkultur der einheimischen Bevölkerung fand.
„Die Nabatäer – vom zweifachen Aufstieg und Niedergang einer Wüstenkultur“ war Thema des Vortrags von Michael Heinzelmann. Er stellte eindrucksvoll dar, wie sich Phasen des Wohlstands mit Phasen des wirtschaftlichen Niedergangs abwechselten. Gründe für den Niedergang war jeweils die wachsende Konkurrenz, die die Monopolstellung der Nabatäer im Lauf der Zeit mit eigenen Handelsrouten unterlief. Die Nabatäer orientieren sich jedoch immer wieder neu, um wirtschaftlich zu überleben. Jahrhundertelang war Petra das geistige und wirtschaftliche Zentrum der Nabatäer; später verlagerten sich die Aktivitäten immer weiter nach Westen und Elusa löste Petra ab.
Walter Ameling gab in „Kirchenbau in Kleinasien – Zeichen des religiösen Umbruchs“ einen Überblick über die Entstehung von Kirchenbauten. Die ersten Christen versammelten sich in den Häusern wohlhabender Brüder und Schwestern; später wurden die Häuser teilweise nur noch für diese Versammlungen genutzt. Die erste sogenannte Hauskirche, die wir kennen, wurde in Dura Europos ausgegraben. Am Ende des 3. Jh. n. Chr. waren Kirchen offenbar bereits äußerlich erkennbar. In Kleinasien sind 20 Kirchen aus dem 4. Jh. literarisch, epigraphisch oder archäologisch bekannt. Dabei waren Kirchen nicht nur Orte der Versammlung, sondern auch Gegenstand kaiserlicher, aristokratischer oder städtischer Repräsentation.
Bethany Walker beschäftigte sich in ihrem Vortrag „Death of the Qasr – a medieval Islamic settlement form transformed: Results of Recent Fieldwork at Tall Hisban, Jordan“ mit der Geschichte der Wüstenschlösser in mamelukkischer Zeit. Die heute übliche Bezeichnung Qasr bedeutet Burg oder Festung. Ihre ursprüngliche Funktion ist jedoch bis heute nicht gekärt. Sie könnten Verwaltungssitze oder Sitze von Adligen gewesen sein, oder dienten als Karawanserei. Bethany Walker stellte aktuelle Grabungen vor, in denen die Entwicklung dieser Festungen und der dazugehörigen Siedlungen untersucht wird.
Zuletzt präsentierte Lennart Gilhaus „Crisis? What Crisis? – Probleme bei der Erforschung historischer Krisen“ einen Überblick über aktuelle Krisenforschung. Der Begriff Krise, heute in der Regel negativ belegt, bezeichnet eine Dysfunktion des Systems, die dann zu einer ernsten Störung führt, die mit herkömmlichen Mitteln nicht mehr behoben werden kann. Nach einer Einführung in die Krisenforschung anhand der Krise Englands im Jahr 1974 und der Vorstellung der Kriterien von historischen Krisen, wandte sich Lennart Gilhaus der Krise des römischen Reichs im 3. Jh. n. Chr. zu. Das jahrhundertelang funktionierende System „Römisches Imperium“ zeigte sich den politischen Veränderungen der Zeit nicht mehr gewachsen: die Kaiser verloren an Ansehen und das Militär war auf die neuen militärischen Herausforderungen nicht vorbereitet. Dies führte zu Störungen, die sich allerdings nicht in allen Bereichen in gleicher Stärke zeigten. Lennart Gilhaus wies daher daraufhin, dass man bei Krisen die einzelnen Teilbereiche jeweils gesondert betrachten muss. Zusammenfassend schlug er mögliche Kriterien für eine Typologie historischer Krisen vor, z. B. Dauer und Verlaufsform, Ursachen oder betroffene Bereiche.
Insgesamt war die gut besuchte Veranstaltung ein gelungener Überblick über den Wandel verschiedener Kulturen und die verschiedenen Methoden, die zur Erforschung dieses Wandels zur Verfügung stehen. Ich freue mich bereits auf das nächste Kolloquium des Verbunds archäologischer Institutionen Köln und Bonn.
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