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Kurt Roeske, Kos. Zentrum der antiken Medizin. Ein kulturhistorischer Reiseführer (2024)

Der neueste Kulturreiseführer des Philologen Kurt Roeske nimmt uns mit auf die Urlaubsinsel Kos. Denn die Insel hat mehr zu bieten als Strand und Meer. Viele ihrer antiken Zeugnisse führen uns zu den Ursprüngen der Medizin. So befand sich auf Kos ein Asklepieion, d. h. ein Heiligtum des Asklepios, des Gottes der Heilkunst, und der wohl bekannteste Spross der Insel ist der Arzt Hippokrates, dessen Eid sich Mediziner bis heute verpflichtet fühlen.

Roeske stellt zunächst neben Geographie und Geologie die Geschichte und Wirtschaft der Insel von der Antike bis heute vor und unternimmt dann mit dem Leser einen Spaziergang zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt Kos. Im Bereich rund um den Hafen finden wir vor allem nachantike Bauten, aber auch das Archäologische Museum und die antike Agora, das griechische Stadtzentrum. Hier sieht man unter anderem Reste eines Aphrodite-Heiligtums und einer frühchristlichen Kirche, der sogenannten Hafenbasilika.

Mehr antike Spuren haben sich im Westen der antiken Stadt erhalten. Hier, wo sich die Hauptstraßen der römischen Stadt kreuzen, lebten die wohlhabenden Römer. Ein Beispiel für römischen Luxus ist die „Casa Romana“, die Rekonstruktion einer Stadtvilla, die im 3. Jh. n. Chr. auf den Resten von nicht weniger als drei Häusern aus dem 3. Jh. v. Chr. errichtet wurde. Weitere Sehenswürdigkeiten in diesem Viertel sind der Altar für Dionysos, der in seiner Form dem Pergamonaltar ähnelt, das Odeon, einem kleinen überdachten Theater, sowie das Nymphäum. Außerdem kann man in diesem Bereich einige interessante Mosaike des antiken Kos besichtigen.

Im nächsten Kapitel nimmt uns Roeske mit zum etwa vier Kilometer südwestlich der Hauptstadt gelegenen Heiligtum des Asklepios. Zunächst erfahren wir, was die Mythologie über den Heilgott erzählt, dann erkunden wir das Heiligtum, wobei Roeske nicht nur die archäologischen Überreste beschreibt, sondern den Leser, wie es für seine Buchreihe typisch ist, anhand von antiken Quellen den dortigen Kultbetrieb näherbringt.

Die wichtigste Heilmethode im Asklepieion war der Heilschlaf. Auf diese und andere Heilmethoden geht Roeske im nächsten Kapitel ausführlicher ein, das im Zeichen heilender Götter steht und mit den Wunderheilungen Christi und einiger Heiliger endet.

Bereits aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. stammen jedoch unsere ersten Zeugnisse einer eher rational-methodischen Medizin. Antike Schriften berichten von medizinischen Geräten wie Sägen, Klingen oder Messern, aber auch von Rezepturen und Heilanweisungen.

Als Begründer der empirisch-wissenschaftlichen Medizin gilt dagegen Hippokrates. Viel ist über sein Leben nicht bekannt, außer dass er von ca. 460 bis ca. 370 v. Chr. lebte. Er lernte sein Handwerk von seinem Vater und unternahm ausgiebige Reisen. Er begründete die Schule der Vier-Säfte-Lehre, die davon ausging, dass die Ursache von Krankheiten ein Ungleichgewicht der in jedem Körper vorhandenen Säfte – gelbe und schwarze Galle, Blut und Schleim – sei. Auch waren Anamnese, Diagnose und Prognose wichtigen Pfeiler seiner Heilmethoden. Es wurde dabei auch genau festgehalten, welche Krankheiten wie behandelt wurden und welchen Erfolg oder Misserfolg eine Behandlung hatte.

Ausgehend von diesen Anfängen der empirischen Medizin stellt Roeske die weitere Entwicklung der Medizin bis in die Moderne dar und endet mit einer kritischen Betrachtung der Fortschritte in der heutigen medizinischen Forschung.

Im Schlusskapitel nimmt uns Roeske mit auf einen Tagesausflug nach Patmos, wo er ausführlich auf die Apokalypse und ihren Verfasser Johannes eingeht, der dort lebte. Sicher ist, dass Johannes die Offenbarung hier auf Patmos geschrieben hat. Ob tatsächlich in der als Entstehungsort geltenden Höhle sei mal dahingestellt. Über dem Grab des Johannes entstand im 11 Jh. das „Kloster des Heiligen Johannes des Theologen“, das sich weithin sichtbar über der Hauptstadt der Insel erhebt.

Auch in diesem Buch über Kos und Patmos lässt Roeske die Vergangenheit durch zahlreiche schriftliche Zeugnisse lebendig werden, was den besonderen Reiz seiner kulturhistorischen Reiseführer ausmacht.

Kurt Roeske, Kos. Zentrum der antiken Medizin. Ein kulturhistorischer Reiseführer
Exkursion nach Patmos: Ein Tag auf der Insel des Johannes
Erscheinungsdatum: 07.06.2024
238 Seiten
ISBN: 978-3-8260-8649-6 

Buchbesprechung: Patrick Schollmeyer, Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten der griechischen Inseln (2024)

In seinem aktuellen Buch steuert der Archäologe Patrick Schollmeyer einen weiteren Führer zu der Reihe „Die bekanntesten archäologischen Stätten …“ des Nünnerich-Asmus-Verlags bei. Diesmal geht es auf die griechischen Inseln:

  • Die Ionischen Inseln
  • Die Saronischen Inseln
  • Euboia
  • Die Kykladen
  • Die Nordägäischen Inseln
  • Die nördlichen und südlichen Sporaden
  • Die Dodekanes-Inseln

Kreta wird hier ausgespart, da für diese Insel ein eigenes Buch in Planung ist.

Während wir über die Geschichte der großen Stadtstaaten wie Athen, Korinth oder Sparta und über viele Heiligtümer auf der Peloponnes und dem griechischen Festland recht gut informiert sind, fehlen uns für die griechischen Inseln Quellen wie die Reisebeschreibungen des Schriftstellers Pausanias (2. Jh. n. Chr.). Und auch die in mittelalterlichen Klöstern kopierten antiken Quellen beschäftigen sich meist nicht mit den politischen Ereignissen der griechischen Inseln, sofern sie nicht mit den „weltpolitischen“ Entwicklungen zu tun hatten. Was wir über ihre Geschichte wissen oder vermuten können, fasst P. Schollmeyer in der Einführung zu seinem Buch zusammen.

Unsere Reise führt uns zunächst auf die Ionischen Inseln, genauer gesagt nach Korfu. Zwar gibt es hierzulande auch Funde aus neolithischer Zeit, aber ins Licht der Geschichte tritt diese Insel erst im 8. Jh. v. Chr., als der Stadtstaat Korinth hier eine Kolonie gründet: Kerkyra. In der Neuzeit verzauberte die Insel Kaiserin Sissi und Kaiser Wilhelm I., deren „Achilleion“ ein eigenes Kapitel gewidmet ist. Das wohl bekannteste antike Heiligtum Korfus war der Athena geweiht. Von ihrem Tempel stammt der Giebelschmuck, der ein Highlight des Archäologischen Museums ist. Er zeigt im Zentrum Medusa mit ihren Kindern Pegasus und Khrysaor, flankiert von zwei Panthern.

Ebenfalls zu den Ionischen Inseln gehören Ithaka, die legendäre Heimat des Odysseus, sowie Lefkada, wo sich die Dichterin Sappho aus Liebeskummer von einem Felsen gestürzt haben soll.

Der Tempelbezirk, malerisch auf einem Bergsattel gelegen, ist ein lohnenswertes Ziel für einen Tagesausflug von Athen. Salamis hingegen ist bekannt als Schauplatz der bedeutenden Seeschlacht von 480 v. Chr., bei der die Griechen die Perser besiegten.

Weiter geht die Reise zu den Saronischen Inseln, von denen Aigina und Salamis besonders hervorstechen. Von diesen beiden Inseln erfahren wir auch einiges bei Pausanias. Wer an Aigina denkt, hat vermutlich sofort die Giebelfiguren vor Augen, die zu den bekanntesten Stücken der Münchner Glyptothek gehören. Sie stammen vom malerisch auf einem Bergsattel gelegenen Tempel der Aphaia. Schon um 1400 v. Chr. gab es hier eine Kultstätte, wie Keramik und Tonfiguren nahelegen. Die damals verehrte Naturgottheit wurde offenbar im 6. Jh. v. Chr. mit der Nymphe Aphaia gleichgesetzt. Ihr Tempelbezirk ist in jedem Fall einen Tagesausflug wert, wenn man sich in Athen aufhält. P. Schollmeyer zeigt jedoch, dass die Insel noch mehr zu bieten hat und man sich vielleicht doch ein paar Tage Zeit nehmen sollte.

Salamis hingegen ist bekannt als Schauplatz der bedeutenden Seeschlacht von 480 v. Chr., bei der die Griechen die Perser besiegten. Außerdem war diese Insel die Heimat des Aias, den Homer als einen der tapfersten unter den griechischen Kriegern vor Troja pries. Auch diese Insel kann von Athen aus in einem Tagesausflug besucht werden.

Nur einen Katzensprung vom griechischen Festland entfernt liegt Euboia, die nach Kreta größte griechische Insel. Hier bildeten sich zwei Machtzentren aus: Chalkis und Eretria. Die antiken Reste von Chalkis sind weitestgehend unter der modernen Stadt verborgen. Mehr zu sehen gibt es in Eretria, wo man über das Stadtgebiet verteilt immer wieder auf archäologische Reste stößt. Die größte zusammenhängende archäologische Zone liegt in der Nähe des Museums, das einen guten Ausgangspunkt für die Besichtigungen bildet.

Reste eines größeren heiligen Bezirks haben sich in der Nähe des Dorfes Amarynthos erhalten. Und vor dem Kap Artemision im Norden Euboias fanden Taucher eine bronzene Statue des Zeus sowie ein bronzenes Pferd mit zugehörigem Jockey. In einem weiteren Kapitel geht Schollmeyer auf die Bestattung eines offenbar hochrangigen Mannes in Lefkandi ein.

Die Kykladen, eine der größten Inselgruppen, bestechen durch ihre berühmten Inseln Santorini, Naxos, Delos und Mykonos. Als minoisches Pompeji gilt eine Siedlung bei Akrotiri auf Santorini. Eine Siedlung, von der bis heute aber tatsächlich nur ein Teil ausgegraben und erforscht ist. Doch die gut erhaltenen Häuser und Wandmalereien sind ein Muss für viele Kreuzfahrtpassagiere. Aber auch Alt-Thera ist einen Ausflug wert.

Das geografische Zentrum der Kykladen ist Paros, dessen in der Antike beliebtem Marmor im Buch ein eigenes Kapitel gewidmet wurde. Auf Naxos erwarten den Besucher Reste mehrere Tempel: das Heiligtum des Apollon bei der Inselhauptstadt, der Tempel von Yria, der die Entwicklung ionischer Tempel Architektur zeigt, der Tempel für Demeter und ihre Tochter Kore in Sangri. Auch auf Naxos gibt es Marmorsteinbrüche. Dieser Marmor wurde vor allem für die großen Jünglingsfiguren verwendet, die viele Heiligtümer und Gräber schmückten.

Ein Muss für archäologisch Interessierte ist auch Delos mit seinen Heiligtümern. Man erreicht die Insel von der Urlaubsinsel Mykonos aus. Das Hauptheiligtum von Delos ist Apollon geweiht und eines der großen panhellenischen Heiligtümer. Die einstige Pracht kann heute nur noch erahnt werden, aber auch die vorhandenen Reste sind für Besucher durchaus überwältigend. Nicht umsonst ist dies einer der längsten Abschnitte des Buches. Es zeigt, wie viel diese Insel zu bieten hat und dass ein Tag eigentlich viel zu kurz für einen Besuch ist.

Weniger frequentiert, aber nicht minder interessant sind die Nordägäischen Inseln. Thasos war nicht nur für seinen Marmor bekannt, sondern kam auch durch Gold, Silber und Kupfer zu Wohlstand. Hier lohnt sich ein ausgiebiger Spaziergang, um die noch heute sichtbaren Reste der antiken Stadt Thasos zu entdecken – ein Spaziergang, der in diesem Buch ausführlich beschrieben wird. Vor allem aber ist das Kabirion auf der Insel Samothrake einen Besuch wert, ein Heiligtum, das den geheimnisvollen Großen Göttern geweiht ist. Auch hier nimmt uns der Autor auf einen Rundgang mit.

Unter den Ostägäischen Inseln fasst P. Schollmeyer Lesbos, die Heimat der Dichterin Sappho, und das durch Wein und einem als Heildroge verwendeten Harz reich gewordene Chios zusammen.

Die Inseln Skyros und Ikaria werden teilweise zu den Ostägäischen Inseln gezählt. Sie gehören aber auch zu den südlichen Sporaden. Auf Skyros versteckte sich der Legende nach Aias in Frauenkleidern, um seinem sicheren Tod vor Troja zu entgehen. Aber der listige Odysseus lockte ihn aus der Reserve. Ikaria wiederum verdankt ihren Namen Ikaros, dem Sohn des Daidalos, der bekanntermaßen nicht auf seinen Vater hörte und auf der Flucht von Kreta abstürzte und hier begraben worden sein soll.

Vor allem Samos lohnt jedoch einen Besuch. Das Heraion, ein der Göttin Hera geweihtes internationales Heiligtum mit einem gigantischen Tempel, ist ein absolutes Highlight.

Die letzte Inselgruppe, die im vorliegenden Buch präsentiert wird, sind die sogenannten Dodekanes-Inseln. Hierzu gehört z. B. Patmos, wo Johannes die Apokalypse geschrieben haben soll und sich heute ein eindrucksvolles Kloster erhebt. Vor Kalymnos bargen Schwammtaucher schon so manche Bronzestatue und auf Kos wirkte im 4. Jh. v. Chr. der Arzt Hippokrates. Noch heute verpflichten sich Mediziner in ihrem nach ihm benannten Eid, immer zum Wohl des Patienten zu handeln. Die wichtigste archäologische Stätte auf Kos ist jedoch das Asklepios-Heiligtum, das sich über mehrere Terrassen erstreckt.

Eines der 7 Weltwunder der Antike befand sich auf Rhodos: der Koloss des Sonnengottes Sol. Umstritten ist in der Forschung bis heute, wo genau er aufgestellt war. Eher unwahrscheinlich ist allerdings eine breitbeinige Aufstellung über der Hafeneinfahrt.

Wer die griechischen Inseln bereist, kommt meist über Athen. Dies sollte man zu einem Besuch der Athener Museen in Athen nutzen, in denen man viele der Meisterwerke bewundern kann, die auf und vor den in diesem archäologischen Reiseführer vorgestellten Inseln gefunden worden. Insgesamt hat P. Schollmeyer wieder einen unterhaltsamen historischen und archäologischen Überblick vorgelegt.

ISBN: 978-3-96176-247-7
208 Seiten, 129 Illustrationen

Buchbesprechung: Auf der Spur der Menschen vor 80.000 Jahren (2024)

Eine kommentierte Graphic Novel

In den Jahren 2009 bis 2021 förderte die Deutsche Forschungsgemeinschaft das Projekt „Unser Weg nach Europa“, in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Forschungsdisziplinen die Menschheits- und Umweltgeschichte von der Entstehung der anatomisch modernen Menschen vor 190 000 Jahren in Afrika über ihre Wanderungsbewegung bis hin zu ihrer Ankunft in Europa erforscht haben. Anhand von Methoden aus Geowissenschaft, Kulturwissenschaft und Archäologie ging es darum, Ausbreitungs- und Rückzugsbewegungen prähistorischer Populationen zu rekonstruieren.

Die Ergebnisse zu den naturräumlichen und kulturellen Bedingungen, die zwischen 80.000 und 60.000 vor unserer Zeitrechnung zu diesen Wanderungen geführt haben könnten, wurden nun in einem ungewöhnlichen Buch zusammengefasst. Die Autoren Frederik von Reumont, Marine Simon, Ute Dieckmann, Ralf Vogelsang, Felix Henselowsky, Alexandra Budke, Frank Schäbitz haben eine Graphic Novel gewählt, um die Forschungsergebnisse für Laien verständlich zu machen: Als die junge Aluru bemerkt, dass sich die Umweltbedingungen in ihrer Heimat um den damals noch Wasser führenden See Chew Bahir verändern, macht sie sich zusammen mit einigen Gefährten auf den gefährlichen Weg, Neuland zu erkunden.

Jedes Kapitel steht unter einem anderen naturräumlichen Thema, z. B. Klima und Vegetation in sehr feuchten Perioden und in trockenen Perioden, die Veränderung von Küstenlinien und Flussläufen. Zunächst werden die Bedingungen anhand einer Karte und einer kurzen Einführung vorgestellt. Auf den folgenden Seiten wird dann die Geschichte auf der rechten Seite erzählt, während links der aktuelle Forschungsstand erklärt wird: Was weiß man sicher? Was wird vermutet? Was an dieser Geschichte ist reine Spekulation? Woran orientierte sich der Zeichner bei der Gestaltung seiner Figuren? Inwieweit können Vergleiche mit heutigen Gemeinschaften helfen, Lebensumstände, Denkweise, Kleidung, Werkzeuge oder das Verhältnis der Menschen zu ihrer Umwelt zu rekonstruieren?

Auch wenn die Geschichte Alurus die Wanderungsbewegungen und die klimatischen Veränderungen im Zeitraffer erzählt (in Wirklichkeit zogen sich solche Veränderungen über mehrere Generationen bzw. teilweise über Hunderte oder Tausende von Jahren hin), bietet das eine gute Einführung in die Lebenswelten der Altsteinzeit. Es zeigt, welchen Herausforderungen sich der frühe Mensch stellen musste und wie er sich an Veränderungen in seinem Umfeld anpasste. Es veranschaulicht die kulturellen Hintergründe und das Miteinander zwischen den Menschen innerhalb und außerhalb der eigenen Gemeinschaft. Wissenschaftliche Forschungsergebnisse in eine Graphic Novel verpacken? Ein Experiment, das mich neugierig gemacht hat. Ein Experiment, das überzeugt und als Vorbild für Bücher dienen kann, die komplexe Sachverhalte veranschaulichen sollen.    

Weitere Informationen: https://www.reimer-mann-verlag.de/controller.php?cmd=detail&titelnummer=101702&verlag=4

Auf der Spur der Menschen vor 80.000 Jahren
Eine kommentierte Graphic Novel
170 S. m. zahlr. Farbabb., 21 × 29,7 cm, Hardcover
ISBN 978-3-496-01702-8
29,90 € [D]

Buchbesprechung: Markus Schauer, Triumvirat. Der Kampf um das Imperium Romanum. Caesar, Crassus, Pompeius (2023)

Das erste Triumvirat, der Dreierbund von Pompeius, Crassus und Caesar markierte den Höhepunkt politischer Umwälzungen, die die römische Republik aus den Angeln werfen und den Weg für die Kaiserzeit bereiten sollten. Aber wie konnte es dazu kommen? Welche Voraussetzungen ebneten ihnen den Weg zu beispiellosen Karrieren? Was trieb sie an? Und wie schafften sie es, den römischen Staat in ihre Hände zu bekommen? Diesen Fragen widmet sich Markus Schauer in seinem Buch, in dem er virtuos die Biografien der drei Protagonisten mit den historischen Rahmenbedingungen verbindet.

Zu Beginn nimmt Schauer uns mit in die Gedanken und Gefühle, die jeden der drei späteren Triumvirn am Vorabend umgetrieben haben könnten. Rivalität untereinander, aber auch verletzter Stolz, Eitelkeit und maßloser Ehrgeiz, die letztendlich dazu führten, dass sie sich gegen den gemeinsamen Feind, den Senat, zusammenschlossen.

Doch, während die antiken Geschichtsschreiber die Bürgerkriege und den Untergang der römischen Republik im 1. Jahrhunderts v. Chr. diesen drei mächtigen Männern zuschrieben, zeigt Schauer, dass erst die schon Jahrzehnte zuvor begonnenen gesellschaftlichen und politischen Umwälzungen es ihnen ermöglichten, so viel Macht auf sich zu vereinen.

Nach einem theoretischen Teil zu antiker und moderner Geschichtsforschung schildert er ausführlich die Kämpfe zwischen Optimaten und Popularen, also zwischen Senat und Volksversammlung. Im Mittelpunkt dieser Auseinandersetzungen standen so bekannte Namen wie Tiberius und Gaius Gracchus oder Marius und Sulla. Aber auch sie agierten nicht im Vakuum. Viele innere und äußere Faktoren machten diese Umwälzungen möglich und notwendig – Umwälzungen, die in blutigen Bürgerkriegen und unter Sulla mit einem unvorstellbaren Blutbad unter den Popularen führte.

Dies war die Zeit, in der Crassus, Pompeius und Caesar ihre Jugend erlebten und sich die ersten Sporen als Feldherrn verdienten. Aber bis 60 v. Chr. waren sie für die Optimaten im Senat zu mächtig geworden. Immer wieder legte man ihnen Steine in den Weg. Demütigungen und Rückschläge für ihre Ambitionen waren die Folge. Caesar gelang es, die Rivalen Crassus und Pompeius zu überzeugen, über ihren Schatten zu springen und sich ihm in einem geheimen und zunächst privaten Dreibündnis anzuschließen, um die ihnen

Das „dreiköpfige Ungeheuer“, wie dieses erste Triumvirat schon in der Antike genannt wurde, dominierte bald den Senat und setzte seine Wünsche oft gegen geltendes Recht und teilweise unter Anwendung von Gewalt durch. Das Ergebnis war eine ungeheure Machtfülle für die drei. Tatsächlich hatten die Triumvirn mehr oder weniger das ganze Imperium Romanum unter sich aufgeteilt.

Detailliert schildert Schauer die Aktivitäten der drei Männer aus verschiedenen Blickwinkeln. Manchmal ergeben sich daraus Wiederholungen, die es jedoch auch einfacher machen, den komplizierten Vorgängen zu folgen. Denn es ist ein ständiges Mit- und Gegeneinander, das diesen Dreibund prägt. Wie Schauer zeigt, ist es vor allem Caesar zu verdanken, dass das Triumvirat so lange Bestand hatte und Differenzen mit Blick auf das gemeinsame Ziel in den Hintergrund traten.

Auch die Hintergründe des Gallischen Kriegs Caesars werden beleuchtet. Geschickt sorgte er dafür, dem Senat einen Grund für diesen Krieg verkaufen zu können. Denn Ruhm brachte nur ein „gerechter Krieg“, also ein Krieg, um das römische Reich selbst oder Bündnispartner zu verteidigen. Und solche Kriege zu inszenieren, darin war Caesar ein Meister. Immer wieder zog er den Krieg in Gallien in die Länge, hob immer wieder neue Legionen aus und war schließlich Herr über 13 Legionen.

Der Tod Iulias, der Tochter Caesars, die mit Pompeius verheiratet war, markiert den Anfang vom Ende des Triumvirats. Als wenig später auch Crassus im Kampf starb, zeichnete sich ab, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis die Rivalität zwischen Caesar und Pompeius nun offen zutage treten würde.

Und so standen sich die beiden schließlich in einem blutigen Bürgerkrieg gegenüber, aus dem Caesar 45 v. Chr. als Sieger hervorging. Allerdings konnte er seine Alleinherrschaft über das Imperium Romanum bekanntermaßen nicht lange genießen, da nur ein Jahr später einer Verschwörung zum Opfer fiel.

Schauer lässt die damaligen Geschehnisse anhand antiker Quellen lebendig werden. Vor allem die Briefe Ciceros an seinen Freund Atticus geben einen tieferen Einblick hinter die Kulissen der Machtkämpfe zwischen den Triumvirn, aber auch zwischen Popularen und Optimaten. Immer wieder versuchte Cicero zwischen den beiden Kontrahenten zu vermitteln.

Das abschließende Resümee geht schließlich auch darauf, welche Fehler jedes einzelnen der Triumvirn dazu führten, dass keiner der drei sich auf Dauer durchsetzen konnte. Auch macht Schauer die Unterschiede zwischen Caesars Politik und jener des Augustus deutlich, dem letztendlich das gelang, was Caesar verwehrt blieb: die Schaffung einer neuen Staatsform unter einem Alleinherrscher.

Schauers Buch über das Triumvirat von Caesar, Pompeius und Crassus bietet neben der dreifachen Biografie der drei Protagonisten auch einen gelungenen Einblick in die römische Gesellschaft am Ende der Republik. Er zeigt, wie die Aristokratie dachte, welche Werte sie vertrat und wie gerade das Beharren auf diesen Werten und ihren Privilegien in der Auseinandersetzung mit popularen Strömungen den Machtzuwachs einzelner erst möglich machte.


Markus Schauer, Triumvirat. Der Kampf um das Imperium Romanum. Caesar, Crassus, Pompeius (2023)

978-3-406-80645-2
Erschienen am 21. September 2023
429 S., mit 7 Abbildungen und 2 Karten

Buchbesprechung: Birgit Schönau, Die Geheimnisse des Tibers. Rom und sein ewiger Fluss (2023)

Der Tiber und Rom, das ist die Geschichte einer Symbiose zwischen der ewigen Stadt und ihrem Fluss. Birgit Schönau, langjährige Italienkorrespondentin der ZEIT, zeigt in ihrem aktuellen Buch, wie der Tiber das Leben in Rom bis heute bestimmt. Die Römer hatten dabei immer ein zwiespältiges Verhältnis zu ihrem Fluss.

Zum einen diente er seit der Antike als Quelle für Wasser – sei es als Trinkwasser oder zum Waschen. Die Strömung trieb Mühlen an und auch mit Fischen versorgte er seine Anwohner. Dabei diente er gleichzeitig als Abwasserkanal, denn die berühmte Cloaca Maxima entließ den Unrat der Stadt in den Tiber. Und auch die schmutzigen Werkstätten von Färbern, Gerbern oder Metzgern lagen direkt am Fluss.

Zum anderen trat er regelmäßig über die Ufer und hinterließ oft eine Spur der Verwüstung. Denn er ließ sich jahrhundertelang nicht wirklich bändigen, weder als heidnischer Flussgott noch als „Jordan der Päpste“. Er forderte immer wieder Todesopfer und auch die vielen Pilger bekamen oft die Macht des Flusses zu spüren.

Doch nicht nur den Fluss selbst, auch den Alltag der Römer im Laufe der Jahrhunderte stellt Schönau ausführlich vor. Wir erfahren, wie Arm und Reich lebten, erhalten einen Einblick in Hygiene und den Umgang mit Müll und lernen das direkt am Fluss angelegte Ghetto der Juden kennen. Am Tiber befanden sich Gefängnisse und Armenhäuser, hier sperrte man Prostituierte ein. Und auch die Krankenhäuser lagen am Fluss. Gleichzeitig vergnügten sich die Anwohner in und am Tiber. Beim Schwimmen, Spazierengehen oder dem Besuch von Restaurants und Cafés.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann man, den Fluss mit hohen Kaimauern zu regulieren, die den Römern die Sicht auf ihren Fluss genommen haben. Erst seit vor einigen Jahren ein Radweg am Ufer angelegt wurde, wird der Tiber wieder stärker frequentiert.

Das letzte Kapitel widmet sich der Rezeption des Flusses in Malerei und Literatur sowie in Filmen. Im Anhang veranschaulicht die Autorin die Geschichte des Tibers anhand einer Zeittafel und stellt alle Brücken über den Tiber vor. Karten und ein umfangreiches Literaturverzeichnis runden dieses äußerst informative Buch ab.

Schönau, Birgit
Die Geheimnisse des Tibers. Rom und sein ewiger Fluss.
Beck-Verlag
978-3-406-80837-1
Erschienen am 21. September 2023
319 S., mit 28 Abbildungen

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Buchbesprechung: Roderick Beaton, Die Griechen. Eine Globalgeschichte (Reclam 2023)

Roderick Beaton, Spezialist für moderne griechische und byzantinische Geschichte, Sprache und Literatur, erzählt in seinem aktuellen Buch die Geschichte all jener Menschen, die in den vergangenen 3500 Jahren ihre Identität über die griechische Sprache und Kultur definierten – ganz gleich, wo sie sich niederließen. Es geht also nicht nur um die Geschichte des modernen Griechenland, das, wie das Buch zeigt, geographisch nur einen Bruchteil der Gebiete abdeckt, in denen Griechen im Laufe der Jahrhunderte siedelten.

Sein Buch beginnt 1500 v. Chr. auf Kreta, der Insel der Minoer, und den auf sie folgenden Mykener, die ihre Macht vom griechischen Festland auf die gesamte Ägäis ausweiteten. Er geht auch ausführlich auf den Siegeszug des griechischen Alphabets ein, die bahnbrechende Erfindung, die Voraussetzung für die Entstehung von Geschichtsschreibung, Philosophie oder auch literarischen Werken wie Homers Epen war.

Beaton zeigt, wie sich Stadtstaaten wie Athen oder Sparta entwickelten, wie die Ursprünge der Demokratie aussahen und wie Athen zur kulturellen Hauptstadt der Griechen wurde. Wir verfolgen die Kriege zwischen den Stadtstaaten untereinander und gegen verschiedene fremde Eroberer wie die Perser. Einige Eroberer, wie die Römer, ließen sich dabei ihrerseits bereitwillig hellenisieren.

In der Spätantike gehen jedoch mit zunehmender Christianisierung bedeutende Veränderungen vor sich. Noch immer gilt Athen vielen als kultureller Nabel der griechischen Welt. Aber das Rad der Geschichte hat sich weitergedreht und nun zieht Konstantinopel, die neue Hauptstadt des römischen Reiches, die bedeutendsten Künstler und Wissenschaftler an. Aber es wird auch deutlich, wie die Griechen von den Kreuzzügen bis zu den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts und der Gründung des modernen Staates weiterhin immer wieder in Kriege verwickelt wurden, in denen sie sich auf verschiedenen Seiten wiederfinden. Das Buch endet 2021 und deckt somit auch aktuelle Themen wie die Flüchtlingskrise, die Schuldenkrise von 2010 und die Auswirkungen der Covid19-Pandemie ab.

Fundiert, aber trotzdem leicht lesbar, vermittelt Beaton, was griechische Kultur im Laufe der Geschichte ausmachte. Für interessierte Leser stellt Beaton eine umfangreichen Liste weiterführender Literatur zur Verfügung. Für die deutsche Ausgabe wäre es allerdings nützlich gewesen, wo vorhanden, die deutschen Ausgaben anzuführen.

Beaton, Roderick: Die Griechen. Eine Globalgeschichte
Übers. von Ursula Blank-Sangmeister unter Mitarbeit von Janet Schüffel
605 S. 43 Farbabb. 15 Karten
ISBN: 978-3-15-011007-2
38,00 €

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Patrick Schollmeyer, Die 40 bekanntesten archäologischen Stätten in Mittel- und Nordgriechenland

(Nünnerich-Asmus Verlag & Media GmbH, Mainz 2023)

Auch dieses Jahr nimmt uns der Nünnerich-Asmus-Verlag mit seiner Reihe „Die bekanntesten archäologischen Stätten“ mit auf Reisen. Unsere diesjährigen Reiseziele sind Mittel- und Nordgriechenland sowie die Peloponnes und unser Reiseleiter ist der Archäologe Patrick Schollmeyer. In diesem Beitrag geht es um die weniger bekannte Regionen in Mittel- und Nordgriechenland.

Zunächst nimmt uns der Autor mit auf eine „Zeitreise“, in der er uns einen Überblick über die Geografie und Geschichte dieses Teils Griechenlands gibt. Die ersten Siedlungsspuren stammen aus dem Neolithikum (7.–4. Jahrtausend v. Chr.). In den Mittelpunkt der griechischen Geschichte rückte diese Region jedoch erst, als sich die hier ansässigen Makedonen zu einer militärischen Macht entwickelten. Unter ihrem König Philipp II. unterwarfen sie im 4. Jahrhundert zunächst viele der übrigen griechischen Stadtstaaten, die die Makedonen bis dahin als Nichtgriechen, „Barbaren“, angesehen hatten. Phillips Sohn Alexander stieß mit seinen Eroberungszügen sogar bis nach Indien vor und verband die griechische Kultur mit der Kultur der neu eroberten Regionen.

Nach seinem Tod kämpften seine Nachfolger, die Diadochen, um die Vorherrschaft. In Mittel- und Nordgriechenland konnten sich die Antigoniden etablieren. Aber auch sie konnten den aufstrebenden Römern nichts entgegensetzen. Unter Augustus und seinen Nachfolgern herrschte dann endlich wieder Frieden. Aber erst Ende des 3. / Anfang des 4. Jahrhunderts wurde Mittel- und Nordgriechenland eine bedeutende Region des römischen Reiches, wie auch viele Kirchenstiftungen – auch des Kaiserhauses – zeigen.

Zu allen Regionen gibt Patrick Schollmeyer zunächst einen Überblick über Landschaft und Geschichte. Anschließend werden die wichtigsten Orte der jeweiligen Region vorgestellt. Neben einer Beschreibung dessen, was der Besucher besichtigen kann, erwarten den Leser auch viele Informationen über die Geschichte des Ortes, die Landschaft, in die er eingebettet ist, sowie die Forschungsgeschichte. Im Folgenden werden einige der besprochenen Orte erwähnt.

Unsere Reise führt uns zunächst nach Boiotien. Hier befindet sich beispielsweise Theben, die wichtigste Stadt des boiotischen Bundes, einem Städtebund aus fünfzehn Stadtstaaten (Poleis) (6.–4. Jh. v. Chr.). Um Theben ranken sich viele Sagen. So spielen hier die Sagen um die Sieben gegen Theben, Ödipus oder Niobe. Auch ist Theben die Geburtsstadt des Herakles. In Theben selbst ist vor allem das Museum zu empfehlen und einige Kilometer entfernt kann man die Ausgrabungen eines Kabirenheiligtums besichtigen.

Traurige Berühmtheit haben die Thermopylen erlangt. Im Kampf der Griechen gegen die Perser hielten 300 Spartaner die Perser hier auf, um dem Hauptheer den Rückzug zu ermöglichen, und verteidigten diesem Engpass bis zu ihrem Tod – ein Ereignis, das sogar seinen Weg in die Kinos fand.

Die kleineren Regionen Phokis, Lokris und Doris sind in einem Kapitel des Reiseführers zusammengefasst. Hier, genauer gesagt in Phokis, liegt Delphi, der Nabel der Welt. Das Orakelheiligtum des Apollo hier war über die griechische Welt hinaus bekannt und wurde von vielen Herrschern befragt. Schollmeyer stellt zum einen ausführlich das Apolloheiligtum selbst vor. Zum anderen geht er auch auf die Ruinen in der Umgebung ein – das Heiligtum der Athena Pronaia mit dem auffälligen Tholos (= Rundtempel), ein Gymnasion und die Kastalia-Quelle – sowie auf das Museum, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.

Aber nicht nur die antiken Griechen haben hier sehenswerte Spuren hinterlassen. In der Nähe Delphis sollte man auch einen Abstecher zur Klosteranlage von Osios Loukas machen, einem Musterbeispiel byzantinischer Architektur und Mosaikkunst.

Aitolien und Akarnanien waren eher dünn besiedelte Regionen, in denen aufgrund der zerklüfteten Landschaft lange Zeit keine größeren Siedlungen oder sogar Städte entstanden. Trotzdem haben sich hier einige archäologischen Reste erhalten, die einen Besuch lohnen. Zum Beispiel das Heiligtum des Aitoler-Bundes, der in hellenistischer Zeit militärisch bedeutend war. In diesem bei Thermos gelegenen religiösen Zentrum der Aitoler kann man die Entstehungsgeschichte dorischer Tempelarchitektur besonders gut nachvollziehen.

Aus den griechischen Sagen ist dagegen Kalydon bekannt, der Ort der mythischen Jagd auf einen riesigen Eber, der die Region verheerte. Hier haben sich außer der Stadtmauer aus dem 4. Jahrhundert auch Reste des Hauptheiligtums der Stadt erhalten. Sehenswert ist  auch die Nekropole Kalydons mit dem Grabdenkmal des Leon, der als Heros, genauer gesagt als neuer Herakles verehrt wurde.

Auch die Region Epirus lag, wie Patrick Schollmeyer erklärt, in der Antike nicht gerade im Zentrum des Geschehens, auch wenn hier das überregional bedeutende Orakel des Zeus-Heiligtums von Dodona lag. In den Fokus der Geschichte geriet dieser Landstrich jedoch, als 31 v. Chr. die ägyptische Königin Kleopatra und Markus Antonius in einer Seeschlacht vor dem Kap von Actium dem späteren römischen Kaiser Augustus unterlagen. Was historisch als Beginn der römischen Kaiserzeit gilt, wurde von Augustus durch die Gründung von Nikopolis, der Stadt des Sieges, manifestiert. Dabei wurden viele Menschen der umliegenden Orte dorthin umgesiedelt.

Die nächste Station unserer Reise führt uns nach Thessalien, der mythischen Heimat des Achill. Hier haben sich mit Sesklo eine jungsteinzeitliche Großstadt erhalten – man geht von etwa 3000 Einwohnern aus. In Dimini wiederum kann man den Übergang zur Bronzezeit gut beobachten. Eine hellenistische Neugründung war dagegen Demetrias, benannt nach ihrem Gründer Demetrios Poliorketes (dem Städtebelagerer).

Sehenswert aus nachantiker Zeit sind auch die Meteora-Klöster, ein Highlight der Klosterbaukunst. Von den ursprünglich 24 einzelnen Klöstern und Eremitagen sind heute nur noch sechs bewohnt. Teilweise waren die auf hohen Felsformationen errichteten Klöster ursprünglich nur über Seilwinden und Strickleitern zugänglich, die man heute noch sehen kann.

Makedonien, wo die griechischen Götter auf dem Olymp wohnten, galt den antiken Griechen, wie schon erwähnt, lange Zeit als Barbarenland. Die Hinterlassenschaften der makedonischen Herrscherdynastie sind künstlerisch jedoch alles andere als barbarisch. Sehenswert sind unter anderem Vergina und Lefkadia mit ihren beeindruckenden Grabanlagen sowie die Ruinen des Palastes in Pella, der Geburtsstadt Alexanders d. Gr.

Thessaloniki, nach Athen die wichtigste Stadt des modernen Griechenland, bietet vor allem Freunden spätantiker und byzantinischer Zeit Anlass für einen mehrtägigen Aufenthalt. Zum einen beherbergen das archäologische und das byzantinische Museum der Stadt eindrucksvolle Kunstschätze. Zum anderen lohnen die Reste des für den Tetrarchen Galerius errichteten Palast sowie zahlreiche Kirchen einen Besuch.

Mit der bei Badetouristen beliebten Halbinsel Chalkikide mit ihren drei „Fingern“ verbindet man kulturell vor allem die Mönchsrepublik Athos. Nur wenige Personen erhalten allerdings Zutritt zu diesem Teil Chalkidikes.

Im Nordosten Griechenlands erstecken sich die Regionen Ostmakedonien und Thrakien auf einer fruchtbaren Küstenebene. Der wichtigste Ort, das ostmakedonische Philippi, steht einerseits in Verbindung mit dem Bürgerkrieg nach Caesars Ermordung, denn hier unterlagen die Verschwörer den Anhängern Caesars. Andererseits ist der Ort durch den Besuch des Apostels Paulus bei der hiesigen frühchristlichen Gemeinde und durch seinen in der Bibel überlieferten Brief an sie bekannt und war eine Zeit lang sogar Pilgerzentrum. Der heutige Besucher kann hier unter anderem die Reste der antiken Stadt bewundern, die seit 1914 ausgegraben wird.

Den Abschluss unserer Reise durch Mittel- und Nordgriechenland bildet Thrakien mit Abdera, der Heimat der Philosophen Anaxarchos, Demokritos, Hekataios und Protagoras.

Patrick Schollmeyer legt mit diesem Führer zu archäologischen Stätten Mittel- und Nordgriechenlands wieder ein gelungenes Buch dieser Reihe vor. Schon diese kleine Auswahl aus den vielen archäologischen Stätten in diesen meist weniger frequentierten Teilen Griechenlands zeigt uns, dass diese Region auch abseits von Delphi und den üblichen Touristenpfaden eine Reise wert ist.

Patrick Schollmeyer, Die 40 bekanntesten archäologischen Stätten in Mittel- und Nordgriechenland (Nünnerich-Asmus Verlag & Media GmbH, Mainz 2023)
176 Seiten, 102 Abbildungen
ISBN: 978-3-96176-179-1

©Angela Zimmermann

Das Buch ist unter anderem bei Amazon erhältlich. Ein Klick auf das Bild führt direkt dorthin.

Buchbesprechung: Mario Bloier, Biricianis. Kernprovinz – Grenzraum – Vorland (2022)

Kontakte und Strukturen vom 1. Jh. v. bis zum 6. Jh. n. Chr. im Bereich von Raetien, Noricum und benachbarten Gebieten

Seit 2012 findet in unregelmäßigen Abständen die Tagungsreihe „Colloquium“ statt, die sich zur Aufgabe gemacht hat, verschiedene Aspekte des römischen Lebens in den römischen Provinzen Raetia und Noricum näher zu beleuchten. Darunter Themen wie die römische Badekultur, die ländliche Siedlungs- und Verkehrsinfrastruktur sowie das römische Militär als Wirtschaftsfaktor und Kulturträger. Im 5. Colloquium schließlich, das 2019 in Weißenburg, dem römischen Biricianis, stattfand, ging es um den Kulturaustausch zwischen dem „Innen“, also dem römischen Reich, und dem „Außen“, den Barbaren hinter dem Limes. Siebzehn Vorträge der dreitägigen Tagung legt Mario Bloier, Leiter der Museen Weißenburg, nun in diesem Buch vor.

Den Einstieg bildet ein interessanter Einblick von Mario Bloier in die Rezeption von Römern und Germanen auf Schulwandbildern, in denen sich die jeweiligen politischen Strömungen gut erkennen lassen. Einer der Kernfragen dieses Kolloquiums widmet sich Natalie Schlirf. Kann man von einer römischen „Außenpolitik“ sprechen? Und welche Rolle spielte der Limes als Grenze zwischen dem römischen Reich und dem sogenannten „Barbaricum“? Sie legt dar, dass der römische Kaiser weniger eine Außenpolitik im heutigen Sinne ausübte, sondern eine Art „Politik nach außen“, die die Beziehungen zwischen Rom und anderen Völkern regelte – ganz gleich, ob diese Völker jenseits des Limes lebten oder sich innerhalb dieser Grenzen als nicht zum römischen Reich zugehörig ansahen. Gleichzeitig diente diese Politik der Sicherung der kaiserlichen Macht im Innern des Imperium.

In den nächsten zwei Beiträgen geht es um das römische Raetien. Felix Guffler zeigt, dass die Statthalterschaft in dieser Provinz im 1. und 2. Jahrhundert eine wichtige Karrierestufe in der ritterlichen Laufbahn darstellte. Nur Männer mit Erfahrung in der Verwaltung und den militärischen Besonderheiten von Grenzprovinzen wurden hier eingesetzt. Und Aura Piccioni lässt uns an ihren Überlegungen zu der sogenannten „rätischen Trias“ Mercurius, Minerva und Apollo teilhaben.

Die folgenden Vorträge widmen sich zum einen den Einflüssen attischer und stadtrömischer Werkstätten auf die Grabreliefs in Noricum und Pannonia (Katarina Šmid), zum anderen aber auch der in Salzburg gefundenen Keramik (Ulli Hampel und Lisa Huber). Neben Terra-Sigillata-Imitationen steht hier vor allem die bisher in der Forschung vernachlässigte zonal bemalte Keramik im Mittelpunkt. Die Entstehung und Entwicklung des römischen Salzburg ist Thema des Beitrags von Peter Höglinger.

Bei den Beiträgen zum römischen Weißenburg geht es nicht nur um die Thermen (Yvonne Reichel). Vorgestellt werden auch neue Ausgrabungen im Kastellvicus (Marcus Arnolds und Mariola Hepa). Und anhand der Bergung, Restauration und Präsentation eines römischen Töpferofens zeigt Mario Bloier, wie die Stadt ihr römisches Erbe vermittelt.

Ein wichtiges Thema in den letzten Jahren war der Antrag, den Donaulimes zum UNESCO-Welterbe erklären zu lassen. C. Sebastian Sommer geht zum einen auf das zugrundeliegende Konzept ein und zeigt, welche Schwierigkeiten schließlich für das vorübergehende Aus des Antrags verantwortlich waren.  

In zwei weiteren Beiträgen zum Donaulimes geht es noch einmal um die Provinz Noricum. Klaus Freitag untersucht eine Reihe von Einraumbauten Steinfundamenten und kommt zu dem Schluss, dass, auch wenn in anderen Regionen diese Art Bauten oft als Wirtschaftsbauten genutzt wurden, es sich bei den Einraumhäusern im Südost-Noricum offenbar zumindest teilweise um Wohnhäuser handelte. Dafür sprechen Heizungsanlagen oder Wandmalereien. Offenbar beruhte dies auf lokalen Traditionen. Im letzten Beitrag schließlich geht Sebastian Schmid anhand der Entwicklung des Kastells Arelape/Pöchlarn auf die militärische Sicherung der römischen Provinz durch Militärlager ein.

Den Abschluss bilden ein Poster, mit dem die Gästeführer des Limes in Baden-Württemberg ihren Verband der Limes-Cicerones (VdLC) den Tagungsteilnehmern präsentierte, ein Autorenverzeichnis, das Tagungsprogramm sowie einige Fotos, die einen Eindruck von der Tagung vermitteln.

Der vorliegende Band gibt einen guten Überblick über das Leben von Römern und Einheimischen am Limes und verdeutlicht, dass der Limes keine starre, undurchdringliche Grenze war. Im Gegenteil. Die Grenzregion rund um den Donaulimes war eine Region, in der Handel und Kulturaustausch blühten.

Mario Bloier(Hrsg.)

Biricianis. Kernprovinz – Grenzraum – Vorland. Kontakte und Strukturen vom 1. Jh. v. bis zum 6. Jh. n. Chr. im Bereich von Raetien, Noricum und benachbarten Gebieten

Nünnerich-Asmus Verlag
Erschienen 2022
160 Seiten, 133 Abbildungen
ISBN 978-3-96176-204-0

Das Buch ist unter anderem bei Amazon erhältlich. Ein Klick auf das Bild führt direkt dorthin.

Buchbesprechung: Stephan Faust (Hrsg.), Im Angesicht der Gottheit. Kultbilder in Religion und Gesellschaft der Antike (2022)

Im Rahmen eines Seminars des Archäologischen Instituts der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entstand 2019 unter der Leitung von Stephan Faust, der damals die Position des Kustos des Archäologischen Museums der Universität übernommen hatte, eine Studioausstellung über prominente antike Götterbilder. Dieses Jahr erschien nun auch ein Katalog bzw. Begleitbuch zu dieser Ausstellung.

Im einleitenden Kapitel zeigt Faust zunächst die Herausforderungen, die die Beschäftigung mit antiken Kultbildern in sich birgt. Angefangen bei der Definition eines antiken Götterbildes als „Kultbild“ im Gegensatz zu anderen in Heiligtümern aufgestellten Bildwerken. Denn sowohl in der griechischen als auch in der lateinischen Sprache wurden im Laufe der Zeit zahlreiche verschiedene Begriffe verwendet, die sich aber nicht eindeutig auf die Funktion eines Bildwerks im Kult der Gottheit beziehen. Auch sind meist nur wenige Fragmente des Originals vorhanden. Um das ursprüngliche Aussehen des Kultbilds zu rekonstruieren, muss man daher weitere Quellen heranziehen. So finden wir beispielsweise detaillierte Beschreibungen in antiken Textquellen. Daneben geben oft rundplastische Nachbildungen oder Darstellungen in Reliefs oder auf Münzen weitere Hinweise für die Rekonstruktion. Dies kann natürlich nur ein vages Bild des Originals vermitteln. Sehr gut vermitteln die antiken Autoren dagegen, welche Wirkung einige der Kultbilder auf den antiken Betrachter hatte. Eine Wirkung, die die Schöpfer dieser Werke mit mannigfaltigen Mitteln zu erreichen wussten.

Anschließend gibt Faust einen Überblick über die Geschichte griechischer und römischer Kultbilder, bevor er in einem chronologisch aufgebauten Katalog auf die Überlieferung, Rekonstruktion und Deutung von sechzehn Kultbildern genauer eingeht. Unter anderem begegnen wir aus Griechenland den vom Bildhauer Phidias geschaffenen Statuen der Athena Parthenos in Athen oder des Zeus in Olympia – eines der Sieben Weltwunder der Antike -, der Eirene des Kephisodot oder der Aphrodite von Knidos des Praxiteles, die erste Nacktdarstellung der Göttin der Liebe. Die römischen Kultbilder repräsentieren Statuetten der Laren, die Große Mainzer Jupitersäule oder Kultbilder des Mithras.

Henryk Löhr stellt im folgenden Kapitel die Erforschung antiker Kultbilder anhand der Abgüsse im Archäologischen Museum der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vor. Sie illustrieren unter anderem, wie sich die Rekonstruktion der Bildwerke durch neue Funde immer weiter verfeinerte.

Aber auch Tongefäße oder Münzen zeigen Kultbilder. So widmet Georg Simon Gerleigner dem Fragment einer Amphora ein eigenes Kapitel. Dieses Beispiel zeigt den Frevel des Aias, als er die Priesterin Kassandra vom Palladion, dem Kultbild der Athena in Troja, wegzieht, um sie zu vergewaltigen. Anhand dieser Darstellung geht Gerleigner unter anderem der Frage nach, inwieweit die Vasenmaler zwischen belebten und unbelebten Götterfiguren unterschieden, d. h. zwischen Kultbildern und den Göttern selbst, bzw. wie sich die Darstellungsweise im Laufe der Zeit änderte.

In einem weiteren Kapitel nimmt sich Aylin Tanrıöver Darstellungen von Göttern auf antiken Münzen aus dem Bestand des Museums vor. Hier stellt sie zunächst die Frage, ob es sich hier um Kultbilder handelt oder nur um allgemeine Götterbilder, die die prägende Stadt repräsentieren sollten. Anhand von Darstellungen von Athena, Zeus, Apollon, Artemis, Hera und Aphrodite macht sie deutlich, dass es in den wenigsten Fällen möglich ist, ein Götterbild auf Münzen eindeutig als Kultbild zu identifizieren. Oft war nur der Kopf dargestellt und auch sonst sind es oft nur die Attribute, die eine Identifizierung als bestimmte Gottheit möglich machten.

Eines der berühmtesten antiken Kultbilder ist die Artemis von Ephesus, deren Überlieferung, Rekonstruktion und Deutung Helga Bumke nachgeht. Jan-Henrik Hartung schließlich geht im letzten Kapitel noch auf die Aufstellungsorte der Kultbilder ein. Im Gegensatz zum äußeren Erscheinungsbild der Heiligtümer, die üblicherweise im Zentrum der Forschung stehen, geht es ihm um die Tempelinnenräume und ihre Entwicklung im Verhältnis zu den Kultbildern. Er zeigt, wie architektonische Fortschritte mit der Zeit Künstler bei der Inszenierung der Kultbilder unterstützten.  

Das vorliegende Buch ist eine gelungene Einführung in das Thema. Es zeigt zum einen, welche Wirkung vorgestellten Kultbilder auf den antiken Betrachter hatten, und mit welchen Mitteln die Künstler diese Wirkung erreichten. Zum anderen stellt das Buch die Geschichte der Rekonstruktion dieser Kultbilder vor und zeigt die Puzzlearbeit, die dafür notwendig ist. Umfangreiche Anmerkungen und ein Literaturverzeichnis geben dem Leser die Möglichkeit, die einzelnen Themen zu vertiefen.

Hermeneutika | Band 1
1. Auflage 2022
broschiert, 244 Seiten
Universitätsverlag Halle-Wittenberg
ISBN 978-3-86977-249-3
40,00 €

Buchbesprechung: Die Große Mainzer Jupitersäule. Archäologie, Geschichte und Restaurierung (2022)

(herausgegeben von der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Landesmuseum Mainz, bearbeitet von Ellen Riemer)

Als 2014 die Steinhalle des Landesmuseums Mainz vorübergehend zum Plenarsaal des rheinland-pfälzischen Landtags umgebaut werden sollte, musste auch die Große Mainzer Jupitersäule, eines der bedeutendsten römischen Denkmäler der Stadt Mainz, nach 50 Jahren umziehen. Die vor dem Umzug durchgeführten Untersuchungen brachten zahlreiche Schäden ans Licht, die eine umfangreiche Restaurierung der Säule notwendig machten.

Der vorliegende Band stellt zum einen die zwischen 2015 und 2021 durchgeführten Maßnahmen ausführlich vor, die unter anderem mit Stiftungsgeldern und privaten Spenden finanziert wurden. Daher ist das Buch durchaus auch als Rechenschaftsbericht zu verstehen. Zum anderen informiert das Werk über die Geschichte der Säule seit ihrer Entdeckung sowie über ihr Bildprogramm und ihre Bedeutung für das römische Mainz.

Nach einer kurzen Einführung in das Restaurierungsprojekt und einer Vorstellung des beteiligten Teams durch Ellen Riemer, der Kuratorin für Archäologie im Landesmuseum Mainz, stellt sie uns „Geschichte, Bedeutung und Rezeption“ der Jupitersäule vor. Unsere Zeitreise führt uns zunächst zum Anfang des 20. Jahrhunderts zurück, als man 1904 bei Bauarbeiten in der Sömmerringstraße 6 in der Mainzer Neustadt auf Reste eines römischen Denkmals stieß. Insgesamt barg man rund 2000 Einzelteile, die in mühsamer Kleinarbeit zusammengesetzt wurden. Das Ergebnis: die Große Mainzer Jupitersäule.  

Unsere Reise durch die Geschichte der Jupitersäule führt uns dann zu ihren verschiedenen Aufstellungsorten und stellt auch einige Kopien vor, die schon früh angefertigt wurden. Eine der bekanntesten befindet sich heute im Freilichtmuseum Saalburg.

Jens Dolata von der Außenstelle Mainz der Direktion Landesarchäologie ordnet anschließend die Jupitersäule in den topographischen Kontext des römischen Mogantiacum ein und stellt den Siedlungsplatz Dimesser Ort vor, wo die Reste der Jupitersäule gefunden wurden. Hier wurden gerade in jüngster Zeit interessante Funde gemacht, die es zusammen mit den Inschriften der Säule und des dazugehörigen Altars erlauben, Aussagen über die Bewohner dieses Siedlungsbereichs zu machen.

Im folgenden Kapitel stellt Patrick Schollmeyer vom Institut für Altertumswissenschaften der Universität Mainz das Bildprogramm der Großen Jupitersäule vor. Auch er analysiert noch einmal die Inschrift und vergleicht die Form der Mainzer Säule mit anderen antiken Säulenmonumenten. Anschließend geht er zunächst auf die bisherigen Benennungen der dargestellten Götter und Personifikationen ein. Während viele der Figuren durch Attribute eindeutig bestimmbar sind, gibt es doch einige, deren Identifizierung umstritten sind. Bei diesen Figuren schlägt Schollmeyer lokale Bezüge vor, mit denen sich der antike Betrachter des Bildprogramms im römischen Mainz identifizieren konnte.

Die nächsten Kapitel widmen sich den einzelnen Schritten der Restaurierungsmaßnahmen. Michael Auras vom Institut für Steinkonservierung führte erste Untersuchungen des Materials der Säule durch, bevor für tiefergehende Untersuchungen die Computertomographie zum Einsatz kam. Anna Steyer von der Firma Steyer Restaurierung gibt zunächst einen Überblick über die Grundlagen der industriellen Computertomographie und ihre Anwendungsbereiche. Sie zeigt in ihrem Beitrag mit welchen Methoden man bei der Mainzer Säule vorging und zu welchen Ergebnisse man gelangte. Zwar zeigten sich im Fall der Säule auch die Grenzen der industriellen Computertomographie für die Archäologie, aber die Ergebnisse lieferten trotzdem wichtige Informationen für die Planung der folgenden Restaurierungsmaßnahmen.

Die umfangreichen Voruntersuchungen erlaubten nicht nur eine Musterrestaurierung am Inschriftensockel, sondern auch genaue Vorgaben für die Restaurierung der übrigen Säulenteile, die dann in Form einer Bewertungsmatrix in die Ausschreibung Eingang fanden. Karin Schinken vom Landesamt für Denkmalpflege zeigt uns in ihrem Beitragt, wie diese Matrix erstellt wurde. Auf die Geschichte der verschiedenen Restaurierungskonzepte von der Auffindung der Säule bis heute geht das Autorenteam dann in einem gemeinsamen Beitrag ausführlich ein.

Im letzten Beitrag beschreiben Matthias Steyer und Katrin Elsner von der Firma Steyer Restaurierung die einzelnen Schritte des Restaurierungsprojektes. Dabei gehen sie auch auf einige Aspekte der vorangegangenen Beiträge nochmals ein. So z. B. auf die optische Voruntersuchung. Ausführlich werden die Maßnahmen beschrieben, die notwendig waren, um die Säule abzubauen. Nach der Entwicklung des endgültigen Konservierungskonzeptes anhand der Sicherung und Stabilisierung des Inschriftensockels sowie der Bearbeitung seiner Oberflächen erfolgte die Ausschreibung der Restaurierung der übrigen Säulenteile, bei der sich die Firma Steyer Restaurierung gegen die Konkurrenz durchsetzen konnte. Ihr detaillierter Bericht über ihre Arbeit wird im anschließenden Tafelteil zudem gut illustriert. Jeweils vier Fotos zeigen den Zustand der einzelnen Teile 1906 sowie vor, während und nach der Restaurierung.

Insgesamt legt das Autorenteam anhand der Großen Mainzer Jupitersäule eine gelungene und sehr detaillierte Einführung in die Geschichte der Restaurierungsmöglichkeiten und -konzepte für Steindenkmäler seit ihrer Auffindung vor. Das Buch zeigt dabei anschaulich, wie viele Einzelmaßnahmen und Überlegungen im Rahmen einer Restaurierung notwendig sind, um ein solches Objekt für das Publikum aufzubereiten.

Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland- Pfalz,
Landesmuseum Mainz (Hrsg.), bearbeitet von Ellen Riemer

Die Große Mainzer Jupitersäule – Archäologie, Geschichte und Restaurierung

Nünnerich-Asmus Verlag
176 Seiten, 85 Abbildungen, geb.
€ 25,00 (D) / € 25,70 (A)
ISBN: 978-3-96176-189-0

Das Buch ist unter anderem bei Amazon erhältlich. Ein Klick auf das Bild führt direkt dorthin.

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