Autor: Angela Zimmermann Seite 27 von 39

Die Kammergräber in Nehren an der Mosel

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Mitten in den Weinbergen und mit einem fantastischen Blick ins Moseltal stehen in der Nähe des Ortes Nehren im Landkreis Cochem-Zell zwei Kammergräber aus römischer Zeit.

Grabkammer 1 war als „Heidenkeller“ der Bevölkerung bereits bekannt und erste Untersuchungen gab es schon Anfang des 20. Jh. Aber erst im Rahmen von Grabungen in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde auch das zweite Grab gefunden.

Die beiden Gräber sind etwa gleich groß. Über einem Grundriss von etwa 3 x 4 Metern erhebt sich jeweils eine zweigeschossige Grabkammer in Form von kleinen Tempeln mit Cella und Vorhalle. Die eigentliche Grabkammer liegt unter der Vorhalle. Die westliche Grabkammer (Grabkammer 1) ist noch außergewöhnlich gut erhalten. Dies gilt nicht nur für den Bau an sich, sondern auch für die Bemalung.

Literatur:

  • Schiffer, Auf Römerwegen durch die Eifel (Rheinbach 2012) S. 100 f.
  • H. Cüppers, Die Römer in Rheinland-Pfalz (Hamburg 2002) S. 489 ff.
  • D. Krencker, Germania 8, 1924, S. 68 ff.
  • D. Krencker, Ausgrabungen an Mittelrhein und Mosel 1963 – 1976, Tafelband (1982) S. 197 ff.

Grundriss und Längsschnitt sowie Fotos der Bemalung siehe auch:

Diese Texte gehen auch ausführlich auf die Konservierung der Wandmalereien ein. Die einzelnen Wandflächen werden durch breite rote Bänder in zwei Zonen unterteilt und auch eingerahmt. Die Decke ist in Kassetten unterteilt. Die Malereien zeigen Schmuckbinden mit Schleifen, Blätter, Blumen und Früchte. Der Boden der Kammer besteht aus grünen und grauen Steinplatten.

An der östlichen Grabkammer 2 hat der Zahn der Zeit dagegen stärker genagt. Sie ist wesentlich schlechter erhalten und auch nicht zugänglich. Hier fand man den Sarkophagtrog für einen Erwachsenen, den Deckel eines Kindersarkophags und einige Tongefäße als Grabbeigaben.

Die beiden Grabkammern gehörten zu einem römischen Gutshof, von dem man in der Nähe immer wieder Reste entdeckt hat.

Trier – Die Thermen am Viehmarkt

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Neben den bekannteren römischen Denkmälern Triers wie der Porta Nigra oder den Kaiserthermen gibt es seit 1998 am Viehmarkt eine neue Attraktion: ein großer gläserner Schutzbau, unter dem sich u. a. die Reste römischer Bauten verbergen.

1987 hatte die Anlage einer Tiefgarage und einer Bankfiliale am Viehmarkt ein Fenster in die Vergangenheit Triers geöffnet. Dabei traten Bestattungen der Urnenfelderzeit (ca. 1000 v. Chr.), ein kompletter römischer Straßenblock (Insula) nebst angrenzenden Straßenzügen, eine Abfallgrube aus dem Mittelalter sowie die Kellerräume eines Kapuzinerklosters aus dem 17. und 18. n. Chr. zutage.

Literatur:

  • H. Cüppers, Thermenanlage am Viehmarkt. In: H. Cüppers (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz (Hamburg 2002) S. 625f.
  • S. Faust, Viehmarkt: Römische Thermen. In: Rheinisches Landesmuseum Trier (Hrsg.): Führer zu archäologischen Denkmälern des Trierer Landes, in: Schriftenreihe des Rheinischen Landesmuseums Trier 35 (Trier 2008) S. 74f.
  • K.-P. Goethert, Die Thermen am Viehmarkt. In: Römerbauten in Trier. Führungsheft 20 (Regensburg 2003) S. 107–123.
  • J. M. Nebe et al., Der Viehmarkt im Brennpunkt von Planung und Interessen (Trier 1989)

Die ältesten römischen Funde stammen aus dem frühen 1. Jh. n. Chr.: eine Straßenkreuzung sowie Fachwerkhäuser aus Lehm, die mit qualitätvollen Wandmalereien dekoriert waren. Ab Mitte des 1. Jh. n. Chr. wurden die Fachwerkhäuser durch Steinhäuser ersetzt. Und zur gleichen Zeit wurden auch die Straßen erneuert.

Im 2. Jh. n. Chr. wurde die Bebauung einer kompletten Insula durch einen Großbau ersetzt, dessen ursprünglicher Zweck immer noch nicht eindeutig bestimmt werden konnte. Im Norden war dem Gebäudekomplex eine Portikus vorgelagert, über die man in einen Hof gelang. An zwei Korridore links und rechts des Hofes schloss sich jeweils ein offener oder überdachter Raum an. Über die zwei Korridore betrat man auch den hinter dem Hof liegenden Raum, der wiederum von Höfen flankiert wurde. Dahinter gab zwei weitere Höfe und einen Durchgangsraum, der zu zwei der drei großen Räume im hinteren Teil des Gebäudes führte.

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Auch wenn die Räume in ihrer Anordnung an Thermen erinnern, weist in dieser ersten Bauphase nichts auf eine Nutzung als Badeanlage hin. Erst nach einem Umbau im 4. Jh. n. Chr. finden wir in mehreren Räumen Badebecken und Heizungsanlagen. Trotzdem waren die Räume offenbar nicht miteinander verbunden und es lässt sich keine klare Abfolge von Frigidarium zu Tepidarium und Caldarium feststellen. Auch entsprechen Größe und Form der Becken nicht den üblichen „Badewannen“ einer Therme. Wie genau diese Badeanlage genutzt wurde, muss daher im Dunkeln bleiben.

Als die Anlage im späten 4. Jh. aufgegeben wurde, diente sie wie viele antike Bauten als Steinbruch. Im 17. und 18. Jahrhundert entstand ein Kapuzinerkloster mit zugehörigem Garten über den Resten römischer Zeit. Der Garten wurde nach Aufgabe des Klosters als Viehmarkt genutzt.

Die beim Bau der Tiefgarage wiederentdeckten Reste aus römischer und späterer Zeit, sind heute unter dem Glasbau des Architekten Oswald Mathias Ungers zugänglich und die römischen Straßenzüge sind im Pflaster des Viehmarkts in rötlichen Steinen sichtbar gemacht.

Stadtplanung in Athen im 6. Jh. v. Chr. (Teil 7)

Zusammenfassend können wir für die Tyrannenzeit eine rege Bautätigkeit festhalten. Aus der Regierungszeit des Peisistratos sind uns nur kleinere Sakralbauten bekannt und auch die öffentlichen Bauten sind von relativ geringen Ausmaßen, mit Ausnahme von Gebäude F, in dem man möglicherweise den Palast des Peisistratos sehen kann. Dies wäre aber kaum als Zeichen von Volksnähe, sondern eher als Adelsprivileg zu verstehen. Leider ist keiner der erhaltenen Bauten so genau datierbar, dass er Peisistratos zugewiesen werden könnte und auch die Schriftquellen geben darüber keine Auskunft. Man kann aber festhalten, dass die Entwicklung der Agora zum Stadtzentrum schon vor der Tyrannis des Peisistratos eingesetzt hat und es gibt keine Hinweise darauf, dass Peisistratos mit Bauten der Vortyrannenzeit in Verbindung gebracht werden kann.

Die großen Repräsentationsbauten, wie das Olympieion oder das Wasserleitungssystem mi t seinen Brunnenhäusern gehören bereits in die Zeit seiner Söhne. Peisistratos d. J. stiftete als Archon den 12-Götter-Altar und ließ in ganz Attika Hermen aufstellen. 522/21 wurde das Olympieion begonnen, vermutlich nicht als Repräsentation der Tyrannen, sondern der ganzen Stadt Athen. Ziel dieser Maßnahmen war die Stärkung der Hauptstadt, sowohl auf politischem, als auch auf religiösem Gebiet.

Insgesamt geben uns die archäologischen Reste keine Hinweise auf die Initiatoren der verschiedenen Bauten. In einigen Fällen ist es durchaus möglich, dass Peisistratos oder seine Söhne die Auftraggeber waren, aber nur wenn wir entsprechende Nachrichten in den antiken Quellen finden, z. B. beim 12-Götter-Altar oder dem Olympieion, können wir sie sicher als Auftraggeber ansehen. In allen anderen Fällen bleibt es bei bloßen Vermutungen.

Solange hierbei keine Sicherheit herrscht, können wir auch nicht von einem gezielten Bauprogramm sprechen, v. a. da auch keine Schwerpunkte zu erkennen sind. Man findet im ganzen Stadtgebiet sowohl religiöse als auch Profanbauten. Die rege Bautätigkeit lag vermutlich weniger an den Tyrannen selbst, sondern v. a. an dem allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung Athens im 6. Jh. v. Chr., der zu einem großen Teil in die Regierungszeit der Tyrannen fiel. Doch wurden nicht nur während der Tyrannis monumentale Bauten errichtet und der Ausbau der Agora zum Stadtzentrum setzte schon vor Peisistratos ein.

25.11.2015: Forum Beruf Archäologien des Alumni-Netzwerks der Universität Bonn der Universität Bonn

In der Veranstaltungsreihe „Forum Beruf“ des Alumni-Netzwerks der Universität Bonn, berichten Absolventen verschiedener Disziplinen, in welchen Berufen sie nach ihrem Abschluss Arbeit gefunden haben und gehen auf die Qualifikationen ein, die Ihnen dafür notwendig waren.

Dabei erhalten Studierende nicht nur wichtige Informationen über Praktika und mögliche Berufsziele, sondern sie können auch interessante Kontakte zu anderen Studierenden und Ehemaligen knüpfen.

Am 25. November 2015 um 18:15 Uhr stehen die archäologischen Fächer im Mittelpunkt des Forums Beruf.

Weitere Infos unter:
https://cams.ukb.uni-bonn.de/public/cms_page.aspx?pageId=81

Plakat Forum Beruf Archäologien 2015

Ort:
Hörsaal des Archäologischen Instituts der Universität Bonn
Am Hofgarten 21
53113 Bonn

Stadtplanung in Athen im 6. Jh. v. Chr. (Teil 6)

Südlich der Agora, am Panathenäenweg, liegt das Heiligtum von Demeter und Kore, das sog. Eleusinion. Unter den Funden befanden sich Kernoi, Kultgefäße, die im eleusinischen Kult verwendet wurden. Aus dem mittleren 6. Jh. v. Chr. stammt eine Stützmauer und es ist bekannt, dass Peisistratos am eleusinischen Kult besonderes Interesse hatte. Die Schriftquellen geben aber keine Hinweise darauf, dass Peisistratos das Eleusinion errichten ließ.

Im Heiligtum des Dionysos Eleuthereus am Südabhang der Akropolis hat sich eine Ecke eines kleinen Antentempels erhalten. Die Datierung war früher umstritten. Die verwendeten Keildübellöcher weisen allerdings auf eine Bauzeit im 3. Viertel des 6. Jh., was inzwischen allgemein anerkannt ist. Möglicherweise lässt sich dieser Tempel mit Peisistratos verbinden, da dieser die großen Dionysien einrichtete. 534 v. Chr. soll Thespis die erste Tragödie aufgeführt haben und Dinsmoor glaubt daher, dieses Datum auch als ungefähren Fixpunkt für die Entstehung des Tempels annehmen zu können.

Am Südabhang des Areopag wurde im 6. Jh . v . Chr. das Heiligtum des Heros Amynos angelegt. Es handelte sich um ein offenes Heiligtum mit einem Brunnen im Zentrum. Der Kult stand wohl im Zusammenhang mit heiligem Wasser und der Brunnen war an die peisistratidische Wasserleitung angeschlossen. Votive mit Darstellungen von Körperteilen lassen darauf schließen, dass hier ein Heilheros verehrt wurde. Dieses Heiligtum wird in den Schriftquellen nicht erwähnt und konnte nur anhand von Inschriften identifiziert werden.

Etwas südlich des Olympieions befand sich das Heiligtum des Apollon Delphinion. Ein großer südwestlich davon ergrabener Bereich wurde von Travlos mit der Gerichtsstätte „epi Delphinio“ identifiziert. Es handelte sich dabei um den Gerichtshof für Mordfälle, der angeblich vom mythischen König Aigeus begründet wurde. Die gefundene archaische Mauer datiert Travlos auf ca. 500 v. Chr. Kolb dagegen datiert die Reste in die Zeit der Peisistratiden.

Ebenfalls südlich des Olympieions befand sich das Heiligtum des Apollon Pythios, dass der Überlieferung nach von den Peisistratiden errichtet wurde. Nach Hesych erbaute Peisistratos den Tempel des Heiligtums. Thukydides VI 54,6 f. berichtet, dass Peisistratos d. J. während seines Archontats dem Apollon Pythios einen Altar stiftete. Erhalten ist nur der größte Teil der Deckplatte des Altars, auf der sich auch die Weihinschrift  (IG. 12 , 761) befindet, durch die der Altar identifiziert werden konnte. Nach Thukydides IV 54,5 verwandten die Tyrannen einen Teil der Steuern für die Ausschmückung der Stadt und nach Kluwe ist die Weihung des Apollo-Pythios-Altars ein Beweis für die Richtigkeit dieser Nachricht.

(Fortsetzung folgt …)

Stadtplanung in Athen im 6. Jh. v. Chr. (Teil 5)

Auch im übrigen Stadtgebiet sind uns für die Zeit der Tyrannenherrschaft literarisch oder archäologisch Sakralbauten überliefert.

Literatur:

  • G. Gruben, Die Tempel der Griechen (31980) 230-236
  • G. Welter, „Das Olympieion in Athen“, AM 47, 1922, 61 ff. + AM 48, 1923, 182-189
  • J. Travlos, Bildlexikon zur Topographie des antiken Athen (1971) 402 f.
  • R. E. Wycherly, The Olympieion of Athens, GrRomByzSt 5, 1964, 161 ff.
  • R. Tölle-Kastenbein, Das Olympieion in Athen (1994)
  • T. E. Kalpaxis, Hemitelos (1986) 26-39
  • W. B. Dinsmoor, The Architecture of Ancient Greece (41975) 91 u. 280 f.

Einer der bekanntesten Bauten aus der Zeit der Peisistratiden ist der südöstlich der Akropolis gelegene Tempel des Olympischen Zeus, das sogenannte Olympieion. Nach Tkukydides II 15 soll das Heiligtum noch auf die Zeit vor der Stadtgründung durch Theseus zurückgehen und man fand unter dem heute sichtbaren Tempel aus römischer Zeit Reste von zwei archaischen Bauten. Aus Fundamentmauern, die in das 2. Viertel des 6. Jh. datiert werden, rekonstruierte Welter einen Peripteros von 30 ,5 x ca. 60 m. Gruben (S. 203) nimmt an, dass dieser Tempel von Peisistratos d. Ä. erbaut wurde. Der darauffolgende Tempel wurde jedoch unter seinen Söhnen errichtet und diese hätten vermutlich nicht den Tempel ihres Vaters niederreißen lassen. Es ist daher wahrscheinlicher, dass der Tempel vor der Tyrannis von der aristokratischen Polis errichtet wurde.

Beim Tempel der Söhne des Peisistratos handelte es sich um einen Dipteros, der ungefähr die gleichen Ausmaße wie der spätere hellenistische Tempel hatte. Genaue Messungen liegen leider nicht vor, aber die Maße betrugen etwa 107,20 x 42,90 m (nach Kluwe). Viele der Säulentrommeln wurden im Fundament des hellenistischen Tempels und in der themistokleischen Stadtmauer wiederverwendet.

Mit seinen enormen Ausmaßen ist das Olympieion den ionischen Riesentempeln vergleichbar. Welter und Gruben vertraten daher die Meinung, dass der Tempel in ionischer Ordnung errichtet wurde. Sie argumentierten mit der Ähnlichkeit zum Heraion von Samos in der Verbreiterung der Fronthallen, der Erweiterung der drei Eckjoche der Langseiten um ca. 30 cm, und der Abstufung der 7 Frontjoche. Die neuere Forschung (Wycherly, Dinsmoor und Travlos) tendiert jedoch zu der Ansicht, dass der sehr breite Durchmesser der Säulen in Relation zu den Interkolumnien sowie die auf direkten Stylobatkontakt ohne Basis hinweisende technische Bearbeitung der unteren Trommeln dafür spricht, dass das Vorbild der ionischen Riesentempel hier in die dorische Ordnung übertragen worden ist.

Vitruv VII praef. 15 schreibt, dass der Grundbau des Tempels für Peisistratos begonnen wurde, aber wegen politischer Unruhen nach dem Tod des Tyrannen unvollendet blieb. Aristoteles (Politeia V 1315 b, 24) sagt, dass der Tempel von den Peisistratiden erbaut wurde. Material und Technik des Tempels können auf ca. 520 v. Chr. datiert werden. Die Angabe bei Vitruv wird daher auf den jüngeren Peisistratos bezogen und die Bauzeit des Olympieions im Allgemeinen in die letzten beiden Jahrzehnte der Tyrannenherrschaft gesetzt.

Als Baumotiv wird in den antiken Quellen das persönliche Repräsentationsbedürfnis der Peisistratiden genannt und die Rivalität zu anderen Herrschern, wie z. B. Polykrates von Samos. Außerdem dienten solche Monumentalbauten den Tyrannen nach Aristoteles als Arbeitsbeschaffungsprogramm. Verschiedene Forscher meinen jedoch, dass der Bau die ganze Stadt Athen repräsentieren sollte und als gemeinsames Projekt von Herrscher und Volk geplant worden war.

Der Tempel blieb nach Vitruv wegen politischer Unruhen nach dem Tod des Tyrannen Hippias unvollendet. Ob der Grund des Baustopps wirklich die Vertreibung der Tyrannen war, ist nicht sicher. Auch wirtschaftliche Gründe sind vermutet worden. Unwahrscheinlich ist jedoch, dass der Bau zu diesem Zeitpunkt kaum über die Fundamente hinaus gediehen war, denn dann wäre es, wie Wycherly schreibt, unverständlich, dass Aristoteles das Olympieion mit so eindrucksvollen Bauten wie den ägyptischen Pyramiden oder den Bauten des Polykrates von Samos vergleicht.

(Fortsetzung folgt …)

Stadtplanung in Athen im 6. Jh. v. Chr. (Teil 4)

Die Stoa Basileios, der Amtssitz des Archon Basileios, wurde Mitte des 6. Jh. v. Chr. auf die Agora verlegt und befand sich seit dieser Zeit in einem kleinen Gebäude neben der Stoa des Zeus. Es handelt sich um eine dorische Säulenhalle mit geschlossener Rückwand und 8 Säulen zwischen seitlichen Anten an der Vorderseite. Die Vorbauten stammen frühestens aus dem 4. Jh. v. Chr. Die Identifizierung wurde ermöglicht durch die Angabe bei Pausanias I 3,1, der die Stoa Basileios gleich am Eingang der Agora zur Rechten lokalisiert, sowie durch Inschriften, die den Archon Basileios betreffen. Aufgabe des Archon Basileios war die Verwaltung der Staatskulte und die Leitung von Prozessen gegen Gottlosigkeit. In der Stoa Basileios wurden wichtige Gesetze aufgestellt und an einem Stein vor der Stoa wurde bei öffentlichen Zeremonien der Eid abgelegt. Auch die Beamten legten hier ihren Amtseid ab.

Im 3. Viertel des 6. Jh. wurde ein 32,40 x 28,30 m großer Bezirk im Süden der Agora mit einer Mauer umgeben, dessen Deutung unklar ist. Ein großer offener, ummauerter Platz weist normalerweise auf einen sakralen Bereich. Man fand aber weder Spuren eines Altars oder eines Schreins noch Votivgaben. Eine weitere Möglichkeit für einen offenen Bezirk bilden Gerichtshöfe und so schlug man aufgrund von Größe, Datierung und Lage auf der Agora die Identifizierung als Heliaia vor, der von Solon eingeführten Volksgerichtshof und mit mehr als 1500 Geschworenen größten Gerichtshof des archaischen Athen. Dies bleibt jedoch hypothetisch.

Unter dem Tempel des Apollon Patroos (4. Jh.) fand man aus der Mitte des 6. Jh. v. Chr. eine Mauer in Apsisform und eine Basis, die wohl eine Kultstatue trug. Daneben befand sich eine Grube, um eine Bronzestatue (Kouros) zu gießen. Vermutlich befand sich hier ein älterer Tempel des Apollo Patroos. Apollo hatte gleichzeitig den Beinamen Phratrios (von Phratie = Verband von mehreren Familiengruppen).

Unter der Stoa des Zeus Eleutherios fanden sich ebenfalls ältere Reste, die nach Boersma aus dem 3. Viertel des 6. Jh. v. Chr. stammen und auf ein offenes Heiligtum weisen. Vermutlich wurde hier auch Zeus verehrt, vielleicht als Zeus Agoraios. Ein Altar vor der Zeus-Stoa stammt vermutlich aus peisitratidischer Zeit.

Im Südosten der Agora fand man Reste eines Brunnenhauses in Form eines langgestreckten Rechtecks und besteht aus einem Mittelraum und zwei daran angrenzenden Wasserbassins, die vom Mittelraum durch Schranken abgegrenzt sind. Dieses Brunnenhaus ist Teil des großen Wasserleitungssystems, das ins frühe letzte Viertel des 6. Jh. v. Chr. datiert wird.

Thukydides VI 54,6 f. überliefert, dass Peisistratos der Jüngere während seines Archontats 522/21 v. Chr. einen Altar für die zwölf Götter stiftete. Reste dieses Altars fand man im Nordteil der Agora unter der U-Bahn nach Piräus. Der Altar diente zum einen nach Herodot II 7 als Meilenstein, von dem aus alle Entfernungen gemessen wurden, zum anderen als Asylstätte.

(Fortsetzung folgt …)

Stadtplanung in Athen im 6. Jh. v. Chr. (Teil 3)

Kurz nach der Mitte des 6. Jh. v. Chr. wurde neben Haus C an der Südseite der Terrasse Gebäude D errichtet, ein kleines Haus mit 3 Räumen, das sich nach Norden auf den zwischen den beiden Bauten liegenden Hof öffnete (siehe im Bild oben). Man nimmt allgemein an, dass beide Gebäude zusammengehörten und die gleiche Funktion hatten.

Südlich von Haus C fanden sich unter der späteren Tholos (Rundtempel) Reste von einem komplexen Gebäude mit unregelmäßigem Grundriss, das als Haus F bezeichnet wird (im Bild unten) und von Norden und Osten her zugänglich war. Ein großer Hof ist auf drei Seiten von vielen Räumen umgeben. Westlich davon liegt ein weiterer kleinerer Hof, der ebenfalls von mehreren Räumen umgeben ist. Einer dieser Räume enthielt Vorratsgefäße und man fand auch Kochmulden und einen Brunnen. Das Gebäude wurde kurz nach Haus D errichtet, das nun wieder abgerissen wurde. Gleichzeitig wurde die westliche Terrassenmauer abgetragen. Dadurch reichte der auf der Nordseite gelegene Vorplatz bis zum Fuß des Kolonos Agoraios, einem kleinen Hügel am Westrand der Agora. Aus diesem Hügel wurde eine trapezförmige Abarbeitung herausgehauen. Diese Terrasse wurde erhöht und die ganze Anlage auf diese Weise einheitlich gestaltet. Der große Vorplatz verband die beiden Gebäude F und C  miteinander und die Abarbeitung des Felsens könnte für Versammlungen gedient haben.

Die Funde in Haus F weisen auf einen häuslichen Charakter, die Ausmaße sprechen jedoch gegen eine Deutung als privates Wohnhaus. Thompson z. B. schlug vor, die älteren Bauten wie später die Tholos als Gebäude der Prytanie zu identifizieren, d. h. der Gruppe, die der Ratsversammlung vorstand. Diese Deutung ist für die letzte Phase von Gebäude F inzwischen allgemein anerkannt. Shear bezweifelt jedoch, dass dieses Gebäude schon Mitte des 6. Jh. v. Chr. der Prytanie diente, da es nicht den geringsten Hinweis dafür gäbe, dass dem solonischen Rat eine Prytanie vorstand. Auch wäre kein großer Raum für das gemeinsame Essen vorhanden.

Shear, Boersma u. a. schlagen stattdessen vor, Gebäude F als Palast des Peisistratos zu deuten. Für diese Interpretation sprächen der häusliche Charakter und die Größe. Auch fällt die Errichtung in die Jahre nach 550 v. Chr., und auf ca. 546 v. Chr. wird die endgültige Rückkehr des Peisistratos nach Athen und die Etablierung seiner Tyrannis datiert. Shear verweist außerdem auf die Verbindung zwischen der Errichtung von Haus F, der Begradigung der Westseite des Platzes und der Schließung von privaten Brunnen, die eine Beseitigung von Privathäusern impliziert.

Viele Forscher gingen bisher davon aus, dass sich der Palast der Peisistratiden auf der Akropolis befand. Dafür gibt es aber weder literarische noch archäologische Hinweise. Als Alternative kommt Gebäude F auf der Agora aufgrund seiner Größe durchaus in die engere Wahl.

(Fortsetzung folgt …)

Stadtplanung in Athen im 6. Jh. v. Chr. (Teil 2)

Die Agora von Athen liegt auf dem leicht abfallenden Gelände zwischen der Akropolis, dem Kolonos Agoraios und dem Fluss Eridanos. Ursprünglich befanden sich hier private Häuser, das Töpferviertel (Kerameikos) sowie eine Nekropole. An den Gräbern veranstalteten die Griechen nach Homer nicht nur Agone zu Ehren der Toten, sondern hielten auch ihre Versammlungen („agorai“) ab. Dies lässt vermuten, dass auch die sog. „alte Agora“ schon hier lag. Als Versammlungsplatz diente eine einfache Orchestra, auf der auch rituelle Tänze zu Ehren von Dionysos stattfanden. Die Agora verbindet also politische und religiöse Traditionen.

Ausgrabungen haben gezeigt, dass um 600 v. Chr. die Bestattungen auf der Agora aufhören bzw. nur noch am äußeren Rand vorkommen. Es gibt nun keine Töpfereien mehr und private Häuser werden im Lauf der Zeit beseitigt, wie die Sti lllegung der zugehörigen Brunnen zeigt. All dies deutet auf gezielte Maßnahmen, um die Agora zu einem öffentlichen Platz als Zentrum des politischen und täglichen Lebens auszubauen.

Als erstes öffentliches Gebäude der Agora gilt das sog. Gebäude C, dessen Reste an der Westseite der Agora unter dem späteren Bouleuterion und dem Metroon ausgegraben wurden. Haus C wird nach der herkömmlichen Chronologie allgemein an den Anfang des 6. Jh. v. Chr. datiert. Es handelt sich um ein kleines rechteckiges Haus mit 2 Räumen, die sich nach Süden hin auf eine niedrige Terrasse öffnen. Die Datierung in die Nähe der Gesetze Solons und die Lage an der Stelle des späteren Bouleuterions haben zu der Vermutung geführt, dass das Gebäude dem solonischen Rat der 400 diente, der dann auf der davor liegenden Terrasse getagt haben müsste. Der Rat tagte also nicht mehr auf der Orchestra, sondern erhält einen eigenen Versammlungsplatz, d. h. es kommt zur Funktionstrennung.

Literatur:

  • D. Francis / M. Vickers, „The Agora Revisited: Athenian Chronology c. 500-450 B.C.“, BSA 83, 1988, 143 ff.
  • F. Kolb, Agora und Theater, Volks- und Festversammlung, AF 9 (1981), 20 ff.
  • H. A. Thompson / R.E. Wycherly, The Agora of Athens. The Athenian Agora XIV (1972)
  • J. M. Camp, Die Agora von Athen (1989) 40 ff.
  • J. M. Camp / C.A. Mauzy (Hrsg.), Die Agora von Athen. Neue Perspektiven für eine archäologische Stätte. Zaberns Bildbände zur Archäologie (2009)

(Fortsetzung folgt …)

Stadtplanung in Athen im 6. Jh. v. Chr. (Teil 1)

Das 6. Jh . v. Chr. war eine wichtige Phase in der Stadtentwicklung Athens: in diese Zeit fallen die Entwicklung der Regierungsform und des Rechtswesens, die Ausweitung religiöser Kulte sowie eine starke flächenmäßige Ausdehnung der Stadt. Einen großen Teil des Jahrhunderts stand die Stadt unter der Tyrannis der Peisistratiden und es stellt sich daher die Frage, welche Rolle diese Tyrannen in den genannten Aspekten der Stadtentwicklung hatten. Einen Schwerpunkt der Forschung bildet dabei die Baukunst unter den Peisitratiden, denn die antiken Schriftquellen, wie z. B . Aristoteles in seiner Politeia (V 1313 b , 19ff), assoziieren mit den griechischen Tyrannen v. a. Monumentalbauten und öffentliche Arbeiten. Welche Aktivitäten können wir nun im archaischen Athen des 6. Jh. feststellen, inwieweit lassen sich diese auf die Initiative der Peisistratiden zurückführen und welche politische Absicht könnte dahinterstehen?

In den nächsten Artikeln werde ich zunächst auf die Entwicklung der Agora eingehen und die Gebäude vorstellen, die nach der herkömmlichen Chronologie in das 6. Jh. v. Chr. datiert werden. Anschließend werden die Sakralbauten außerhalb der Akropolis vorgestellt, die in dieser Zeit entstanden sind bzw. entstanden sein sollen.

Literatur allgemein:

  • D. Francis – M. Vickers, „The Agora Revisited: Athenian Chronology c. 500-450 B.C.“, BSA 83, 1988, 143 ff.
  • E. Kluwe, Die Tyrannis der Peisistratiden und ihr Niederschlag in der Kunst, Diss. Jena (1966) 41 ff.
  • E. Vanderpool, „The Date of the Pre-Persian City-Wall of Athens“, in: Phoros, Tribute to B.D. Meritt (1974) 156 ff.
  • F. Kolb, „Die Bau-, Religions- und Kulturpolitik der Peisistratiden“, JdI 92, 1977, 99 ff. (bes. 106 ff.)
  • A. Shapiro, Art and Cult under the Tyrants in Athens (1989)
  • S. Boersma, Athenian Building Policy from 561/0 to 405/4 B.C. (1970) 11 ff.
  • M. Stahl, Aristokraten und Tyrannen im archaischen Athen (1987) 233 ff.
  • R. Tölle-Kastenbein, „Bemerkungen zur absoluten Chronologie spätarchaischer und frühklassischer Denkmäler Athens“, AA 1983, 573 ff.
  • T. Leslie Shear Jr., „Tyrants and Buildings in Archaic Athens“, in: Athens comes of Age: From Solon to Salamis (1978) 1 ff.
  • S. P. Arrowsmith, The tyranny at Athens in the sixth century B. C. (Diss. 1988)
  • H. Berve, Die Tyrannis bei den Griechen. 2 Bände. Beck, München 1967.
  • B. Lavelle, Fame, Money, and Power. The Rise of Peisistratos and „Democratic“ Tyranny at Athens (2004)
  • L. de Libero, Die archaische Tyrannis (1996)
  • H. Sancisi-Weerdenburg (Hrsg.), Peisistratos and the Tyranny (2000)
  • K—W. Welwei, Athen. Vom neolithischen Siedlungsplatz zur Großpolis (1992)

(Fortsetzung folgt …)

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