1968 wurde bei Paestum die berühmte Tomba del Tuffatore gefunden. Sie datiert in die 1. Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. und ist das älteste im griechisch beeinflussten Süden Italiens gefundene Grab mit figürlich bemalten Innenwänden.
Es handelt sich um ein etwa 2 x 1 Meter großes Kistengrab, dessen Seitenwände und Deckplatte bemalt sind. Einzige Beigaben waren zwei Salbgefäße und eine Lyra, von der sich allerdings nur der Klangkörper, ein Schildkrötenpanzer, erhalten hat.
Auf den Seitenwänden sind Bankettszenen dargestellt. Auf den Längsseiten liegen insgesamt zehn Männer auf drei Liegen (Klinen), einige paarweise bei erotischen Spielen, andere mit dem Kottabos-Spiel (einem Geschicklichkeitsspiel) beschäftigt oder die Doppelflöte bzw. die Lyra spielend. Auf der östlichen Schmalseite sehen wir einen Jüngling mit einer Oinochoe neben einem Tisch, auf dem ein Krater (= Mischgefäß für Wein) steht; an der westlichen Schmalseite kommt ein junger Mann in Begleitung einer Flötenspielerin und eines alten Mannes zum Gelage dazu.
Der Deckel zeigt dagegen die Szene, die dem Grab seinen Namen gegeben hat. Ein nackter junger Mann springt von einer Art Turm ins Wasser. Die Deutung dieser Darstellung ist in der Forschung umstritten. Zum Teil wird der Turm als Tor zur Unterwelt gedeutet. Andere Forscher dagegen sehen in dem Bild die symbolische Darstellung des Übergangs von der Welt der Lebenden in den Ozean des Todes.
Es ist nicht bekannt, wer in der Tomba del Tuffatore bestattet wurde. Paestum war eine griechische Stadt. Eine starke Verbindung des Symposions mit dem Grabbereich war jedoch in der griechischen Welt ebenso unüblich wie der Brauch, die Verstorbenen in einem Grab mit figürlich bemalten Innenwänden beizusetzen. Charakteristisch sind diese Bräuche dagegen z. B. in Etrurien, wo er vom 7. bis 2. Jh. v. Chr. für die aristokratische Schicht üblich war. Beides, die Grabmalerei und die enge Verbindung von Grabbereich und Symposion als Statussymbol breitete sich von Etrurien zu den unteritalischen Völkern aus, bei deren Grabausstattung der Krater und andere Gefäße des Symposion als Statussymbole vorkommen. In griechischen Nekropolen finden sich diese Beigaben nur in einigen griechischen Städte, die stark unter dem Einfluss einheimischer Völker standen. Möglicherweise gehörte das Grab also einem Etrusker oder zumindest einem Einheimischen, der in Paestum lebte.
Literatur:
- Giovanni Becatti, L’arte dell’età classica. Sansoni, Firenze, 1986 (p. 238)
- Ranuccio Bianchi Bandinelli, Recensione a M. Napoli, La tomba del Tuffatore, in Dialoghi di Archeologia. 4-5, 1970-1971, p. 135 ff.
- Marianna Castiglione: La tomba del tuffatore: nostalgia etrusca in magna grecia. ancora sulla figura del defunto. In: Scuola di etruscologia e archeologia dell’Italia antica u. a. (Hrsg.): La pittura etrusca – Atti del IV corso di perfezionamento (anno accademico 2005–2006). L’Italia prima di Roma – Atti del V corso di perfezionamento (anno accademico 2006–2007). Quasar, Rom/Orvieto 2008, S. 147–179
- Robert Ross Holloway, The Tomb of the Diver. In: American Journal of Archaeology. Band 110, Heft 3, 2006, S. 365–388
- Mario Napoli, La tomba del Tuffatore. De Donato, Bari 1970
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