Monat: November 2013

Der Welzheimer Schuhfund – Römische Schuhmode zu Anfang des 3. Jh. n. Chr. (Teil 2)

Welche Schuhtypen verwendeten die Römer und wie stellten sie ihre Schuhe her?

Wie auch heute noch, wurden fast alle Schuhe auf einem Holzleisten, einer Art vereinfachtem Modell des menschlichen Fußes, gefertigt. Er dient zum Zusammensetzen und Formen der einzelnen Teile des Schuhs. Die einzelnen Teile des Schuhs wurden zusammengeklebt, -genagelt oder -genäht. Für die Sohlen verwendete man kräftiges Rindleder, ansonsten auch Häute von Schafen, Ziegen und Kälbern. Dabei wurde auch gefärbtes Leder verwendet. Neben schwarz kommen z. B. rot, weiß und gelb vor. Heute sind die Lederreste durch die lange Lagerung im Boden fast immer schwarz.

Bei den meisten Schuhen war die Laufsohle zum Schutz vor zu schneller Abnutzung und zum besseren Zusammenhalt der Sohlen benagelt. Die Eisennägel wurden in der Brandsohle vernietet. Die Art der Benagelung ist abhängig vom Geschmack des Käufers, von der Nutzung und vom Schuhtyp.

Funde originaler Schuhe und Darstellungen von Schuhen in der Wandmalerei, in der Plastik und in anderen Kunstgattungen zeigen, dass es viele verschiedene Schuhtypen gab. Die wichtigsten sind
1. geschlossene Schuhe
2. sogenannte Carbatinae
3. Riemensandalen oder Caligae
4. Sandalen mit Zehenriemen

Alle diese Typen kommen nebeneinander vor. Frauen, Männer und Kinder trugen offenbar die gleichen Schuharten. Soziale Unterschiede zeigten sich vermutlich ebenfalls nicht in der Form, sondern in der kostbareren Ausstattung. Die im Welzheimer Ostkastell gefundenen Schuhe zeigen, welche Schuhtypen zu Anfang des 3. Jh. n. Chr. gebräuchlich waren.

Geschlossene Schuhe bilden den Hauptteil der bisher gefundenen Schuhe, auch in Welzheim (36 gesicherte Exemplare). Es handelt sich um typologisch sehr unterschiedliche Schuhe, bei denen der Fuß von einem an den Zehen oder an der Seite zusammengenähten Oberleder eng umschlossen wird. Sohle und Oberleder werden selten zusammenhängend gefunden, da sie durch Nägel zusammengehalten wurden und diese häufig verloren gingen.

Die sogenannten Carbatinae sind aus einem einzigen Stück Leder gearbeitet. Das Schnittmuster variiert etwas, folgt aber im wesentlichen immer dem gleichen Schema. Das Leder wird an der Ferse zusammengenäht und an den Seiten in Schlaufen geschnitten. Anschließend wurde es seitlich hochgebogen und mit einem durch die Schlaufen gezogenen Riemen zusammengebunden. Dieser Schuhtyp ist relativ einfach herzustellen und wurde möglicherweise nicht nur von gelernten Schustern, sondern auch von Laien hergestellt. Unter den Schuhen aus Welzheim konnten bisher 26 sicher als Carbatinae bestimmt werden.

Riemensandalen (sog. Caligae) kommen in zwei Varianten vor: es gibt zum einen den über den Knöchel reichenden, benagelten Soldatenschuh und zum anderen den nur knöchelhohen, teilweise unbenagelten Schuh für Erwachsene und Jugendliche, der oft einfacher gearbeitet ist. Die Caliga besteht aus drei Teilen: zwischen Laufsohle und Brandsohle ist eine dritte Sohle eingefügt, die zusammen mit dem Oberleder, einem Riemengeflecht, aus einem Stück Leder geschnitten ist. Alle drei Sohlen wurden in dichten Reihen zusammengenagelt, wobei die Fußwölbung ausgespart ist. Oft ist die Fußwölbung aber durch drei Nägel zusätzlich gesichert. Dieses D-förmige Nagelmuster kommt bei anderen Schuharten offenbar nicht vor. Das Oberleder wird an der Ferse geschlossen, wobei die Naht innen und außen durch einen Lederstreifen geschützt ist. Die Riemen des Oberleders bilden Schlaufen, die durch einen Riemen über dem Fußrücken zusammengefasst werden, wobei die Enden der Schlaufen kammartig hochstehen. Dieser Schuhtyp ist seit der 1. Hälfte des 2. Jh. n. Chr., zumindest in unserer Region, offenbar nicht mehr gebräuchlich und fehlt daher auch in Welzheim.

Die einfache römische Sandale ist auch heute noch gebräuchlich. Die Form der Sohle ahmt die des Fußes nach, wobei zum Teil sogar die Zehen durch Einschnitte markiert sind. Sie besteht aus bis zu vier miteinander verklebten, vernähten und zum Teil vernagelten Schichten Leder. Der Zehenriemen ist in einer Öse befestigt, die sich zwischen dem großen und dem zweiten Zeh in der Brandsohle befindet. Die Art der Befestigung variiert ebenso wie die Art der Riemenführung über dem Fußrücken. Teilweise wird ein Fersenriemen hinzugefügt, um dem Fuß noch besseren Halt zu geben.

Form und Technik römischer Sandalen haben sich im Lauf der Zeit gewandelt und können daher als Datierungshilfe dienen. Auch die Datierung der Welzheimer Schuhe basiert auf diesem Formenwandel.

Der Welzheimer Schuhfund – Römische Schuhmode zu Anfang des 3. Jh. n. Chr. (Teil 1)

1976 entdeckte man bei Grabungen im Ostkastell von Welzheim (http://www.ostkastell-welzheim.de/archaeologischerpark.htm) einen holzverschalten Brunnen (Brunnen 1), dessen Verfüllung neben anderen interessanten Gegenständen auch Reste von über hundert römischen Lederschuhen enthielt. Die außergewöhnlich große Anzahl und die Variationsbreite der gefundenen Stücke – vom Kleinkinderschuh bis zum halbhohen Stiefel sind fast alle römischen Schuhtypen vertreten – verleihen dem Welzheimer Fund überregionale Bedeutung.

Die Schuhe stammen aus dem Beginn des 3. Jh. n. Chr. Man konnte ungefähr 80 Schuhe aus Sohle und Oberleder zusammensetzen. Die große Zahl der gefundenen Schuhe weist auf eine Lederwerkstatt im Bereich des Kastells. Nachdem der Brunnen aufgegeben worden war, verwendete man ihn als Abfallgrube und warf auch abgelaufene und unbrauchbare Schuhe hinein, die sich aufgrund der feuchten Umgebung bis heute erhalten konnten.

Der Erhaltungszustand von Lederfunden ist meist sehr schlecht. Das Leder ist feucht oder nass und häufig brüchig. Es ist daher notwendig, die Reste zunächst zu konservieren. Zuerst werden die Funde gereinigt und zum Teil durch eine Spezialbehandlung reißfest, weich und wieder formbar gemacht. Dann muss das Leder entwässert werden, wobei man darauf achten muss, dass es nicht zu stark schrumpft. Gleichzeitig ist eine Rückfettung der Stücke notwendig. Wichtig ist bei all diesen Vorgängen, die Originalsubstanz zu erhalten. Erst nach Abschluss dieser Konservierungsmaßnahmen kann der ursprüngliche Verwendungszweck der Lederreste rekonstruiert und zusammengehörige Teile miteinander verbunden werden.

Die Funde befinden sich heute im Limesmuseum Aalen und zeigen, welche Schuhtypen zu Anfang des 3. Jh. n. Chr. gebräuchlich waren.

(Fortsetzung folgt)

Ehrenamtliche Mitarbeit beim Bodendenkmalamt – Welche Aufgaben kann man übernehmen?

Viele Menschen interressieren sich für die Geschichte ihrer Region und engagieren sich für die Erforschung und Erhaltung von Denkmälern. Man kann dies alleine tun oder sich in einem Heimatververein engagieren; man kann aber auch die Arbeit der Denkmalämter durch ehrenamtliche Mitarbeit unterstützen.

Das 2013 durchgeführte Projekt „Unser Denkmal – Wir machen mit“ zeigte in einer Wanderausstellung an verschiedenen Orten in Nordrhein-Westfalen, welche Aufgaben ehrenamtliche Mitarbeiter übernehmen können. Auf der Website http://www.unser-denkmal.de/ werden außerdem Ehrenamtliche und ihre Projekte vorgestellt.

Einen guten Überblick über die Aufgaben bieten auch die Richtlinien für ehrenamtliche Mitarbeiter des LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland: „Geländebegehungen, Baustellenbeobachtungen, Notbergungen in Abstimmung mit dem LVR-ABR; Kontakte zu Unteren Denkmalbehörden und Oberen Denkmalbehörden, Grundstückseigentümern, Heimatvereinen und Sammlern; Bestimmung und Aufnahme von Funden und Befunden; Archivarbeit, Publikation; Vorträge und Führungen“ (http://www.bodendenkmalpflege.lvr.de/ehrenamtliche/richtlinienehrenamtlichemitarbeiterabr.pdf).

Sicher gehören Geländebegehungen und Baustellenbeobachtungen zu den Hauptaufgaben, aber ob Frischluft-Fanatiker oder Bürohengst, jeder Interessierte kann hier eine Aufgabe finden, die seinen Stärken und besonderen Interessen sowie der ihm zur Verfügung stehenden Zeit entspricht. Ehrenamtliche Mitarbeiter treffen sich außerdem regelmäßig, um sich auszutauschen und sich fortzubilden. Hierzu dienen nicht nur Vorträge, sondern auch gemeinsame Geländebegehungen.

Hier bieten sich also vielfache Möglichkeiten für historisch und archäologisch Interessierte.

Urlaubstipp: Mérida (Spanien)

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Mérida, die Hauptstadt der Extremadura, liegt ein wenig abseits der üblichen Touristenpfade in Spanien. Dabei ist die 25 v. Chr. vom römischen Kaiser Augustus gegründete Stadt Emerita Augusta, die ehemalige Hauptstadt der römischen Provinz Lusitania, für Archäologie-Begeisterte eine eigene Reise wert.

Die beeindruckenden Überreste aus römischer Zeit können an verschiedenen Orten in der Stadt besichtigt werden. Am eindrucksvollsten ist wohl das Theater, das auch heute noch genutzt wird. Ob Trajansbogen mit Teilen des Forums, der Tempel der Diana, ein Amphitheater und eine Rennbahn, Reste von Häusern mit sehenswerten Fußbodenmosaiken oder verschiedene Brücken und Aquädukte aus römischer Zeit in Mérida und Umgebung – auf Schritt und Tritt stößt man in in dieser Stadt auf antike Spuren.

Auch das Nationalmuseum für Römische Kunst beherbergt Sehenswertes, z. B. Skulpturen und Mosaike, die hier ausgegraben wurden.

Hier sollte man in jedem Fall eine Übernachtung einplanen. Nur mal so auf der Durchreise ist dieses riesige Freiluftmuseum nicht zu schaffen.

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