Kategorie: Kleinasien

Buchbesprechung: Roderick Beaton, Die Griechen. Eine Globalgeschichte (Reclam 2023)

Roderick Beaton, Spezialist für moderne griechische und byzantinische Geschichte, Sprache und Literatur, erzählt in seinem aktuellen Buch die Geschichte all jener Menschen, die in den vergangenen 3500 Jahren ihre Identität über die griechische Sprache und Kultur definierten – ganz gleich, wo sie sich niederließen. Es geht also nicht nur um die Geschichte des modernen Griechenland, das, wie das Buch zeigt, geographisch nur einen Bruchteil der Gebiete abdeckt, in denen Griechen im Laufe der Jahrhunderte siedelten.

Sein Buch beginnt 1500 v. Chr. auf Kreta, der Insel der Minoer, und den auf sie folgenden Mykener, die ihre Macht vom griechischen Festland auf die gesamte Ägäis ausweiteten. Er geht auch ausführlich auf den Siegeszug des griechischen Alphabets ein, die bahnbrechende Erfindung, die Voraussetzung für die Entstehung von Geschichtsschreibung, Philosophie oder auch literarischen Werken wie Homers Epen war.

Beaton zeigt, wie sich Stadtstaaten wie Athen oder Sparta entwickelten, wie die Ursprünge der Demokratie aussahen und wie Athen zur kulturellen Hauptstadt der Griechen wurde. Wir verfolgen die Kriege zwischen den Stadtstaaten untereinander und gegen verschiedene fremde Eroberer wie die Perser. Einige Eroberer, wie die Römer, ließen sich dabei ihrerseits bereitwillig hellenisieren.

In der Spätantike gehen jedoch mit zunehmender Christianisierung bedeutende Veränderungen vor sich. Noch immer gilt Athen vielen als kultureller Nabel der griechischen Welt. Aber das Rad der Geschichte hat sich weitergedreht und nun zieht Konstantinopel, die neue Hauptstadt des römischen Reiches, die bedeutendsten Künstler und Wissenschaftler an. Aber es wird auch deutlich, wie die Griechen von den Kreuzzügen bis zu den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts und der Gründung des modernen Staates weiterhin immer wieder in Kriege verwickelt wurden, in denen sie sich auf verschiedenen Seiten wiederfinden. Das Buch endet 2021 und deckt somit auch aktuelle Themen wie die Flüchtlingskrise, die Schuldenkrise von 2010 und die Auswirkungen der Covid19-Pandemie ab.

Fundiert, aber trotzdem leicht lesbar, vermittelt Beaton, was griechische Kultur im Laufe der Geschichte ausmachte. Für interessierte Leser stellt Beaton eine umfangreichen Liste weiterführender Literatur zur Verfügung. Für die deutsche Ausgabe wäre es allerdings nützlich gewesen, wo vorhanden, die deutschen Ausgaben anzuführen.

Beaton, Roderick: Die Griechen. Eine Globalgeschichte
Übers. von Ursula Blank-Sangmeister unter Mitarbeit von Janet Schüffel
605 S. 43 Farbabb. 15 Karten
ISBN: 978-3-15-011007-2
38,00 €

Das Buch ist unter anderem bei Amazon erhältlich. Als Buch und als E-Book.
Ein Klick auf die Fotos und Links im Text führen direkt zu Amazon.

Al-Bara, Basilika El Hosn (Syrien)

Eine der sogenannten „Toten Städte“ im Nordwesten Syriens (siehe auch Julianos-Kirche in Brad) ist Al-Bara, das etwa 35 km von Idlib entfernt liegt. Gegründet im 4. Jahrhundert n. Chr., erlebte die Stadt ihre Blütezeit im 5. und 6. Jahrhundert. Die durch den Handel mit Olivenöl, Wein und Getreide reich gewordene Stadt wartet unter anderem mit fünf Kirchen auf, die heute allerdings nur noch in Resten sichtbar sind.

Eine dieser Kirchen ist die Basilika El Hosn, die im Norden außerhalb des eigentlichen Stadtgebiets liegt. Mit 56 Metern Länge und 29,5 Metern Breite ist sie eine der größten syrischen Kirchen überhaupt.

Es handelt es sich um eine dreischiffige Basilika mit einer eingeschriebenen, halbrunden Apsis und vier Nebenräumen bei gerade abschließender Ostwand. Vor der Westwand mit kleiner Portikus (Säulenhalle) und mehreren Nebenräumen liegt ein 100 × 60 Meter großer Hof, dessen Außenmauern über den eigentlichen Hauptbau der Basilika ragen. Auf Süd- und Nordseite ist jeweils eine weitere Portikus vorgelagert.

Der Haupteingang der Basilika befindet sich im Westen und kann vom Hof her durch die kleine Säulenhalle erreicht werden. In Verlängerung dieser Portikus schließen sich im Norden und im Süden je zwei Räume an. Direkt neben der Portikus liegen Türme, die sowohl von der Säulenhalle als auch von den jeweils anschließenden Seitenschiffen her betreten werden können. Die äußeren Räume öffnen sich zu den Säulenhallen vor der Nord- bzw. der Südseite, wobei der südliche Raum zusätzlich auch eine Tür zum Hof besitzt.

Die Apsis ist durch Schranken abgesetzt und es führt eine kleine Treppe hinauf. Von den Nebenräumen auf der Ostseite ist nur der innere südliche mit der Apsis verbunden. Beide inneren Räume öffnen sich im Übrigen zu den Seitenschiffen, die äußeren dagegen zu den Portiken vor der Nord- bzw. Südseite. Dort liegen auch unregelmäßig verteilt Eingange zur Basilika. Der Haupteingang lag jedoch auf der Westseite.

Die Seitenschiffe haben sowohl unten als auch auf der Empore Säulenkolonnaden und über den Seitenschiffen befindet sich ein Lichtgaden, dessen Fenster den Innenraum der Basilika beleuchten. Darüber schließt sich die Holzkonstruktion des Satteldaches an. Die Seitenschiffe sowie die davorliegenden Säulenhallen waren mit Pultdächern gedeckt. Eine Besonderheit des Innenraumes ist, dass die Säulenhallen der Seitenschiffe mit den Emporen auch auf der Westseite umlaufen.

Die enorme Größe der Basilika und der große vorgelagerte Hof sowie die Lage außerhalb der Stadt können darauf hinweisen, dass es sich hier um eine Pilgerkirche handelte.

Literaturauswahl:

  • Christine Strube, Die „Toten Städte“. Stadt und Land in Nordsyrien während der Spätantike. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1996
  • Jean Pascal Fourdrin, Église E.5 d’El Bāra. In: Syria, T. 69, Fasc. 1/2, 1992, pp. 171-210

Mausoleum von Belevi, Türkei

In der Nähe Ephesus, beim Dorf Belevi, befinden sich die Reste eines antiken Grabbaus. Dieses sogenannte Mausoleum von Belevi besteht aus einem etwa 10 Meter hohen quadratischen Sockel (ca. 30 x 30 Meter), über dem sich wohl eine Anlage mit einer umlaufenden Säulenhalle befand. Der Bau besteht fast ausschließlich aus dem bläulichen Belevi-Marmor, der auch in Ephesus verwendet wurde.

Die Fassade des Sockels ist durch eine monumentale Scheintür gekennzeichnet. Im hinteren Bereich des Sockels befand sich eine Kammer für den Sarkophag. Es handelt sich um einen Klinen-Sarkophag, d. h. der Tote wurde darauf lagernde dargestellt. Es ist allerdings nicht klar, ob Deckel und Sarkophag-Kasten zusammengehören. Die Figur ist überlebensgroß, was auf den Status des Toten weisen könnte. Der Kopf ist allerdings nicht fertig gearbeitet. Man fand außerdem die Statue eines trauernden Dieners in orientalischer Bekleidung.

Die Rekonstruktion des Aufbaus ist problematisch, da sich nur wenig erhalten hat. Man hat jedoch Reste von Säulen und einen Fries mit der Darstellung einer Kentauromachie gefunden. Zum Figurenschmuck gehörten Funden außerdem ein Greif und ein Löwenkopf.

Wer aber ließ das Grab errichten? Die Funde (Ornamente, Keramik, Figurenschmuck) lassen auf einen Bau zwischen ca. 301 v. Chr. und 280 v. Chr. schließen. Als ursprünglicher Auftraggeber kommt eventuell Lysimachos in Frage, einer der Nachfolger Alexanders des Großen. Als dieser in der Schlacht starb, wurde der Bau wohl unterbrochen. Antiochus II. ließ die Arbeiten an dem Grabmal fortsetzen und nach seinem Tod fand er hier auch die letzte Ruhestätte. Nach der Einnahme von Ephesus durch die Ptolemäer (174 v. Chr.) wurden die Bauarbeiten endgültig eingestellt, sodass das Mausoleum unvollendet blieb.

Literaturauswahl:

  • Camillo Praschniker, Max Theuer u. a.: Das Mausoleum von Belevi. (= Forschungen in Ephesos). Österreichisches Archäologisches Institut, Wien 1979
  • Reinhard Heinz: Das Mausoleum von Belevi – Bauforschung (= Forschungen in Ephesos. Bd. 6/1). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2016
  • Peter Ruggendorfer: Das Mausoleum von Belevi – Archäologische Untersuchungen zu Chronologie, Ausstattung und Stiftung (= Forschungen in Ephesos. Bd. 6/2). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2016

Johanneskirche in Ephesus

Beim modernen Selcuk, nur wenige Kilometer entfernt vom antiken Ephesus, erheben sich die Ruinen der Johanneskirche auf einem Hügel. Die Kirche war dem Apostel Johannes geweiht. Der Legende nach war Johannes nach der Enthauptung seines Bruder Jakobus zusammen mit Maria nach Ephesus geflohen, wo er laut Irenäus von Lyon später auch starb. Eusebius von Cäsarea berichtet von einem Grab des Johannes in Ephesus. Über diesem Grab soll erst ein Mausoleum in Form eines von vier Säulen getragenen Kreuzgewölbes errichtet worden sein und später, unter Justinian, die Johanneskirche.

Man kann vier Bauphasen unterscheiden. In der ersten Phase gab es nur ein Kammersystem mit dem Grab und ein Staubwunder in einem Stollen. In einer zweiten Phase aus konstantinischer Zeit gab es einen 15 x 15 Meter großen Umbau. Von diesem haben sich allerdings nur Reste des Unterbaus erhalten. Die dritte Phase war bereits ein basilikaler Bau. Aus diesem Bau des 4./5. Jahrhunderts n. Chr. haben sich Mosaikreste in den damals üblichen Farben Weiß, Schwarz und Rot erhalten.

Die heute sichtbaren Ruinen gehören zu einer Stiftung Justinians (6. Jh. n. Chr.). Er ließ fast einen Neubau errichten. Der Vorgängerbau wurde nicht nur verändert, sondern zumindest teilweise wohl auch abgerissen. Es handelt sich um einen Bau in Form eines Kreuzes mit freistehender, halbrunder Apsis und Emporen über den Seitenschiffen. Das Mittelschiff war mit sechs Kuppeln überwölbt, die außen mit Blei eingedeckt waren. Die Säulen sind aus Marmor und jene in den Seitenschiffen haben korinthische Kapitelle mit Kreuzrelief. Man fand auch Reste von Malereien. Die noch sichtbaren Mosaiken gehören allerdings zum Vorgängerbau.

Das Mauerwerk der 130 m langen und 40 m breiten Basilika besteht abwechselnd aus Bruchsteinen und Ziegelbändern. Der Kirche waren ein Narthex und ein 47 x 34 m großes Atrium vorgelagert. Letzteres war auf drei Seiten von Säulenhallen umgeben und erhob sich auf einem mächtigen Unterbau aus Tonnengewölben und Stützmauern.

An das bereits vorhandene Baptisterium mit zwei Apsiden und einem achteckigen Mittelraum mit Nischen schloss sich ein Schatzhaus an. Das eigentliche Baptisterium hatte vier Durchgänge, die mit vier halbrunden Nischen abwechseln. Dese Nischen haben Säulen auf hohen Sockeln, die möglicherweise ursprünglich nicht für diesen Bau bestimmt waren. Das Taufbecken (Piscina) hatte im Osten nach Westen Stufen. Zusätzlich zu dem Hauptbecken gab es hier sogar noch zwei Zusatzbecken.

Literatur:

  • Andreas Thiel, Die Johanneskirche in Ephesos. Reichert, Wiesbaden 2005

Konstantinopel – Gründungsgeschichte und erste Bauten (Teil 2)

Das „Kapitol“ Konstantinopels bestand aus dem Palast, der Kirche Hagia Sophia, der Apostelkirche, einem Senatsgebäude und dem Hippodrom, der Pferderennbahn, und war das Zentrum der neuen Stadt.

Die Hauptelemente des Hippodroms, der Pferderennbahn, gehen bereits auf Septimius Severus zurück. Später wurde das Hippodrom allerdings stark vergrößert. Gegenüber der Pferderennbahn stehen der Palast und die Hagia Sophia. Die ursprüngliche Hagia Sophia wurde wohl um 325 n. Chr. begonnen. Es handelte sich vermutlich um eine Basilika ohne Kuppel. Diese Kirche hatte auch noch keinen Namen, sondern wurde einfach Megálē Ekklēsíā (griechisch für „Große Kirche“) genannt.

Die Apostelkirche war nach der Hagia Sophia die bedeutendste Kirche in Konstantinopel und diente als Begräbnisstätte der byzantinischen Kaiser. Konstantin wollte hier im Altarraum zwischen je sechs Kenotaphen zu beiden Seiten beigesetzt werden. Er sah sich als dreizehnter Apostel, d. h. Christus gleich. Auch als Christ war er in der römischen Götterwelt verankert und sah sich als Hauptheiliger der Stadt.

An der Ostseite des Augusteions, eines großen Platzes, auf dem Konstantin eine Statue seiner Mutter Helena aufstellen ließ, wurde ein Senatsgebäude errichtet. Es handelte sich allerdings zunächst um einen Senat zweiter Klasse ohne legislative oder eindeutig politische Macht. Er war jedoch wichtiges Element der Kaiserideologie für Konstantinopel als Roma Secunda. Weitere Schwerpunkte der Stadt waren das Forum Konstantins und die Hafenanlagen.

Literaturauswahl:

  • Wolfgang Müller-Wiener: Bildlexikon zur Topographie Istanbuls. Byzantion – Konstantinupolis – Istanbul bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts. Wasmuth, Tübingen 1977
  • Peter Schreiner: Konstantinopel. Geschichte und Archäologie. Beck, München 2007 (Beck’sche Reihe 2364. C. H. Beck Wissen).
  • Klaus Kreiser: Geschichte Istanbuls. Von der Antike bis zur Gegenwart. Beck, München 2010

Konstantinopel – Gründungsgeschichte und erste Bauten (Teil 1)

Das alte Byzantion, eine megarische Stadtgründung von ca. 660 v. Chr., wurde nach der Zerstörung durch Severus 196 n. Chr. von Caracalla wieder aufgebaut. In diesen Wiederaufbau fällt unter anderem auch der Baubeginn des Hippodroms (Pferderennbahn), einer Säulenstraße und der Zeuxippos-Thermen. 258 n. Chr. wurde Byzantion von den Goten geplündert und zerstört.

Unter Konstantin wurde die Stadt neu gegründet und 324 n. Chr. zum Beispiel die Beferstigungen wieder hergestellt. Im gleichen Jahr wird das Areal der Stadt auf 6 Quadratkilometer festgelegt und als Großstadt geplant. Ab 328 n. Chr. ist Konstantinopel endgültig Regierungssitz.

Die neue Kaiserstadt wurde in Anlehnung an Rom gegründet und geplant, da sie nach Konstantin Roma Secunda sein sollte, die zweite Hauptstadt nach Rom. Rom und Konstantinopel waren durch die Via Ignatia verbunden. Worin aber zeigt sich die Anlehnung an Rom? Wie Rom wurde Konstantinopel auf sieben Hügeln errichtet und war in 14 Regionen aufgeteilt. Die Verwaltung erfolgte nach spätrömischem Vorbild durch Senat und Präfektur. Auch die Verbindung von Palast und Hippodrom war Rom nachempfunden. Weitere Ähnlichkeiten waren der goldene Meilenstein sowie die Beziehung zwischen Altstadt und Hippodrom.

Im 4. Jh. n. Chr. ist Konstantinopel zwar Sitz des Senats und Residenzstadt, aber der Kaiser ist auf dieser riesigen Baustelle nur selten anwesend. Aufgrund vieler Kriege wandern der Kaiser und sein Hofstaat lange Zeit von einer Residenzstadt zur anderen. Erst Theodosius (379 – 395 n. Chr.) bleibt dann tatsächlich dauerhaft in Konstantinopel.

 

(Fortsetzung folgt …)

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén