Bei Pompeji, nur etwa 300 m nördlich der Porta di Ercolano, befindet sich die sogenannte Villa die Misteri (Villa der Mysterien). Die durch ihre Fresken berühmte Villa suburbana (eine Villa in Stadtnähe) wurde im 2. Jh. v. Chr. erbaut und immer wieder erweitert.
Die Villa liegt auf einem kleinen Hügel. Die Höhenunterschiede wurden mit Hilfe von Substruktionen – in Form einer Kryptoportikus und einem Damm – ausgeglichen, sodass sich die eigentliche Villa auf einer Ebene erstreckt. Der Grundriss ist viereckig und der Haupteingang befand sich an einer Seitenstraße. Im Bereich des Haupteingangs befanden sich die Wirtschaftsräume. Hier fand man beispielsweise die Küche, Backöfen und eine Weinpresse.
Von den Wirtschaftsräumen führt ein Durchgang zu einem großen Peristylhof und von dort zu einem Atrium, um das herum dich die Wohnräume gruppieren: Schlafzimmer (Cubicula), ein Speisezimmer (Triklinium), Empfangsraum (Tablinum) usw. Aus dem 1. Jh. v. Chr. stammt die Apsiden förmige Terrasse mit Blick auf das Meer, wo sich heute der Eingang befindet.
Der heutige Name der Villa bezieht sich auf die Wandmalereien im Triklinium (siehe Bild oben). Die Reihenfolge und auch die Deutung der insgesamt zehn Szenen mit lebensgroßen Figuren sind noch unklar. Eine mögliche Interpretation ist, dass es sich Einweihungsriten in den Mysterienkult des Dionysos handelt. In diesem Fall könnten die zehn Szenen wie folgt interpretiert werden:
- Ein Junge, möglicherweise Dionysos, liest das Ritual einer sitzenden und einer stehenden Frau vor
- Eine Frau bringt Opfergaben dar, während sich eine andere Frau mit Hilfe von zwei weiteren Frauen reinigt
- Ein Silen spielt die Lyra; eine Frau gibt einem Hirschkalb Milch
- Eine junge Frau scheint entsetzt zu flüchten, wobei sich ihr Mantel hinter ihr aufbauscht
- Ein Silen bietet einem jüngeren Satyr Wasser an
- Die Hochzeitszeremonie von Dionysos und Ariadne
- Eine Frau verbirgt das Symbol der Fruchtbarkeit unter einem Tuch verborgen; neben ihr steht eine geflügelte Gestalt, die eine junge Frau als Teil des Aufnahmeritus auspeitscht
- Tanz einer Bacchantin (Begleiterin des Dionysos)
- Eine von Eroten umgebene junge Frau wird gekämmt, möglicherweise als Vorbereitung auf ihre Hochzeit
- Eine ältere Frau, vielleicht die Hausherrin, sitzt auf einer Art Thron und betrachtet die anderen Szenen
Wie immer man die Szenen auch deuten mag, die künstlerische Gestaltung ist beeindruckend und die Lebendigkeit der Figuren geben dem Betrachter das Gefühl, unmittelbar am Geschehen teilzunehmen.
Literaturauswahl:
- Paul Veyne, Das Geheimnis der Fresken. Die Mysterienvilla in Pompeji (2018)
- Filippo Coarelli (Hrsg.), Eugenio La Rocca, Mariette de Vos Raajimakers, Arnold de Vos, Pompeji. Archäologischer Führer (1993)
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