Grundzüge der Stadtgeschichte

Die ersten Siedlungsspuren finden wir auf der sogenannten Akropolis. Sie stammen aus dem 13.-12. Jh. v. Chr. Diese Menschen errichteten ein Dorf aus rechteckigen oder runden Hütten, mit einem Lehmfußboden und Wänden aus Flechtwerk. Man betrieb zunächst Weidewirtschaft. Später kam Ackerbau hinzu und ersetzte dann allmählich die Weidewirtschaft. Auf der Landseite war das Dorf durch eine Mauer geschützt. Diese erste Hüttensiedlung gehört zu der sogenannten Apennin-Kultur, die von Apulien bis zum Apennino Emiliano verbreitet war.

Danach folgte in ganz Apulien die subapenninische Kultur: die Hirtengesellschaft wurde sesshaft und siedelte in freistehenden Häusern oder in Grotten bzw. Höhlen. Man wählte für Siedlungen leicht zu verteidigende Stellen. Die Wirtschaft ist gekennzeichnet durch Landwirtschaft, die starke Entwicklung des Handels, v. a. mit der mykenischen Welt, und die Entwicklung der Metallgewinnung.

Forschungen in Egnazia brachten Spuren von prähistorischen Ansiedlungen zutage, die durch Proto-Villanova-Keramik und protogeometrisch-japygische Keramik aus dem Ende der Bronzezeit (12.-10. Jh. v. Chr.) gekennzeichnet sind. Diese Funde kamen nicht auf der Akropolis ans Licht, sondern im äußersten Norden der Siedlung, alle gekennzeichnet durch Merkmale der subapenninischen Kultur.

Die ersten Siedlungen von Egnazia endeten mit einer Zerstörung Ende des 11. Jh. v. Chr., wie eine dicke Brandschicht zeigt. Dies hängt vermutlich mit der Ankunft der Japygier Ende 12. / Anf. 11. Jh. v. Chr. aus Illyrien zusammen, da auch andere subapenninische Dörfer zu dieser Zeit zerstört wurden. Die Japygier bildeten den Grundstock für die apulische Bevölkerung historischer Zeit.

Im 9.-8. Jh. v. Chr. wurde die Akropolis von Egnazia wieder durch Menschen der subapenninischen Kultur Apuliens besiedelt. Zwischen den Hütten aus dem 8.-5. Jh. fand man auch geometrische Keramik, die für Peuketien charakteristisch ist. Man kann daher vermuten, dass es einen direkten Übergang ohne kulturellen Bruch von der subapennischen zur peuketischen Kultur gab, wobei das übrige Kulturgut aber offenbar weiterhin auf dem Niveau der Hüttenkultur blieb und sich dadurch vom Kulturgut des peuketischen Hinterlandes unterscheidet, wo die Bevölkerung Steinbauten benutzte.

Durch die einheitliche Kultur der japygischen Welt entwickelten sich die bisher undifferenzierten Kulturgemeinschaften zu festen ethnischen und sozialen Strukturen und schließlich zu kleinen politischen Einheiten, vielleicht verbunden mit einer zunehmenden wirtschaftlichen Differenzierung. Dabei führte die Verschiedenheit der Völker Apuliens zu Unterschieden im künstlerischen Ausdruck, in den Bestattungsriten, in der Sprache, in den militärischen Anlagen und in den Wohnstrukturen.

Egnazia lag an der Grenze zwischen Peuketien und Messapien und als Grenzstadt war Egnazia sicher von beiden Kulturen beeinflusst. Der peuketische archäologische Befund beschränkt sich auf einfache Tonware und ein einzelnes Grab aus dem 6. Jh. v. Chr. mit einer Bestattung nach dem peuketischen Ritus in Hockstellung. Dies könnte darauf schließen lassen, dass Egnazia bis zum 6. Jh. peuketisch war, wobei die geringe Zahl der peuketischen Funde vielleicht damit zusammenhängt, dass der Kontakt mit dem peuketischen Hinterland durch den steilen Anstieg der südöstlichen Murgia, die von Conversano bis hinter Ostuni geht, stark behindert war. Im unmittelbaren Hinterland Egnazias haben sich zwar immer wieder zerstörte antike Orte gefunden, doch ist das archäologische Material sehr spärlich.

Als wichtiges Seefahrts- und Straßenzentrum der Adria-Küste wurde Egnazia von verschiedenen Kulturen und Handelsbeziehungen beeinflusst. Auch war die Stadt vermutlich in die Spannungen und Konflikte mit Tarent einbezogen, die Süditalien, und besonders Apulien und Lukanien, im 5. Jh. v. Chr. erschütterten und das wirtschaftliche Leben der einheimischen Bevölkerung tiefgreifend beeinflussten. Darauf lassen zumindest die größeren Verteidigungsanlagen schließen, die in dieser Zeit entstanden. Zu dieser Zeit gewann anscheinend auch die messapische Kulturgemeinschaft der Stadt an Bedeutung.

Die vielen gefundenen Inschriften zeigen, dass in Egnazia die messapische Sprache gesprochen wurde, die das griechische Alphabet mit einigen zusätzlichen Buchstaben benutzte. Messapisch sind auch die Gräber und die Keramik, die in den Gräbern gef. wurde, lässt sich in das 5.-2. Jh. v. Chr. datieren. Sie gehört zum geometrisch-messapischen Stil. Eine charakteristische Gefäßform dieses Stils ist die trozzella bzw. Nestoris. Die Erforschung der messapischen Stadt wird jedoch dadurch erschwert, dass das meiste von Bauten späterer Epochen, v. a. aus röm. Zeit, überdeckt wird.

(Fortsetzung folgt …)